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Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 105 ff. (engl.)

1. Zeit, welche die drei verbindet,

2. Raum, der die drei erzeugt,

3. Entwicklung, der Prozess der Erzeugung.

Ein Ergebnis davon ist die sichtbare Auswirkung des Gesetzes und die genaue Erfüllung der göttlichen Absicht. Das wird von dem Yogi klar erkannt, dem es gelungen ist, alle Formen aus seinem Bewusstsein auszuschalten, und der das wahrgenommen hat, was allen Formen zugrunde liegt. Wie er das macht, geht aus der zweiten Übersetzung hervor. Die nun vollkommen ruhige Denksubstanz kann, da der Mensch in dem Element (oder Bestandteil) polarisiert ist, das weder das Gehirn noch irgendeine der Hüllen ist, dem physischen Gehirn unfehlbar genau und richtig das übermitteln, was er im grossen Shekina-Licht wahrnimmt, das aus dem Allerheiligsten dorthin strömt, bis wohin der Mensch vorgedrungen ist. Die Wahrheit wird erkannt, und die Ursache jeder Form in allen Reichen der Natur ist [106] offenkundig. Das ist die Offenbarung der wahren Magie und der Schlüssel zum grossen magischen Werk, an dem alle wahren Yogis und Adepten teilnehmen.

49. Diese besondere Wahrnehmung ist einzigartig; sie offenbart das, was das rationale Denken (durch Beweise, Ableitung und Folgerung) nicht ergründen kann.

Die Bedeutung dieses Lehrspruchs ist die, dass das Denken des Menschen in seinen verschiedenen Aspekten und Anwendungen nur jene Dinge ergründen kann, die der Erscheinungswelt angehören; aber das Wesen und die Welt des Geistes kann nur durch die Wesenseinswerdung mit dem Geist offenbar werden. «Kein Mensch hat Gott je gesehen, nur der eingeborene Sohn im Schoss des Vaters hat ihn offenbart». Solange ein Mensch sich nicht als einen Sohn Gottes erkennt, bevor sich nicht der Christus in jedem Menschen manifestiert und das Christus-Leben vollen Ausdruck findet, und solange nicht der Mensch eins ist mit der inneren geistigen Wirklichkeit, die sein wahres Selbst ist, kann das hier behandelte Wissen (um Gott und Geist, unabhängig von Materie und Form) unmöglich erlangt werden. Das Zeugnis vieler Jahrtausende weist auf eine geistige Kraft oder ein geistiges Leben in der Welt hin. Aus den Lebenserfahrungen vieler Millionen soll die Folgerung resultieren, dass Geist existiert; die aus der Betrachtung der Welt (oder der grossen Maya) gewonnene Schlussfolgerung ist die, dass dahinter eine in sich selbst beharrende, aus sich selbst bestehende Ursache sein muss. Nur der Mensch, der über alle Formen hinausgehen und die [107] Begrenzungen in den drei Welten überwinden kann (Denken, Fühlen und die Dinge der Sinne, oder «Welt, Fleisch und Teufel»), kann absolut sicher und unbezweifelbar wissen, dass Gott ist, und dass er selbst Gott ist. Dann weiss er die Wahrheit, und diese Wahrheit macht ihn frei.

Das Feld des Wissens, die Werkzeuge des Wissens und das Wissen selbst sind überschritten, und der Yogi kommt zu der Erkenntnis, dass es nichts als Gott gibt; dass sein Leben eins ist und im mikrokosmischen Atom ebenso pulsiert wie im makrokosmischen Atom. Mit diesem Leben identifiziert er sich. Er findet es im Innersten seines eigenen Wesens; und er kann sich mit dem Leben Gottes im letzten Uratom verschmelzen, oder er kann seine Erkenntnis ausdehnen, bis er sich als das Leben des Sonnensystems erkennt.

50. Sie ist allen anderen Eindrücken feind oder verdrängt sie.

Solange der Betrachter diese Fähigkeit der wirklichen Wahrnehmung nicht hat, ist er auf drei andere Methoden der Wahrheitsfindung angewiesen; sie alle sind begrenzt und unvollkommen. Es sind:

1. Sinneswahrnehmung. Hierdurch ermittelt der im Körper Wohnende die Beschaffenheit der objektiven Welt durch das Medium seiner fünf Sinne. Sichtbares und Greifbares wird ihm bekannt, und er sieht, hört, riecht und schmeckt die Dinge der physischen Welt. Er befasst sich jedoch nur mit den Wirkungen, die durch das innere Leben hervorgerufen werden, aber er hat keinen Schlüssel zu den Ursachen oder innewohnenden Energien, deren Erzeugnis [108] sie sind. Die Folge davon ist, dass er sie unrichtig deutet, und das führt zu einem falschen Identitäts-Bewusstsein und zu falschen Massstäben für Werte.

2. Mentale Wahrnehmung. Durch den Gebrauch der Denkfähigkeit nimmt der Betrachter einen anderen Erscheinungsbereich wahr; er kommt mit der Gedankenwelt oder mit jener Art von Substanz in Verbindung, in der die Gedankenimpulse unseres Planeten und seiner Bewohner registriert sind; und er wird mit Formen bekannt, die durch jene Schwingungsimpulse erschaffen werden, die gewisse Gedanken und Wünsche zum Ausdruck bringen - zur Zeit hauptsächlich die letzteren. Infolge der durch Benutzung der Sinne irrigen Wahrnehmung und der falschen Auslegung der wahrgenommenen Dinge sind diese Gedankenformen schon an sich Entstellungen der Wirklichkeit; sie bringen nur jene niederen Impulse und Reaktionen zum Ausdruck, die von den niederen Naturreichen ausgehen. Man muss folgendes bedenken: der Mensch vermag die von den Menschheitsführern erschaffenen Gedankenformen erst dann aufzufangen und richtig wahrzunehmen, wenn er wirklich anfängt, seinen Mentalkörper zu gebrauchen (und sich nicht von ihm gebrauchen zu lassen).

3. Der überkontemplative Zustand. In diesem Zustand ist die Wahrnehmung unfehlbar genau, und die anderen Arten des Sehens werden in ihren richtigen Proportionen gesehen. Die Sinne werden vom Betrachter nicht mehr gebraucht, ausser wenn er sie für konstruktive Arbeit in den betreffenden Bereichen benötigt. Er hat nun die Fähigkeit, die ihn vor Irrtümern bewahrt, und einen Sinn, der ihm die Dinge so offenbart, wie sie sind. Die für diesen Zustand erforderlichen Vorbedingungen sind folgende:

1. Der Mensch [109] ist in seinem geistigen Wesen polarisiert.

2. Er erkennt sich selbst und wirkt als Seele, als Christus.

3. Sein Chitta oder seine Denksubstanz ist ruhig.

4. Das Sutratma oder der Lebensfaden funktioniert angemessen, und die niederen Körper sind mit ihm gleichgeschaltet; dadurch entsteht ein direkter Verbindungsweg mit dem physischen Gehirn.

5. Das Gehirn ist so trainiert, dass es nur als empfindlicher Empfänger von Wahrheits-Impressionen dient.

6. Das dritte Auge ist im Begriff, sich zu entfalten. Später, wenn die Zentren erweckt und unter bewusste Kontrolle gebracht sind, bringen sie den Menschen mit den verschiedenen Energie-Siebenheiten auf den sieben Ebenen des Systems in Verbindung; und da die wahrheiterkennende Fähigkeit entwickelt ist, ist er vor Irrtum und Gefahr geschützt.

Charles Johnston hat das in seinem Kommentar zu diesem Lehrspruch klar ausgedrückt:

«Jeder Zustand oder Bereich des Denkens, sozusagen jedes Wissensgebiet, das durch mentale und emotionale Energien erreicht wird, ist ein psychischer Zustand, genauso wie das Gedankenbild von einer Bühne mit den darauf befindlichen Schauspielern ein psychischer Zustand oder Bereich ist. Wenn das reine geistige Erschauen, wie das des Dichters, des Philosophen, des Heiligen, den ganzen Bereich ausfüllt, werden alle geringeren Vorstellungen und geistigen Bilder verdrängt. Dieser höhere Bewusstseinsinhalt schliesst alle niederen Inhalte aus. Dennoch enthält in einem gewissen Sinn das, was als Teil gesehen wird - sogar in der Schau des Heiligen - immer noch ein Element der Illusion, einen dünnen, psychischen [110] Schleier, wie rein und durchsichtig dieser auch sein mag. Es ist der letzte und höchste psychische Zustand».

51. Wenn auch dieser Zustand des Wahrnehmens überwunden oder verdrängt ist, dann ist das reine Samadhi erreicht.

Nachdem der grosse Lehrer Patanjali uns durch die verschiedenen Stadien des sich erweiternden Bewusstseins geführt hat, von der Meditation mit einem «Saatgedanken» bis zu der, bei welcher die Sinne und das Denken ausgeschaltet sind, führt er uns nun in einen Zustand ein, für den wir keine angemessene Terminologie haben. Der Yogi des Ostens nennt ihn Samadhi, einen Zustand, in dem jene Welt gesehen und erkannt wird, in welcher der geistige Mensch wirkt und die formlosen Bereiche oder Ebenen unseres Sonnensystems erreicht. Mit dem Erkenntnisbereich in den drei Welten, dem Reich der Maya und Illusion, kann der Seher nach Belieben in Berührung kommen durch das Werkzeug, das ihm gegeben ist. Hier aber tut sich ihm eine neue Welt auf, in der er sein Bewusstsein als eins erkennt mit allen anderen Energien oder bewussten Äusserungen göttlichen Lebens. Der letzte Schleier der Illusion ist zurückgezogen; die grosse Ketzerei der Absonderung wird in ihrer wahren Natur erkannt, und der Seher kann mit Christus sagen:

«Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleich, wie du, Vater, in mir und ich in dir; dass auch sie in uns eines seien, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe [111] ihnen gegeben die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind: Ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen seien in eins, und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst». (Johannes XVII. 20-23)

BUCH II

Die Stufen zur Vereinigung.

a. Die fünf Hindernisse und ihre Beseitigung.

b. Definition der acht Mittel und Wege.

Hauptthema: Die Mittel und Wege, um das Ziel zu erreichen.

DIE YOGA LEHRSPRÜCHE VON PATANJALI

II. Buch

Die Stufen zur Vereinigung

1. Der wirksam tätige Yoga, der zur Vereinigung mit der Seele führt, ist glühendes Streben, geistiges Studium und Hingabe an Ishvara.

2. Das Ziel dieser drei Bestrebungen ist, die Vision der Seele zu erreichen und die Hindernisse zu beseitigen.

3. Die Leid-verursachenden Hindernisse sind Avidya (Unwissenheit), Ichgefühl, Begehren, Hass und Anhangen.

4. Avidya (Unwissenheit) ist die Ursache aller anderen Hindernisse, mögen sie nun latent sein, gerade beseitigt werden, überwunden oder in voller Wirksamkeit sein.

5. Avidya ist der Zustand, in dem das Dauernde, das Reine, das Glückselige, das Selbst verwechselt wird mit dem Vergänglichen, dem Unreinen, dem Leidvollen, dem Nicht-Selbst.

6. Das Ichgefühl entsteht dadurch, dass sich der Wahrnehmende mit den Werkzeugen der Wahrnehmung identifiziert.

7. Begehren ist Anhangen an Objekten, die Wohlgefühle schaffen.

8. Hass ist heftiger Widerwille gegen irgendein Objekt sinnlicher Wahrnehmung.

9. Intensives Verlangen nach empfindendem Dasein ist Anhangen. Es wohnt in jeder Form, erneuert sich ständig von selbst und ist sogar dem Weisen hohen Grades bekannt.

10. Wenn diese fünf Hindernisse zutiefst erkannt sind, können sie durch eine entgegenwirkende mentale Einstellung überwunden werden.

11. Ihre Wirksamkeit muss durch stetige Meditation beseitigt werden.

12. Selbst das Karma hat seine Wurzeln in diesen fünf Hindernissen, und es muss in diesem oder in einem späteren Leben zur Auswirkung kommen.

13. Solange die Wurzeln oder Samskaras bestehen, bewirken sie Geburt und ein Dasein mit Lust- oder Leiderfahrung.

14. Aus diesen Keimen (oder Samskaras) erwächst Freud oder Leid, je nachdem ob das, was der Mensch säte, gut oder böse war.

15. Der erleuchtete Mensch betrachtet das ganze Dasein (in den drei Welten) als leidvoll, und zwar wegen der Wirksamkeiten der Gunas. Diese Wirksamkeiten sind von dreifacher Art: sie bringen karmische Folgen, Kümmernisse und bange Ahnungen mit sich.

16. Leid, das noch bevorsteht, kann abgewendet werden.

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.