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Die Arbeiten des Herkules, Seite 22 ff. (engl.)
Körper.

Nun sehen wir, wie er ein sehr sonderbares Stadium durchläuft. Wir lesen in der alten Geschichte, dass Hera (die Psyche oder Seele) ihn zum Wahnsinn trieb. Sie machte ihn wahnsinnig durch Eifersucht und wir lesen, dass er in diesem merkwürdigen Stadium seine drei Kinder erschlug, seine Freunde und alle, die mit ihm in Beziehung standen. Könnte man in diesem Zusammenhang nicht annehmen, dass er durch jenes ungesunde Stadium ging, das allen Anfängern auf dem Pfad der Jüngerschaft gemeinsam ist, in dem eine krankhafte Gewissenhaftigkeit alles und jeden der eigenen Seelenentfaltung opfert? Das ist ein recht allgemeiner Fehler bei Aspiranten. Ihr Sinn für Proportion ist häufig verschoben und ihr Gefühl für Werte verzerrt. Das ausgeglichene, gesunde Leben, welches das Ideal für einen Sohn Gottes ist, wird einer fanatischen Entschlossenheit, geistigen Fortschritt zu erlangen, untergeordnet. Den Aspiranten treibt geistiger Ehrgeiz und er wird zerstörerisch und unausgeglichen, und es ist gewöhnlich sehr schwierig, mit ihm zu leben. Es ist ein sehr gesunder Rat in der biblischen Vorschrift: «Sei nicht allzu rechtschaffen, warum solltest du sterben?» Auf breiter Basis wird dieses Stadium seltsam für uns veranschaulicht in den fanatischen Opfern, die im Orient ebenso wie unter der Inquisition und dem protestantischen Bund von all denen gefordert wurden, welche die Wahrheit anders auslegten als es die Überzeugung einer bestimmten Gruppe von Gläubigen war.

Als Herkules sich von seinem Wahnsinn erholte, was er glücklicherweise tat, wurde ihm, wie wir erfahren, ein neuer Name gegeben, ein neuer Aufenthalt zugewiesen und die zwölf Aufgaben zur Erfüllung vorgelegt. Es wird erzählt, dass folgende Worte zu ihm gesprochen wurden: «Von diesem Tag an soll dein Name nicht mehr Alkeides sein, sondern Herakles. In Tirjus sollst du wohnen und dort sollst du dienend deine Aufgaben verrichten. Wenn dies erfüllt ist wirst du einer der Unsterblichen werden.» (Griechische u. römische Mythologie, Bd. 1, Fox) Als er seine Gesundheit wiedererlangt hatte, wurde der Brennpunkt seines Lebens verändert. Er lebte nicht mehr wie er vorher gelebt hatte. Der Name der Seele wurde sein Name und dadurch wurde er ständig daran erinnert, dass es seine Mission war, die Herrlichkeit der Seele auszudrücken. Die zwölf grossen Aufgaben, die das Siegel der Vollendung auf sein Leben setzten und sein Recht anzeigen sollten, der grossen Gruppe der Unsterblichen anzugehören, wurden ihm beschrieben und er betrat den WEG.

Es wird uns erzählt, dass er in seiner Person «das fixe Kreuz in den Himmeln» symbolisierte, das durch die vier Konstellationen Stier, Löwe, Skorpion und Wassermann gebildet wird. Die Tradition sagt uns, dass er physisch stiernackig war, wie auch psychologisch halsstarrig, und bereit, jedes Problem anzupacken und sich blindlings in jedes Unternehmen zu stürzen. Nichts konnte ihn von einer Absicht abhalten und wir werden beim Studium seiner Arbeiten sehen, dass er sich Hals über Kopf hineinstürzte. Nichts schreckte ihn zurück, nichts fürchtete er und zielsicher ging er seinen Weg. Das alte Motto, das die Tätigkeiten aller aktiven Jünger beherrscht, wurde das seine und seine Seele schärfte ihm ein, es sei notwendig, «die Macht zu tun, die Macht zu wagen, die Macht zu schweigen und die Macht zu wissen» zu besitzen. «Die Macht zu tun» ist das Motto des Zeichens Stier und das illustriert er in seinen zwölf Arbeiten. Er symbolisierte den Löwen, weil er immer als Zeichen seines Mutes das Löwenfell trug und da das Motto dieses Zeichens «die Macht zu wagen» war, konnte ihn keine Gefahr schrecken und keine Schwierigkeit entmutigen.

Die hervorragendste Leistung war vielleicht die, welche er im Zeichen Skorpion vollbrachte, denn hier stellte sich die grosse Aufgabe, die Illusion zu überwinden. Dies wurde im Skorpion zur Vollendung gebracht. Das Motto dieses Zeichens ist Schweigen. Im Steinbock wird er der Eingeweihte und dieses Stadium ist immer erst möglich, wenn die Illusion überwunden und die Macht des Schweigens erlernt worden ist. Deshalb symbolisierte er schon als Kind in der Wiege, das unfähig ist zu sprechen, die Höhe dieser Aufgabe, indem er die zwei Schlangen erwürgte. Später, als er erwachsen war, symbolisierte er in sich den Wassermann, dessen Motto heisst: «zu Wissen». Er besass sein Denkvermögen und gebrauchte seinen Intellekt in aktiver Arbeit und im Dienen. So, im Tun und Wagen, in Schweigen und mit Wissen, überwand er alle Hindernisse und schritt ungehindert von Widder zu den Fischen, beginnend im Widder als der demütige Aspirant und endend in den Fischen als der allwissende, siegreiche Welterlöser.

Eines muss hier bemerkt werden. In der Geschichte des Herkules wird uns nichts berichtet, was er jemals sagte. Es wird nur erzählt, was er tat. Durch seine Taten erlangte er das Recht, zu sprechen. In der Geschichte jenes grösseren Sohnes Gottes, Jesus Christus, wird uns nicht nur erzählt, was er tat, sondern auch was er sagte. Im Schweigen des Herkules und in der stetigen Erfüllung seiner Aufgaben trotz aller Fehlschläge und Schwierigkeiten, die sich ihm in den Weg stellten und in der Kraft seiner Ausdauer, werden uns die Merkmale des Jüngers gezeigt. In der Geschichte Jesu Christi haben wir durch die Demonstration seiner Macht und die Worte, die er sprach, die Beweise des Eingeweihten.

Nachdem Herkules nun seine Reife erlangt und die für seine Mission notwendigen Merkmale entwickelt hatte, lesen wir, dass die Götter und Göttinnen ihr Äusserstes taten, um ihn für das von ihm zu vollbringende Werk auszurüsten. Alles, was die Welt ihm geben konnte, hatte er erhalten; jetzt wurden ihm die Kräfte der Seele übermittelt und er musste lernen, sie zu nützen. Wir lesen, dass Minerva ihm ein wundervolles Gewand gab, aber wir lesen nie, dass er es trug. So können wir annehmen, dass etwas Symbolisches beabsichtigt war. Es gibt viele Fälle in der Geschichte, wo ein Gewand gegeben wird: Joseph erhielt von seinem Vater ein vielfarbiges Gewand, der Mantel des Elias ging auf Elisa über und der Rock Christi wurde bei der Kreuzigung geteilt und die Soldaten stritten sich darum. Es ist die allgemeine Meinung, dass das Gewand das Symbol der Berufung ist. Die Berufung des Elias ging auf Elisa über, die Berufung Christi, des Welterlösers, kam mit der Kreuzigung zu einem Ende, als er zu einem grösseren und wichtigeren Wirken weiterschritt.

Die Weisheit, die von Herkules durch die Einheit, die er mit seiner Seele erreicht hatte, jetzt erkannt wurde, gab ihm ein Gefühl der Berufung. Er war dem geistigen Leben geweiht und nichts konnte ihn zurückhalten. Vulkan gab ihm einen goldenen Brustschild, magnetisch und beschützend, das Symbol der Energie, die aus höheren Quellen geistiger Macht strömt, was den Aspiranten befähigen wird, die zwölf Aufgaben zu unternehmen und furchtlos vorwärts zu schreiten. Von Neptun, dem Gott der Wasser, erhielt er Pferde. Die Symbologie, welche dieser Gabe zugrundeliegt, ist sehr interessant. Pferde, ebenso wie Neptun, der Gott der Wasser und die Gottheit der wässerigen, emotionalen Natur, stehen für die Fähigkeit, fortgerissen zu werden, entweder in einer Gedankenrichtung oder zu einer emotionalen Reaktion. Diese emotionale flüssige Natur mit ihrer Sensitivität und Gefühlskraft ist eine der grössten Gaben, die der Jünger besitzt, wenn sie richtig angewendet und der gottähnlichen Absicht untergeordnet ist. Mit Hilfe des Neptun und der schnellen Streitrosse konnte Herkules mit der entferntesten Sphäre in Berührung kommen, in die seine Aufgaben verlegt wurden. Auch wir können durch emotionale Sensitivität und Empfänglichkeit mit der Welt in Berührung kommen, in die unsere Prüfungen verlegt werden. So ausgerüstet mit geistiger Energie, Sensitivität und dem Gefühl der Berufung, war die Gabe eines Schwertes, das Merkur, der Götterbote ihm gab, von besonderer Bedeutung, denn das Schwert ist das Symbol des Denkens, das teilt, trennt und zerschneidet. Den anderen Gaben die Herkules erhielt, fügt Merkur durch dieses Schwert die Gabe der mentalen Analyse und Unterscheidungskraft hinzu. Es wird uns erzählt, dass selbst Apollo, der Sonnengott, an Herkules interessiert war und überlegte, was er ihm geben könnte, das ihm dienlich wäre. Schliesslich gab er ihm Pfeil und Bogen, der die Fähigkeit symbolisiert, kerzengerade ins Ziel zu gehen; er ist auch das Symbol für jene durchdringende Erleuchtung, jenen Lichtstrahl, der die Dunkelheit seines WEGES wenn nötig erleuchten konnte.

So gerüstet stand er bereit für seine grosse Aufgabe. Und als er alle Gaben empfangen hatte und mit seiner göttlichen Ausrüstung dastand, lesen wir von einer höchst sonderbaren kleinen Episode: er ging hinaus und schnitt sich eine Keule. All diese göttlichen Gaben waren sehr schön und wunderbar, aber noch wusste er sie nicht zu gebrauchen. Er fühlte seine Berufung; er glaubte an geistige Energie; es wurde ihm gesagt, dass er die Rosse des Kontakts besass und, wenn er wollte, Pfeil und Bogen der Erleuchtung sein waren. Aber er liebte die gewohnte Keule seines eigenen Machwerks. Er wollte sich lieber mit etwas seinen Weg bahnen, von dem er wusste, dass er es handhaben konnte, als die ungewohnten Werkzeuge benutzen, die ihm gegeben worden waren. So packte er seine hölzerne Keule und ging, um seine Aufgaben zu verrichten.

Die erste Arbeit

Das Einfangen der menschenfressenden Stuten

(Widder, 21. März - 20. April)

Der Mythos

Das erste grosse Tor stand weit offen. Aus dem Portal ertönte eine Stimme: «Herkules, mein Sohn, schreite voran. Geh ein durch das Tor und betritt den Pfad. Verrichte deine Aufgabe. Dann kehre zu mir zurück und berichte über die Tat.»

Mit Triumphgeschrei stürzte Herkules durch das Tor und rannte in übermütigem Vertrauen, sicher seiner Macht, durch die Säulen des Tores. So begann die erste Aufgabe und die erste seiner grossen Diensthandlungen. Was sie erzählen sind Lehren für die Menschensöhne, welche die Söhne Gottes sind.

Der Sohn des Mars, Diomedes, von feurigem Ruf, herrschte im Land hinter dem Tor und züchtete dort in den Sümpfen Kriegspferde und Stuten. Wild waren die Pferde und hitzig und alle Menschen zitterten, wenn sie diese hörten, denn sie verwüsteten das Land weit und breit. Sie richteten grossen Schaden an und töteten die Söhne der Menschen, die ihnen in den Weg kamen. Und ständig zeugten sie sehr wilde, böse Pferde.

«Fange diese Stuten und mach' diesen bösen Taten ein Ende», war der Befehl, der die Ohren des Herkules erreichte. «Geh' und rette das weite Land und die darin wohnen.»

«Abderis,» schrie Herkules, «komm, hilf mir bei dieser Aufgabe!» So rief Herkules den Freund, den er sehr liebte und der ihm überallhin folgte, von Ort zu Ort. Und Abderis kam, nahm seinen Platz neben dem Freund ein und stellt sich mit ihm der Aufgabe. Nach sorgfältiger Planung folgten die beiden den Pferden, die über die Wiesen und Sümpfe des Landes schweiften. Schliesslich trieb Herkules die wilden Stuten auf einem Feld zusammen wo sie nicht weiterkonnten und hier fing und fesselte er sie. Er jubelte vor Freude über den Erfolg. So gross war sein Entzücken über seine eigene Tapferkeit, dass er es unter seiner Würde hielt, die Stuten selbst zu halten oder sie auf den Weg zu Diomedes zu treiben. Er rief den Freund und sagte: «Abderis, komm her und treibe diese Pferde durch das Tor.» Dann wandte er sich um und schritt voll Stolz von dannen.

Aber Abderis war schwach und fürchtete die Aufgabe. Er konnte die Stuten nicht halten, noch sie anschirren oder in den Fussstapfen seines Freundes durch das Tor treiben. Die Pferde wandten sich gegen ihn, zerrissen ihn und zertraten ihn unter ihren Hufen; sie töteten ihn und entkamen in die wilderen Ländereien des Diomedes.

Weiser, doch gramzerstört, gedemütigt und entmutigt, kehrte Herkules zu seiner Aufgabe zurück. Wieder machte er sich auf die Suche nach den Stuten, von Ort zu Ort. Den Freund liess er liegen. Und wieder fing er die Pferde und trieb sie selber durch das Tor. Aber Abderis lag tot.

Der Lehrer musterte ihn besorgt und schickte die Pferde nach dem Ort des Friedens, wo sie für ihre Aufgaben gezähmt und abgerichtet wurden. Das Volk des Landes, von der Furcht befreit, hiess den Befreier willkommen und proklamierte Herkules als den Retter des Landes. Doch Abderis lag tot.

Der Lehrer wandte sich zu Herkules und sagte: «Die erste Aufgabe ist beendet, sie ist erfüllt, doch schlecht erfüllt. Lerne die wahre Lektion dieser Aufgabe und dann schreite voran, deinen Mitmenschen zu dienen. Geh' hinaus in das Land, das vom zweiten Tor behütet ist. Finde den geweihten Stier und bringe ihn zum Heiligen Ort.»

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.