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Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 233 ff. (engl.)

DIE YOGA-LEHRSPRÜCHE VON PATANJALI

Buch III

Die erreichte Vereinigung und ihre Resultate.

1. Konzentration ist das Festlegen des Chitta (der Denksubstanz) auf ein bestimmtes Objekt. Das ist Dharana.

2. Anhaltende Konzentration (Dharana) ist Meditation (Dhyana).

3. Wenn das Denken ganz in der Wirklichkeit (oder in der in der Form verkörperten Idee) aufgeht und sich eines Abgesondertseins oder des persönlichen Selbstes nicht mehr bewusst ist, dann ist das Kontemplation oder Samadhi.

4. Wenn Konzentration, Meditation und Kontemplation in der Aufeinanderfolge zu einem einzigen, zusammenhängenden Vorgang werden, dann ist Sanyama erreicht.

5. Sanyama bewirkt das Aufleuchten des Lichts.

6. Die Erleuchtung kommt allmählich; sie wird stufenweise entwickelt.

7. Diese letzten drei Yogamittel haben eine viel grössere innere Wirkung als die vorhergehenden.

8. Aber selbst diese drei sind nur Vorstufen zur wahren Meditation ohne Saatgedanken (Samadhi), die sich auf kein Objekt stützt. Sie wird von den Einwirkungen des noch Unterschiede wahrnehmenden Chitta (oder Denkstoffes) nicht mehr beeinträchtigt.

9. Die Aufeinanderfolge der mentalen Zustände ist folgende: Zuerst reagiert das Denken auf das, was gesehen wird; hierauf folgt der Augenblick, in dem die Gedanken beherrscht werden. Auf diese beiden Faktoren reagiert dann das Chitta (Denksubstanz). Schliesslich verschwinden auch diese beiden, und das wahrnehmende Bewusstsein herrscht uneingeschränkt.

10. Die Pflege dieser Denkgewohnheit bewirkt eine stete und unbehinderte geistige Wahrnehmung.

11. Wer die Gewohnheit fest gegründet hat und das Denken davon abhält, Gedankenformen zu bilden, erlangt schliesslich die Fähigkeit zu beständiger Kontemplation.

12. Wenn die Beherrschung des Denkens und der beherrschende Faktor im Gleichgewicht sind, folgt der Zustand höchster Konzentration.

13. Durch diesen Vorgang werden die Aspekte eines jeden Objekts erkannt: seine charakteristischen Merkmale (oder Form), seine Symbolik und der besondere Verwendungszweck unter zeitlichen Bedingungen (Entwicklungsstufe).

14. Die charakteristischen Merkmale eines Objekts sind entweder bereits erworben worden oder es sind solche, die sich jetzt manifestieren, oder solche, die noch der Entfaltung harren.

15. Die Entwicklungsstufe ist bestimmend für die verschiedenen Modifikationen der unbeständigen psychischen Natur und des Denkprinzips.

16. Durch konzentriertes Meditieren über die dreifache Natur einer jeden Form offenbart sich das, was gewesen ist und das, was sein wird.

17. Der Ton (oder das Wort), das, was er andeutet (das Objekt), und der darin enthaltene geistige Wesenskern (oder die Idee) werden vom Wahrnehmenden gewöhnlich nicht auseinandergehalten. Durch konzentriertes Meditieren über diese drei Aspekte kommt man zu einem (intuitiven) Verstehen des Tones, den alle Lebensformen aussenden.

18. Ein Wissen um frühere Leben wird möglich, wenn man die Fähigkeit erlangt, Gedankenbilder zu sehen.

19. Durch konzentriertes Meditieren werden die Gedankenbilder im Denken anderer Menschen erkennbar.

20. Da jedoch dem Wahrnehmenden nicht das Objekt dieser Gedanken offenbar wird, sieht er nur die Gedanken und nicht das Objekt. Seine Meditation richtet sich nicht auf das Greifbare.

21. Durch konzentriertes Meditieren über den Unterschied zwischen Form und Körper werden jene Attribute des Körpers, die ihn dem menschlichen Auge sichtbar machen, unwirksam gemacht (oder entzogen) und der Yogi kann sich dadurch unsichtbar machen.

22. Es gibt zwei Arten von Karma (oder Wirkungen): Jetzt wirkendes Karma und zukünftiges Karma. Durch vollkommen konzentriertes Meditieren darüber erfährt der Yogi den Zeitpunkt, wann sein Erleben in den drei Welten ein Ende hat. Dieses Wissen kommt ihm auch durch Vorzeichen.

23. Durch konzentriertes Meditieren über die drei Zustände des Empfindens - Mitgefühl, Güte und Leidenschaftslosigkeit - kann harmonisches Einssein mit anderen Menschen erreicht werden.

24. Die Meditation, die einzig auf die Kraft des Elefanten gerichtet ist. wird diese Kraft - oder dieses Licht - wecken.

25. Vollkommen konzentriertes Meditieren über das erweckte Licht lässt das bewusstwerden, was feinstofflich und verborgen ist oder was noch in weiter Ferne liegt.

26. Durch konzentriertes Meditieren über die Sonne wird ein Bewusstsein (oder Wissen) von den sieben Welten erlangt.

27. Ein Wissen um alle lunaren Formen entsteht durch konzentriertes Meditieren über den Mond.

28. Konzentration auf den Polarstern bringt ein Wissen um die Bahnen der Planeten und der Sterne.

29. Wenn man die Aufmerksamkeit auf das Zentrum konzentriert, das Sonnengeflecht genannt wird, kommt man zu einem vollkommenen Wissen über den Zustand des Körpers.

30.- 31. Durch Konzentration auf das Kehlzentrum werden Hunger und Durst aufhören. Durch Konzentration auf die Grube oder den Nerv unterhalb des Kehlzentrums wird Gleichgewicht erreicht.

32. Wenn man das Licht im Kopf in einem Brennpunkt sammelt, kann man jene Wesen sehen und mit ihnen in Verbindung treten, welche die Meisterschaft über ihr Selbst erlangt haben. Diese Fähigkeit wird durch konzentriertes Meditieren entwickelt.

33. Durch das lebendige Licht der Intuition kann man ein Wissen über alle Dinge erlangen.

34. Durch konzentriertes Meditieren über das Herz-Zentrum lernt man das Denk-Bewusstsein verstehen.

35. Zur Erfahrung (der Gegensatzpaare) kommt es deswegen, weil die Seele nicht unterscheiden kann zwischen dem persönlichen Selbst und dem Purusha (oder Geist). Die objektiven Formen sind dafür da, damit der geistige Mensch sie benutzen und dadurch Erfahrungen sammeln kann. Durch Meditation darüber kommt man zur intuitiven Wahrnehmung des geistigen Wesens.

36. Als Folge dieser Erfahrung und der Meditation entwickeln sich die Fähigkeiten des höheren Hörens, Fühlens, Sehens, Schmeckens und Riechens, die intuitives Wissen hervorrufen.

37. Diese Fähigkeiten sind Hindernisse für die höchste geistige Erkenntnis. Aber als magische Kräfte können sie in den objektiven Welten gute Dienste leisten.

38. Wer die Ursachen der Bindung entkräftet und dadurch die Befreiung erlangt hat, und wer die Methode kennt, wie man die Denksubstanz (Chitta) übertragen (zurückziehen oder eintreten lassen) kann, der kann mit seinem Chitta in einen anderen Körper eingehen.

39. Die Beherrschung des aufwärts strömenden Lebensäthers (des Udana) macht den Menschen frei vom Wasser, vom dornigen Weg und vom Schlamm, und er erlangt dadurch die Kraft des Aufsteigens.

40. Durch Beherrschung des Samana wird der Funke zur Flamme.

41. Durch konzentrierte Meditation über die Beziehung zwischen Akasha und Ton wird ein Organ für geistiges Hören entwickelt.

42. Durch konzentrierte Meditation über die Beziehung zwischen dem Körper und der Akasha wird die Fähigkeit erlangt, aus der Materie (den drei Welten) aufzusteigen und sich im Raum zu bewegen.

43. Wenn das, was das Licht verhüllt, beseitigt ist, tritt der Seinszustand ein, der körperlos genannt wird, der frei ist von den Modifikationen des Denkprinzips. Das ist der Zustand der Erleuchtung.

44. Konzentriertes Meditieren über die fünf Formen eines jeden Elements führt zur Beherrschung der Elemente. Die fünf Formen sind: Die grobstoffliche Form, der arteigene Zustand, die Qualität, das Wesenhafte, der primäre Zweck.

45. Durch diese Meisterung werden die Fähigkeit, sich mit dem kleinsten Teilchen zu identifizieren, und die übrigen Siddhis (oder Kräfte) erlangt, dazu noch körperliche Vollkommenheit und Freisein von allen Behinderungen.

46. Ebenmass der Form, Schönheit der Farbe, Stärke, und die diamantene Festigkeit gehören zur körperlichen Vollkommenheit.

47. Meisterung der Sinne wird erreicht durch konzentriertes Meditieren über ihr Wesen, ihre besonderen Attribute, ihre Ich-Bezogenheit, ihre Durchdringungsfähigkeit und ihre Zweckdienlichkeit.

48. Als Ergebnis dieser Vollkommenheit wird das Handeln so schnell wie das Denken; die Wahrnehmung erfolgt unabhängig von den Organen, und die Ursubstanz wird beherrscht.

49. Der Mensch, der den Unterschied zwischen Seele und Geist erkannt hat, wird Herr über alle Seinszustände und wird allwissend.

50. Durch eine gleichmässige Geisteshaltung gegenüber dieser Errungenschaft und gegenüber allen seelischen Kräften und Fähigkeiten erreicht der Mensch, der frei ist von der Saat der Unfreiheit, den Zustand des losgelösten Eins-Seins.

51. Die Verlockungen aller Daseinsformen, auch der himmlischen, müssen abgewiesen werden, denn dadurch können wieder Bindungen entstehen, die vom Übel sind.

52. Intuitives Erkennen wird entwickelt durch Unterscheidungskraft und konzentriertes Meditieren über die winzigen Zeitspannen eines Augenblicks und deren kontinuierliche Aufeinanderfolge.

53. Aus diesem intuitiven Wissen erwächst die Fähigkeit, alle Wesen zu unterscheiden und ihre Gattung, ihre Qualitäten und ihren Platz im Raum zu erkennen.

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.