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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 54 ff. (engl.)

Jede Einweihung führt schliesslich zu erweitertem Dienst. Praktisches geistiges Leben muss den Augenblicken auf dem Berggipfel folgen. Das Selbst und das, was es erreicht hat, muss im Dienst an anderen vergessen werden. Dem kann man nicht entrinnen. Auf jeden Gipfel des Erreichten folgt ein Zyklus von Prüfungen. Jede neue Offenbarung, die begriffen und verwendet wurde, muss den Notwendigkeiten eines folgerichtigen, anstrengenden Lebens des Dienstes angepasst werden; und eine Einweihung ruft immer erneute Prüfungen und verstärkte Kraft zum Dienen hervor.

4.

«Und als sie dort waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und [55] legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge!» (Lukas II/6, 7)

Mit diesen einfachen Worten beginnt die bedeutungsvolle Geschichte, eine Geschichte von so weitreichenden Folgen, dass wir erst heute beginnen, ihre Auswirkungen zu erfassen. Erst jetzt, zweitausend Jahre nach dem Ereignis, hat die Lektion des Lebens Christi in den Vorstellungen der Menschen Gestalt angenommen. Erst heute bringt die einzigartige Lektion, die zu lehren er kam, die notwendigen Veränderungen im menschlichen Verständnis hervor. Erst jetzt erkennen wir, dass der historische Beweis seiner Ankunft auf Erden die Geschichte selbst ist, und dass sich in der Welt zwei grosse Ströme aktiver Bemühung zeigen: der Strom des allgemeinen, sich absondernden und entfaltenden Bewusstseins des Menschen, und jener der ständigen Anwendung der Botschaft Christi auf die laufenden Geschehnisse, sie beeinflussend, ändernd und weit mehr, als wir annehmen, den Weg bestimmend, den wir gehen sollten. Christus kam, als die Zeit erfüllt war, als die Menschheit reif wurde; er zeigte durch seine Person und sein Leben, was ein Mensch sein könnte, und was er war.

Der Gottessohn ist auch der Menschensohn! Diese Tatsache ist vielleicht durch die auf seine Göttlichkeit gelegte Betonung vergessen worden. Diese Göttlichkeit ist da, nichts kann daran rühren oder sie verbergen. Sie ist Ausstrahlung und reines weisses Licht. Doch das Menschentum ist gleichermassen vorhanden, ein Garant für unsere günstige Gelegenheit, unsere Möglichkeiten und eine Bestätigung für unseren Glauben. Wir sind in Liebe und Bewunderung vor dieser Göttlichkeit niedergefallen, die uns mit magnetischer Kraft aus den Worten des geliebten Apostels entgegenatmet, da er Christus als den Sohn Gottes bezeichnet, der göttlich spricht. Doch sein Menschentum wird bei Lukas und Matthäus betont, gleichwie von Markus sein Leben als Grosser Dienender betont wird. Wir haben über die Göttlichkeit von Christus gestritten. Hätte es kein anderes Evangelium als das des Johannes gegeben, [56] so wäre uns nur seine Göttlichkeit bekannt geworden. Christus als Mensch, was er als Mensch tat und war, wird von diesem Evangelisten nicht betrachtet.

Jeder moderne Schriftsteller, der für eine Biographie von Christus verantwortlich wäre, würde die schärfste Kritik der Theologen und Orthodoxen hervorrufen, hätte er diese wichtigen Punkte ausgelassen. Aber offensichtlich waren sie nach Meinung des Apostels nicht von überragender Bedeutung. Der Geist Christi war lebenswichtig und notwendig. Die anderen drei Apostel lieferten die Umgebung und die Einzelheiten und bemühten sich offensichtlich, diese in Übereinstimmung zu bringen mit der Lehre der Vergangenheit sowie mit Umgebung und Leben früherer Weltlehrer und Erlöser, denn es besteht eine merkwürdige Übereinstimmung der Ereignisse und Vorkommnisse.

Wir haben über Einzelheiten in Verbindung mit der aussergewöhnlichen Erscheinung Christi gestritten und die Betonung übersehen, die in drei der Einweihungen auf seine Worte und deren Bedeutung gelegt ist. Wir sind von den physischen Geschehnissen seines Lebens ausgegangen und haben darum gekämpft, die authentische Geschichtlichkeit jener physischen Ereignisse zu beweisen, und doch spricht Gott immer: «Ihn sollt ihr hören!»

Ein anderer Punkt, der oft vergessen wird, ist, dass, durch sein Herabkommen auf die Erde und das Annehmen menschlicher Gestalt, Gott seinen Glauben an die Göttlichkeit im Menschen bezeugte. Gott hatte genügend Vertrauen in die Menschen und in ihre Reaktion auf die Weltbedingungen, so dass er seinen Sohn gab, um der Menschheit die Möglichkeit zu zeigen und so die Welt zu retten. Dieses war der Ausdruck seines Glaubens, und sein Verhalten war durch diesen Glauben bestimmt. In Ehrfurcht möchte ich sagen, dass des Menschen Göttlichkeit einen Ausdruck des Göttlichen gewährleistete. So handelte Gott. Dean Inge sagt sehr treffend, wenn er über die Werke Plotins schreibt, dass «die Lebensführung auf einem Akt des Glaubens beruht, der mit einem Experiment beginnt und mit einer Erfahrung endet». Diese Worte treffen auf Gott und den Menschen zu. Gott hatte solches Vertrauen in des Menschen eingeborene Geistigkeit und was ist Geistigkeit anderes als der Ausdruck von Göttlichkeit in der Form? dass er ein grosses Experiment wagte, das [57] zur christlichen Erfahrung geführt hat. Glaube an Christus! Glaube an die Menschheit, Glaube an die Ansprechbarkeit des Menschen für das Experiment! Glaube, dass die gegebene Vision zur Erfahrung umgewandelt oder entwickelt wird! Solcherart war der Glaube Gottes an die Menschheit. Der christliche Glaube hat trotz Dogmen und Doktrinen und trotz Verzerrungen durch die akademische Theologie und der Auslegung einiger unintelligenter Kirchenleute Gott und den Menschen zusammengebracht, vereinigt in Christus, und so die Wahrheit dargestellt, dass jedes menschliche Wesen auch das Vertrauen haben kann, das Experiment zu wagen und sich der Erfahrung zu unterziehen. Diese vitale, dramatische und geheimnisvoll geschilderte, jedoch lebendige Wahrheit wird, wenn durch das Denken begriffen und mit dem Herzen verstanden, jeden Aspiranten der christlichen Mysterien befähigen, durch das Tor der Neuen Geburt in das Licht zu treten und von da ab in zunehmendem Mass in jenem Licht zu wandeln, denn «der Pfad der Gerechten ist ein scheinend Licht, das strahlt mehr und mehr bis in den vollkommenen Tag!» (Sprüche IV/18). Diese Wahrheit ist noch eine lebendige Wahrheit, sie bereichert und beeinflusst unseren ganzen Glauben.

In diesem Zusammenhang (der die Grundlage unseres Glaubens an Gottes Liebe bildet) gab es, wie wir gesehen haben, viele Worte, die aus dem Zentrum hinausgesendet wurden. Viele Gottessöhne haben durch die Zeitalter hindurch der Menschheit eine sich ständig erweiternde Vision von «Höhepunkten der Möglichkeit» gegeben, indem sie den Menschen Gottes Plan in jedem Alter und Temperament angepassten Begriffen darstellten. Die Einheitlichkeit ihrer Lebensgeschichte, die wiederholte Erscheinung der jungfräulichen Mutter (deren Name häufig eine Variation des Namens Maria ist), die Ähnlichkeit in Einzelheiten der Geburtsgeschichte, all das zeigt uns das beständige Wieder-Vorführen einer Wahrheit, so dass durch ihre dramatische Qualität und ihre Wiederholung Gott gewisse grosse Wahrheiten in die Herzen der Menschen einprägt, Wahrheiten, die zu ihrer Erlösung wesentlich sind.

Eine dieser Wahrheiten ist: Gottes Liebe ist ewig, seine Liebe zu seinem Volk unerschütterlich und unveränderlich. Wann immer die Zeit reif ist und die Not des Volkes es rechtfertigt, erscheint er, um die Seelen der Menschen zu retten. Krishna im alten Indien [58] verkündete diese Weisheit in den erhabenen Worten:

«Jedesmal, wenn die Rechtmässigkeit im Schwinden ist und Unrechtmässigkeit überhand nimmt, lasse ich mein Selbst hervorströmen (verkörpere ich mich).

Um die Guten zu beschützen, das Böse zu vernichten und die Rechtmässigkeit zu festigen, entstehe ich von Zeitalter zu Zeitalter.

Wer also meine Geburt wahrnimmt und in Wahrheit göttlich wirkt, der geht in mich ein, Arjuna». (Bhagavad Gita, Buch IV, 7, 8, S. Radhakrishnan).

Wieder und wieder sind solche Lehrer hervorgetreten, sie manifestierten soviel von der göttlichen Natur, wie die menschliche Entwicklung es rechtfertigte. Nachdem sie jene Worte gesprochen hatten, welche die Kultur und Zivilisation der Völker bestimmten, setzten sie ihren Weg fort, die Saat zum Keimen und Fruchttragen hinterlassend. Als die Zeit erfüllt war, kam Christus; und wenn Evolution überhaupt etwas bedeutet und die Menschheit als ein Ganzes sich entwickelt und ihr Bewusstsein sich erweitert hat, dann muss die Botschaft, die er brachte, und das Leben, das er lebte, unvermeidlich das Beste der Vergangenheit zusammenfassen, es vervollständigen und erfüllen und eine zukünftige geistige Kultur verkünden, die alles in der Vergangenheit Gegebene weit übertreffen wird. Die Mehrzahl dieser grossen Gottessöhne war, seltsam genug, in einer Höhle geboren und meistens von einer jungfräulichen Mutter.

«Im Hinblick auf die Jungfräuliche Geburt ist es bezeichnend, dass in den Episteln, welche die ältesten christlichen Dokumente darstellen, hierauf nicht bezug genommen ist; im Gegenteil spricht Paulus (in Römer I/3) von Jesus als «entsprungen aus dem Samen Davids, nach dem Fleisch», das heisst, von dem Samen Josephs, Davids Nachkommen. Das früheste Evangelium, das des Markus, etwa zwischen 70-100 nach Chr., erwähnt dies nicht, noch das des Johannes, nicht früher als 100 n. Chr. Das Buch der Offenbarung, zwischen 69-93, schweigt zu diesem Punkt, obwohl, wenn die Jungfrauengeburt ein wichtiger Glaubenssatz gewesen wäre, sie zweifellos in dem mystischen Symbolismus dieser Schriften erschiene. (Das Heidentum in unserem Christentum, engl., von Arthur Weigall, S. 42).

Isis war oft auf [59] dem Halbmond stehend dargestellt, das Haupt von 12 Sternen umgeben. In fast jeder römisch-katholischen Kirche Europas sind Bilder und Statuen Marias zu sehen, «der Königin des Himmels», auf der Mondsichel stehend, das Haupt von 12 Sternen umgeben.

«Wahrscheinlich wird es mehr als ein Zufall sein, dass so viele von den jungfräulichen Müttern und Göttinnen des Altertums den gleichen Namen haben. Die Mutter von Bacchus war Myrrha, die von Hermes/Merkur Myrrha oder Maya; die Mutter des siamesischen Erlösers Sommona Cadom wurde Maya Maria genannt, d.h. die «Grosse Maria». Die Mutter von Adonis war Myrrha, die von Buddha war Maya. Alle diese Namen sind, ob Myrrha oder Maya, dasselbe wie Maria, der Name der Mutter des christlichen Erlösers. Der Monat Mai war diesen Göttinnen geweiht, ebenso, wie heute der Jungfrau Maria. Sie wurde auch Myrrha genannt ...». (Biblische Mythen, engl., von T. W. Doane, S. 312).

In der symbolischen Sprache der Esoterik wird eine Höhle als der Ort der Einweihung betrachtet. Dies ist immer so gewesen, und es könnte eine sehr interessante Studie über den Einweihungsvorgang und die Neue Geburt angestellt werden, wenn die vielen Hinweise in den alten Schriften zu den Ereignissen, die in Höhlen stattfanden, gesammelt und genau untersucht würden. Der Stall, in dem Jesus geboren wurde, war mit aller Wahrscheinlichkeit eine Höhle; denn viele Ställe waren in jenen Tagen Erdhöhlen. Dies wird von der Frühkirche anerkannt, und es wird gesagt, dass «wohlbekannt ist, dass, während im Evangelium behauptet wird, Jesus sei im Stall einer Herberge geboren, frühe christliche Autoren, wie Justin, der Märtyrer, und Origenes ausdrücklich vermerken, er sei in einer Höhle geboren» (J. M. Robertson: Heidnischer Christ, engl., S. 338). Beim Studium dieser fünf Einweihungen in den Evangelien finden wir, dass zwei in Höhlen, zwei auf einem Berggipfel und eine in der Ebene zwischen den Tiefen und den Höhen stattfanden. Die erste und die letzte Einweihung (die Geburt in das Leben und die Auferstehung in «ein Leben der Fülle», Joh. X/10) fanden in einer [60] Höhle statt. Die Verklärung und die Kreuzigung ereigneten sich auf einem Berggipfel oder Hügel, während die zweite Einweihung, nach der Christus sein öffentliches Amt begann, sich an einem Fluss vollzog, in den Ebenen am Jordan, vielleicht symbolisch für die Mission Christi, unten zwischen den Menschen zu leben und zu wirken. Die freimaurerische Redensart von dem «Treffen auf der Ebene» gewinnt hier eine zusätzliche Bedeutung. Nach jeder Bergerfahrung kam Christus wieder herunter in die Ebene des täglichen Lebens und manifestierte dort die Wirkungen und Ergebnisse dieses hohen Ereignisses.

Mithras wurde, wie viele andere, in einer Höhle geboren. Christus war in einer Höhle geboren und trat, wie alle anderen, in ein Leben des Dienstes und des Opfers ein, um so seine Fähigkeit für die Aufgabe des Welterlösers zu beweisen. Sie alle brachten der Menschheit Licht und Offenbarung, und sie wurden in den meisten Fällen dem Hass derer geopfert, die ihre Botschaft nicht verstanden oder ihre Methoden ablehnten. Sie alle «fuhren hinab in die Hölle und standen am dritten Tag wieder auf». Zwanzig bis dreissig dieser Sagen finden sich verstreut durch die Jahrhunderte in der menschlichen Geschichte; ihre Erzählungen und Missionen sind immer identisch.

«Die Jesus-Erzählung, so werden wir jetzt sehen, hat eine grössere Übereinstimmung mit den Erzählungen von früheren Sonnengöttern und mit der tatsächlichen Bahn der Sonne durch die Himmel; so viele in der Tat, dass sie nicht nur dem Zufall oder der gotteslästerlichen Tücke des Teufels zugeschrieben werden können. Wir wollen einige davon aufzählen: 1. Die Geburt von einer jungfräulichen Mutter, 2. die Geburt in einem Stall (Höhle, unterirdische Kammer), 3. am 25. Dezember, nach der Wintersonnenwende, 4. der Stern im Osten (Sirius), 5. die Ankunft der Weisen, der drei Könige. Da ist 6. das drohende Blutbad der Unschuldigen und die folgende Flucht in ein fremdes Land (erzählt auch von Krishna und anderen Sonnengöttern). Da sind 7. die Kirchenfeste wie Lichtmess am 2. Februar mit Kerzenprozessionen, die das wachsende Licht symbolisieren, 8. die Fastenzeit oder die Ankunft des Frühlings. 9. Ostern, normalerweise am 25. März, womit das Überschreiten des Äquators durch die Sonne gefeiert wird, und gleichzeitig das Aufbrechen des Lichts am Heiligen Grab zu

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.