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Die Arbeiten des Herkules, Seite 57 ff. (engl.) |
das Problem der Verzögerung nach; ein ganzes Jahr hatte er verloren und fühlte
die Notwendigkeit, sich zu beeilen. Da erscholl wieder der Schrei und Herkules
eilte raschen Schrittes seinem Bruder zu Hilfe. Er fand Prometheus an einen
Felsen geschmiedet und in grosser Pein, weil die Geier an seiner Leber zerrten
und ihn so langsam töteten. Er zerbrach die Ketten und befreite Prometheus,
jagte die Geier in ihren entfernten Horst und pflegte den kranken Mann, bis er
von seinen Wunden geheilt war. Dann machte er sich nach viel Zeitverlust wieder
auf den Weg. (Siehe auch unter der 10. Arbeit).
Der Lehrer, der ihn von fern beobachtete, sprach nun zu seinem suchenden Schüler diese klaren Worte, die ersten, die zu ihm gesprochen wurden, seit die Suche begann: «Das vierte Stadium des Weges zum heiligen Baum ist durchschritten. Es war keine Verzögerung. Die Regel auf dem gewählten Pfad, die allen Erfolg beschleunigt, heisst: Lerne dienen.» Der Eine, der den Vorsitz führt in der Ratshalle des Herrn, sprach: «Er hat es gut gemacht. Fahrt fort mit den Prüfungen!» Auf allen Wegen ging die Suche weiter. Im Norden, Süden, Osten und Westen wurde der heilige Baum gesucht, aber nicht gefunden. Dann kam ein Tag, da, müde und erschöpft vor Furcht, nach langem Wandern das Gerücht durch einen Pilger auf dem Pfad zu ihm drang, der Baum sei in der Nähe eines entfernten Berges zu finden. Das war der erste wahre Bericht, der ihm bisher gegeben wurde. Deshalb wandte er seine Füsse nach den hohen Bergen des Ostens und an einem strahlend sonnigen Tag sah er den Gegenstand seiner Suche und beschleunigte die Schritte. «Jetzt werde ich den heiligen Baum berühren», rief er voll Freude, «den Wächterdrachen überwinden, die hochberühmten schönen Maiden sehen und die Äpfel pflücken.» Doch wieder wurde er zurückgehalten durch das Verständnis tiefer Not. Atlas trat ihm entgegen, wankend unter der Last der Welten auf seinem Rücken. Sein Gesicht war leidgezeichnet, die Glieder schmerzgebeugt, die Augen in Agonie geschlossen. Er bat nicht um Hilfe. Er sah Herkules nicht, sondern stand niedergebeugt von Schmerz unter der Last der Welten. Zitternd beobachtete ihn Herkules und ermass die Grösse der Last und Pein. Er vergass seine Suche. Der heilige Baum und die Äpfel schwanden aus seinem Gedächtnis; er dachte nur dem Riesen zu helfen und ohne Zögern; stürmisch eilte er vorwärts, hob die Bürde von den Schultern seines Bruders und lud sich die Last der Welten auf die eigenen Schultern. Er schloss die Augen, richtete sich mit Mühe auf und siehe, die Last rollte ihm vom Rücken und er stand frei, und gleicherweise Atlas. Vor ihm stand der Riese und hielt in seiner Hand die goldenen Äpfel, die er liebend Herkules bot. Die Suche war beendet. Die drei der Schwestern hielten noch mehr goldene Äpfel in Händen, drückten sie ihm gleichfalls in die Hand und Aigle, jene schöne Jungfrau, die der Glanz der untergehenden Sonne ist, sagte zu ihm, indem sie ihm einen Apfel in die Hand legte: «Der WEG zu uns ist immer durch Dienen gekennzeichnet. Taten der Liebe sind Wegweiser auf dem PFAD.» Dann gab ihm auch Erystheia, die das Tor hütet, das alle passieren müssen bevor sie allein vor dem grossen Einen stehen, der den Vorsitz führt, einen Apfel, in dessen Schale mit Licht das goldene Wort DIENEN eingegraben war. «Denke daran», sagte sie. «Vergiss es nicht.» Zuletzt kam Hesperis, das Wunder des Abendsterns, und sprach mit Klarheit und Liebe: «Gehe nun und diene und wandle den Weg aller Weltdiener von jetzt an und für immer.» «So gebe ich denn die Äpfel zurück für jene, die nachfolgen», sagte Herkules und kehrte zurück von wo er gekommen war. Dann stand er vor dem Lehrer und gab genauen Bericht von allem, was geschehen war. Der Lehrer sprach das Wort der Ermunterung und wies dann mit dem Finger nach dem vierten Tor, indem er sagte: «Geh' nun durch jenes Tor. Fange die Hindin und betritt erneut den heiligen Ort!» DER TIBETER Das Wesen der Prüfung Wir kommen jetzt zur dritten Arbeit im Zeichen Zwillinge, die vorwiegend die tätige Arbeit des Aspiranten auf der physischen Ebene betrifft, wenn er zu einem Verständnis seiner selbst kommt. Bevor die aktive Arbeit möglich wird, muss ein Zyklus inneren Denkens und mystischen Verlangens vorhergehen; ein Streben nach der Vision und ein subjektiver Prozess, der sich vielleicht auf eine sehr lange Zeit erstreckt, ehe der Mensch auf der physischen Ebene wirklich die Arbeit beginnt, Seele und Körper zu vereinen. Das ist das Thema dieser Arbeit. In diesem Vollbringen auf der physischen Ebene und in der Aufgabe, die goldenen Äpfel der Weisheit zu erringen, besteht die wirkliche Prüfung der Aufrichtigkeit des Aspiranten. Die Sehnsucht, gut zu sein, ein tiefer Wunsch, sich der Tatsache des geistigen Lebens zu vergewissern, krampfhaftes Bemühen um Selbstdisziplin, Gebet und Meditation, gehen fast unvermeidlich dieser wirklichen, stetigen Bemühung voraus. Der Schwärmer muss zum Mann der Tat werden: Verlangen muss in die Welt der Vervollkommnung umgesetzt werden und hierin ist die Prüfung in den Zwillingen zu sehen. Die physische Ebene ist der Ort, wo Erfahrung erlangt wird und wo die Ursachen, die in der Welt der mentalen Bemühung eingeleitet wurden, sich manifestieren und objektiv sichtbar werden müssen. Es ist auch der Ort, wo der Mechanismus des Kontakts entwickelt wird und nach und nach die fünf Sinne dem menschlichen Wesen neue Wahrnehmungsgebiete eröffnen und ihm neue Sphären für Überwindung und Errungenschaft bieten. Es ist daher der Ort, wo Wissen erlangt wird und wo dieses Wissen in Weisheit umgewandelt werden muss. Wie uns bekannt ist, ist Wissen eine Frage der Sinne, während Weisheit die Allwissenheit des synthetischen Wissens der Seele ist. Ohne Verständnis für die Anwendung des Wissens gehen wir zugrunde, denn Verstehen ist die Anwendung des Wissens auf die Probleme des Lebens und die Erreichung des Ziels im Licht der Weisheit. In dieser Arbeit steht Herkules der ungeheuren Aufgabe gegenüber, die beiden Pole seines Wesens zusammenzubringen und Seele und Körper zu einen, so dass Dualität der Einheit Platz macht und die Gegensatzpaare verschmolzen werden. Die Symbole Eurystheus, der beobachtet hatte, wie Herkules mentale Kontrolle erlangt und dann den Stier des Begehrens durch das Wasser in den Tempel der Seele geritten hatte, stellte ihm nun die Aufgabe, die goldenen Äpfel aus dem Garten der Hesperiden zu holen. Der Apfel spielt in der Mythologie und der Symbologie seit langem eine Rolle. Im Garten gab die Schlange, wie wir wissen, den Apfel der Eva und mit dem Übergeben dieses Apfels kam das Wissen von Gut und Böse. Es ist dies eine symbolische Methode, uns die Geschichte des Erscheinens des Denkvermögens zu erzählen und wie es in diesem frühen Geschöpf, das weder tierisch noch streng genommen menschlich war, zu funktionieren begann. Mit dem Denken kam auch das Wissen von der Dualität, dem Zug der Gegensatzpaare, vom Wesen der Seele, die gut ist und dem Wesen der Form, die böse ist, wenn sie die Seele von ihrem vollen Ausdruck abhält und hindert. Die Form ist nicht an sich böse. Es ist zu beachten, dass im Garten Eden dem menschlichen Wesen ein einziger Apfel übergeben wurde, das Symbol des Sonderseins, der Isolation. Herkules musste in einem anderen Garten nach den goldenen Äpfeln suchen und im Garten der Hesperiden waren die Äpfel das Symbol der Pluralität, der Synthese, der vielen, die von dem einen Baum des Lebens genährt werden. Herkules wurden nur drei Tatsachen mitgeteilt: dass es einen Garten gebe, in dem ein Baum stehe, auf dem die goldenen Äpfel wüchsen; dass der Baum von einer hundertköpfigen Schlange bewacht werde und dass er, wenn er ihn gefunden habe, dort die drei schönen Jungfrauen finden würde. Aber in welcher Richtung der Garten lag und wie er zu finden war, wurde ihm nicht gesagt. Diesmal war er nicht auf die wilden Gegenden beschränkt, wo die menschenfressenden Stuten wüteten, noch auf die kleine Insel Kreta. Der ganze Planet musste durchsucht werden und er wanderte hinauf und hinab, von Norden nach Süden, von Osten nach Westen, bis er endlich Nereus traf, der in allen Weisheiten und allen Arten der Rede bewandert war. Bei einigen Klassikern wird er «der Alte der Meere» genannt. Er war nicht nur weise, sondern auch sehr schwer fassbar, zeigte sich in vielerlei Form und immer verweigerte er Herkules eine direkte Antwort. Endlich gab er einen Wink, in welcher Richtung die Äpfel zu suchen seien. Er schickte ihn auf den Weg, allein und etwas entmutigt, mit nur einer vagen Idee, was er zu tun und wo er hinzugehen habe. Er wusste nur, dass er sich nach Süden wenden müsse; ein Symbol des Zurückkehrens in die Welt, dem Gegenpol des Geistes. Sobald er das getan hatte, traf er die Schlange, mit der er ringen musste. Bei seiner Suche nach den goldenen Äpfeln auf der physischen Ebene musste Herkules, wie alle Jünger, bei dieser Suche Verblendung und Illusion überwinden, denn im geistigen Streben wird der Jünger leicht durch Astralismus und niederen Psychismus auf die eine oder andere Art irregeleitet. Als Herkules mit der Schlange rang, merkte er, dass er sie nicht überwinden konnte, bis er entdeckte, dass sie nur so lange unüberwindlich war als sie sich in Kontakt mit der Erde befand. Sobald Herkules die Schlange (Antaeus) [*Y3] hoch in die Luft hob, wurde sie völlig kraftlos und unfähig, ihn zu besiegen. Zwillinge ist ein Luftzeichen, ein bewegliches oder gewöhnliches Zeichen. Verblendung ist immer veränderlich und zeigt sich in ewig wechselnden Formen. Sie bezieht sich auf die Erscheinung und nicht auf die Wirklichkeit; und Erde ist gleichzusetzen mit Erscheinungen. Nachdem Herkules die Schlange, die ihm im Weg stand, besiegt hatte, schritt er auf seiner Suche weiter. Seine nächste Begegnung war Verblendung in anderer Form. Busiris war ein Sohn Poseidons, des Gottes der Wasser, aber seine Mutter war nur eine Sterbliche. Er behauptete, ein grosser Lehrer zu sein. Seine Rede war gewandt und was er sagte war bestrickend. Er nahm grosse Dinge für sich selbst in Anspruch und machte Herkules glauben, er könne ihm den Weg zeigen, er werde ihn zum Licht führen und er allein sei der Hüter der Wahrheit. Herkules liess sich völlig täuschen. Ganz allmählich verfiel er der Macht und dem Zauber des Busiris; nach und nach gab er seinen Willen und sein Denken auf und nahm ihn als Lehrer und Führer an. Schliesslich, als ihn Busiris völlig unter seiner Herrschaft hatte, band er Herkules an den Opferaltar und zwang ihn, Nereus zu vergessen. Die Sage erzählt, dass er sich dann aber doch befreite, seine Suche fortsetzte und den Busiris am Altar festband, auf dem er vorher selbst gelegen hatte. Wieder finden wir, dass Entmutigung, Verzögerung, Versagen und Täuschung diesen Teil der Prüfung kennzeichnen. Während er noch umhersuchte, fand er Prometheus an einen Felsen geschmiedet und sah, wie die Geier an dessen Leber zerrten. Der Anblick dieses Leidens war mehr als Herkules ertragen konnte und er liess von seiner Suche ab, um Prometheus zu befreien und ihn so in die Lage zu setzen, die Geier zu verjagen. Wir kommen jetzt zum Kernpunkt dieser Arbeit, nämlich zu dem, was die eigentliche Prüfung bildet. Herkules begegnet Atlas, die Last der Welt auf den Schultern, wankend unter dem Gewicht der Aufgabe, die er unternommen hat. Herkules ist so überwältigt von dem ungeheuren Unternehmen des Atlas und so bekümmert über dessen Leiden, bei dem Versuch, die Last der Welt zu tragen, dass er seine Suche nach den goldenen Äpfeln aufgibt. Er vergisst, was er sich selbst vorgenommen hat, nimmt voll Mitleid die Last von den Schultern des Atlas und bürdet sie sich selber auf. Dann wird uns in der grossartigen Beendigung der Geschichte erzählt, dass Atlas, befreit von seiner Bürde, zum Garten der Hesperiden geht, ohne Behinderung durch die Schlange, mithilfe der schönen Jungfrauen die goldenen Äpfel pflückt und sie dem Herkules reicht, der, trotz aller Widerstände und Hindernisse, trotz Verwirrung infolge Verblendung und Illusion, jetzt auch frei steht. Trotz aller Fehlschläge und der langen Zeit, die es gekostet hat, zu Weisheit zu gelangen, erhält Herkules die goldenen Äpfel. Es ist zu beachten, dass das gegenüberliegende Zeichen, das vollendende Zeichen der Zwillinge, der Schütze ist, der Bogenspanner, der geradeaus schiesst und ungehindert ins Ziel reitet: keine Abweichungen, kein Versagen! Nur stetiges Vorwärtsgehen. Die dritte Arbeit Das Sammeln der goldenen Äpfel der Hesperiden |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |