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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 88 ff. (engl.) |
Christus hat die Reife erreicht. Die Überlieferung sagt, dass er [88] dreissig Jahre alt war, als er getauft wurde und seine kurze, ungewöhnliche öffentliche Laufbahn begann. Wie weit dies historisch ist, wer kann es sagen? Es ist nicht von wirklicher Bedeutung. Christus war, ist und wird immer sein. Symbolisch gesprochen, war es notwendig, dass er dreissig Jahre zählte, denn in dieser Ziffer liegt Bedeutung in bezug auf die Menschheit. Dreissig bedeutet die Vollendung der drei Persönlichkeits-Aspekte: physischer Körper, Gefühlsnatur und Denken. Diese drei bilden die Formseite des Menschen und umhüllen oder verbergen die Seele. Sie sind in Wirklichkeit sein Kontakt-Mechanismus mit der äusseren Welt, die Ausrüstung, durch die sein Bewusstsein sich entfaltet und erwacht. In ihrer Gesamtheit bilden sie seinen «Reaktionsapparat», wie es die Psychologen nennen. Wir wissen, dass der Mensch sowohl ein physisches Tier wie ein fühlendes, empfindendes Wesen und eine denkende Wesenheit ist. Wenn diese drei Teile der niederen Natur des Menschen glatt funktionieren und zusammen eine Einheit für den Gebrauch des inneren Menschen bilden, ist das Resultat eine integrierte Persönlichkeit oder ein leistungsfähiges niederes Selbst. Dies bezeugt die Zahl Dreissig. Zehn ist die Zahl der Vollkommenheit, und Dreissig bestätigt die Vollkommenheit in allen drei Teilen der Ausrüstung der Seele. Es ist interessant, sich zu vergegenwärtigen, dass durch diese drei Aspekte (oder Widerspiegelungen des göttlichen Wesens) der Mensch in Beziehung gebracht wird mit dem bestehenden Universum und deshalb mit Gott, der immanent ist in der Natur. Der physische Körper befähigt uns, die fühlbare, sichtbare Welt zu berühren. Die Gefühls- und Empfindungsnatur befähigt uns zu sagen: «Ich erhebe mein Herz zum Herrn». Die meisten Menschen leben in ihrer Herznatur und im Gefühlskörper, und durch das Herz finden wir den Weg zum Herzen Gottes. Nur durch Liebe kann Liebe offenbart werden. Wenn durch rechten Gebrauch und Verstehen das Denken endgültig ausgerichtet und in rechter Weise orientiert ist, wird es in Verbindung gebracht mit dem Denken Gottes, dem Universalen Denken, dem ZWECK, dem PLAN und dem WILLEN GOTTES. Durch das erleuchtete Denken des Menschen wird das Denken der Gottheit offenbart. So wird der Mensch gesehen als «zum Ebenbild Gottes geschaffen». Bei der zweiten Einweihung [89] stand Christus in Reinheit und Reife all dieser Aspekte vor Gott, dem Einweihenden. Sein Mechanismus war angepasst und bereit für die Aufgabe und dadurch imstande, Zeugnis abzulegen von dieser Reinigung und Spannung in der Haltung, die ihn fähig machen würde, seine Mission bis zu einem befriedigenden Abschluss durchzuführen. Dies hatte er vor Gott und den Menschen durch die Läuterung zu erweisen, welche die Taufe geben konnte, und durch die darauf folgenden Versuchungen in der Wüste. Bereit für sein Werk besass er, was Dr. Sheldon «die drei Hauptbestandteile eines grossen Geistes» nennt, nämlich Enthusiasmus, intuitive Einsicht und geordnete tatsächliche Befähigung, und ferner wird ausgeführt, dass die beiden ersten «die vitaleren zwei sind, denn sie können nicht erworben werden, wenn ein Mensch ohne sie herangewachsen ist» (Psychologie und prometheischer Wille, engl., von W. H. Sheldon, S. 135). Christus war auf diese Weise ausgerüstet. Es mag von Wert sein, wenn wir hier kurz den Zweck untersuchen, für den er so ausgerüstet war. Wir sahen im letzten Kapitel, dass unser Planet, den wir die Erde nennen, von vielen modernen Wissenschaftlern von Rang als möglicherweise einzigartig in Beschaffenheit und Zweck angesehen wird. Sie bietet augenscheinlich Lebensbedingungen, die auf keinem anderen Planten gefunden werden. Dies mag stimmen oder nicht, und nur die Entfaltung des menschlichen Bewusstseins kann diese Theorie der Einzigartigkeit bestätigen oder verneinen. Wenn wir heutzutage auf unser planetarisches Leben in allen Reichen blicken, so ist die Schau entmutigend. Überall finden wir Tod und Krankheit und im Tier- und Menschenreich nicht nur diese, sondern auch Gewalttätigkeit vieler Art. In der menschlichen Familie ist der Anblick besonders betrüblich, so wenig haben wir das zu verstehen gelernt, wofür Christus eintrat, und so wenig haben wir aus dem Reinigungsprozess des modernen Lebens Nutzen gezogen. Der Wille zur Besserung ist auf vielen Gebieten bemerkbar, wo Einzelwesen betroffen sind, aber in der Menschheit als Ganzem ist der Impuls noch schwach. Er kann jedoch geweckt werden, und wir sollten erwachen zu den uns umgebenden Verantwortlichkeiten, wenn wir erneut die Botschaft der Liebe studieren, die Christus uns brachte. Es ist [90] sicher wahr, dass Christus zu uns kam mit einer umfassenderen und tieferen Botschaft als irgendeiner der früheren Botschafter aus dem Zentrum, aber das beeinträchtigt in keiner Weise Stellung und Werk jener, die ihm vorangingen. Er kam zu einer kritischen Zeit und in einer Periode der Weltkrise, und verkörperte in sich ein kosmisches Prinzip das Prinzip der Liebe, welche die hervorragende Eigenschaft Gottes ist. Andere Aspekte, Eigenschaften und Absichten der göttlichen Natur waren durch frühere Inkarnationen Gottes offenbart worden und erschienen, als die Menschheit den Punkt in ihrer Entwicklung erreicht hatte, wo eine richtige Reaktion möglich war. Zarathustra, um einen solchen Botschafter zu nennen, hatte die Aufmerksamkeit der Menschheit auf die Tatsache der zwei Grundprinzipien in der Welt gelenkt, die des Guten und des Bösen, dadurch wurde die grundlegende Dualität des Daseins betont. Moses offenbarte das Gesetz. Er rief die Menschen auf, Gott als das Prinzip der Gerechtigkeit zu erkennen, obwohl es für jene von uns, die nach der Offenbarung Christi leben, eine lieblose Gerechtigkeit zu sein scheint. Buddha verkörperte in sich das Prinzip der göttlichen Weisheit, und in klarer Einsicht in die Welt der Ursachen sah er das sterbliche Dasein, wie es war, und zeigte den Weg heraus. Aber das Prinzip der Liebe, das grundlegende Prinzip des Universums, war nicht offenbart worden, ehe Christus kam. Gott ist die Liebe, und als die Zeit erfüllt war, musste diese hervorragende Eigenschaft der göttlichen Natur offenbart werden und in solcher Weise, dass der Mensch sie zu begreifen vermochte. Hierfür verkörperte Christus in sich das grösste der kosmischen Prinzipien. Dieses Gesetz der Liebe kann im Universum als das Gesetz der ANZIEHUNG in Tätigkeit gesehen werden, mit allem, was dieser Ausdruck umfasst: Zusammenhalt, Ganzheit, Stellung, Lenkungund der rhythmische Lauf unseres Sonnensystems. Es kann auch in der Neigung Gottes zur Menschheit gesehen werden, wie sie uns durch Christus offenbart wurde. Dieses einzigartige Wirken Christi als Hüter und Offenbarer eines kosmischen Prinzips oder einer Energie steht hinter allem, was er tat, es war die Grundlage und das Resultat seiner erreichten Vollkommenheit. Es war Ansporn und Antrieb zu seinem Leben des Dienens, und es ist das Prinzip, auf dem das Reich Gottes gegründet ist. Dass das [91] Heidentum keinen Zweck und kein Ziel kennt, ist heute für viele von uns eine Feststellung, die keine Untersuchung braucht. Alles, was sich in der Vergangenheit ereignete, hatte das zum Ziel, was sich ereignete, als Christus erschien. Es bereitete die Menschheit auf die günstige Gelegenheit vor, die sich dann darbot, und bildete die Grundlage, auf der die Gegenwart beruht. In ähnlicher Weise wird die bevorstehende Offenbarung des kommenden Jahrhunderts die Grundlage bilden, auf der die Zukunft ruhen wird; und für diesen Zweck ist alles, was sich jetzt ereignet, von höchster Bedeutung. Christus hat nicht nur die Kluft zwischen dem Osten und dem Westen überbrückt, indem er in sich alles zusammenfasste, was der Osten an Werten beizutragen hatte, sondern ergab unserer westlichen Zivilisation (zu jener Zeit noch ungeboren) jene grossen Ideale und jenes Beispiel von Opfer und Dienen, das heute (zweitausend Jahre, nachdem er unter den Menschen wandelte) zum Leitgedanken für die besten Denker dieses Zeitalters wird. Die Geschichte der Ideen, wie sie kommen und das menschliche Bewusstsein beeindrucken und so den Ablauf der menschlichen Angelegenheiten verändern, ist der Kern der Geschichte. Indessen, seltsam genug, Ideen bilden das eine nicht voraussagbare Element der Zukunft. Irgendeine Individualität mit hervorragender Persönlichkeit tritt hervor aus der Masse der Menschen und denkt irgendeine grosse und dynamische Idee, die auf Wahrheit beruht, so durch, dass sie ins Sein tritt. Er formuliert sie in solche Begriffe, dass seine Mitmenschen sie erfassen und schliesslich danach leben können. Neue Richtungen, neue Antriebe und neue Impulse tauchen dann auf, und so entsteht Geschichte. Es kann wahrhaftig gesagt werden, dass es ohne Ideen keine Geschichte gäbe. Bei der Kundgebung einer kosmischen Idee und in der Fähigkeit, jene Idee zu einem Ideal von dynamischer Kraft zu gestalten, stand Christus allein. Durch sein Leben gab er uns eine Idee, die mit der Zeit das Ideal des Dienens wurde, so dass heute die Aufmerksamkeit vieler Regierender und Denker in der ganzen Welt auf das Wohlbefinden von Nationen und Menschen gerichtet ist. Dass die angewandte Technik und die benutzten Methoden, um das empfundene und erschaute Ideal zur Ausführung zu bringen, häufig falsch und unerwünscht sind, sie grausame und trennende Ergebnisse hervorbringen, ändert aber in keiner Weise die Tatsache, dass hinter all diesen idealistischen Experimenten der Menschheit dieses grosse Ideal [92] steht, göttlich inspiriert und für uns zusammengefasst durch Christus in seinem Leben und Lehren. Christus gab die grösste aller Ideen dass Gott Liebe ist und dass Liebe sich in menschlicher Form offenbaren kann und, so manifestiert, eine Möglichkeit für alle Menschen bilden könnte. Sein Leben war die Darstellung einer solchen Vollkommenheit, wie sie die Welt niemals vorher gesehen hatte. Die Seele, die der verborgene Christus in allem ist, vermittelt zwischen dem Geist (dem Vater) und dem menschlichen Wesen. Christus betonte das, indem er die Aufmerksamkeit auf die wesentliche Göttlichkeit des Menschen lenkte, von Gott als «unserem Vater» sprach, wie er auch der Vater Christi war. Er kam, um uns das Licht zu zeigen, das er (verborgen und verhüllt) in allem sah, und er schärfte uns ein, dass wir dieses Licht leuchten lassen sollten (Matth. V/16). Er rief uns auf und befahl uns, jene Vollkommenheit zu zeigen, von der er die Verkörperung war. Er bewies uns, dass es möglich ist, und er forderte uns auf, sie zum Ausdruck zu bringen. In dieser Einzigartigkeit der Offenbarung stand Christus allein; denn er war der Grösste, der Höchste und der Wahrste, der jemals erschienen ist, aber nicht darf ich es behaupten? weil er der Grösste war, der jemals erscheinen könnte. Man darf Gott nicht so begrenzen. Unter der evolutionären Offenbarung der Natur des Göttlichen scheint es, dass in Christus der höchste Punkt der Vergangenheit erreicht war und die Zukunft anzeigte. Ist es nicht möglich, dass es Aspekte und Eigenschaften der göttlichen Natur geben könnte, von denen wir bis jetzt nicht die geringste Vorstellung haben können? Ist es nicht wahrscheinlich, dass unser Empfindungsapparat noch ungeeignet ist, die Fülle Gottes zu erfassen? Könnte nicht unser Wahrnehmungsvermögen weitere entwicklungsmässige Entfaltung erfordern, ehe noch andere göttliche und geistige Merkmale für uns und in uns sicher offenbart werden können? Es mag künftige Offenbarung solch' erstaunlicher Wunder und solcher Schönheit geben, dass wir jetzt nicht die geringste Idee von ihrem möglichen Umriss entwickeln können. Sonst wäre Gott begrenzt und statisch und unfähig, mehr zu tun, als er bereits getan hat. Wie dürfen wir sagen, dass es für uns möglich sei, die Grenzen der göttlichen Natur wahrzunehmen? Wie kann der menschliche Intellekt so anmassend sein zu glauben, dass er eben durch Christus die letzten Ziele des [93] göttlichen Willens erkennen könnte? Die Geschichte der Entfaltung des menschlichen Bewusstseins beweist, dass Wahrheit fortschreitend gegeben wurde, und dass die leuchtende Schar der Weltlehrer eine ständig erweiterte Darstellung des Göttlichen gab; mit der Zeit wurde ihre Zahl immer grösser. Christus hat uns die höchste und die am meisten umfassende Offenbarung gegeben, auf die das menschliche Bewusstsein bis zur gegenwärtigen Zeit zu reagieren vermag. Aber wie können wir zu sagen wagen, dass Gott nichts weiter möglich ist, wenn wir bereit sind, es zu empfangen? Dafür bereiten wir uns beständig vor. Sogar Christus selbst sagte zu seinen Jüngern: «Wer an mich glaubt, der wird die Werke tun, die ich tue, und er wird grössere als diese tun» (Joh. XIV/12). Entweder drücken diese Worte eine Wahrheit aus, oder der ganze Aufbau unseres Glaubens fällt zusammen. Es harrt noch mehr der Offenbarung, oder die vergangene Geschichte verliert ihren Sinn, alte Glaubensbekenntnisse büssen ihre Bedeutung ein, und wir haben einen unüberschreitbaren Punkt erreicht, den zu überschreiten Gott selbst unfähig scheint. Das können wir nicht annehmen. Der kosmische Christus, der mystische Christus, der historische Christus und der individuelle Christus bestehen in alle Ewigkeit, und deshalb kann die Offenbarung fortschreitend sein. Wenn wir glauben können, dass Gott in allen Formen eingeschlossen ist und in dem, was die Formen offenbaren, so werden wir sicher, ebenso, wie unsere Ausrüstung sich entwickelt und unser Kontakt-Mechanismus sich verbessert, imstande sein, mehr von dem Göttlichen zu sehen als jetzt, und zu späterer Zeit einer grösseren Offenbarung für wert gehalten werden. Nur unsere Begrenzungen als menschliche Wesen hindern uns, alles zu sehen, was es zu sehen gibt. Die neue Geburt brachte uns zu dem Punkt, wo wir einer neuen Welt des Lichts und des Seins gewahr wurden. Durch den Vorgang jener Einweihung wurden wir Bürger des Reichs Gottes, das Christus als eine Tatsache im Bewusstsein der Menschen aufzurichten kam. Wir gehen durch die neue Geburt in eine Welt, die von einer höheren Reihe von Gesetzen beherrscht wird, den geistigen Gesetzen, und neue Ziele tun sich vor uns auf, neue Aspekte unserer eigenen verborgenen geistigen Natur tauchen auf, und wir beginnen in uns die Umrisse eines neuen Seins zu entdecken mit ganz anderen Wünschen, ganz anderen Verlangen, Idealen und [94] Methoden des Weltdienstes. Wir sprechen viel von der Einswerdung, die Christus in sich und für den Menschen vollzog. Wir erkennen die Einheit, die er mit dem Vater fühlte, und dass er uns zu einer ähnlichen göttlichen Einheit aufgerufen hat. Aber ist es |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |