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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 240 ff. (engl.) |
3. «Harret aus ... bis dass ihr angetan werdet mit Kraft aus der Höhe» (Lukas XXIV/49). Aber dieses Leben der Kraft, einer Kraft erfüllt mit Liebe und Freude und Frieden, kann nur schwer ständig gelebt werden, ausser in einer Gemeinschaft, innerhalb der gegenseitiges Herausfordern, gegenseitiges Ermutigen und Bekennen des Versagens leicht sind. 4. Der Eintritt in ein solches Leben und eine solche Gemeinschaft bringt eine Menge Leiden, Opfer und Demütigung mit sich. «Wer nicht sein eigenes Kreuz trägt und mir nachfolgt, kann mein Jünger nicht sein» (Lukas XIV/27). Es ist vielleicht kein Zufall, dass bereits im Alten Testament die Verheissung «Deine Ohren sollen hören ein Wort hinter dir, welches sagt "Dies ist der Weg, gehe ihn!" nach den Worten steht, "und obwohl der Herr dir das Brot der Widerwärtigkeit und das Wasser der Trübsal gibt"». (Der Gott, der spricht, engl., von B. H. Streeter, S. 175, 176) Es gehört Mut dazu, vor der Tatsache des Todes zu stehen und mit Entschiedenheit den Glauben an dieses Thema in eine Form zu fassen. Es ist eine statistisch erwiesene Tatsache, dass ungefähr 50 Millionen Menschen jährlich sterben. Fünfzig Millionen Menschen [241] sind mehr als die gesamte Bevölkerung Grossbritanniens. Eine so grosse Zahl menschlicher Wesen besteht das grosse Abenteuer. Wenn sich das so verhält, dann ist die Bestätigung der Wahrheit von Christi Auferstehung und der Unsterblichkeit von weit grösserer Bedeutung, als der einzelne Mensch sich vorstellen kann. Wir neigen zu sehr dazu, diese Probleme entweder vom wissenschaftlichen oder von einem rein selbstsüchtigen, individuellen Standpunkt aus zu untersuchen. Der Tod ist das einzige Ereignis das wir mit absoluter Gewissheit voraussagen können, und dennoch ist es dasjenige, über das die Mehrzahl der Menschen das Nachdenken überhaupt verweigert, bis sie unmittelbar und persönlich davorstehen. Die Menschen verhalten sich sehr verschieden dem Tod gegenüber. Die einen bringen dem Abenteuer ein Gefühl von Selbstbemitleidung entgegen und sind so beschäftigt mit dem, was sie hinter sich lassen müssen, was für sie zu Ende ist, und mit dem Aufgeben dessen, was sie im Leben zusammengerafft haben, dass die wahre Bedeutung der unvermeidlichen Zukunft ihre Aufmerksamkeit nicht fesseln kann. Andere begegnen ihm tapfer, machen das Beste aus dem Unvermeidlichen und schauen dem Tod mit mutiger Gebärde ins Antlitz, weil sie nichts anderes tun können. Ihr Stolz hilft ihnen, dem Ereignis gegenüberzutreten. Noch andere verweigern es gänzlich, die Möglichkeit zu erwägen. Sie hypnotisieren sich in einen Zustand, in welchem den Gedanken an den Tod jedes Verweilen in ihrem Bewusstsein verwehrt ist, und sie wollen seine Möglichkeit nicht bedenken, so dass, wenn er kommt, er sie unerwartet überfällt. Sie sind hilflos und unfähig mehr zu tun, als einfach zu sterben. Die Haltung der Christen ist in der Regel entschiedener ein Annehmen von Gottes Willen mit dem Entschluss, deshalb das Geschehnis als das Beste anzusehen, auch wenn es angesichts der Umgebung und der Umstände nicht so zu sein scheint. Ein standhafter Glaube an Gott und seine vorbestimmte Absicht für den einzelnen Menschen trägt sie frohlockend durch das Tor des Todes. Aber wenn ihnen jemand sagen würde, dass dies einfach eine andere Form des Fatalismus östlicher Denker sei und ein fester Glaube an ein unabänderliches Schicksal, würden sie das als unwahr ablehnen. Sie verstecken sich hinter dem Namen Gottes. Der Tod kann jedoch mehr sein als dieses, und man kann ihm in anderer Weise begegnen. Er kann einen bestimmten Platz im Leben und Denken erhalten, und wir können uns auf ihn [242] vorbereiten wie auf etwas, dem man nicht entgehen kann, das aber einfach der Bringer von Wandlungen ist. Dadurch machen wir den Vorgang des Sterbens zu einem geplanten Teil unseres ganzen Lebenszweckes. Wir können leben mit dem Bewusstsein der Unsterblichkeit, und das wird dem Leben eine zusätzliche Tönung und Schönheit verleihen. Wir können das Gewahrwerden unseres künftigen Übergangs fördern und in der Erwartung seiner Wunder leben. Wenn der Tod so betrachtet und als Vorspiel künftiger Lebenserfahrung angesehen wird, nimmt er eine andere Bedeutung an. Er wird eine mystische Erfahrung, eine Form von Einweihung, die ihren Höhepunkt in der KREUZIGUNG findet. Alle früheren geringeren Verzichte bereiten uns für den grossen Verzicht vor. Alle früheren Tode sind nur das Vorspiel für das ungeheure Ereignis des Sterbens. Der Tod bringt uns Befreiung vielleicht zeitweise, obwohl schliesslich dauernd von der Körpernatur, von dem Dasein auf der physischen Ebene und seiner sichtbaren Erfahrung. Es ist ein Freiwerden von Begrenzung, und ob jemand glaubt (wie viele Millionen), dass der Tod nur ein Zwischenspiel in einem Leben von beständig sich häufender Erfahrung oder das Ende jeglicher Erfahrung ist (wie viele Millionen für wahr halten), so ändert das nichts an der Tatsache, dass er einen bestimmten Übergang von einem Zustand des Bewusstseins in einen anderen bezeichnet. Wenn jemand an die Unsterblichkeit und an die Seele glaubt, so würde dieser Übergang eine Vertiefung des Bewusstseins veranlassen, während er bei einem Vorherrschen des materialistischen Standpunkts das Ende des bewussten Daseins anzeigen würde. Die entscheidende Frage ist deshalb: Ist das, was wir die Seele nennen, unsterblich? Was bedeutet Unsterblichkeit? Es ist heute vordringlich, dass wir irgendeine Form des Glaubens an die innere subjektive Welt und unsere Beziehungen zu ihr wiederentdecken. Damit muss der Erfolg des Wirkens und der Botschaft Christi steigen oder fallen. Gegenwärtig wird alles in Frage gestellt, am meisten vielleicht die Tatsache der Seele und ihrer Unsterblichkeit. Das ist ein notwendiges und wertvolles Stadium, vorausgesetzt, dass wir weiterhin auf diese Fragen Antwort suchen. Manche mögen diesen «moralischen Aufruhr» als hoffnungsvolle Anzeichen einer Erhebung aus dem statischen Zustand in allen Bereichen menschlichen Denkens ansehen, der den ersten Teil des letzten [243] Jahrhunderts kennzeichnete, und dass wir heute am Rand einer neuen Ära von echteren, geistigen Werten stehen. Doch die neuen Konturen des Glaubens und der Führung müssen ihre Grundlagen tief in dem Besten haben, was die Vergangenheit zu geben hat. Die Ideale, die Christus verkündete, bleiben noch immer die höchsten, die in den fortgesetzten Offenbarungen gegeben wurden, und er selbst bereitete uns für das Auftauchen jener Wahrheiten vor, welche die Endzeit und das Überwältigen des letzten Feindes kennzeichnen werden, dessen Name TOD ist. Dieses Infragestellen des Glaubens, dieses Ringen mit einer angeborenen Hoffnung muss weitergehen, bis Sicherheit gewonnen worden, aus Glauben Wissen und aus Glaubensbekenntnis Gewissheit geworden ist. Der Mensch weiss unbestreitbar, dass es ein Ziel gibt, grösser als alle seine kleinen Ziele, und dass es ein Leben gibt, das seinen weitesten Bereich umfassen und ihn befähigen wird, schliesslich sein höchstes, obwohl erst dunkel erfühltes Ideal zu erreichen. Eine Betrachtung der AUFERSTEHUNG mag eine grössere Sicherheit verleihen, vorausgesetzt, dass wir der langen Folge von Gott gegebener Offenbarungen eingedenk sind und uns klar werden, dass wir bis jetzt wenig wissen können ausser der Tatsache, das Gottessöhne gestorben und wieder auferstanden sind dass dahinter eine grundlegende Ursache liegt. Die Tibeter sprechen vom Vorgang des Sterbens als von dem «Eintreten in das klare, kalte Licht». (Das tibetanische Totenbuch, engl., von W. Y. Evans-Wentz, S. 29) Es ist möglich, den Tod am besten als die Erfahrung anzusehen, die uns von der Illusion der Form befreit. Das bringt unserem Denken die klare Vorstellung, dass wir, wenn wir vom Tod sprechen, uns auf einen Vorgang beziehen, der die materielle Natur betrifft, den Körper mit seinen psychischen Fähigkeiten und seinen mentalen Prozessen. Dies kann zu einer Frage zusammengezogen werden, ob wir der Körper und nichts als der Körper sind, oder ob die alte indische Schrift recht hat, wenn sie sagt: «Allem, was geboren ist, ist der Tod gewiss, und allem, was stirbt, die Geburt. Deshalb gräme dich nicht wegen einer Sache, die unvermeidlich ist. ... Der Herr des Körpers wohnt immer unsterblich im Körper [244] eines jeden». (Die Bhagavad Gita, II/26, 29) Ein moderner christlicher Dichter hat den gleichen Gedanken in folgenden schönen Worten ausgesprochen: «Der Tod verhält sich zum Leben wie der Marmor zum Bildner. Warte auf die Berührung, welche die Seele freiwerden lässt! Der Tod ist jener Augenblick, da der Schwimmer Die rasch vorübergehende Not des Untertauchens fühlt. Lachen folgt diesem Augenblick, wenn auf den geteilten Fluten Die Wasserperlen sprühen und die Sonne sie In Kristall verwandelt; Leben und Licht sind eins». (Die Modernisten, engl., von Robert Norwood, S. 57) Es mag hier angebracht sein zu fragen, was es ist, dessen Andauern wir sehen möchten. Eine Erforschung des Verhaltens eines Menschen zu dem ganzen Problem des Todes und der Unsterblichkeit kann dazu dienen, das Denken von Unklarheit und Unbestimmtheit freizumachen, die auf Furcht, mentaler Trägheit und verwirrten Gedanken beruhen. Die folgenden Fragen kommen einem in den Sinn und rechtfertigen eine erwägende Betrachtung. Wieso wissen wir, dass der Vorgang des Sterbens solche bestimmte Veränderungen in unserem Bewusstsein hervorbringt, dass er sich für uns als fühlende Wesen verhängnisvoll erweist und alle frühere Anstrengung des Denkens, der Entwicklung und des Verstehens wertlos macht? Das Wunder von Christi Auferstehung, soweit es seine Persönlichkeit betraf, bestand in der Tatsache, dass er, nachdem er durch Tod und Auferstehung hindurchgegangen, wesentlich die gleiche Person war, nur mit zusätzlichen Kräften. Kann es nicht genau so mit uns sein? Dieses Leben hat uns geformt und uns dazu gebracht, gewisse bestimmte Formen und Eigenschaften auszudrücken. Diese, richtig oder falsch, bilden das Selbst, dasjenige, was der wirkliche Mensch ist, vom Gesichtspunkt menschlichen Lebens aus. Da ist etwas in uns, das die endgültige Identifizierung mit der physischen Form verweigert, trotz allem, was die Wissenschaft und die Unerfahrenen uns sagen mögen. Ein intuitives, wirkliches inneres Selbst weist ständig und allgemeingültig die Vernichtung zurück und hält standhaft an dem Glauben fest, dass das Suchen und das Ziel, die erlangten Werte, für welche wir [245] kämpfen, sich irgendwo, zu irgendeiner Zeit, in irgendeiner Art als der Mühe wert erweisen müssen. Jeder andere Gesichtspunkt liesse auf den gänzlichen Mangel eines intelligenten Plans im Dasein schliessen und führte zu der Verzweiflung, die Paulus in den Worten ausdrückte: «Hoffen wir nur in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten von allen Menschen» (I. Korinther XV/19). Wir sind sicher auf unserem Weg zu etwas von Wert, von dynamischer Bedeutung, sonst wäre das Leben das nutzlose Geschehen eines Wanderns ohne Ziel, der Sorge für einen Körper und der Schulung eines Denkens, das keinerlei Bedeutung hätte und weder für Gott noch für die Menschen Wert besässe. Dies kann nicht der Fall sein, das wissen wir. Diese Steigerung des Wertes dessen, was sich der Mühe lohnt, und die Fortdauer des beständigen inneren göttlichen Anreizes, vorwärts zu schreiten, zu schaffen und anderen zu nützen, scheint für jene, die den Punkt erreicht haben, an dem fortlaufendes Denken möglich ist, den Schlüssel zu dem Problem der Unsterblichkeit zu enthalten. Die ganze Geschichte von Christus beweist das. Er hatte durch sein Leben geweihten Dienstes und durch Hingabe an seine Mitmenschen bewiesen, dass er in seiner Entwicklung an den Punkt gekommen war, wo er etwas zum Wohl des Ganzen beizutragen hatte. Er hatte die Höhe der evolutionären Stufenleiter erreicht, und seine Menschlichkeit war dem Blick verlorengegangen durch die Göttlichkeit, die er ausdrückte. Er besass das, was wert war, Gott und den Menschen angeboten zu werden, und erbot es am Kreuz dar. Es kostete ihn sein Leben, seinen Beitrag zur Quelle der ganzen Körperschaft zu leisten, aber er leistete ihn. Wegen des Wertes dessen, was er erreicht hatte, und wegen der Bedeutung der Lebendigkeit seines Beitrages konnte er die Unsterblichkeit beweisen. Der unsterbliche Wert überlebt, und wo er vorhanden ist, braucht die Seele die Schule menschlicher Erfahrung nicht mehr. Dieser Gedanke lässt die Frage auftauchen: Was ist es also, dessen Überleben wir erstreben? Welchen Teil von uns betrachten wir als für die Unsterblichkeit wünschenswert? Was in jedem von uns rechtfertigt Fortdauer? Sicherlich wird niemand von uns erstreben, dass der physische Körper aufersteht, noch sind wir begierig, wieder in dem gegenwärtigen, begrenzenden Vehikel, in dem sich die [246] meisten von uns befinden, gefesselt und eingesperrt zu sein. Sein Wert scheint unangemessen für die Erfahrung der Auferstehung und für das Geschenk der Unsterblichkeit. Auch haben wir gewiss kein Verlangen danach, dass die gleiche psychische Natur mit ihrer Zusammenballung von Launen, Empfindungen und gefühlsmässigen Reaktionen auf die Umstände der Umgebung uns wieder beherrscht. Ebenso wird niemand von uns erfreuen, an die alte Idee eines zuckersüssen Himmels zu denken, in dem wir, in weisse Gewänder gekleidet, singend und über religiöse Dinge sprechend, unsere Zeit verbringen. Wir sind über diese Gedanken hinausgewachsen, und Christus selbst ist deren Widerlegung. Er stand vom Tod auf und trat ein in ein Leben erweiterten tätigen Dienstes. Die «anderen Schafe», die er zu sammeln hatte, mussten gesucht und gehütet (Joh. X/16), seine Jünger ausgebildet und belehrt, seine Nachfolger geführt und ihnen hilfreich beigestanden werden; das Reich Gottes musste auf Erden errichtet werden, und noch immer ist der auferstandene Christus mitten unter uns, oft unerkannt, mit der Aufgabe der Welterlösung und des Dienens befasst. Es gibt keinen Himmel des Friedens, der Ruhe und der Untätigkeit für Christus, solange wir unerlöst sind, und sicherlich auch nicht für uns, die wir seinen Fussspuren zu folgen suchen. Wenn das Leben eines Menschen Bedeutung erlangt hat, dann ist er bereit, den |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |