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Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 166 ff. (engl.) |
grundlegende Fähigkeit gelenkt, die entwickelt werden muss - die Fähigkeit der
Unterscheidung. Der Sinn und Zweck dieses Spruches ist daher völlig klar, die
Gegensatzpaare Geist und Materie, Purusha und Prakriti, sind in eine enge
Verbindung [167] gebracht worden, und diese Vereinigung muss von der Seele, dem
wahrnehmenden Bewusstsein, erkannt werden. Durch diese Verbindung der Dualitäten
lernt die Seele, der Denker, sowohl sein wahres Wesen (die geistige Natur)
erkennen als auch das Wesen der Erscheinungswelt verstehen, die er wahrnimmt,
mit der er in Verbindung kommt, und die er benutzt. Das Organ der Wahrnehmung
ist die Denkfähigkeit samt den fünf Sinnen, und vom Standpunkt der Seele bilden
sie ein einziges Instrument. Für eine lange Zeit und in vielen Inkarnationen
identifiziert sich die Seele oder der Denker mit diesem Wahrnehmungsorgan, und
in den Frühstadien auch mit dem, was er vermittels dessen wahrnimmt. Er
betrachtet den physischen Körper, den er benutzt, als sich selbst, denn er sagt
z.B. «Ich bin hungrig» oder «ich bin müde». Er identifiziert sich mit seinem
Empfindungs- oder Wunschkörper und sagt: «Ich bin ärgerlich» oder «ich möchte
Geld haben». Er identifiziert sich mit dem mentalen Werkzeug und betrachtet sich
als so und so denkend. Diese Identifizierung ist es, die zu theologischen
Differenzen und den verschiedenen Glaubenslehren und Sekten geführt hat, die es
überall gibt. In der fünften Stammrasse, und besonders in der jetzigen fünften
Unterrasse, erreicht diese Identifizierung ihren Höhepunkt. Es ist die Pira des
persönlichen, nicht des geistigen Selbstes. Diese Erkenntnis der niederen Natur
ist ein Teil des grossen Entwicklungsprozesses, aber ihr muss das Erkennen des
Gegenpols folgen, des geistigen Selbstes. Diese Erkenntnis kommt dadurch
zustande, dass die Seele anfängt, Unterschiede zu erkennen; zuerst theoretisch
und verstandesmässig (darum ist die jetzige Ära der Kritik und des [168]
polemischen Diskutierens von grossem Wert, denn sie ist ein Teil der grossen
planetarischen Entwicklung des Unterscheidungsvermögens), und später praktisch.
Dieses Unterscheidungsvermögen bewirkt schliesslich dreierlei:
1. Ein Erkennen des Unterschieds zwischen Geist und Materie. 2. Ein Begreifen des Wesens der Seele, die das Ergebnis dieser Vereinigung ist; sie ist der Sohn, der durch die Vereinigung von Vater-Geist und Mutter-Materie gezeugt wurde. 3. Eine Entwicklung, in der die Seele beginnt, sich mit dem geistigen Aspekt zu identifizieren und nicht mit der äusseren Welt der Formen. Dieses spätere Stadium wird durch die Praxis des Raja Yoga sehr unterstützt und beschleunigt. Deshalb hat sich die Hierarchie entschlossen, dem kritischen und urteilsfähigen Westen diese Lehre bekanntzugeben. Man darf hierbei nicht vergessen, dass die Seele während des Vereinigungsprozesses durch grosse Stadien hindurchgeht, und dass das Wort Yoga sich auf den gesamten Entwicklungsprozess der Monade bezieht. Diese wichtigen Stadien sind: 1. Die Vereinigung der Seele mit der Form und ihre Identifizierung mit dem Materie-Aspekt. 2. Die Vereinigung des denkenden Menschen (des eigenbewussten Spiegelbildes in den drei Welten) mit dem geistigen Menschen auf seiner eigenen Ebene. 3. Die Vereinigung des geistigen Menschen (des göttlichen Denkers) mit dem Vater im Himmel, mit der Monade oder dem Geist-Aspekt. Die erste Stufe umfasst den Zeitraum von der ersten Inkarnation bis zum Betreten des Probepfads. Die zweite Stufe erstreckt sich über die Periode des Probepfads bis zur dritten [169] Einweihung auf dem Weg der Jüngerschaft. Die dritte Stufe umfasst die letzten Strecken des Weges der Einweihung. 24. Die Ursache dieser Verbindung ist Unwissenheit oder Avidya, die überwunden werden muss. Unwissenheit über das wahre Wesen der Seele und der Drang, ihr eigenes Wesen und ihre Kräfte herauszufinden, sind die Ursache dafür, dass sich die verkörperte Seele mit den Organen der Wahrnehmung und mit dem identifiziert, was diese wahrnehmen und in das Bewusstsein der Seele hereinbringen. Wenn die Seele wegen dieser Unwissenheit und deren Folgen das nicht finden kann, was sie sucht, kommt eine Zeit, da die Suche eine andere Form annimmt und die Seele selbst nach der Wirklichkeit sucht. Man könnte das folgendermassen ausdrücken: Die Identifizierung mit der Welt der Erscheinungen und die Benutzung der nach aussen gerichteten Wahrnehmungsorgane erstreckt sich über die Periode, die der wahre Mensch in der sogenannten Vorhalle des Nicht-Wissens verbringt. Überdruss, Ruhelosigkeit und ein Suchen nach Selbst-Erkenntnis (oder Wissen von der Seele) kennzeichnet die Periode, die in der Halle der Belehrung verbracht wird. Erkenntnis, Bewusstseinserweiterung und Identifizierung mit dem geistigen Menschen kennzeichnen die Zeit, die in der Halle der Weisheit zugebracht wird. Die Ausdrücke: menschliches Leben, mystisches Leben und okkultes Leben beziehen sich auf diese drei Stadien. 25. Wenn die Unwissenheit beendet ist, weil keine Bindung mehr an das Wahrgenommene besteht, dann ist das die grosse Befreiung. Während der Inkarnation ist der Seher, die Seele, in der Maja oder Grossen Illusion versunken. Er ist ein Gefangener seiner eigenen Gedankenformen und Gedankenschöpfungen, und auch der in [170] den drei Welten. Er betrachtet sich als einen Teil der Erscheinungswelt. Wenn er durch Erfahrung und Urteilskraft gelernt hat, zwischen sich und diesen Formen zu unterscheiden, kann der Befreiungsprozess weitergehen und schliesslich zu einem Höhepunkt kommen in der grossen Entsagung, die den Menschen ein für allemal von den drei Welten frei macht. Das ist eine stufenweise Entwicklung, die nicht auf einmal bewältigt werden kann; sie erstreckt sich über zwei Perioden: 1. Die Periode des Probepfads oder in der christlichen Ausdrucksweise: der Pfad der Läuterung. 2. Die Periode der Jüngerschaft in zwei Abschnitten: a. Die Jüngerschaft an sich oder die unablässige Schulung und Disziplinierung, die dem persönlichen niederen Selbst von der Seele auferlegt und vom Lehrer oder Meister geleitet wird. b. Die Einweihung oder die stufenweisen Erweiterungen des Bewusstseins, die der Jünger unter der Führung eines Meisters erlangt. Bestimmte Worte beschreiben diesen zweifachen Vorgang: a. Geistiges Streben (Aspiration). b. Disziplinierung. c. Läuterung. d. Die Anwendung der Mittel des Yoga oder der Vereinigung. e. Einweihung. f. Klare Erkenntnis. g. Vereinigung. 26. Der Zustand der Unfreiheit wird durch beständige Anwendung des Unterscheidungsvermögens überwunden. Hier sind einige Worte über die Unterscheidungs- und Urteilsfähigkeit angebracht, denn sie ist die erste grosse Etappe auf dem Weg des Freiwerdens von den drei Welten. Da sie sich auf die [171] Erkenntnis der essentiellen Dualität der Natur gründet und die Natur als ein Ergebnis der Vereinigung der beiden Polaritäten - Geist und Materie - ansieht, ist die Anwendung des Unterscheidungsvermögens anfangs eine geistige Haltung, die eifrig gepflegt werden muss. Die Voraussetzung der Dualität wird als logische Grundlage für weiteres Arbeiten angenommen; und die Theorie wird erprobt in dem Bemühen, die Wahrheit zu beweisen. Der Aspirant akzeptiert dann endgültig den Standpunkt der höheren Polarität (den des Geistes, der sich als Seele oder innerer Herrscher kundtut), und versucht, in den Angelegenheiten des täglichen Lebens die Unterschiede zu erkennen zwischen der Form und dem Leben, zwischen der Seele und dem Körper, zwischen der Gesamtheit der niederen Manifestation (physischer, astraler und mentaler Mensch) und dem wirklichen Selbst, der Ursache der niederen Manifestation. Er ist bestrebt, im täglichen Leben ein Bewusstsein des Wirklichen zu kultivieren und dem Einfluss des Unwirklichen entgegen zu wirken, und er dokumentiert dieses Bestreben in allen seinen Beziehungen und Angelegenheiten. Durch beharrliche, ununterbrochene Übung gewöhnt er sich daran, zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst zu unterscheiden und sich mit geistigen Dingen zu befassen, nicht mit denen der grossen Maja oder der Welt der Formen. Dieses Feststellen der Unterschiede ist zuerst theoretisch, dann verstandesmässig, wird aber später wirklicher und greift in das Geschehen der emotionalen und physischen Welt ein. Schliesslich führt diese Methode dazu, dass der Mensch in eine völlig neue Dimension eindringt und sich mit einem Leben und einer Seinswelt identifiziert, die über den drei Welten menschlichen Bemühens liegt. Wenn er [172] so weit gekommen ist, wird ihm die neue Umgebung so vertraut, dass er nicht nur die Form kennt, sondern auch die innere Wirklichkeit erkennt, die das Dasein der Form hervorruft oder verursacht. Dann geht er einen Schritt weiter, um die nächste grosse Eigenschaft zu kultivieren: Leidenschaftslosigkeit oder Begierdelosigkeit. Ein Mensch mag vielleicht fähig sein zu unterscheiden zwischen dem Realen und dem Wahren, zwischen der Substanz und dem Leben, das sie beseelt, - und dennoch mag es ihn nach dem Formdasein verlangen. Auch das muss überwunden werden, ehe vollkommenes Freisein erlangt werden kann. In einer der alten Schriften, die sich in den Archiven der Meister befinden, heisst es: «Es genügt nicht, dass man die Methode kennt oder die Kraft fühlt, die das Leben von den Formen der Maja befreit. Es muss ein bedeutsamer Augenblick kommen, in dem der Jünger durch eine Anspannung des Willens und ein Wort magischer Macht den trügerischen Faden durchreisst, der ihn an die Form bindet. Gleich der Spinne, die den Faden, an dem sie sich in unbekannte Gebiete hinein gewagt hat, wieder in sich zurückzieht, so zieht sich der Jünger zurück von allen Formen in den drei Reichen des Daseins, die ihn bisher angelockt haben». Dieser Kommentar verdient gründliche Betrachtung und kann in Verbindung gebracht werden mit dem Gedanken, der in dem okkulten Ausspruch enthalten ist: «Ehe ein Mensch den Pfad betreten kann, muss er selbst zu diesem. Pfad werden». 27. Die gewonnene Erkenntnis ist von siebenfacher Art und wird stufenweise erlangt. Nach der Hindu-Lehre gibt es sieben Zustände des Bewusstseins. Der [173] sechste Sinn und sein Gebrauch bringen sieben Arten des Denkens zustande, oder (fachlich ausgedrückt): es gibt sieben Haupt-Modifikationen des Denkprinzips. Diese sind: 1. Verlangen nach Wissen. Dieses Verlangen treibt den verlorenen Sohn, die Seele, fort in die drei Welten der Illusion, oder (um noch weiter zurückzugehen) es ist das, was die Monade oder den Geist in die Verkörperung hinaussendet. Dieses Grundverlangen ist es, das alles Erleben verursacht. 2. Verlangen nach Freiheit. All das, was die Seele in ihren vielfältigen Lebensläufen erfährt und erforscht, hat den Zweck, in ihr ein grosses Sehnen nach einem anderen Zustand und ein tiefes Verlangen nach Befreiung und Freisein vom Rad der Wiedergeburt zu wecken. 3. Verlangen nach Glück. Dieses Verlangen ist ein Grundmerkmal aller Menschen, wenn es sich auch in verschiedenen Arten äussert. Es basiert auf einem angeborenen Unterscheidungsvermögen und der tiefinneren Fähigkeit, des «Vaters Haus» mit der jetzigen Lage des verlorenen Sohnes zu vergleichen. Diese innere Fähigkeit zur «Glückseligkeit» oder Freude bewirkt diese Ruhelosigkeit und treibt den Menschen dazu, das zu ändern, was dem Entwicklungsdrang selbst zugrundeliegt. Hier ist die Ursache des Tätigseins und des Fortschritts. Die Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Zustand beruht auf einer dunklen Erinnerung an eine Zeit der Zufriedenheit und Glückseligkeit. Dieses Glück muss wieder erlangt werden, ehe ein wahrer Friede gefunden werden kann. 4. Das Verlangen, seine Pflicht zu erfüllen. Die ersten drei Modifikationen des Denkprinzips bringen die sich entwickelnde Menschheit schliesslich dahin, dass einzig die Erfüllung des Dharma [Dharma ist die richtige Erfüllung (oder Abtragung) des Karmas an dem Platz und in der Umwelt, wohin das Schicksal den Menschen gestellt hat.] der Antrieb zum Leben wird. Das Sehnen nach Erkenntnis, [174] Freiheit und Glück hat den Menschen zu einem Zustand völliger |
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