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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 246 ff. (engl.)
Pfad der Läuterung und der Erprobung zu betreten, die Vorbereitung für die Mysterien. Wie seine Bedeutung und sein Einfluss zunimmt, kann er Stufe um Stufe durch die Vorgänge der Einweihung gehen und den Pfad der Heiligkeit betreten. Er kann «zu Bethlehem geboren» werden, denn der Keim des Dynamischen und Lebendigen ist erwacht, gewinnt an Kraft und Wichtigkeit und muss deshalb in Erscheinung treten. Er kann durch die Wasser der Reinigung gehen und den Berggipfel der Verklärung erreichen, wo das, was von Wert ist, in all seinem Glanz erstrahlt. Wenn er diesen Augenblick höherer Erfahrung erreicht hat und das, was er an Wert besitzt, von Gott als die Mühe lohnend anerkannt wurde, dann und nur dann ist er bereit, sein Leben auf dem Altar des Opfers und des Dienstes anzubieten, und kann sein Angesicht gegen Jerusalem wenden, um dort gekreuzigt zu werden. Dies ist das unvermeidliche Ende dessen, was Wert hat. Es ist der dem ganzen Vorgang des Vollkommenwerdens [247] zugrundeliegende Zweck, denn da ist jetzt etwas des Anbietens wert. Wenn dies auch das Ende des physischen Ausdrucks des Wertes sein mag, so ist es im wesentlichen der Augenblick des Sieges für den wahren Wert und das Kundtun von dessen Unsterblichkeit. Denn das, was wirklich von Wert ist, die göttliche und verborgene Schönheit, die Lebenserfahrung und Einweihung zu offenbaren geholfen haben, kann nicht sterben. Sie ist ihrem Wesen nach unsterblich und muss leben. Das ist die wahre Auferstehung des Leibes. Wenn das Bewusstsein des wahren und des vergänglichen Wertes und die Erkenntnis menschlichen Erreichens sowie des Begreifens in Betracht gezogen wird, so beginnt das Leben des Dienens (das zum Tod führt) und der Auferstehung (das zur vollen Bürgerschaft im Reich Gottes führt) an Bedeutung zu gewinnen. Der Körper, den wir jetzt besitzen, ist relativ wertlos; die Gesamtsumme von Stimmungen und mentalen Reaktionen, denen wir jetzt unterworfen sind, besitzt für niemand ausser uns selbst einen Wert. Die Umgebung, in der wir leben, hat sicher nichts, was ihre endlose Fortdauer verbürgt. Kurz, eine Fortdauer des persönlichen Selbstes in irgendeinem Himmel, der die Erweiterung unseres eigenen individuellen Bewusstseins ist, und die Vorstellung einer endlosen Ewigkeit, mit sich selbst gelebt, haben für die meisten von uns keinerlei Reiz. Jedoch ein Aspekt in uns verlangt nach Unsterblichkeit und dem Empfinden der Unendlichkeit. Die «endlose Verlängerung von eines Selbstes Laufbahn in der Zeit» hat zu viel Verwirrung des Denkens geführt. Wenige von uns würden empfinden, wenn sie das Problem ernsthaft betrachten und ernsthaft eine Antwort geben sollten, dass wir als Einzelwesen Einrichtungen rechtfertigen, die für unser endloses Fortbestehen geschaffen sind. Ein Sinn für Wahrheit und Gerechtigkeit müsste uns, ehrlicherweise, zu dem Schluss führen, dass unser Wert für das Universum gleich null ist. Dennoch wissen wir, dass hinter aller unserer Lebenserfahrung eine Bedeutung und ein Grund steht, und dass die Erscheinungswelt, von der wir unzweifelhaft ein Teil sind, etwas von unendlichem Werte verhüllt und verbirgt, von dem wir auch ein Teil sind.

Wir erstreben die Sicherheit, dass jene, die wir lieben und schätzen, für uns nicht verloren sind. Wir suchen mit ihnen an einem Zustand von Glück teilzuhaben, der wahrere Werte enthalten [248] wird, als wir je auf Erden gekannt haben. Wir sehnen uns danach, in Zeit und Raum den vertrauten Zustand zu verlängern, den wir lieben und schätzen. Wir wünschen Ausgleich für das, was wir erduldet haben, und das klare Bewusstsein, dass alles einen Zweck gehabt hat und der Mühe wert war. Es ist dieses Verlangen, dieser Glaube, diese Entschlossenheit, weiter zu bestehen, die hinter allem Erreichten liegt und der Antrieb und Impuls sind, auf die wir alle Anstrengungen gründen. Sokrates wies auf dieses Grundargument für die Unsterblichkeit hin, wenn er sagte, dass «niemand weiss, was Tod ist, und ob er nicht das grösste aller guten Dinge sei. Dessenungeachtet wird er gefürchtet, als sei er das grösste Übel. ... Wenn der Tod dem Menschen naht, wird das zerstreut, was sterblich an ihm ist; das, was unsterblich und unvergänglich ist, zieht sich unversehrt zurück».

Drei Gedanken sind wichtig bei der Betrachtung dieses Problems des Wertes, den Christus so erstaunlich bezeugte und welcher der wahre Grund seiner Auferstehung war. Seine Unsterblichkeit beruhte auf seiner Göttlichkeit. Seine Göttlichkeit fand ihren Ausdruck durch die menschliche Form, und in dieser Form zeigten sich Wert, Bestimmung, Dienen und Zweck. Alles dieses stellte er vollkommen dar, und deshalb konnte ihn der Tod nicht halten, noch konnten die Fesseln des Grabes seine Befreiung verhindern.

Der erste Gedanke ist, dass Unsterblichkeit die Bürgschaft für das ist, wofür wir wirklich Sorge tragen. Der Faktor, auf den wir im täglichen Leben die Betonung legen, überlebt und wirkt auf irgendeiner Bewusstseinsebene. Wir müssen und werden schliesslich erlangen, was wir wünschen. Wenn wir für das sorgen, was ewigen Wert besitzt, erlangen wir das ewige Leben, frei von den Begrenzungen des Fleisches. Dekan Inge sagt uns, dass «wir der Unsterblichkeit sicher sind, insoweit als wir uns mit den absoluten Werten identifizieren können». Womit wir uns in unseren höchsten Augenblicken befassen, wenn wir frei sind von den Illusionen der emotionellen Natur, das bestimmt unser unsterbliches Leben.

Dann erhebt sich die Frage, was geschieht, wenn der Sinn für Werte verzerrt oder zeitweise nicht vorhanden ist. In einem Versuch, diese Frage zu lösen, haben Millionen Menschen die östliche [249] Lehre von der Wiedergeburt angenommen, welche die Welt als «das Tal der Seelenbildung», wie Keats es nennt, bezeichnet, und die lehrt, dass wir immer wieder ins physische Leben zurückkehren, bis die Zeit kommt, da unsere Werte vollkommen ausgerichtet sind und wir durch die fünf Einweihungen zur Befreiung gelangen können. Viele der Lehren, die in den okkulten und esoterischen Büchern gegeben werden, sind verzerrt und phantastisch, aber dass vieles für die Lehre der Wiedergeburt spricht, wird dem klar, der sie vorurteilslos untersucht. Letzten Endes, wenn die Vollkommenheit schliesslich erreicht werden muss, ist die Frage lediglich eine der Zeit und der Örtlichkeit. Der Christ mag an ein plötzliches Vollkommenwerden durch den Tod glauben oder an eine gedankliche Aufnahme des Todes Jesu, die er «Verwandlung» nennt. Er mag den Tod als das Tor zum Ort der Schulung und Entwicklung betrachten, den er «Fegefeuer» nennt, wo eine Läuterung vor sich geht; oder er mag glauben, dass im Himmel selbst die Anpassung vorgenommen wird und Bewusstseinserweiterungen erfolgen, die ihn zu einem ganz anderen Menschen machen als er vorher war. Der Orientale mag glauben, dass die Erde passende Gelegenheiten für Schulungs- und Entwicklungsvorgänge bietet, und dass wir immer wiederkehren, bis wir die Vollkommenheit erreicht haben. Der Zweck bleibt derselbe und das Ziel das gleiche. Die Schule befindet sich an einem anderen Ort, und das Bewusstsein wird an unterschiedlichen Örtlichkeiten entfaltet. Aber das ist alles. Plato meinte, dass

«Eingesperrt im Körper wie in einem Gefängnis die Seele ihre ursprüngliche Sphäre von reiner Vernunft sucht, dem philosophischen Leben nachgehend, das Allumfassende denkend, liebend und lebend gemäss der Einsicht. Das körperliche Leben ist nur eine Episode in der ewigen Laufbahn der Seele, die der Geburt vorausgeht und sich nach dem Tod fortsetzt. Das Leben im Fleisch ist eine Prüfung und eine Erprobung; Tod ist Freilassung und Rückkehr zur Bestimmung der Seele, zu einer anderen Bewährungszeit oder zum Reich der reinen Vernunft».

Irgendwo müssen wir lernen, bewusst und bereitwillig in die Welt der Werte einzutreten und darin zu wirken und uns so für die Bürgerschaft im Reich Gottes bereit zu machen. Die anschauliche Darstellung dessen hat Christus gegeben.

Der zweite [250] Gedanke, der betrachtet werden sollte, ist, dass die Anstrengung des Menschen, sein Kampf um das Erreichen, sein ihm angeborener und echter Sinn für Gott, sein beständiges Bemühen um bessere Bedingungen und sich selbst und die natürliche Welt zu bemeistern, ein Ziel haben muss. Sonst wäre alles das, was wir um uns herum sehen, nichtig, sinn- und zwecklos. Es war diese Herrschaft über sich und über die Elemente der Natur und die unwandelbare Richtung seiner Absicht, die Christus von Höhe zu Höhe führten und ihn befähigten, die Tür zum Reich zu öffnen und sich vom Tod zu erheben, «der Erstling unter denen, die schlafen» (1. Korinther XV/20).

Zweck muss dem Leiden zugrunde liegen. Ein Ziel muss bei aller menschlichen Tätigkeit empfunden werden. Der Idealismus der Führer der Menschheit kann nicht durchaus Täuschung sein. Die Vorstellung von Gott muss tatsächlich irgendeine Grundlage haben. Die Menschen sind überzeugt, dass die augenscheinliche Ungerechtigkeit in der Welt die gesetzmässige Sicherheit eines Nachher verlangt, wodurch die Lauterkeit der göttlichen Absicht gerechtfertigt wird. Es besteht ein grundlegender Glaube, dass in der Natur des Menschen Gut und Böse im Kampf stehen, und dass das Gute unvermeidlich siegen muss. Durch alle Zeitalter hindurch hat der Mensch das behauptet. Die Menschheit hat viele Theorien entwickelt, um den Menschen und seine Zukunft zu erklären, seine Vorbereitung für das Nach-Leben und für seinen Grund, hier auf der Erde zu sein. Mit den Einzelheiten dieser Theorien sich zu befassen, ist weder nötig noch zeitlich möglich. Sie sind in sich der Beweis für die Tatsache der Unsterblichkeit und der Göttlichkeit des Menschen. Er hat die letzte Möglichkeit innerlich erfühlt und wird nicht ruhen, bis er sie erreicht hat. Ob das eine Vielzahl von Leben auf diesem Planten ist, die zu letzter Vollkommenheit führen, oder ob es die buddhistische Theorie ist, die zu Nirvana führt, das Ziel ist das gleiche. Diese letztere Theorie ist schön zusammengefasst in einem Buch, das die Geheimlehren der tibetanischen Philosophie behandelt.

«... Wenn die Herren des Mitleids die Erde geistig entwickelt und aus ihr einen Himmel gemacht haben werden, dann wird den Pilgern der Endlose Pfad geoffenbart, der zum Herzen des Universums führt. Der Mensch, dann nicht länger Mensch, wird die Natur überschreiten und unpersönlich, jedoch bewusst, im Einssein mit all den Erleuchteten das Gesetz der Höheren Evolution zu [251] erfüllen helfen, von der Nirvana nur ein Beginn ist». (Tibetische Yoga- und Geheimlehren, engl., hrsg. von W. Y. Evans-Wentz, S. 12)

Hier haben wir den Gedanken des Gottesreiches, das auf Erden erscheint, weil die Menschheit geistig entwickelt ist, und das Erreichen der Vollkommenheit, die Christus uns einprägte.

Da ist auch die Lehre von der ewigen Wiederkehr, an welche Nietzsche und Heine glaubten, mit ihrer Betonung einer unaufhörlich wiederkehrenden irdischen Existenz jeder Krafteinheit, bis eine Seele sich entwickelt hat. Die traurige Lehre von unserem Fortleben als verewigte Einflüsse in der Rasse, zu der wir gehören, ist auch entwickelt worden und betont eine bewundernswerte Selbstlosigkeit, aber sie ist auch die Verneinung des Individuums. Es gibt drei orthodoxe christliche Lehren, und sie bestehen aus den Lehren von der ewigen Vergeltung, der allgemeinen Wiederherstellung und der bedingten Unsterblichkeit. Zu diesen müssen wir die Spekulationen der Spiritualisten mit ihren verschiedenen Sphären, entsprechend etwa den sieben feineren Welten der Theosophen und Rosenkreuzer, hinzufügen, und auch die extreme Theorie der Vernichtung, die bei geistig Gesunden wenig Anklang findet. Der Wert aller dieser Lehren besteht darin, dass sie die Aufmerksamkeit des Menschen auf das ewige Interesse am Nachher lenken und auf mancherlei Vermutungen über seine Zukunft und seine Unsterblichkeit.

Christus starb und stand wieder auf. Er lebt, und viele Menschen heute in der Welt brauchen hierfür keinen Beweis. Sie wissen, dass er lebendig ist, und weil er lebt, werden wir auch leben. In uns ist der gleiche Keim wesentlichen Lebens, der in ihm zur Vollkommenheit erblühte, indem er die dem natürlichen Menschen angeborene Neigung zum Tod überwand. So können wir sicher sagen, dass für uns Unsterblichkeit aus drei Stufen besteht.

Erstens als jene Lebendigkeit, die wir Drang zur Entwicklung, Impuls des Fortschritts, des Vorwärtsbringens, des Lebens und des Wissens um dieses Leben nennen. Das ist der Antrieb hinter der Entschiedenheit des Menschen, sich als ein Einzelwesen mit [252] eigenem Lebenszyklus, ihm eigenen angeborenen Zweck und seiner ewigen Zukunft zu erkennen.

Zweitens als jenes dynamische geistige Gewahrwerden, das sich in der Wiederausrichtung zur Ewigkeit und auf die ewigen Werte hin zeigt. Dies ist das entscheidende Merkmal des Menschen, der bereit ist, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um sein geistiges Leben kundzutun und als ein Unsterblicher tätig zu werden. Dann ist die Auferstehung, die vor ihm liegt und die Christus darstellte, als verschieden von dem anzusehen, was früher angenommen wurde. Die folgende Definition der wahren Auferstehung, wie sie vor den Augen des Menschen aufzudämmern beginnt, der zum Glanz des Herrn in seinem eigenen Herzen und in jeder Form erwacht, sei hier angeführt:

«Die Auferstehung ist nicht das Erheben der Toten aus ihren Gräbern, sondern der Übergang vom Tod der Selbstversunkenheit zu einem Leben selbstloser Liebe, der Übergang von der Dunkelheit des selbstsüchtigen Individualismus zum Licht des universellen Geistes, von der Falschheit zur Wahrheit, von der Sklaverei der Welt zur Freiheit des Ewigen. Die Schöpfung «seufzt und plagt sich», um von der Knechtschaft des vergänglichen Wesens zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes befreit zu werden». (Das höchste geistige Ideal, engl., von S. Radhakrishnan, Hibbert Journal, Oktober. 1936)

Der dritte und letzte Gedanke, der betont werden muss, ist, dass wir zum ewigen Leben wiedererweckt und zur Gemeinschaft der Unsterblichen gehören werden, wenn wir uns selbst geeignet gemacht haben, Mitarbeiter Christi im Reich zu sein. Wenn wir das Bewusstsein des abgesonderten Einzelwesens verlieren und des Ganzen göttlich gewahr werden, von dem wir ein Teil sind, dann haben wir die Endlektion unseres Lebens gelernt und brauchen «nicht mehr wiederzukehren». Es ist der Tod

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.