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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 163 ff. (engl.) |
Zielerreichung herunterkam, und kann später mit ihm am Verstehen der Art des
Weltdienstes teilhaben. Dieser Weltdienst wird vollkommen von jenen geleistet,
deren innere Vollkommenheit sich der von Christus nähert und deren Leben durch
die gleichen göttlichen Impulse bestimmt und derselben Vision untergeordnet
wird. Diese Stufe bedeutet zugleich jene vollständige geistige Freiheit, die wir
schliesslich erreichen müssen.
Nun ist die [164] Zeit für die Menschen gekommen, den Glauben aufzugeben und zu wahrem Wissen überzugehen durch das Denken, Überlegen, Experiment, die Erfahrung und Offenbarung. Das unmittelbare Problem für alle, welche dieses neue Wissen suchen und die anstelle treuer Gläubiger bewusst Wissende werden möchten, ist, dass sie es in der Welt alltäglichen Lebens erreichen sollen. Nach jeder Bewusstseinserweiterung und nach jeder Entfaltung eines vertieften Gewahrwerdens kehren wir zurück, wie Christus, zu den Ebenen des Alltagslebens und unterziehen unser Wissen der Prüfung, entdecken seine Wirklichkeit und Wahrheit und finden auch heraus, worin für uns der nächste Erweiterungspunkt liegt und welches neue Wissen erworben werden muss. Die Aufgabe des Jüngers ist das Verstehen und die Anwendung seiner Göttlichkeit. Das Wissen um den immanenten Gott, jedoch gegründet auf den Glauben an den transzendenten Gott, ist unser Bestreben. Dies war die Erfahrung der Apostel auf dem Bergesgipfel. Es wird uns gesagt, dass «als sie ihre Augen aufhoben, sie niemand sahen als Jesus allein». (Matth. XVII/8) Das Gewohnte erschien ihnen wieder. Es ist von wirklichem Interesse, damit eine etwas ähnliche Geschichte in der Bhagavad Gita zu vergleichen, worin sich Arjuna die verherrlichte Gestalt des Herrn offenbart. Am Schluss der Offenbarung sagt Gott in der Gestalt Krishnas mit Zartheit und Verstehen zu ihm: «Lasse keine Furcht oder Verwirrung dich überkommen, wenn du mich in so schrecklicher Gestalt erblickst! Siehe meine frühere Gestalt noch einmal, deine Furcht vergeht, dein Herz kommt zur Ruhe». Und dann sagt er zu ihm: «Diese meine Gestalt, die du gesehen hast, ist in der Tat schwierig anzusehen. Selbst die Götter wünschen immer einen Anblick dieser Form. Ich kann auch nicht durch die Veden, durch Busse, Gaben und Opfer gesehen werden in der Form, die du gesehen hast. Aber ich kann so erkannt werden durch aufrichtige Liebe, Arjuna, und gesehen, wie ich wirklich bin, und man kann in mich eingehen, o Vernichter des Feindes!» (Bhagavad Gita, XI/49, 52, 53, 54) Das Wort der Anerkennung ist hinausgegangen, und der Befehl, [165] auf Christus zu hören, ist gegeben worden. Nachdem Jesus «in seine gewöhnliche Gestalt» zurückgekehrt war, musste das Herabsteigen vom Berg folgen. Dann geschah, was als eine grosse, traurige geistige Reaktion angesehen werden könnte, unvermeidlich und schrecklich, von Christus mit folgenden Worten ausgedrückt: «Des Menschen Sohn wird überantwortet werden in der Menschen Hände, und sie werden ihn töten, und am dritten Tag wird er wieder auferstehen». (Matth. XVII/22, 23) Dann kommt die schlichte Bemerkung, dass die Jünger «sehr betrübt waren». Diese Vorschau Christi zerfällt, wenn wir ihr in den Berichten nachgehen, in zwei Teile: Zuerst hatte er eine Vision von dem erreichten Ziel. Das Berggipfel-Ziel, eine grosse geistige Erfahrung, lag hinter ihm. Nun hat er die Vorausschau auf eine physische Vollendung in Form des triumphalen Einzugs in Jerusalem. Doch diese ist begleitet von einer Vorahnung oder Voraussicht auf den Höhepunkt seines Lebens des Dienens auf dem Kreuz. Er sah klar, vielleicht zum ersten Mal, was vor ihm lag, und die Richtung, in die sein Dienst für die Welt ihn führte. Die «via dolorosa» eines Welterlösers dehnte sich vor ihm aus. Das Schicksal aller wegbahnenden Seelen gipfelte in seiner Erfahrung, und er sah sich geschmäht, gepeinigt und getötet, wie es vielen geringeren Söhnen Gottes geschehen war. Der Annahme durch die Welt geht immer die Ablehnung durch die Welt voraus. Enttäuschung ist eine Stufe auf dem Weg zur Wirklichkeit. Von jenen gehasst zu werden, die bis jetzt noch nicht bereit sind, die Welt geistiger Werte zu erkennen, ist immer das Schicksal derjenigen, die dazu bereit sind. Dies stand vor Christus, und dennoch «wendete er sein Angesicht, stracks nach Jerusalem zu wandern». (Lukas IX/5 1 ) Wenn wir diese Geschehnisse betrachten, so wird die besondere Prüfung, die Christus nun begegnete, in unserem Denken klar. Es war wieder eine dreifache Prüfung, wie jene nach der Taufe-Einweihung, aber diesmal war sie von weit feinerer Natur. Er wurde vor die Prüfung gestellt, ob er weltlichen Erfolg ertragen und handhaben, den triumphalen Weg seines Einzugs in die Heilige [166] Stadt weitergehen könnte, ohne von seinem Zweck abzuweichen, ohne von materiellen Zielen angezogen zu werden und indem er als König der Juden ausgerufen wurde. Erfolg stellt eine viel drastischere Schulung dar und erzeugt viel mehr Gelegenheiten, Gott und die Wirklichkeit zu vergessen, als Fehlschläge und geringschätzige Behandlung. Selbstbemitleidung, ein Gefühl des Märtyrertums und Resignation sind mächtige und wirkungsvolle Züge der Behandlung von jemandes Fehlschlag. Doch weit schwierigeren Faktoren steht man gegenüber beim Aufstieg auf den Kamm der Woge, bei öffentlicher Anerkennung und wenn es scheint, als sei das irdische Ziel erreicht. Diesem Problem stand Christus gegenüber, und er begegnete ihm mit geistigem Gleichmut und mit jener weitblickenden Weisheit, die einen richtigen Sinn für Werte und einen genauen Sinn für Massstäbe hervorbringt. Die zweite Phase der Prüfung lag in seiner Vorschau in bezug auf sein Ende. Er wusste, dass er sterben musste, und er wusste, wie er sterben würde, und dennoch ging er, obwohl er Unheil voraussah, unbeirrbar auf dem ihm bestimmten Weg weiter. Er hatte nicht nur die Kraft des Ertragens von Erfolg, sondern auch die Kraft, dem Unheil zu begegnen, zu zeigen, indem er beide gegeneinander im Gleichgewicht hielt und in beiden einfach Gelegenheiten für den Ausdruck des Göttlichen und Gebiete für die Darlegung von Loslösung sah jenes hervorragende Merkmal eines Menschen, der wiedergeboren, geläutert und verklärt ist. Zu diesen Prüfungen kam diejenige hinzu, der er vorher in der Wüste begegnet war, die Prüfung gänzlicher Einsamkeit. Die Kraft, Erfolg zu ertragen; die Kraft, Unglück durchzustehen, die Kraft, völlig allein zu sein. Dies hatte Christus der Welt zu zeigen, und er tat es. Er stand triumphierend vor der Welt während einer Zwischenstufe auf seinem Weg zum Kreuz. Die Qual der Einsamkeit im Garten Gethsemane war vielleicht ein viel härteres Moment für ihn als die Öffentlichkeit am Hügel von Golgatha. Aber in diesen feineren Prüfungen ward die Eigenschaft Gottes selbst offenbart, und es ist Gottes Eigenschaft und Bedeutung, welche die Welt erlösen, die Eigenschaft seines Lebens, die Liebe und Weisheit und Wert und Wirklichkeit ist. Alles dieses vollendete Christus. Unmittelbar beim Abstieg vom Bergesgipfel begann Christus [167] wieder zu dienen. Er traf, wie wir wissen, einen bedrängten Menschen, und er entsprach sofort der Notwendigkeit. Eines der hervorragendsten Merkmale jeder Einweihung ist die vermehrte Fähigkeit und Geschicklichkeit des Eingeweihten, zu dienen. Christus zeigte einen ganz neuen und einzigartigen Weg, auf dem er sowohl zu den Massen sprechen und ihnen begegnen konnte, als auch privat und persönlich seine erwählten Wenigen belehren. Seine Kraft zu heilen dauerte an, aber sein Werk ging über in ein Gebiet neuer Werte, und er sprach jene Worte und verkündete jene Wahrheiten, welche die Gründung des Glaubens jener bewiesen haben, welche die Einsicht hatten, die theologische Darstellung des Christentums zu durchdringen und darin die Wirklichkeit zu finden. Sein Dienst in dieser Zeit bestand vor allem im Lehren und Predigen. Doch die Weisheit und Schönheit seiner Darstellung der Wahrheit besteht darin, dass er das Göttliche in Formen kleidete, die der Durchschnittsmensch verstehen konnte. Er überbrückte das Alte und das Neue und brachte jene neue Wahrheit und jene besondere Offenbarung heraus, die zu der Zeit notwendig war, um die alte Weisheit und die modernere Hoffnung zu vereinigen. Keyserling hat das Wunder dessen, was der Welterlöser tut, erfasst und spricht es in folgenden Worten aus: «... das grosse Denken ist wesentlich der Erwecker. Wenn solch ein Denken das gänzlich Neue, das Einzigartige äussert, so würde dies anderen Menschen nichts sagen. Sein sozialer Wert hängt völlig ab von seiner Fähigkeit, klar zu äussern, was alle im innersten Herzen als wahr empfinden, denn, könnte er sonst verstanden werden? und es in einer so universalen Weise zu äussern, nämlich so sehr in Übereinstimmung mit den in Frage stehenden betreffenden Gesetzen, dass seine Ideen Werkzeuge werden für andere». (Die Wiederentdeckung der Wahrheit, von Hermann Keyserling, S. 213) Christus gab uns eine grosse Idee. Er gab uns die neue Auffassung, dass Gott Liebe ist, gleichgültig, was in der Welt des Unmittelbaren geschehen möchte. Alle grossen Ideen kommen durch die Vermittlung der grossen Erleuchteten aus der Welt des Göttlichen hervor, und die Geschichte der Menschheit ist wesentlich die Geschichte von Ideen, ihrer Hervorbringung durch einige intuitive [168] Denker, ihrer Anerkennung durch die wenigen, ihres Wachstums in Volkstümlichkeit und ihres endlichen Eingehens in die Gedankenwelt, die Welt der Vorbilder der Denker der Menschheit. Dann ist ihr Schicksal entschieden, und schliesslich wird die neue und einzigartige Idee das volkstümliche und öffentlich angenommene Vorbild menschlicher Führung. «Die Frage, ob Persönlichkeiten oder Ideen das Schicksal eines Zeitalters bestimmen, ist dahin zu beantworten, dass das Zeitalter seine Ideen von den Persönlichkeiten erhält». (Verfall und Wiederaufbau der Zivilisation, von Albert Schweitzer, S. 82) Christus verkörperte eine grosse Idee, die Idee, dass Gott Liebe und Liebe die bewegende Kraft des Universums ist. Diese schafft die Erleuchtung, die Christus als das Licht der Welt auf alle Weltereignisse ausstrahlte. Die Majestät dieser Verwirklichung kann nicht überbetont werden. Wir müssen dies viel tiefer und stärker erfassen, als wir es tun, denn es bildet den grundlegenden, fundamentalen Charakter und die Qualität aller Ereignisse, von welcher äusseren Erscheinung sie auch sein mögen. Christus erleuchtet das Leben. Dies war einer seiner wichtigsten Beiträge zum Leben, wie es heute gelebt wird. Er sagt in Wirklichkeit: Gott liebt die Welt; allem, was geschieht, liegt Liebe zugrunde. Wenn dies als Tatsache und fundamentale Wahrheit erkannt wird, erleuchtet es das ganze Leben und erleichtert jede Bürde. Ursache und Wirkung werden zusammengebracht, und Gottes Absicht und seine Methode werden als eines erkannt. Theologen haben dies oft vergessen, wenn sie um die mehr äusseren Aspekte des Christuslebens stritten. Was er in seiner Wirksamkeit als «das Licht der Welt» erleuchtete, was er an göttlichem Licht empfing und für die Welt ausgoss, was er zurückstrahlte, wird oft übersehen in dem Streit, solche Lehren zu beweisen, wie die Tatsache der unbefleckten Jungfrau Maria und der daraus hervorgehenden Geburt Christi mittels einer unbefleckten Empfängnis. Heutzutage machen sich nur wenige der jüngeren Generation etwas aus solchen Lehrsätzen. Lasst uns dies ganz nachdrücklich feststellen. Aber uns ist daran gelegen, dass die Liebe, die er ausdrückte, in der Welt zum Ausdruck kommen und dass die Erleuchtung, die er mit sich brachte, «unsere Finsternis erleuchten» sollte. Christus liess klar die Note ertönen, welche die neue Zivilisation und die neue Ordnung einleiten kann, und ein genaues Studium der Ideale und Ideen, die heute den grossen, von den [169] verschiedenen Nationen unternommenen Experimenten ohne Ausnahme zugrundeliegen, wird zeigen, dass diese im wesentlichen auf einer entschieden christusgemässen Auffassung gegründet sind. Dass ihre Methode der Anwendung und die verwendete Technik häufig unchristlich sind, ist leider wahr, aber die grundlegenden Begriffe werden das gleiche Licht tragen, das Christus auf sie werfen kann. Die Hauptschwierigkeit ist gewesen, dass unser intellektuelles Erfassen der Begriffe von unserer persönlichen Entwicklung abhängt und deshalb unheilvoll auf deren Anwendung durch uns abfärbt. Wenn diese Grundideen von den geweihten Denkern der Menschheit in Weltideale verwandelt und in dem Geist angewendet sein werden, in dem Christus sie empfing, dann werden wir tatsächlich eine neue Weltordnung einleiten. Es ist von höchstem Wert, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass das, was Christus wirklich tat, die Einführung in das Zeitalter des DIENENS war, selbst wenn wir heute (zweitausend Jahre, nachdem er uns ein Beispiel gab) erst beginnen, die Folgerungen dieses so weithin gebrauchten Wortes zu begreifen. Wir sind geneigt gewesen, Erlösung in Begriffen des Individuums anzusehen und sie vom Gesichtspunkt individueller Erlösung zu betrachten. Diese Haltung muss ein Ende haben, wenn wir jemals den Christusgeist verstehen wollen. Ein grosser Japaner stellte die Frage: «Was ist das primäre Ziel einer Religion, die wert ist zu bestehen?» und er sagt dann, dass es Erlösung ist, aber eine Erlösung, die «erfüllt ist von Befreiung und Wiederherstellung des Lebens und der Welt». (Moderne Richtungen in Weltreligionen, engl., herausgegeben von A. E. Haydon, Zitat Kishio Satomi, S. 75) Dienen wird immer mehr das Ziel aller menschlichen Angelegenheiten. Sogar das moderne Geschäftsleben kommt zu der Erkenntnis, dass es ein antreibendes Mittel sein muss, wenn das Geschäft, wie wir es im modernen Sinn verstehen, am Leben bleiben soll. Worauf ist diese allgemeine Ansicht begründet? Sicherlich auf unserer universellen Beziehung zur Gottheit und unserer subjektiven Verbindung zueinander, die ihre Wurzel wiederum in unserer Verbindung mit Gott hat. Das ist natürlich die Grundlage des Dienens. Es muss, wie es bei Jesus Christus war, ein spontanes Ergebnis der Göttlichkeit sein. Eines der [170] stärksten Argumente für die göttliche Entfaltung des Menschen ist das Auftauchen dieser Neigung zu dienen in grossem Umfang. Wir sind eben dabei, eine schwache Vision dessen zu erhalten, was Christus mit Dienen meint. Er erweiterte dieses bewegende Motiv des Dienens zu dem Umfang, dass er sagte, wenn das allgemeine |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |