Netnews Homepage Zurück Vorwärts Index Inhaltsverzeichnis |
![]() |
Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 279 ff. (engl.) |
Die acht Yogamittel sollen dazu führen, dass ein Mensch zu einem Yogi oder geschulten Wissenden wird, also zu einem Menschen, der sich mit den Ursachen und nicht mit Wirkungen befasst. Er nimmt das wahr, was bewirkt, dass etwas körperlich in Erscheinung tritt; das sind die Gedanken, welche die Kräfte der Substanz in Bewegung setzen und schliesslich zur Verdichtung dieser Substanz führen. Die Anwendung der Macht, die Gedanken anderer Menschen zu lesen, ist dem Yogi nur in solchen Fällen erlaubt, in denen er die Ursachen erkennen muss, die gewissen Ereignissen zugrundeliegen, und dann auch nur, um die Pläne der Hierarchie im Sinn der Entwicklung verständig durchführen zu können. Diese Fähigkeit ist ähnlich wie die der Telepathie, ist aber nicht identisch damit. Telepathie erfordert, dass sich das eine Denken auf das andere einstellt und dass beide in harmonischer Verbindung stehen. Die hier gemeinte Fähigkeit des geübten Sehers ist mehr eine Willenshandlung und eine Beherrschung gewisser Kräfte, so dass er zu jeder Zeit in jeder Aura sofort das sehen kann, was er sehen will. Dabei ist es gleich, ob die betreffende Person auf ihn eingestellt ist oder nicht; durch intensives Meditieren und Anwendung des Willens werden die Gedankenbilder sichtbar. Es ist gefährlich, diese Macht zu gebrauchen, und es ist nur geschulten Jüngern erlaubt. 20. Da jedoch dem [280] Wahrnehmenden nicht das Objekt dieser Gedanken offenbar wird, sieht er nur die Gedanken und nicht das Objekt. Seine Meditation richtet sich nicht auf das Greifbare. Das, was er in seiner Meditation wahrnimmt, ist nur die Substanz des Denkens, sein eigenes Chitta (oder Denksubstanz) und das von anderen Menschen. Die dem Chitta innewohnende Aktivität ist die Ursache dafür, dass schliesslich greifbare und dinghafte Formen auf der physischen Ebene erscheinen. Alles, was erscheint, ist das Resultat eines inneren Geschehens. Alles, was ist, besteht im Denken des Denkenden, nicht in dem Sinn wie es gewöhnlich verstanden wird, sondern so, dass Denken gewisse Kraftströme in Bewegung setzt. Diese Kraftströme formen allmählich das, was der Idee des Denkenden entspricht, und diese Formen bestehen so lange, wie das Denken sich damit beschäftigt, und sie verschwinden, wenn der Denkende «sein Denken davon abzieht». Es ist die Wesensart der Gedankenkraft oder der Gedankenströme, die durch konzentriertes Meditieren wahrgenommen wird; die Form, die schliesslich dadurch entsteht, interessiert den Betrachter nicht. Er erkennt an der Ursache, was die unvermeidliche Wirkung sein wird. 21. Durch konzentriertes Meditieren über den Unterschied zwischen Form und Körper werden jene Attribute des Körpers, die ihn dem menschlichen Auge sichtbar machen, unwirksam gemacht (oder entzogen), und der Yogi kann sich dadurch unsichtbar machen. Für den Menschen im Westen ist dieser Lehrspruch wohl einer der schwierigsten, denn zu seinem Verstehen gehören bestimmte Erkenntnisse, die dem Abendland fremd sind. Vor allen Dingen gehört [281] dazu das Wissen um das Vorhandensein des Ätherkörpers (oder Lebenskörper) und seiner Funktion als anziehende Kraft, die den dichten physischen Körper in Form hält. Durch diese ätherische Substrat wird der physische Körper zu einem zusammenhängenden Ganzen, dessen äussere Gestalt wahrnehmbar ist. Vom Standpunkt de Okkultisten ist nicht die dichte, greifbare Hülle, sondern dieser Lebenskörper die wahre Form. Der Yogi hat durch Konzentration und Meditation die Fähigkeit erlangt, sein Bewusstsein in das des wahren oder geistigen Menschen zu verlagern und das Denkprinzip zu beherrschen. «Wie der Mensch denkt, so ist er», das ist ein okkultes Gesetz; und «wo ein Mensch denkt, da ist er», ist gleichfalls eine okkulte Wahrheit. Der geübte Seher kann nach Belieben sein Bewusstsein von der physischen Ebene zurückziehen und auf die Mentalebene verlagern. Willentlich kann er «das Licht abschalten», so dass er für das menschliche Auge unsichtbar wird. Er wird auch ungreifbar vom Standpunkt des Tastsinnes und unhörbar vom Standpunkt des Hörens. Gerade diese Tatsache beweist die Realität der Hypothese, dass es nur Energie in irgendeiner Form gibt, und dass diese Energie von dreifacher Art ist. Im Osten nennt man diese Energie-Arten Sattva, Rajas und Tamas. Die Bedeutung ist folgende: Sattva #Rhythmus #Geist #Leben Rajas #Aktivität #Seele #Licht Tamas #Beharrung #Körper #Substanz Alle drei sind in Zeit und Raum Differenzierungen der einen ursprünglichen Geist-Essenz. Die Entsprechungen [282] für den Westen sind etwa in folgenden Ausdrücken zu finden: Energie #Geist #Leben Kraft #Seele #Licht Materie #Form #Substanz Das hervorragende Merkmal des Geistes (oder der Energie) ist das Lebensprinzip, jenes geheimnisvolle Etwas, das alle Dinge entstehen lässt und deren Fortbestand bewirkt. Das hervorragende Merkmal der Seele (oder Kraft) ist Licht. Es lässt das sichtbar werden, was existiert. Das hervorragende Merkmal der belebten Materie ist das, was dem dichten Körper «zugrundeliegt» und ihm die rechte Form gibt. Hier muss daran erinnert werden, dass die Grundlage jeder okkulten Lehre und aller Erscheinungen in den Worten zu finden ist: «Materie ist der Träger für die Manifestation der Seele auf dieser Ebene des Daseins; und Seele ist der Träger für die Manifestation des Geistes auf einer höheren Windung der Spirale». (Geheimlehre I, 80) Wenn die Seele (oder Kraft) sich aus dem Materie-Aspekt (der greifbaren objektiven Form) zurückzieht, dann ist diese Form nicht mehr zu sehen; sie verschwindet und wird vorübergehend aufgelöst. Diese Unsichtbarmachung kann auch jetzt in angemessener Weise vollbracht werden, wenn der Yogi sein Bewusstsein im Ego, dem geistigen Menschen oder der Seele, konzentriert und (durch die Anwendung des Denkprinzips und einen Willensakt) seinen Ätherkörper aus dem dichten physischen Körper zurückzieht. Dies ist in dem Begriff «Abstraktion» (Zurückziehung) zusammengefasst und hat zur Folge: 1. Ein Zusammenziehen [283] der Lebenskräfte des Körpers in die physischen Nervenzentren entlang der Wirbelsäule. 2. Deren Lenkung an der Wirbelsäule entlang aufwärts zum Kopf. 3. Deren Konzentration im Kopf und die darauffolgende Zurückziehung am Lebensfaden oder der Sutratma entlang über die Zirbeldrüse und Brahmarandra. 4. Der Seher steht dann da in seiner wahren Form, im Ätherkörper, der für das menschliche Auge unsichtbar ist. Wenn sich einmal das ätherische Sehen bei den Menschen entwickelt hat, wird eine weitere Zurückziehung erforderlich sein. Der Seher wird dann das Lebens- und Leuchtprinzip (die Qualitäten Sattva und Rajas) aus dem Ätherkörper herausziehen und in seinem kamischen (astralen) Körper dastehen, und wird so auch ätherisch unsichtbar sein. Diese Zeit ist jedoch noch weit entfernt. W.Q. Judge macht in seinem Kommentar folgende interessante Bemerkung: «Hier ist ein weiterer grosser Unterschied zwischen dieser Philosophie und der modernen Wissenschaft angedeutet. Die heutigen Schulen lehren, dass ein Objekt gesehen wird, wenn sich ein gesundes Auge in einer Linie mit den Lichtstrahlen befindet, die von einem Objekt - zum Beispiel dem menschlichen Körper - reflektiert werden, und dass die Funktionen der Sehnerven und der Netzhaut des Beschauers durch keinerlei Gedankentätigkeit der angeschauten Person beeinträchtigt werden können. Aber die alten Hindus behaupten, dass alle Dinge auf Grund dieser Fähigkeit des Sattva, differenzieren zu können, gesehen werden. Sattva, eine der drei grossen Qualitäten, die in allen Dingen enthalten sind, manifestiert sich als Leuchtkraft (Licht) und wird in Verbindung mit dem Auge wirksam, das ebenfalls eine Manifestation des Sattva in einem anderen Aspekt ist. Diese beiden Aspekte müssen sich vereinigen. Wenn der Licht-Aspekt fehlt, oder wenn er nicht mehr [284] mit dem Auge des Sehenden verbunden ist, verschwindet das Objekt. Da die Qualität Leuchtkraft völlig unter der Kontrolle des Yogis steht, kann er sie durch den besagten Vorgang blockieren und so dem Auge des Anderen einen wesentlichen Bestandteil im Sehen irgendeines Objekts entziehen». Dieser ganze Vorgang ist nur als Ergebnis konzentrierten Meditierens möglich und kann daher unmöglich von einem Menschen durchgeführt werden, der nicht die lange Disziplinierung und Übung hinter sich hat, die erforderlich ist, um die Beherrschung des Denkprinzips zu erreichen und eine wirksame, direkte Verbindung mit seiner Seele herzustellen. Diese Verbindung ist nur dann ordnungsgemäss, wenn der Denker auf seiner eigenen Ebene, die Denkkraft und das Gehirn aufeinander abgestimmt und koordiniert sind, und zwar über das Sutratma, den magnetischen Silberfaden. 22. Es gibt zwei Arten von Karma (oder Wirkungen): Jetzt wirkendes Karma und zukünftiges Karma. Durch vollkommen konzentriertes Meditieren darüber erfährt der Yogi den Zeitpunkt, wann sein Erleben in den drei Welten ein Ende hat. Dieses Wissen kommt ihm auch durch Vorzeichen. Dieser Lehrspruch wird leichter verständlich, wenn man ihn im Zusammenhang mit Lehrspruch 18 in Buch III liest. Das hier gemeinte Karma bezieht sich hauptsächlich auf das gegenwärtige Leben des Aspiranten oder Yogis. Er weiss, dass jedes Ereignis in diesem Leben die Auswirkung einer voraufgegangenen Ursache ist, die von ihm selbst in einem früheren Leben eingeleitet wurde; er weiss auch, dass jede Handlung im jetzigen Leben eine Wirkung in einem [285] späteren Leben hervorbringen muss, es sei denn, dass die Handlung so ist, dass: 1. die Wirkung sofort beginnt und innerhalb der jetzigen Lebensspanne ihren Höhepunkt erreicht; 2. die Wirkung kein Karma zur Folge hat, da die Handlung aus selbstlosen Beweggründen und mit völliger Losgelöstheit ausgeführt wurde. Er bringt dann die gewünschte Wirkung in Übereinstimmung mit dem Gesetz hervor, aber es sind für ihn keine Folgen damit verbunden. Wenn sich der Yogi in einem Leben verkörpert hat, in dem nicht mehr viel Karma abzutragen ist, und wenn alles, was er tut, kein neues Karma mehr schafft, dann kann er den Zeitpunkt seiner Lebenserfahrung festlegen, und er weiss, dass der Tag der Befreiung nahe ist. Durch Meditation und die Fähigkeit, als Ego zu wirken, kann er die Welt der Ursachen erreichen, und er weiss also, welche Handlungen ausgeführt werden müssen, um die wenigen noch verbliebenen Wirkungen auszulösen. Dadurch, dass er streng auf den Beweggrund einer jeden Handlung im gegenwärtigen Leben achtet, verhütet er, dass ihn die Wirkungen in irgendeiner Weise an das Rad der Wiedergeburt binden können. So nähert er sich bewusst und in intelligenter Weise seinem Ziel; alles Tun, Handeln und Denken geschieht aus unmittelbarer Erkenntnis und bindet ihn in keiner Weise. Die erwähnten Vorzeichen beziehen sich hauptsächlich auf die Mentalwelt, in welcher der wirkliche Mensch lebt. Durch ein Verstehen von a. Zahlen, b. Farben, c. Schwingungen, kann er erkennen, ob seine Aura frei ist von «todbringenden» Wirkungen. Er weiss, dass (symbolisch [286] ausgedrückt) in den Aufzeichnungen nichts mehr steht, was ihn zu den drei Welten zurückbringen könnte; und darum sieht er «durch Zeichen», dass sein Weg frei ist. In den alten Schriften, die sich in den Archiven der Meister befinden, ist das mit folgenden Worten ausgedrückt: «Wenn der fünfstrahlige Stern in Klarheit scheint, und darin keine Formen mehr zu sehen sind, dann ist der Weg frei. Wenn das Dreieck nur noch Licht umfasst, ist der Weg frei für das Hinübergehen |
![]() |
Netnews Homepage Zurück Vorwärts Index Inhaltsverzeichnis |
Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |