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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 183 ff. (engl.) |
Ein anderes [184] Beispiel kann hier angeführt werden, um den astronomischen Hintergrund unserer christlichen Feste zu illustrieren. Zwei Feste der römisch-katholischen und der anglikanischen Kirche werden abgehalten: Die Himmelfahrt der Jungfrau und die Geburt der Jungfrau Maria. Das eine wird am 15. August, das andere am 8. September gefeiert. Jedes Jahr kann man etwa um die Zeit von Maria Himmelfahrt die Sonne in das Zeichen der Jungfrau eintreten sehen, und das ganze Sternbild ist eingehüllt und verborgen in dem strahlenden Glanz der Sonne. Ungefähr am 8. September kann man das Sternbild Jungfrau wieder langsam hervortreten sehen, wenn es sich aus dem Strahlenglanz der Sonne löst. Dies nennt man die Geburt der Jungfrau. Ostern wird immer astronomisch bestimmt. Diese Tatsache verdient die sorgfältigste Beachtung. Allen christlichen Menschen sollte diese Mitteilung zugänglich sein, denn dann und nur dann können sie voll und ganz verstehen, was Christus in seiner kosmischen Natur auf der Erde zu vollbringen hatte. Jenes Ereignis war von einer weit grösseren Bedeutung, als nur einfach die Erlösung irgendeines menschlichen Wesens zuwege zu bringen. Es bedeutet weit mehr als die Grundlage des Glaubens einiger Millionen Menschen an ihre himmlische Zukunft. Die Inkarnation Christi kennzeichnet ausser ihrem historischen Wert und ausser dem Grundton, den er aussandte das Ende eines grossen kosmischen Zyklus, aber sie kennzeichnet auch das Öffnen jener Tür in das Reich, die sich früher nur gelegentlich für den Eintritt jener Gottessöhne geöffnet hat, die über die Materie gesiegt hatten. Nach der Ankunft Christi stand die Tür für alle Zeiten weit offen, und das Reich Gottes begann sich auf Erden zu bilden. Im Lauf der langen Zeit sind vier grosse Ausdrucksformen göttlichen Lebens, vier Formen des in der Natur immanenten Gottes auf unserem Planten erschienen. Wir nennen sie die vier Naturreiche. Sie sind symbolisch die planetarische Spiegelung der vier Arme des Zodiakalkreuzes, auf dem der kosmische Christus gekreuzigt zu sehen ist. Durch die Jahrhunderte hindurch haben die Menschen den auf dem Kreuz der Materie geopferten kosmischen Christus symbolisiert und so das Wissen von jenem Ereignis im Bewusstsein der [185] Menschheit lebendig erhalten. Im planetarischen Sinn stellen die vier Naturreiche ebenfalls den Geist Gottes, ausgestreckt auf dem Kreuz der materiellen Form, dar, um schliesslich das Erscheinen des Reichs Gottes auf Erden möglich zu machen. Das bedeutet die Vergeistigung der Materie und der Form, das Aufnehmen der Materie in den Himmel (= die Himmelfahrt der Materie) und die Befreiung Gottes aus der kosmischen Kreuzigung. Der Dichter Joseph Plunkett spricht davon in folgenden schönen Versen: «Ich sehe sein Blut in der Rose Und in den Sternen die Herrlichkeit seiner Augen. Sein Körper schimmert inmitten ewigen Schnees. Seine Tränen fallen von den Himmeln. Ich sehe sein Angesicht in jeder Blume. Der Donner und der Vögel Lieder sind seine Stimme und die durch seine Macht gemeisselten Felsen sind seine geschriebenen Worte. Alle Pfade haben seine Füsse getragen. Sein starkes Herz bewegt das ewig rollende Meer. Seine Dornenkrone ist verwoben mit jedem Dorn. Sein Kreuz ist jeder Baum». (Zitiert in: Das Testament des Menschen, engl., von Arthur Stanley) Das Wunder der Mission Christi liegt in der Tatsache, dass er, obwohl er einer aus einer langen Reihe vollkommener, göttlicher Menschen war, eine einzigartige Funktion hatte. Er brachte die symbolische Darstellung von Gottes ewigem Opfer am festen Kreuz des Himmels, von dem die Sterne Zeugnis geben, das in der Religionsgeschichte so erfolgreich verschleiert worden ist und dem noch heute die Anerkennung verweigert wird, in sich zusammenfassend zum Abschluss. Der Himmlische Mensch schwebt noch heute am Himmel, so, wie es seit Erschaffung des Sonnensystems war, und, wie Christus sagte: «Sobald ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle Menschen an mich ziehen» (Joh. XII/32), so werden nicht nur alle Menschen, sondern schliesslich alle Lebensformen in allen Reichen ihr Leben nicht als ein erzwungenes, sondern als ein freiwilliges Opfer an die endgültige Herrlichkeit Gottes [186] zurückgeben. «Wer sein Leben um meinetwillen lässt, der wird es finden» (Matth. X/39) ist eine Tatsache, die oft vergessen wird und die einen bestimmten bezug auf die Geschichte der Kreuzigung in ihren weiteren Folgerungen hat. Erst durch die Vollendung des letzten der manifestierten Reiche, des menschlichen, wird das Kreuz und sein Zweck erfüllt, und dies bezeugt der Tod Christi. Aber der wichtige Punkt obwohl er den Höhepunkt in dem evolutionären Ablauf darstellt ist nicht sein Tod, sondern die darauf folgende Auferstehung, welche die Bildung und das Herabkommen eines neuen Reichs auf Erden symbolisiert, in dem die Menschen und alle Formen frei vom Tod sein werden, eines Reichs, von dem der vom KREUZ freigekommene MENSCH das Symbol sein sollte. Damit ist der Kreis vollendet, von dem MENSCHEN im All mit in Form eines Kreuzes ausgestreckten Armen, über eine Reihe von gekreuzigten Erlösern, die uns immer wieder sagen, was Gott für das Universum getan hat, bis wir zu dem höchsten Sohn Gottes kommen, der den Symbolismus in all seinen Stadien auf die physische Ebene herabtrug. Er erhob sich dann von den Toten, um uns zu sagen, dass die lange Aufgabe der Evolution endlich ihre letzte Phase erreicht habe, wenn wir so wählen und bereit sind, so zu handeln, wie er es tat, wenn wir den Preis zahlen und, indem wir durch die Tore des Todes hindurchgehen, zu einer freudvollen Auferstehung gelangen. Paulus suchte uns diese Wahrheit zu vermitteln, obwohl seine Worte so oft verdreht worden sind durch Übersetzung und unrichtige theologische Auslegung. «Ich verlange danach, Christus zu erkennen und die Kraft, welche in seiner Auferstehung ist, und teilzuhaben an seinen Leiden und sogar zu sterben, wie er starb, in der Hoffnung, dass ich zur Auferstehung vom Tod gelangen möchte. Ich sage nicht, dass ich dieses Wissen bereits erlangt und Vollkommenheit bereits erreicht habe, aber ich jage danach» (Philister III/10, 11, Weymouth-Übersetzung). Nach dieser Stelle scheint es nicht so, dass Paulus als für die Erlösung ausreichend erachtet hätte, wenn jemand einfach glaubt, Christus sei für seine Sünden gestorben. Lasst mich [187] hier kurz und bündig feststellen, was, wie es scheint, wirklich geschah, als Christus am Kreuz starb. Er gab den Form-Aspekt auf und identifizierte sich als MENSCH mit dem Lebensaspekt der Gottheit. Er befreite uns dadurch von der Formseite des Lebens, der Religion und der Materie und zeigte uns die Möglichkeit eines Daseins in der Welt und doch nicht von der Welt (Joh., XVII/16), eines Lebens als Seelen, befreit von den Fesseln und Begrenzungen des Fleisches, doch auf Erden wandelnd. In der tiefsten Tiefe ihres Seins ist die Menschheit des Todes müde. Ihre einzige Beruhigung liegt in dem Glauben an den endlichen Sieg über den Tod, und dass eines Tages der Tod vernichtet sein wird. Darauf werden wir im nächsten Kapitel genauer eingehen, aber nebenbei mag gesagt sein, dass die Menschheit derart von dem Gedanken an den Tod erfüllt ist, dass es für die Theologie die Linie des geringsten Widerstandes bedeutete, wenn sie den Tod Christi betonte, und wenn sie unterliess, den Hauptnachdruck auf die Erneuerung des Lebens zu legen, wozu jener Tod das Vorspiel war. Diese Einstellung wird zu Ende gehen, denn die heutige Menschheit verlangt mehr einen lebendigen Christus als einen toten Erlöser. Sie verlangt ein Ideal, so allgemeingültig in seinen Folgerungen, so umfassend in Zeit und Raum und Leben, dass die beständigen Erklärungen und die endlosen Versuche, die Theologie den Erfordernissen einer tiefempfundenen und lebendigen Wahrheit anzupassen, nicht länger nötig sein werden. Die Vorstellung von einem zornigen Gott, der ein Blutopfer fordert, ist überlebt. Intelligente Menschen müssen heute darüber einig sein, dass ... «der moderne Gedanke nicht mit den einfachen christlichen Ideen in Konflikt gerät, aber bezüglich des Sühneopfers für diese schlimmen Veranlagungen liegt der Fall anders. Wir können die abstossende theologische Lehre nicht länger akzeptieren, dass aus irgend einem mystischen Grund ein Sühneopfer notwendig war. Dies verletzt entweder unsere Auffassung von Gottes Allmacht oder die von Gottes All-Liebe». (Das Heidentum in unserer Christenheit, engl., von Arthur Weigall, S. 152) Die Menschheit wird den Gedanken eines Gottes annehmen, der die Welt so liebte, dass er seinen Sohn sandte, damit dieser uns den letzten Ausdruck des kosmischen Opfers gebe, und damit er uns sage, wie er es am Kreuz [188] tat: «Es ist vollbracht!» (Joh. XIX/30) Wir können nun «eintreten in die Freude des Herrn». (Matth. XXV/21) Die Menschen lernen zu lieben, und sie werden und tun es bereits eine Theologie verwerfen, die Gott als eine beispiellose Macht von Härte und Grausamkeit in der Welt hinstellt. Die ganze Richtung des menschlichen Lebens neigt dazu, diese alten, auf Furcht gegründeten Lehrsätze zu verwerfen und statt dessen mutig den Tatsachen ins Auge zu sehen und den Verantwortlichkeiten, die angeboren sind im geistigen Geburtsrecht. 2 Wenn die Kirche die Betonung auf den lebendigen Christus legt und erkennt, dass ihre Formen und Zeremonien, ihre Feste und Rituale aus einer sehr alten Vergangenheit ererbt sind, dann werden wir das Entstehen einer neuen Religion erleben, die von der Form und der Vergangenheit so verschieden sein muss, wie das Reich Gottes sich unterscheidet von der Materie und der Körpernatur. Die ganze orthodoxe Religion kann als ein Kreuz angesehen werden, an dem wir Christus gekreuzigt haben; sie hat als Hüter der Zeitalter und als Bewahrer der alten Formen ihren Zweck erfüllt, aber sie muss in ein neues Leben eintreten und durch die Auferstehung hindurchgehen, wenn sie den Bedürfnissen der tiefgeistigen Menschheit von heute entsprechen soll. «Nationen wie auch Individuen», wird uns gesagt, «sind entstanden nicht nur durch das, was sie erwerben, sondern durch das, worauf sie verzichten, und dies gilt heute auch für die Religion». (Das höchste geistige Ideal, engl., von Radhakrishnan, Hibbert Journal, Oktober. 1936) Ihre Form muss auf dem Kreuz Christi geopfert werden, damit sie zu wahrem und erneuerten Leben aufersteht, um den menschlichen Bedürfnissen zu entsprechen. Ein lebendiger Christus, nicht ein sterbender Erlöser sei ihr Motiv! Christus ist gestorben. Lasst darüber keinen Zweifel aufkommen. Der historische Christus ging für uns durch das Tor des Todes. Der kosmische Christus stirbt noch auf dem Kreuz der Materie. Dort hängt er fest, bis der [189] letzte müde Pilger seinen Weg heim finden wird. (Die Geheimlehre, Bd. I/229) Der planetarische Christus, das Leben der vier Naturreiche, ist seit altersher auf den vier Armen des planetarischen KREUZES gekreuzigt. Aber das Ende dieser Periode der Kreuzigung ist uns nahe. Die Menschheit kann vom Kreuz herabsteigen, wie Christus, und in das Reich Gottes als ein lebendiger Geist eintreten. Die Söhne Gottes sind bereit, offenbart zu werden, heute wie niemals zuvor. «Der Geist selbst gibt unserem eigenen Geist Zeugnis, dass wir Kinder Gottes sind. Sind wir Kinder, dann sind wir auch Erben Erben von Gott und Miterben mit Christus; wenn wir wirklich teilhaben am Leiden Christi, um teilzuhaben an seiner Herrlichkeit. Alle Kreatur sehnt sich, die Offenbarung der Söhne Gottes zu sehen. Denn die Schöpfung wurde der Vergänglichkeit unterworfen, nicht durch eigene Wahl, sondern durch den Willen dessen, welcher sie so sich unterworfen hat; jedoch mit der Hoffnung, dass die Schöpfung zuletzt selbst von der Knechtschaft des Verfalls befreit werde, um sich der Freiheit zu erfreuen, die mit der Herrlichkeit der Kinder Gottes kommt. Denn wir wissen, dass alle Kreatur stöhnt in den Geburtswehen bis zur heutigen Stunde. Und nicht allein sie, auch wir selbst, obwohl wir den Geist als einen Vorgeschmack der Seligkeit besitzen, sehnen uns nach der vollen Sohnschaft und der Erlösung unserer Körper». (Römer VIII/1624, Weymouth-Übersetzung) Wir alle gehen dieser Verherrlichung Gottes entgegen. Einige Menschensöhne haben dieses Ziel durch die Verwirklichung ihrer Göttlichkeit bereits erreicht. Es ist von Interesse, zu bemerken, wie die zwei grossen Zweige des orthodoxen Christentums, der östliche, vertreten durch die Griechische Kirche, und der westliche, vertreten durch die Römisch-katholische und die Protestantische Kirche, zwei grosse Auffassungen bewahrt haben, die der Menschengeist bei seiner langen Entwicklungsreise hinweg von Gott und zurück zu Gott nötig hatte. Die Griechische Kirche hat immer den auferstandenen [190] Christus betont. Der Westen hat den gekreuzigten Erlöser betont. Das östliche Christentum betrachtet die Auferstehung als den Angelpunkt ihrer Lehre. Die Notwendigkeit des |
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