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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 124 ff. (engl.) |
schwierig für das Leben der Seele. Nur hoher Mut, verbunden mit Vertrauen und
Streben, macht den Kampf möglich, und sogar dann wird noch Widerwille und
Schrecken vorhanden sein». (Die Bhagavad Gita, Kommentar von Charles Johnston,
engl., S. 26)
Ein Grösserer als Arjuna (der als Symbol des Jüngers auf seinem Weg zur Vollkommenheit erscheint) stand einem ähnlichen Problem mit Mut, Vertrauen und Streben gegenüber, aber die Frage war die gleiche: Ist das Leben der Seele eine Wirklichkeit? Bin ich göttlich? Christus stand ohne Schrecken vor diesem Problem und siegte durch die Anwendung einer Behauptung von solcher Kraft (denn sie stellte eine Wahrheit dar), dass der Teufel ihn zeitweilig nicht erreichen konnte. Er sagte praktisch: «Ich bin der Sohn Gottes, du sollst mich nicht versuchen». Er bestand auf seiner Göttlichkeit und besiegte den Zweifel. Es ist interessant, sich zu vergegenwärtigen, dass die Menschheit heute in der Verblendung des Zweifels steht. Zweifel herrscht überall. Er ist eine Gefühlssache. Der klare, kühle, analysierende und zusammenfügende Verstand zweifelt nicht in diesem Sinn, [125] er fragt und wartet. Aber gerade am Heiligen Ort, mit vollem Wissen von dem, was geschrieben steht, und häufig nach dem Sieg, senkt sich der Zweifel auf den Jünger herab. Vielleicht ist letzten Endes dieses Gefühl von Göttlichkeit, das bis jetzt den Jünger aufrecht erhalten hat, selbst nur Verblendung und keine Wirklichkeit? Dass da Erfahrungen göttlicher, übersinnlicher Natur gewesen sind, kann der Jünger nicht bezweifeln. Da waren Augenblicke, in denen «ein Gefühl vom Eintreten des Göttlichen bestand, so verschieden von anderen Erfahrungen und so ursprünglich und unerklärlich wie Sex oder wie das Empfinden von Schönheit wie Hunger oder Durst». (Das Göttliche im Menschen, engl., von J. W. Graham, S. 88) Denn es ist keine Frage, dass «im Herzen jeder Religion und aller Religionen eine einzigartige Erfahrung steht, die nicht durch Entwicklung aus anderer Erfahrung erklärt werden kann». (a. a. O). Doch vielleicht ist dies auch einfach eine Erscheinung und nicht wirklich, etwas Vorübergehendes mit keiner unsterblichen Grundlage, etwas, das als ein Teil der Welt-Verblendung erfahren wird, aber nicht andauert und nicht andauern kann? Vielleicht ist Gott nur ein Name für alles, was ist, und für die individuelle bewusste Seele gibt es kein bestimmtes Fortdauern, keine wesentliche Göttlichkeit und nichts Wirkliches, nur ein vorübergehendes Aufblitzen eines Gewahrwerdens? Lasst uns diesen Sinn von Göttlichkeit der Prüfung unterziehen und sehen, ob mit dem Wechsel von physischer Zerstörung etwas fortdauert, was Geist und unsterblich ist! Wenn man die Art studiert, in der Christus dieser Versuchung begegnet, ist man geneigt zu glauben, dass er (nachdem er seinen Glauben an seine eigene Göttlichkeit bestätigt hat) die Versuchung einfach ignorierte. Seine Methode war so kurz und bündig und blieb unentwickelt in bezug auf die Einzelheiten. Der Weg aus dieser besonderen Versuchung heraus ist zweifach: sie zu erkennen als das, was sie ist, unwirklich, einfach eine Verblendung, ohne wahres, dauerndes Leben, eben eine Täuschung, die uns befällt; und dann, sich zu stützen auf die Erfahrung Gottes. Wenn wir für eine kurze Minute in der Gegenwart Gottes gestanden und sie erfahren haben, ist das wirklich. Wenn die Gegenwart Gottes im menschlichen Herzen zu irgendeiner Zeit für einen Augenblick Wirklichkeit gewesen ist, dann lasst uns auf dieser erkannten und gefühlten Erfahrung bestehen, indem wir es zurückweisen, uns mit [126] den Einzelheiten der Verblendung des Zweifels, des Gefühls der Niedergeschlagenheit oder der Blindheit zu befassen, in der wir uns zeitweilig befinden mögen. Aber der Zweifel in der Welt heute wird nur dann gelöst werden, wenn die Menschen auf die Probleme der Menschheit, Gottes und der Seele nicht nur das klare, kühle Licht des Intellekts, erleuchtet durch Intuition, sondern auch die Macht früherer Erfahrung zur Anwendung bringen. Wenn der Sinn für Gott in der Welt durch ungezählte Zeitalter bestanden hat, und wenn das Zeugnis der Mystiker und Heiligen, der Seher und Erlöser aller Zeiten historisch und nachweisbar ist, wie es tatsächlich ist, dann bildet dieses Zeugnis in seiner Fülle und Universalität eine Tatsache, so wissenschaftlich wie irgendeine andere. Dies sind Tage, in denen eine wissenschaftliche Tatsache bestrickenden Reiz zu haben scheint. Zyklen von Mystizismus, von Philosophie, von wissenschaftlicher Erklärung, Zyklen von reinem Materialismus das ist der zyklische Weg, den wir gehen, und so ist unsere Geschichte. Doch durch all dieses läuft beständig der Faden von Gottes PLAN Durch all dieses schreitet die Seele des Menschen ständig von einer Bewusstseinsentfaltung zur anderen, und unsere Vorstellung von Göttlichkeit gewinnt beständig an Reichtum und Wirklichkeit. Dies ist die Tatsache, auf der die Menschheit stehen kann, die göttliche Seele im Menschen. Dies ist die Tatsache, auf die sich Christus stellte, als der Teufel ihn ein zweites Mal versuchte. «Wieder nahm ihn der Teufel auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sagte Jesus: Hebe dich hinweg, Satan! Denn es steht geschrieben, du sollst Gott deinen Herrn anbeten und ihm allein dienen!» (Matth. IV/8, 9, 10) Christus war in seiner physischen Natur versucht worden und hatte gesiegt. Er war in seiner emotionellen und Wunsch-Natur geprüft worden, und wir haben gesehen, dass weder die Kräfte der physischen Natur, noch der Zauber, den die emotionelle, die Gefühlsnatur, unvermeidlich mit sich bringen, ihn veranlassen konnten, im geringsten von dem Pfad des geistigen Lebens und Ausdrucks abzuweichen. All sein Verlangen war auf Gott gerichtet, [127] jede Tätigkeit seiner Natur war richtig eingestellt und von göttlichem Ausdruck. Dieser Triumph musste ihm bekannt sein, und diese Vorstellung trug den Samen der letzten Versuchung in sich. Er hatte über Materialismus und Zweifel gesiegt. Er wusste, dass die Formseite des Lebens ihn nicht anziehen konnte, und er hatte sich zur vollen Erkenntnis seiner Göttlichkeit durchgekämpft. Deshalb hatte er die Extreme seiner Natur besiegt, ihre höchsten und niedrigsten Aspekte. Er brachte nun die Eigenschaft der Göttlichkeit zum Ausdruck. Die göttliche Wirklichkeit, die er fühlte und auf die er sich verliess, war stark, um die Maya zu durchdringen und die Verblendung zu zerstreuen. Ein reines Verlangen war geblieben, das Verlangen nach Gott. Er war in zwei Aspekten seiner Natur versucht worden, der materiellen und der göttlichen, und als Gottmensch überwand er den Bösen. Ursprünglich lagen beide Versuchungen im Bereich des Wünschens. Es geht um persönliche Wunschlosigkeit. So wurde bei Christus das Wünschen zu Macht umgewandelt, obwohl der erreichte Sieg zu Entwicklungen geführt hatte, welche die Möglichkeit von Gefahr in sich trugen. Im Bereich der Macht wurde Christus das nächste Mal versucht. Ein Charakter, der einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht und eine Einheit geschaffen hat zwischen der Kraftquelle, der Seele, und dem Instrument der Kraft, dem niederen Selbst, bringt das hervor, was wir eine Persönlichkeit nennen. Diese Persönlichkeit kann für ihren Besitzer eine entschiedene Gefahrenquelle bilden. Das Gefühl der Macht, das Wissen um das erreichte Ziel, die Vorstellung von Leistungsfähigkeit und die empfundene Befähigung, andere beherrschen zu können, weil man sich selbst beherrscht, tragen den Keim der Versuchung in sich, und eben hier suchte der Teufel als nächstes, Christus zu verführen. Manche Leute sind erstaunt, wenn ihnen erklärt wird, dass ein guter Charakter selbst eine Quelle von Schwierigkeiten sein kann. Es sind Schwierigkeiten einer besonderen Art, indem die von einer hochentwickelten Person mit hervorragendem Charakter und gut abgerundeter Persönlichkeit getanen Dinge und gesprochenen Worte viel Schaden anrichten können, selbst wenn das Motiv richtig ist oder zu sein scheint. Solche Personen handhaben viel mehr Macht als der Durchschnitt. Was ist nun ein guter Charakter, und wie wird er geschaffen? [128] Zuerst natürlich wird er auf dem Rad des Lebens und durch die Galiläa-Erfahrung geschaffen, dann durch bewusste Anstrengung und selbstauferlegte Disziplin, schliesslich durch die Verschmelzung der verschiedenen Aspekte der niederen Natur in ein harmonisches Ganzes, eine Einheit für zielbewussten Gebrauch. Bei Christus wurden in der dritten Versuchung seine «bewussten Werte oder Absichten» versucht. Seine Lauterkeit sollte, wenn möglich, unterhöhlt und die Einheit, für die er stand, gewaltsam zerstört werden. Wenn dies getan werden konnte und wenn die Höhe, auf der er sich befand, ins Wanken kam, dann war seine Mission von Anfang an zum Misserfolg verurteilt. Wenn er sich täuschen liesse durch die Illusion von Macht, wenn persönlicher Ehrgeiz in seinem Bewusstsein entwickelt werden könnte, dann wäre die Gründung des Reichs Gottes ins Unbestimmte verzögert worden. Diese Versuchung war ein Angriff auf die wirkliche Wurzel der Persönlichkeit. Das Denken, der integrierende Faktor, mit seiner Fähigkeit, klar zu sehen, eine bestimmte Absicht zu formulieren und auszuwählen, stand unter Probe. Solche Versuchungen kommen nicht zu den Wenig-Entwickelten, und wegen der Stärke des ihnen innewohnenden Charakters sind sie von der heftigsten Art und am schwierigsten zu handhaben. Der Ruf des Teufels richtete sich an Christi Ehrgeiz. Ehrgeiz ist in besonderem Sinn das Problem des entwickelten Aspiranten und Jüngers, persönlicher Ehrgeiz, Streben nach Beliebtheit, weltlicher Ehrgeiz, intellektueller Ehrgeiz und Beherrschung der Macht über andere. Die Feinheit dieser Versuchung besteht in der Tatsache, dass sie sich an rechte Beweggründe wendet. Es würde so ist die Folgerung gut sein für die Welt menschlicher Angelegenheiten, wenn alles Christus gehörte. Indem er die Macht des Teufels, die materielle Macht in der Welt, als die vorherrschende einfach anerkannt hätte, könnte diese Kontrolle über die Reiche der Welt an Christus gegeben werden. Dies ward ihm angeboten als Belohnung für die einfache Anerkennung, allein und ungesehen auf der Spitze eines hohen Berges, der Macht, welche die dreifache Welt des äusseren Lebens repräsentiert oder symbolisiert. Wenn Christus kurz niederfallen und jene grosse Macht anbeten würde, so würden die Reiche der Welt und ihre Pracht ihm gehören. Wir wissen genug von ihm, um uns vorzustellen, dass in dieser Gebärde kein selbstsüchtiges Motiv gewesen wäre, wenn er hätte bewogen werden können, sie auszuführen. [129] Was stand zwischen ihm und der Annahme dieser Gelegenheit? Seine Antwort zeigt es klar, aber sie erfordert Verstehen. Was ihn hinderte, war sein Wissen, dass Gott ein und alles war. Der Teufel zeigte ihm ein Bild der Verschiedenartigkeit, von vielen Reichen, Teilung, Vielfältigkeit, Vielheit, getrennten Einheiten. Christus kam, um alle Reiche, alle Rassen, alle Menschen zu einen, zusammenzubringen, zu vereinigen, so dass das Wort des Paulus in der Tat wahr würde: «Dies ist ein Körper und ein Geist, wie ihr auch berufen seid auf einerlei Hoffnung eurer Berufung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater unser aller, der da ist über euch allen und durch euch alle und in euch allen». (Ephes. IV/4, 5, 6) Wäre Christus den Verlockungen des Teufels unterlegen, hätte er, durch scheinbar richtiges Motiv und Liebe zur Menschheit, die dargebotene Gabe angenommen, so würden diese Worte niemals erfüllt worden sein, wie sie sicher zu irgend einem Zeitpunkt sich erfüllen werden, vielleicht nicht so fern, wie die chaotische Gegenwart uns denken lässt. Christus bewahrte seine Werte treu und seine Absicht unverändert. Die Illusion der Macht konnte ihn nicht berühren. Das, was wirklich war, beherrschte sein Denken so, dass das Unwirkliche und das Augenblickliche sein Bewusstsein nicht zu täuschen vermochte. Er sah das Ganze. Er sah die Vision einer Welt, in der es keine Dualität geben konnte, sondern nur Einheit, und von seiner Bemühung, diese künftige Welt ins Dasein zu bringen, konnte er nicht abgelenkt werden. Wo diese Vision besteht, können geringere Werte und kleinere Erfolge das glühende Herz nicht zurückhalten. Wo das Ganze als eine Möglichkeit erfasst worden ist, kommt der Teil in seinen richtigen Platz. Wo die Absicht Gottes deutlich offenbart vor dem Denken des Sehers steht, verschwinden die geringeren Zwecke oder Motive und die kleinen Wünsche und Verlangen des persönlichen Selbstes und für dieses. Am Ende des Evolutionspfades liegen die Vollendung, das Reich Gottes, nicht die Reiche der Welt. Sie sind Teile eines zukünftigen Ganzen und werden später in eine geistige Synthese zusammengeschweisst werden. Doch jenes Reich wird nicht durch persönlichen Ehrgeiz, durch persönliche Anstrengung und persönliche Wünsche ins Dasein gerufen, wie wir im letzten [130] Kapitel sehen werden, wenn wir die Resultate der Einweihung zusammenfassen. Es kommt durch das Untertauchen des Teils im Ganzen und des Individuums in der Gruppe. Doch das wird freiwillig und intelligent vollbracht, nicht mit Verlust persönlichen Ansehens, der Nützlichkeit oder des Empfindens der Identität. Es wird nicht erzwungen oder verlangt von der Gruppe, dem Staat oder Reich, wie es heute so häufig der Fall ist. Dr. van der Leeuw (Dramatische Geschichte des christlichen Glaubens, engl., S. 19) sagt: «Wenn wir in das Reich eintreten würden, müsste diese Haltung sich wandeln in jene von Christus, dessen Liebe ausstrahlend und immer gebend ist für die umgebende Welt, ob sie es verdient oder nicht, dessen Leben konzentriert ist im Göttlichen, das allen gemeinsam ist. In ihm ist kein Rest einer getrennten Persönlichkeit, die für ihre eigene Existenz oder Erhöhung kämpft. Der Becher seines Lebens ist geleert von allem Persönlichen und wird gefüllt mit dem Wein göttlichen Lebens, an dem alle teilhaben. Wir möchten durch fortgesetzte, wenn auch möglicherweise unbewusste Anstrengung das Zentrum abgesonderten Lebens, das wir unsere Persönlichkeit nennen, beibehalten; wenn wir Christus folgen würden, haben wir diesen mühseligen Kampf um individuelle Behauptung aufzugeben, in dem Wunsch, eher das Leben des Ganzen als das eines Teils zu sein. So allein können wir in das Reich eintreten, wo keine Absonderung erfolgen kann». Christi Versuchung bestand in der verlangten Anerkennung der Dualität. Jedoch für ihn gab es nur ein Reich und einen Weg in das Reich und einen Gott, der zwar |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |