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Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 257 ff. (engl.) |
Saatgedanken (Samadhi), die sich auf kein Objekt stützt. Sie wird von den
Einwirkungen des noch Unterschiede wahrnehmenden Chitta (oder Denkstoffes) nicht
mehr beeinträchtigt.
In allen vorhergehenden Stadien ist sich der Denker seiner selbst, des Erkennenden, und des Erkenntnisbereichs bewusst gewesen. In den ersten Stadien war er sich einer Dreiheit bewusst, denn das Werkzeug des Erkennens wurde ebenfalls wahrgenommen; später wurde es ausgeschaltet und vergessen. Nun kommt das letzte Stadium, das erstrebte Ziel aller Yoga-Übungen, wo die Einheit erlebt und sogar die Dualität als Begrenzung erkannt wird. Es bleibt allein die Bewusstheit des Selbstes, jenes allwissenden, allmächtigen Selbstes, das eins ist mit dem All, und dessen innerstes Wesen Bewusstheit und Energie ist. Es ist treffend gesagt worden: «Es gibt daher zwei Arten von Wahrnehmung: die der lebenden Dinge und die des Lebens; die der Werke der Seele und die der Seele selbst». Der Erklärer des Yoga beschreibt nun die Resultate der Meditation (einige im Bereich der höheren, einige auf der Linie der niederen Seelenkräfte). Die nächsten sieben Lehrsätze befassen sich daher [258] mit der Natur der gesehenen Objekte und der Kontrolle des Denkens, wobei der wirkliche Mensch versucht, den erleuchtenden Strahl seines Denkens auf diese Objekte zu richten. Beim Studium dieser Resultate der Meditation im psychischen Bereich sollte man sich darüber klar sein, dass die acht Yogamittel ganz bestimmte Wirkungen in der niederen Natur auslösen, und dass dadurch gewisse Entfaltungen und Erlebnisse verursacht werden. Diese bringen den Menschen in eine in höherem Grad bewusste Verbindung mit den inneren Ebenen der drei Welten. Das ist ein gefahrloser und notwendiger Vorgang, vorausgesetzt, dass er das Ergebnis des Erwachens des Menschen auf seiner eigenen Ebene ist, und dass sich das Auge der Seele - über das Denken und das dritte Auge - auf diese Ebenen richtet. Das Vorhandensein der niederen psychischen Kraft kann jedoch bedeuten, dass die Seele (vom Standpunkt der physischen Ebene aus gesehen) schläft und nicht in der Lage ist, ihr Instrument zu benutzen, und dass diese Erlebnisse also nur der Tätigkeit des Solar Plexus zuzuschreiben sind, was ein Gewahrwerden der Astralebene bewirkt. Diese Art von psychischer Fähigkeit ist ein Rückfall in den animalischen Zustand und in das Kindheitsstadium der Menschheit; sie ist unerwünscht und gefährlich. 9. Die Aufeinanderfolge der mentalen Zustände ist folgende: zuerst reagiert das Denken auf das, was gesehen wird; hierauf folgt der Augenblick, in dem die Gedanken beherrscht werden, Auf diese beiden Faktoren reagiert dann das Chitta (Denksubstanz). Schliesslich verschwinden auch diese beiden, und das wahrnehmende Bewusstsein herrscht uneingeschränkt. Wenn der Leser sich auch andere [259] Übersetzungen dieses Lehrspruchs ansieht, wird er finden, dass diese Übersetzungen sehr voneinander abweichen, und dass die meisten sehr unklar sind. Ein Beispiel dafür ist die Wiedergabe von Tatya: «Wenn von zwei sich bildenden Gedankengängen, die aus Vyutthana und Nirodha entstehen, das erste unterdrückt wird und das zweite hervortritt, und wenn im Augenblick des Hervortretens das innere Organ (Chitta) mit beiden Gedankengängen beschäftigt ist, dann nimmt es die Form von Nirodha an». Die anderen Übersetzungen sind noch unklarer, ausgenommen die von Johnston, die den darin enthaltenen Gedanken ziemlich klar macht: «Eines der aufsteigenden Stadien ist die Entfaltung der (Gedanken-) Kontrolle. Zuerst wird der gedankliche Eindruck der Erregung überwunden. Dann manifestiert sich das Bestreben, diesen Eindruck zu beherrschen. Gleich darauf folgt das wahrnehmende Bewusstsein. Das ist die Entwicklung der Kontrolle». Vielleicht ist das am leichtesten zu verstehen, wenn man klar erkennt, dass der Mensch, der darangeht zu meditieren, in seinem physischen Gehirn drei Faktoren wahrnimmt: 1. Das Objekt der Meditation. Dieses erregt oder beeindruckt sein Denken und setzt die «Modifikationen des Denkprinzips» in Bewegung. Es stimuliert die Neigung des Denkvermögens, Gedankenformen zu bilden, und bringt das Chitta (oder die Denksubstanz) in Formen, die dem gesehenen Objekt entsprechen. 2. Dann wird [260] er sich der Notwendigkeit bewusst, diese Neigung zu unterdrücken, und so bringt er die Wirksamkeit des Willens hinein und festigt und kontrolliert die Denksubstanz, so dass sie aufhört, sich zu wandeln und Form anzunehmen. Durch beständiges, ausdauerndes Bemühen gehen diese beiden Bewusstseinszustände allmählich ineinander über und treten mit der Zeit gleichzeitig ein. Die Wahrnehmung eines Objekts und die sofortige Beherrschung der reagierenden Denksubstanz erfolgen blitzartig. Der technische Ausdruck für diesen Zustand ist «Nirodha». Hier muss an einen Ausspruch Vivekanandas erinnert werden, der sagt: «Wenn eine Modifikation besteht, die das Denken antreibt, durch die Sinne nach aussen zu schlüpfen, und wenn der Yogi versucht, diese Modifikation zu zügeln, so ist gerade diese Zügelung selbst eine Modifikation». Der Einfluss des Willens auf das Denken wird natürlicherweise dazu führen, dass das Denken die Form annimmt, durch die sie beherrscht wird; und es wird in eine Modifikation hineingebracht, die weitgehend abhängt von der erreichten Entwicklungsstufe des Aspiranten, von der Grundtendenz seiner täglichen Gedanken und davon, bis zu welchem Grad er den Kontakt mit seinem Ego erlangt hat. Das ist nicht die wirkliche und höchste Form der Kontemplation; sie ist nur eine der ersten Stufen, die aber viel höher ist als Konzentration und Meditation mit einem Saatgedanken im üblichen Sinn, denn ihr folgt unvermeidlich die dritte Stufe, die von grossem Interesse ist. 3. Er gleitet dann plötzlich aus dem niederen Bewusstseinszustand hinaus und erkennt klar seine Wesensgleichheit mit dem Wahrnehmenden, dem Denker auf seiner eigenen Ebene; und da das Denken beherrscht wird und das gesehene Objekt keine Reaktion [261] auslöst, ist die wahre Wesensgleichheit fähig, das zu sehen, was bisher verhüllt war. Es ist jedoch so, dass der Wahrnehmende auf seiner eigenen Ebene immer um das weiss, was jetzt erkannt wird. Der Unterschied besteht darin, dass das Instrument, das Denken, jetzt in einem Zustand des Beherrschtseins ist. Es ist dem Denkenden daher möglich, über die kontrollierte Denkfähigkeit das Gehirn mit dem zu beeindrucken, was wahrgenommen wird. Der Mensch auf der physischen Ebene nimmt nun gleichzeitig auch wahr, und so wird zum ersten Mal echte Meditation und Kontemplation möglich. Zuerst wird dieser Zustand nur einen Moment lang dauern. Ein Blitz intuitiver Wahrnehmung, eine flüchtige Vision und Erleuchtung, und alles ist vorüber. Das Denken fängt wieder an, sich zu modifizieren und tätig zu sein, die Vision entschwindet, der hohe Augenblick ist vorbei, und die Tür zum Reich der Seele scheint sich plötzlich zu schliessen. Aber der Aspirant hat Gewissheit gewonnen, sein Gehirn hat die flüchtig erschaute Wirklichkeit festgehalten; und diese Tatsache gibt ihm die absolute Gewissheit, dass er auch in Zukunft diesen Zustand wieder erreichen wird. 10. Die Pflege dieser Denkgewohnheit bewirkt eine stete und unbehinderte geistige Wahrnehmung. Das Gleichgewicht zwischen der Erregung des Denkens und dessen Beherrschung kann durch ständige Wiederholung immer häufiger erreicht werden, bis schliesslich die Stabilisierung des Denkens zur Gewohnheit geworden ist. Wenn das erreicht ist, geschieht zweierlei: 1. Die augenblickliche [262] Beherrschung der Gedanken nach Belieben; sie bewirkt: a. Ein regungsloses, von Gedankenformen freies Denken. b. Ein ruhiges, empfängliches Gehirn. 2. Ein Herabströmen des Bewusstseins des Wahrnehmenden, der Seele, in das physische Gehirn. Dieser Vorgang wird im Laufe der Zeit immer klarer, erkenntnisreicher und weniger behindert, bis schliesslich eine rhythmische Resonanz zwischen der Seele und dem Menschen auf der physischen Ebene hergestellt ist. Die Denkfähigkeit und das Gehirn sind der Seele völlig untertan. Hier sollte beachtet werden, dass sich die Denkfähigkeit und das Gehirn dabei nicht in einem negativen, sondern in einem positiven Zustand befinden. 11. Wer diese Gewohnheit fest gegründet hat und das Denken davon abhält, Gedankenformen zu bilden, erlangt schliesslich die Fähigkeit zu beständiger Kontemplation. Dieser Lehrspruch ist so klar, dass kaum etwas zu seiner Erklärung gesagt werden muss. Er ist eine Summierung der vorhergehenden Lehrsprüche. Er besagt, dass es dem Menschen möglich ist, einen dauernden Zustand der Meditation zu erreichen. Obwohl es, besonders in den ersten Stadien der Seelenentfaltung, von grossem Wert ist, bestimmte Übungen zu festgesetzten Tageszeiten auszuführen, so ist doch der Idealzustand der, das ganze Leben zu einer einzigen Meditation zu machen. Die Fähigkeit, jederzeit aus der Schatzkammer des Ego schöpfen zu können, die dauernde Bewusstheit, dass man ein auf der physischen Ebene inkarniertes Kind Gottes ist, und [263] die Fähigkeit, wenn nötig, die Macht und Kraft der Seele herunterzuholen - all das wird schliesslich von jedem Aspiranten erreicht werden. Aber ehe dieser wünschenswerte Zustand eintreten kann, muss die innere Sammlung zur Gewohnheit geworden und die Fähigkeit erlangt sein, die Modifikationen des Denkprinzips zu zügeln. 12. Wenn die Beherrschung des Denkens und der beherrschende Faktor im Gleichgewicht sind, folgt der Zustand höchster Konzentration. Eine genaue Wiedergabe des hier gebrauchten Sanskritausdrucks ist schwierig. Worte wie: scharfe, unverwandte, gespannte, zusammengefasste, vollkommene Konzentration, sie alle geben uns eine Vorstellung von dem hier gemeinten Denkzustand. Der Aspirant hat nun absichtlich alle Bewusstseinszustände ausgeschaltet, die sich auf die drei Welten beziehen. Seine Aufmerksamkeit ist auf ein einziges Objekt gerichtet, vor allem auf die Wirklichkeit oder das innere Leben, das durch die Form des Objekts verhüllt wird. Er ist sich auch seiner selbst, des Denkenden und Wissenden, nicht bewusst, und er erkennt im wahren Sinn des Wortes nur das, was er kontemplativ betrachtet. Das ist der negative Aspekt. Man darf aber nicht vergessen, dass dies ein sehr aktiver Denkzustand ist, denn das wahrnehmende Bewusstsein erkennt das Objekt in einer höchst umfassenden Weise. Alle Qualitäten, Aspekte und Schwingungen werden ihm offenbar, auch die essentielle zentrale Energie, die dieses besondere Objekt ins Dasein gerufen hat. Er [264] erkennt das alles, weil das erhellende Licht des Denkens unverwandt auf dieses Objekt gerichtet ist. Das wahrnehmende Bewusstsein erkennt dabei auch seine Wesensgleichheit mit der Wirklichkeit hinter der Form. Das ist die wahre okkulte Erkenntnis; aber sie ist weniger die Erkenntnis des Objekts, sondern mehr das Erkennen der Einheit oder Wesensgleichheit mit dem Leben, das es verbirgt. Das ist an sich ein dualer Zustand, aber nicht im gewöhnlich verstandenen Sinn. Es gibt aber einen noch höheren Zustand des Bewusstseins, in dem die Einheit des Lebens in allen Formen, und nicht nur das Einssein mit dem Leben in einem bestimmten Objekt erkannt wird. 13. Durch diesen Vorgang werden die Aspekte eines jeden Objekts erkannt: seine charakteristischen Merkmale (oder Form), seine Symbolik und der besondere Verwendungszweck unter zeitlichen Bedingungen (Entwicklungsstufe). Man muss bedenken, dass jede Form göttlicher Manifestation drei Aspekte hat und daher wirklich nach dem Bilde Gottes gemacht ist mit allen göttlichen Möglichkeiten. Dass das auf den Menschen zutrifft, ist erkannt worden, es gilt |
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