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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 252 ff. (engl.)
des Individuums, den wir fürchten und scheuen, und der Verlust des persönlichen Bewusstseins. Wir stellen uns nicht vor, dass dann, wenn wir die Vision des Reichs haben, wenn das Ganze der Schöpfung vor unseren Augen aufscheint, uns nur noch dieses GANZE angeht und wir die Sicht auf unser persönliches Selbst verlieren.

Die Auferstehung könnte deshalb als die zukünftige Fortdauer des göttlichen Aspekts erklärt werden, der zusammengefasst ist [253] mit dem Leben und Bewusstsein jenes Ganzen, das wir Gott nennen. Dieses Leben und Bewusstsein fliesst durch alle Teile von Gottes Offenbarung der natürlichen Welt. Die Naturreiche haben eines nach dem anderen sich entwickelt und dabei irgendeinen Aspekt seines Lebens zum Ausdruck gebracht, wie es seine Schöpfung belebt und beseelt. Eines nach dem anderen sind sie beständig fortgeschritten von dem trägen Bewusstsein und dem langsamen, schweren Rhythmus des Mineralreichs und haben nach und nach immer mehr von der verborgenen göttlichen Natur offenbart, bis wir zum Menschen kommen, dessen Bewusstsein von einer viel höheren Ordnung ist und dessen göttlicher Ausdruck jener der selbstbewussten, selbst-entscheidenden Gottheit ist. Von automatischen Bewusstseinsformen hat das Leben Gottes die Lebensformen durch empfindendes Bewusstsein zum instinktiven Bewusstsein des Tieres getragen. Dann ist es fortgeschritten in das Menschenreich, wo Selbstbewusstsein herrscht, bis die höheren Mitglieder dieses Reichs eine Anlage zum Göttlichen zu zeigen beginnen. Die schwachen, undeutlichen Zeichen eines noch höheren Reichs können jetzt gesehen werden, in dem Selbstbewusstsein dem Gruppenbewusstsein weichen und der Mensch sich als identisch mit dem Ganzen erkennen wird, nicht als einfach ein sich selbst genügender Einzelner. Dann kann das Leben des ganzen Körpers Gottes bewusst in und durch ihn fliessen, das Leben Gottes wird sein Leben, und er ist auferstanden in das ewige Leben.

Deshalb ist die in den menschlichen Angelegenheiten derzeit herrschende Neigung zu Zusammenschluss, Zusammenarbeit, Verbindung und Verschmelzung das Zeichen des fortgeschrittenen Stadiums, das die Menschheit erreicht hat. Es ist ein Anzeichen des Versprechens und zeigt, dass die Auferstehung zum Leben, von der alle Gottessöhne durch die Zeitalter gezeugt haben, nun eine allgemeine Möglichkeit ist. Die Menschheit als Ganzes ist heute dem Leben zugewendet, weil ihre Werte echt, ihre Lauterkeit unerschütterlich sicher und die Weltanzeichen (wie sie sich durch Nationen und Gruppen zeigen) auf Synthese und Zusammenarbeit gerichtet sind. Der gegenwärtige Weltaufruhr ist einfach die Folge [254] dieses Vorgangs der Neuorientierung. Er hat seine Parallele in der christlichen «Bekehrung» und in den Anpassungen, die mit diesem Geschehen verknüpft sind, das gewöhnlich das ganze Lebensprogramm eines Menschen ändert und neu ordnet. Das Weltprogramm wird dadurch neu ausgerichtet, und das unmittelbare Ergebnis ist Chaos. Aber die neue Richtung ist gesichert, und nichts kann das Fortschreiten des Eintritts der Menschheit in das Leben aufhalten. Daher die Weltkrise die Neuausrichtungen, die Neigung zu Verschmelzung und Synthese. Die neue Rasse, die unsterblich ist, tritt ins Dasein, und doch ist es dieselbe Rasse, an einem neuen und höheren Punkt des Erreichens. Die GROSSE ERWARTUNG ist dann, dass die GEBURT in die TODLOSE RASSE hier und jetzt vor sich gehen möge, wie es schon von jenen aus der Menschheit verwirklicht worden ist, die GÖTTLICH wurden (eigentlich: GÖTTLICH gemacht wurden).

Das Reich Gottes geht seiner Erfüllung entgegen. Der Zweck von Christi Leben, Tod und Auferstehung ist seinem Ziel nahe. Ein neues Reich soll ins Dasein treten, ein fünftes Naturreich materialisiert sich und hat auf der Erde bereits einen funktionierenden Kern in physischen Körpern. Wir wollen deshalb das Ringen und Kämpfen der gegenwärtigen Zeit begrüssen, denn es ist ein Zeichen der Auferstehung. Wir wollen die Umwälzung und das Chaos verstehen, da die Menschheit ausbricht aus dem Grab der Selbstsucht und des Individualismus und zu der Stätte von lebendigem Licht und Einheit gelangt, denn dies ist die Auferstehung. Wir wollen die Dunkelheit durchdringen mit dem Licht, das wir besitzen, und sehen, wie die Menschheit aufgerüttelt wird, wie in die toten Gebeine Leben kommt, wie die Fesseln und Bande beseitigt werden, sobald sich geistige Kraft und Leben in die Menschheit ergiesst, denn dies ist die Auferstehung.

Wir haben das Vorrecht, in einer Zeit der grossen Krise der Menschheit dabeizusein. Wir erleben die Geburt einer neuen, todlosen Rasse, einer Rasse, in welcher der Keim der Unsterblichkeit aufbrechen und in der das Göttliche durch die Verklärung des Menschengeschlechts sich zeigen kann. Was an ewigem Wert vorhanden ist, kommt zum Vorschein. Es ist immer dagewesen, aber heute kann es gesehen werden. Es kündigt die Vollendung von Christi Werk an und bringt die Verwirklichung seiner Vision.

VII. KAPITEL

Unser unmittelbares Ziel. ... Die Gründung des Reichs

Leitgedanke:

«Einmal kommt die Zeit im Leben, da zwischen zwei psychologisch unvereinbaren Gottheiten die Wahl getroffen werden muss. Auf der einen Seite der Friede des Einsiedlers, die Stille des Waldes, das Hochgefühl des Opfers, die Macht der Vereinfachung und der Einheit, die Freude der Selbst-Hingabe, der Frieden absoluter Kontemplation, die Vision von Gott. Auf der anderen Seite die Mannigfaltigkeit und Beanspruchung des Lebens, das Behagen an gewöhnlichen Zielen, die Beherrschung von Geldmitteln, der Ruhm zahlloser Unternehmungen, der Stolz des Schöpferischseins und Selbstbesessenheit. Die moderne Welt hat insgesamt ihre Wahl getroffen. Aber es gibt eine bessere Wahl, nämlich die Wahl von beiden. Denn das Leben eines jeden ist, dass es sich von Zeit zu Zeit verliert im Leben des anderen. Dies, was im einzelnen einleuchtend ist, ist wahr, und sogar meistens wahr, im ganzen».

(Die Bedeutung Gottes in der menschlichen Erfahrung, engl., von W. E. Hocking, S. 427)

Siebentes Kapitel

Unser unmittelbares Ziel. ... Die Gründung des Reichs

1

Wir sind Christus [257] von Bethlehem nach Golgatha und durch die Auferstehung bis zu dem Augenblick gefolgt, da er aus der berührbaren irdischen Sicht entschwand und eintrat in die Welt subjektiver Werte, um darin zu wirken als der «Meister aller Meister und der Lehrer der Engel und Menschen». Wir betrachteten das Thema der fünf Krisen in seinem Leben weit mehr vom Gesichtspunkt ihrer Weltbedeutung als von ihrer Bedeutung für uns als Einzelne. Wir haben gesehen, dass es eine Auflehnung gegeben hat (und das ist recht so) gegen den von manchen Theologen der Vergangenheit auf das Blutopfer Christi gelegten Nachdruck, und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass für die heutige Welt die Anerkennung des auferstandenen Erlösers nötig ist. Wir haben die Tatsache der Einzigartigkeit seiner Mission vermerkt, die darin bestand, dass er kam, «als die Zeit erfüllet war», das Reich Gottes zu gründen und auf Erden ein anderes Naturreich ins Dasein zu bringen, somit die Grenzlinie zu ziehen zwischen dem, was objektiv und illusorisch und dem, was subjektiv und wirklich ist. Sein Kommen bezeichnete die Demarkationslinie zwischen der Welt der Formen oder Symbole und jener der Werte oder der Bedeutung. In diese letztere Welt treten wir mit grosser Geschwindigkeit ein. Wissenschaft, Religion und Philosophie sind heute mit Bedeutung beschäftigt, und ihre Forschungen führen sie hinaus aus der Erscheinungswelt. Regierungen und die verwandten Wissenschaften der Politik, Wirtschaft und Soziologie beschäftigen sich ihrerseits mit Ideen und Idealen. Sogar [258] im Bereich sozialer Unruhen und Kriege allgemein, vereinzelt oder zivil sehen wir den Konflikt unterschiedlicher Ideale und keine Kriege mehr aus Angriffslust oder zur Verteidigung von Besitz. Diese Unterscheidungen zwischen dem Objektiven und dem Subjektiven, zwischen dem Greifbaren und dem nicht Greifbaren, dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren hat das Christentum genährt, weil es diese Unterschiede waren, die das Reich Gottes und das Reich der Menschen aufwiesen. Christus kam, dem Leben Bedeutung und Wert zu geben, so, wie Buddha kam, uns die falschen Werte klarzumachen, auf denen unsere moderne Welt beruht.

Ein Studium der früher gegebenen Lehren wird zeigen, dass jede Lehre und jeder leidende Sohn Gottes, der Christus voranging, zweierlei taten:

Zunächst bereitete er den Weg für Christus vor, indem er jene Lehre herausgab, die sein besonderes Zeitalter, der Zeitabschnitt und die Zivilisation erforderten, und zweitens stellte er in seinem Leben die Mysterienlehre dar, die jedoch vor der Zeit Christi auf die sehr wenigen beschränkt war, die für Einweihung vorbereitet wurden, oder die durch das Recht der Initiation in die Tempel jener Mysterien vordringen konnten.

Dann kam Buddha und sprach zu der Menge, sagte ihnen, was die Quelle ihres Elends und ihrer Unzufriedenheit war, und gab ihnen in den Vier Edlen Wahrheiten eine kurze Darstellung der menschlichen Situation. Er umriss für sie den Edlen Achtfältigen Pfad, der die rechte Haltung überwacht, und gab in Wirklichkeit die Regeln, die jemand auf dem Pfad der Jüngerschaft lenken sollten. Dann, als er selbst Erleuchtung erlangt hatte, trat er in den «Geheimen Platz des Allerhöchsten» ein, um, wie die Legende erzählt, einmal im Jahr hervorzutreten und die Welt zu segnen. Dieser Tag des Segnens (der Tag des Mai-Vollmonds) wird im Osten als ein allgemeiner Feiertag begangen, und auch im Westen begehen ihn viele Hunderte als einen Tag geistiger Erinnerung.

Dann kam Christus, zeigte der Welt die grossen Vorgänge der Einweihung (fünf an der Zahl) und machte sie in seinem Leben und durch dessen kritische Punkte öffentlich bekannt, die alle jene vor [259] sich haben, welche die von seinem grossen Bruder niedergelegten Regeln befolgen. Er brachte die Lehre zu der nächsten Stufe voran und machte sie zugänglich für die Massen. So ward die immerwährende Fortdauer der Offenbarung fortgesetzt. Der Buddha lehrte uns die Regeln für Jünger, die sich für die Mysterien der Einweihung vorbereiten, während uns Christus die nächste Stufe gab und uns den Vorgang der Einweihung vom Augenblick der neuen Geburt in das Reich bis zu jener der endlichen Auferstehung in das Leben zeigte. Sein Werk war einzigartig zu seiner Zeit und an seinem Platz, denn es bezeichnete eine Vollendung der Vergangenheit und den Eintritt in etwas gänzlich Neues, soweit die Menschheit als Ganzes betroffen war.

Die Menschheit hatte auch ein einzigartiges Stadium in ihrer Entwicklung erreicht. Sie war intelligent geworden, und die Persönlichkeit des Menschen physisch, emotionell und mental war zu einem bestimmten Punkt der Integrierung und Gleichschaltung fortgeschritten. Dies war einzigartig in einer derart umfassenden Weise. Früher gab es einzelne Persönlichkeiten. Nun in der christlichen Ära leben wir in einem Zeitalter der Persönlichkeiten. So hoch ist das allgemeine Niveau des integrierten Persönlichkeitslebens, dass wir anzunehmen geneigt sind, wir seien in einem Zeitalter angelangt, wo es keine herausragenden Gestalten gibt. Das liegt wahrscheinlich an der Tatsache, dass der allgemein hohe Durchschnitt menschlicher Entwicklung die Kraft, beherrschend hervorzuragen, viel mehr begrenzt hat. Wegen dieser Entwicklung hat die Menschheit (als Naturreich betrachtet) einen Punkt erreicht, wo etwas Neues hervorkommen kann, wie es unter entsprechenden Umständen in anderen Reichen immer geschehen ist. Wir können als Menschengeschlecht das nächste Naturreich, das Christus das Reich Gottes nannte, hervorbringen und zur Geburt kommen lassen. Es ist das Reich der Seelen, das Reich geistigen Lebens, und hier erhebt sich einzigartig der Christus. Er ist der Gründer dieses Reichs. Er verkündete sein Dasein, und erwies auf seine Natur hin. In sich selbst gab er uns einen Ausdruck der Eigenschaften dieses Reichs und zeigte uns die Kennzeichen seiner Bürger.

Durch das Beispiel seines Gründers hatte das Christentum auch eine einzigartige Mission bei der Einführung des Zeitalters des Dienens. Weltdienst, Weltwohlfahrt, Weltnutzen, wechselseitige [260] Weltbeziehungen und die Bedeutung des allgemeinen Guten, dies alles sind Ergebnisse des Nachdrucks, den Christus auf die Göttlichkeit und auf die Bruderschaft der Menschen, gegründet auf die Vaterschaft Gottes, legte. Keine andere Religion oder Zeit hat so stark diese Punkte betont. Sie bleiben noch in vieler Hinsicht Ideale, aber sie sind

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.