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Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 211 ff. (engl.)

Das ist die vierte Regel und sie betrifft des Menschen innere Einstellung zur objektiven Welt. Es kann darum gesagt werden, dass sich die Regeln auf die Einstellung eines Menschen zu folgenden Dingen beziehen:

1. Zu seiner eigenen niederen Natur #innere und äussere Reinigung.

2. Zu seinem Karma oder Lebensschicksal #Zufriedenheit.

3. Zu seiner Seele oder seinem Ego #heisses Streben.

4. Zu seiner Umwelt und seinen Kontakten auf der physischen Ebene #geistiges Studium.

5. Zu der einen Wesenheit, Gott: #Hingabe an Ishvara.

So zieht sich der Gedanke der «richtigen Einstellung» durch alle diese Regeln.

45. Durch völlige Hingabe an Ishvara wird das Ziel der Meditation (der Samadhi-Zustand) erreicht.

Das Ziel der Meditation ist die Fähigkeit, mit dem göttlichen inneren Selbst in Verbindung zu kommen und dadurch die klare Erkenntnis [212] zu gewinnen, dass dieses Selbst mit allen Seelen und mit der All-Seele eins ist; und das ist nicht nur theoretisch, sondern als eine Tatsache in der Natur zu erkennen. Es kommt zustande, wenn das «Samadhi» erreicht wird; in diesem Zustand wird das Bewusstsein des Denkers aus dem niederen Hirnbewusstsein in das des geistigen Menschen oder der Seele auf ihrer eigenen Ebene verlagert. Die Stadien dieser Verlagerung sind folgende:

1. Verlagerung des Körper-Bewusstseins, des nach aussen gerichteten instinktmässigen Bewusstseins des physischen Menschen, in den Kopf. Das erfordert ein bewusstes Zurückziehen des Bewusstseins auf einen Punkt innerhalb des Gehirns in der Nähe der Zirbeldrüse, und die dauerhafte Verankerung des Bewusstseins an dieser Stelle.

2. Verlagerung des Bewusstseins aus dem Kopf oder Gehirn in das Denkvermögen, in den Mentalkörper. Bei dieser Verlagerung bleibt das Gehirn ganz wachsam, und das Zurückziehen erfolgt bewusst über den Ätherkörper, wobei die Öffnung auf dem Scheitel des Kopfes (Brahmarandra) benutzt wird. Dabei ist der Mensch keinen Augenblick lang in Trance, bewusstlos oder schlafend; er vollzieht dieses Abziehen oder Zurückziehen entschlossen und energisch.

3. Verlagerung des Bewusstseins aus dem Mentalkörper in das des Egos, der Seele, die ihren Sitz im Kausalkörper (im egoischen Lotos) hat. Dadurch wird ein Zustand hergestellt, wobei das Gehirn, der Mentalkörper und der Kausalkörper eine zusammenhängende, ruhige Einheit bilden, die lebendig, wachsam, positiv und beständig ist.

4. In den Zustand des Samadhi oder der geistigen Kontemplation kann [213] dann eingetreten werden, wenn die Seele auf ihre eigene Welt hinblickt, die Dinge so erschaut, wie sie sind, mit der Wirklichkeit in Berührung ist und «Gott erkennt».

Darauf folgt das Stadium, in dem der geistige Mensch - über das Denkvermögen - an das Gehirn all das weiterleitet, was er erschaut, erlebt und erkannt hat. Auf diese Weise wird das Wissen zu einem Teil des Hirninhalts und steht für die Nutzanwendung auf der physischen Ebene zur Verfügung.

Das ist das Ziel der Meditation. Die vielen unterschiedlichen Ergebnisse sind das Thema des dritten Buches und werden durch die acht Yoga-Mittel erzielt, wie sie in diesem zweiten Buch angegeben sind. Nur Hingabe an Ishvara oder wahre Liebe zu Gott, mit den damit verbundenen Qualitäten, nämlich Dienen, Liebe zu den Menschen und beständig rechtes Handeln, kann den Menschen auf diesem schweren Weg der Disziplin, Läuterung und harten Arbeit weiterbringen.

III. MITTEL: HALTUNG

46. Die eingenommene Haltung muss beständig und ungezwungen sein.

Dieser Lehrspruch hat unsere Studierenden im Abendland in ziemliche Verlegenheit gebracht, denn sie haben ihn lediglich im physischen Sinn gedeutet. Er hat wohl eine physische Bedeutung, aber wenn man dabei an die dreifache niedere Natur denkt, könnte man folgendes sagen: er bezieht sich auf eine gleichbleibende, unbewegte Körperhaltung während der Meditation, auf einen beständigen und standhaften Zustand des Astral- oder Empfindungskörpers während des inkarnierten Lebens, und auf ein stetiges, ruhiges [214] Denken, das unter absoluter Kontrolle ist. Von diesen dreien ist die Körperhaltung die am wenigsten wichtige; und am besten ist die Körperstellung, in welcher der Aspirant am schnellsten seinen physischen Körper vergessen kann. Im allgemeinen ist die beste Haltung für den Aspiranten im Westen folgende: ein bequemer Sitz in aufgerichteter Haltung, mit geradem Rücken, natürlich gekreuzten Füssen, auf dem Schoss gefalteten Händen, die Augen geschlossen und das Kinn ein wenig herabhängend. Im Osten gibt es eine Wissenschaft der Körperhaltungen, und es werden etwa vierundachtzig Stellungen angegeben, von denen einige sehr schwierig und schmerzhaft sind. Diese Lehre ist ein Zweig des Hatha-Yoga und sollte von Menschen der fünften Stammrasse nicht mehr befolgt werden. Sie ist ein Überbleibsel jenes Yoga, der notwendig und hinreichend war für die Menschen der lemurischen Stammrasse, welche die Beherrschung des physischen Körpers erlernen mussten. Bhakti-Yoga (der Yoga des gottergebenen Herzens) und ein wenig Hatha-Yoga war der richtige Yoga für die Menschen der atlantischen oder vierten Stammrasse. In dieser fünften Stammrasse, der arischen, sollte Hatha-Yoga von einem Jünger überhaupt nicht ausgeübt werden; er sollte sich mit Raja-Yoga plus Bhakti-Yoga befassen, so dass sein Denken und Fühlen ausgeglichen ist.

Der Lemurische Jünger lernte, den physischen Körper zu beherrschen und in den Dienst Ishvaras zu stellen durch Hatha-Yoga, verbunden mit einem Streben nach Beherrschung der Empfindungen.

Der Atlantische Jünger lernte, den Empfindungskörper zu beherrschen und ihn in den Dienst Ishvaras zu stellen durch Bhakti-Yoga. verbunden mit einem Streben nach Beherrschung der Gedanken.

Der Arische [215] Jünger muss lernen, den Mentalkörper zu beherrschen und ihn in den Dienst Ishvaras zu stellen durch Raja-Yoga, verbunden mit einem Streben nach Erkenntnis des Innewohnenden, der Seele. So wird in dieser Stammrasse der ganze niedere Mensch, die Persönlichkeit, unterjocht, und so findet die «Verklärung» der Menschheit statt.

47. Ruhige, ungezwungene Haltung kann erreicht werden durch beharrliche kleine Anstrengungen und durch Konzentration der Gedanken auf das Unendliche.

Die beiden Aspekte, die bei der Meditation Schwierigkeiten bereiten, sind das Entspannen des Körpers und die Beherrschung der Gedanken. Es ist bemerkenswert, dass man die richtige Körperhaltung, bei der man den Körper vergisst, eher durch andauernde leichte Übung als dadurch erreicht, dass man ihn gewaltsam zu Stellungen und Haltungen zwingt, die ungewohnt und unbequem sind. Wenn ein Mensch seinen Körper völlig entspannt halten und sich gänzlich in die Betrachtung seelischer Dinge versenken kann, dann ist das ein Zeichen und Beweis für eine beständige und ungezwungene Haltung. Er vergisst sein physisches Werkzeug und kann sich daher konzentrieren; und diese Konzentration ist dann so auf einen einzigen Gegenstand gerichtet, dass ein Denken an den physischen Körper gar nicht möglich ist.

48. Wenn ein Mensch das erreicht hat, wird er von den Gegensatzpaaren nicht mehr berührt.

Die Gegensatzpaare betreffen den Wunschkörper, und es ist bezeichnend, dass im vorhergehenden Lehrsatz nur vom Denken und [216] vom physischen Körper die Rede war. In diesem Lehrsatz geht es um den Empfindungskörper, dessen Wesen sich in Wünschen äussert, der aber jetzt nicht mehr der Einwirkung irgendwelcher anziehenden Kraft unterliegt. Der Astralkörper wird ruhig und indifferent, er reagiert nicht mehr auf die Verlockungen aus der Welt der Illusion.

Mit dem Astralkörper des Menschen und dem Astrallicht ist ein grosses Mysterium verbunden, dessen Wesen bisher nur wenigen fortgeschrittenen Eingeweihten bekannt ist. Das Astrallicht tritt durch zwei Wirkungsfaktoren in Erscheinung, und der Astralkörper des Menschen ist empfänglich für zwei Arten von Energie. Diese scheinen an sich weder Merkmale noch Form zu haben, doch scheint ihr Sichtbarwerden davon abzuhängen, «was oben und was unten ist». Die Wunschnatur des Menschen zum Beispiel reagiert entweder auf die Lockung der grossen Welt der Illusion, der Maja der Sinne, oder auf die Stimme des Egos, das den Mentalkörper benutzt. Schwingungen erreichen den Astralkörper von der physischen Ebene und aus der Mentalwelt, und der Mensch reagiert auf den höheren oder niederen Anruf ganz so, wie es seinem Wesen und der erreichten Entwicklungsstufe entspricht.

Der Astralkörper ist entweder für Eindrücke des Egos empfänglich, oder er lässt sich von den Millionen Stimmen der Erde beeinflussen. Er hat offensichtlich weder eine eigene Stimme noch eine eigene Wesensart. In der Bhagavad Gita wird das geschildert an der Stelle, wo Arjuna mittwegs zwischen den beiden gegensätzlichen Mächten des Guten und des Bösen steht und nach der richtigen Einstellung zu beiden sucht. Die Astralebene ist der Kampfplatz [217] der Seele, das Feld des Sieges oder der Niederlage; sie ist das Kurukshetra, auf dem die grosse Entscheidung getroffen wird.

In den Lehrsprüchen, die sich auf die Haltung beziehen, ist eben dieser Gedanke enthalten. Die physische Ebene und die Mentalebene werden betont, und es wird folgendes ersichtlich: Wenn ein Mensch diese beiden Ebenen in die rechte Verfassung gebracht, wenn er auf der physischen Ebene Ausgeglichenheit und auf der Mentalebene höchstes Konzentrationsvermögen erlangt hat, dann beeinträchtigen ihn nicht mehr die Gegensatzpaare. Der Zustand des Gleichgewichts, der den Menschen frei macht, ist erreicht. Die Waagschalen des Lebens sind vollkommen ausgeglichen und der Mensch steht frei da.

IV. MITTEL: PRANAYAMA

49. Wenn man die rechte Haltung (Asana) erreicht hat, folgt die rechte Beherrschung des Prana und das richtige Einatmen und Ausatmen.

Hier haben wir wieder einen Lehrspruch, der oft zu Missverständnissen geführt und viel Schaden angerichtet hat. Es gibt viele Anweisungen über die Beherrschung des Prana, und das hat zu Atemübungen und Praktiken geführt, deren Erfolg vom Unterbrechen des Atmungsvorgangs abhängt. Vieles davon beruht auf der Annahme des abendländischen Menschen, dass Prana und Atem sinnverwandte Worte seien. Das ist durchaus nicht der Fall. Vivekananda weist darauf in seiner Erklärung dieses Lehrspruchs mit folgenden Worten hin:

«Wenn die Haltung erreicht ist, muss die Atembewegung unterbrochen und reguliert werden, und so kommen wir zu Pranayama, der Beherrschung der Vitalkräfte des Körpers. Prana ist nicht [218] Atem, wenn es auch meistens so übersetzt wird. Es ist die Gesamtheit kosmischer Energie. Prana ist die Energie, die in einem jeden Körper vorhanden ist, und ihr sichtbarster Ausdruck ist die Tätigkeit der Lunge. Diese Tätigkeit wird veranlasst durch Prana, das den Atem schöpft, und gerade das wollen wir durch Pranayama beherrschen. Wir beginnen mit der Atemregulierung, da dies der leichteste Weg ist, um die Beherrschung des Prana zu erreichen».

Prana ist die Gesamtheit von Energie im Körper (und das gilt genau so für den Körper des Planeten und der Sonne). Es betrifft daher das Einströmen von Energie in den Ätherkörper und das Ausströmen durch den physischen Körper. Im physischen Körper ist das symbolisiert durch das notwendige Einatmen und Ausatmen. Durch die Betonung des physischen Atemvorgangs ist viel von der wahren Bedeutung dieses Lehrspruchs verloren gegangen.

Beim Studium des Pranayama sollten gewisse Dinge beachtet werden. Erstens, dass es eine der Hauptaufgaben des Ätherkörpers ist, als Anreger und Energiespender des dichten physischen Körpers zu wirken. Es ist beinahe so, als wenn der physische Körper kein unabhängiges Dasein hätte, sondern nur in dem Mass tätig

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.