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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 260 ff. (engl.) |
langsam im Begriff, Tatsachen zu werden.
Christus erreichte daher durch sein Werk folgendes: 1. Er liess die Mysterien nach aussen in Erscheinung treten, so dass sie der ganzen Menschheit bekannt wurden und nicht nur der geheime Besitz von Eingeweihten sind. 2. Er führte das Drama der Einweihung vor der Welt auf, so dass sein Symbolgehalt in das menschliche Bewusstsein eindringen konnte. 3. Er gab uns eine Darstellung von Vollkommenheit, so dass wir die Natur Gottes nicht länger in Frage stellen können, gleichzeitig jedoch gab er uns die Garantie, dass wir auch Kinder Gottes sind und gleichfalls Göttlichkeit erwerben können, wenn wir seinen Fussspuren folgen. 4. Er offenbarte uns die Welt der Bedeutung, und in der Person des historischen Christus zeigte er uns die Bedeutung des kosmischen Christus, des mythischen und des mystischen Christus im Herzen eines jeden Menschen. Er offenbarte die Natur des transzendentalen und des immanenten Gottes. 5. Die Vergangenheit der Menschheit gipfelte in ihm; die Gegenwart findet in ihm ihre Lösung, und die Zukunft ist versinnbildlicht in seinem Leben und Tod. Deshalb begegnen sich in ihm alle drei Linien der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und geben ihm seine einmalige Bedeutung. 6. Er gründete das Reich Gottes zur rechten Zeit, als das Menschenreich Reife erlangte. Er stellte die Werte dieses Reichs in seinem eigenen Leben dar, indem er uns den Charakter seiner Bürgerschaft zeigte, und eröffnete die Tür weit für alle, die sich (durch Dienst und Disziplin) tauglich machen konnten, um aus dem Menschenreich in das Reich des Geistes hinüberzugehen. 7. Er [261] errichtete sein Kreuz als eine Grenze, ein Symbol und ein Beispiel zwischen der Welt greifbarer Werte und der Welt geistiger Werte. Er rief uns auf zum Tod der niederen Natur, damit der Geist Gottes voll zur Herrschaft kommen möge. 8. Er lehrte uns, dass der Tod ein Ende haben müsse, und dass die Bestimmung der Menschheit die Auferstehung vom Tod sei. Unsterblichkeit muss an die Stelle von Sterblichkeit treten. Um unsertwillen stand er deshalb vom Tode auf und bewies, dass die Bande des Todes kein menschliches Wesen zu halten vermögen, das als ein Sohn Gottes wirken kann. Viele Söhne Gottes sind durch die Tempel der Mysterien gegangen. Viele hatten göttlich zu wirken gelernt und hatten, indem sie Göttlichkeit zum Ausdruck brachten, gelebt, gedient und sind gestorben. Keiner von ihnen kam jedoch zu jener besonderen Zeit der Entfaltung, welche die allumfassende Erkenntnis möglich machte, die Christus hervorgerufen hat, noch war der Intellekt der Massen genügend entwickelt, um bis zu jener Zeit von ihren Lehren in grossem Mass Nutzen zu haben. In dieser Hinsicht war Christus und seine Mission von einmaliger Bedeutung. Er lehrte uns, auf Einheit hinzuwirken, mit Isolierung, Hass und Absonderung ein Ende zu machen, und sagte uns, man müsse den Nächsten wie sich selbst lieben. Er brachte eine in ihren Folgerungen universale Botschaft, denn das Reich Gottes steht weit offen für alle, die lieben und dienen und die niedere Natur läutern, unabhängig von Bekenntnis und Dogma. Er lehrte die Einheit des Glaubens, die Vaterschaft Gottes und die Notwendigkeit, nicht nur mit Gott, sondern in Liebe und Verstehen mit jedem Menschen zu gehen. Er betonte die Notwendigkeit von Zusammenarbeit und wies darauf hin, dass, wenn wir seinem Weg wirklich folgen, wir dem Konkurrieren ein Ende machen und Zusammenarbeit an seine Stelle setzen. Er forderte uns auf, nach göttlichen, fundamentalen und wesentlichen Grundsätzen zu leben und keine Betonung auf die Persönlichkeit zu legen. Liebe, Bruderschaft, Zusammenarbeit, Dienst, Selbstaufopferung, Einschliesslichkeit, Freiheit von Doktrinen, Erkenntnis der Göttlichkeit das sind die Kennzeichen der Bürger des Reichs, und diese [262] bleiben noch unsere Ideale. Deshalb ist die Frage von Bedeutung, der die Menschheit heute gegenübersteht, was getan werden muss, um das Erreichen der drei hauptsächlichsten Ziele zustandezubringen, die Christus vor uns hinstellte. Sie bleiben die Ziele für die ganze Menschheit und werden im allgemeinen so anerkannt, auch wenn ihre christliche Auslegung nicht beachtet wird oder wenn Christus unerkannt bleibt. Wie sollen wir das menschliche Wesen vervollkommnen, so dass seine Lebensführung und sein Verhalten zu den Menschen und zu seiner Umgebung richtig und aufbauend ist? Wie sollen wir auf Erden jenen Bewusstseinszustand hervorrufen, begleitet von jener Lebensweise, deren Ergebnis würdig wäre, als das Reich Gottes erkannt zu werden? Wie sollen wir zu einem Verstehen des Problems des Todes kommen, mit dem Überwinden des Sterbeprozesses und dem Erreichen der Auferstehung? Christus hatte für die Lösung des Problems menschlicher Vervollkommnung für das Problem einer neuen Welt und für das der Unsterblichkeit eine bestimmte Antwort und einen Plan vorgesehen. Dass die Menschheit auf dem Weg ist zu grossen und lebendigen Ereignissen, wird allgemein erkannt. Wir sind in der Vergangenheit durch verschiedene Zivilisationen hindurchgegangen, bis zu der wichtigen Gegenwart, und sind auf dem Weg zu noch grösseren Erfolgen. Es erhebt sich jedoch die Frage, ob wir den Prozess beschleunigen könnten, ob wir durch ein rechtes Verstehen von Christus und seiner Lehre die Dinge so fördern könnten, dass das Reich und seine Gesetze früher herrschen, als es sonst der Fall wäre. Kein Opfer unsererseits wäre zu gross, wenn Christus recht hätte in der von ihm eingenommenen Stellung und mit seinen Lehren in bezug auf die Natur des Menschen. Die Entscheidung liegt bei uns. Wir haben die Wahl. Was ist daher letzten Endes die Entscheidung, die wir zu treffen haben? Was ist die Frage, die wir zu beantworten haben? Christus hat gesagt, dass der Mensch göttlich ist. Hatte er recht? Wenn der Mensch göttlich und ein Sohn des Vaters ist, dann lasst uns weiterhin dieses Göttliche zum Ausdruck bringen und unser Geburtsrecht beanspruchen. Wir sind in der Vergangenheit mit viel Nachdenken und Diskussionen über Gott beschäftigt gewesen. Der transzendentale Gott ist sowohl erkannt als auch verneint worden. Der immanente Gott ist im Begriff erkannt zu werden, und in dieser Erkenntnis mag sicher der Ausweg für den [263] Menschen liegen. Sind wir göttlich? Das ist die ganz wichtige Frage. Wenn der Mensch göttlich ist, wenn das Zeugnis der Zeitalter wahr ist und wenn Christus kam, um uns den Ausdruck des Göttlichen zu zeigen und das neue Reich zu gründen, dann wird das Zusammenbrechen der alten Formen und die weitverbreitete Zerstörung altvertrauter Gesellschafts- und Religionsformen einfach ein Teil des Vorgangs sein, der die neue Lebensweise und das geplante Wirken eines lebensvollen, sich entwickelnden Geistes einführt. Eine Reaktion auf das Erscheinen des Reichs mag auch der Grund für die Unruhe der Massen sein, und das allgemeine Empfänglichsein für die neuen Ideale mag seine Ursache haben in dem Aufprall der Kraft des Reichs auf das Denken der fortgeschritteneren Menschen in der Welt. Der Mystiker und der Christ mögen vom Reich Gottes sprechen, Philanthropen und Philosophen von der Weltgemeinschaft, von der neuen Zivilisation, vom Weltbund der Nationen, von der Menschheit als einer Körperschaft, von Gemeinschaftsleben und von Internationalität und wirtschaftlicher gegenseitiger Abhängigkeit und Welt-Einheit. Aber das sind nur Worte und Namen, von verschiedenen Arten des Denkens angewendet auf die eine grosse, hervortretende Tatsache eines neuen, sich aus dem Menschenreich erhebenden Naturreichs mit seinen eigenen Lebensprinzipien, seinen Gesetzen für die Gruppenwohlfahrt und seiner Bruderschaft der Menschen. In der Entfaltung des menschlichen Bewusstseins treten wir aus dem notwendigen Stadium des Individualismus heraus. Wir haben zeitweise die tieferen Wahrheiten, die mystischen Werte und das eine Leben hinter allen Formen aus der Sicht verloren. Wir sind zu viel mit materiellen und selbstsüchtigen Interessen beschäftigt gewesen. Doch das war eine notwendige Stufe, obwohl gut sein kann, dass wir zu lange auf ihr verweilt haben. Es ist nun Zeit, die Periode des selbstsüchtigen Individualismus zu beenden und ihm nicht länger zu erlauben, ein beherrschender Faktor in unserem Leben zu sein. Es wird Zeit, die tieferen Elemente der Welt der Wirklichkeit mit dem äusseren Leben zu verbinden und zu vereinigen. Die besten Denker unserer Zeit würdigen das nun, und allenthalben wird nach einer Vertiefung des Lebens, einer Erkenntnis der Notwendigkeit des zusammenhängenden Verstehens der Weltvorgänge gerufen und nach ihrer bewussten, intelligenten [264] Eingliederung in eine erkennbare Weltordnung. Der Zerfall in der Welt in unserer Zeit ist recht und gut, vorausgesetzt, dass wir verstehen, warum er stattfindet und was ihm folgen sollte. Zerstörung, die von einem Ausblick auf schliesslichen Aufbau vorangetrieben wird, ist richtig und angebracht, doch müssen die Pläne für das kommende Bauwerk irgendwie verstanden werden, und es muss eine Idee für den nachfolgenden Wiederaufbau vorhanden sein. Für uns besteht heute die Notwendigkeit, den verborgenen Faden eines Zwecks zu sehen, der uns aus der augenscheinlichen Sackgasse herausführt, aus den mannigfachen Theorien die Grundtheorie herauszulösen, die nicht nur ihre Wurzeln in der Vergangenheit hat, sondern fähig ist, in einer neuen Weise, in neuen Ausdrücken von jenen, die von der neuen Vision durchdrungen sind, angewendet zu werden. Wir brauchen, wie es Dr. Schweitzer nennt «... die Erkenntnis, dass Zivilisation auf eine Art von Theorie des Universums gegründet ist und sie nur durch ein geistiges Erwachen und den Willen zum Ethisch-Guten in der Masse der Menschheit wiederhergestellt werden kann». (Verfall und Wiederherstellung der Zivilisation, von Albert Schweitzer, S. 7879) Dieses Erwachen ist schon vorhanden, und der Wille zum Guten ist gegenwärtig. Die Lehre Christi ist nicht veraltet, nicht unzeitgemäss. Sie braucht nur von den Darstellungen der Theologien der Vergangenheit befreit und einfach als bare Münze genommen zu werden, als ein Wert, der ein Ausdruck des Göttlichen im Menschen ist, seiner Teilhaberschaft am Reich, das im Begriff steht, anerkannt zu werden, und seiner Unsterblichkeit als ein Bürger dieses Reichs. Wodurch wir in Wirklichkeit hindurchgehen, ist «eine religiöse Einweihung in die Mysterien des Seins» (Das Ende unserer Zeit, engl., von Nicholas Berdyaev, S. 105), und aus dieser sollen wir hervorkommen mit einem vertieften Sinn für den immanenten Gott in uns selbst und in der ganzen Menschheit. Die Notwendigkeit dieser Umwertung wird uns beständig eingeprägt. Es kann deshalb für uns von Wert sein, diese Möglichkeit einzuräumen und unsere individuelle Beziehung zum Werk, das Christus zum Ausdruck brachte und einführte, praktisch zu betrachten und uns mit dem Problem individueller Vervollkommnung zu befassen, damit wir helfen können, das Reich zu gründen und jene Werte [265] zu entwickeln, welche Unsterblichkeit gewährleisten. Jemand hat bemerkt, dass unsere Zweifel zu dieser Zeit zum grossen Teil auf den Mangel an intuitivem Wahrnehmungsvermögen jener zurückzuführen sind, welche die Massen beeindrucken und das Volk vorwärtsführen können. Sie suchen durch gedankliche Vorgänge und Einschärfung zu führen, nicht durch jene intuitive Darstellung der Wirklichkeit, die das Kind und der Weise gleichzeitig erkennen können. Es ist eine Vorschau notwendig, denn «wo keine Vision ist, dort geht das Volk zugrunde» (Sprüche XXIX/18). Wir ermangeln nicht des Idealismus, noch sind wir zu unintelligent gewesen. Die meisten Menschen handeln aufrichtig, wenn sie mit Streitfragen und Problemen konfrontiert werden, sogar wenn ihre Art und Weise des Handelns missverstanden zu werden scheint. Aber unser grosses Versagen ist die Versäumnis gewesen, jene persönlichen Ausrichtungen und Opfer zu vollbringen, welche die Verwirklichung möglich machen würden. Das Volk möchte geführt sein; es verlangt nach rechter Führerschaft. Es hofft, auf den Weg gebracht zu werden, den es gehen kann. Dabei war ihm doch alle Zeit die Führung, Führerschaft und Richtung gegeben. Christus beleuchtete den Pfad, und erwartet noch immer, dass wir folgen sollen, nicht einer oder der andere, sondern unter inspirierten Jüngern als Menschheit. Gleich den Kindern Israels unter Moses müssen wir ausziehen und das «Heilige Land» finden. Wie können denn jene, welche die Vision haben (und derer gibt es viele), sich selbst schulen, um der Menschheit bei der rechten Orientierung zu helfen? Wie können sie die Führer werden, die so bitter nötig sind? Indem sie lernen, selbst von Christus geführt zu werden, und indem sie der Führung des inneren mystischen Christus folgen, der sie unvermeidlich direkt zu Christus dem Einweihenden führen wird. Als Aspiranten auf die Mysterien müssen wir den Weg erfahren durch Gehorsam dem Licht gegenüber, das wir in uns haben, durch Liebe und, indem wir aufnahmefähig werden für die Inspiration von oben. Es gibt keinen anderen Weg. Wir haben keine echte Entschuldigung für unser Versagen; denn andere sind vorausgegangen, und Christus hat alles so klar und einfach gemacht. Gehorsam gegenüber dem Höchsten, das jemand kennt, in kleinen wie in grossen Dingen, dies ist eine zu einfache Vorschrift für viele, als dass sie ihr folgen würden aber sie ist das Geheimnis des Weges. Wir verlangen so viel, und wenn uns eine einfache Regel gegeben und uns gesagt wird, wir brauchten nur der Stimme [266] des Gewissens zu gehorchen und dem Schimmer von Licht zu folgen, |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |