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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 42 ff. (engl.) |
Einweihungen ist möglich geworden. Das Werk schreitet voran, und das
Christusleben entfaltet sich im Menschen, bis die zweite und die dritte
Einweihung stattfinden. Zu diesem Zeitpunkt werden wir, wie viele glauben, durch
die Mitwirkung von Christus eingeweiht; in vollwachem Bewusstsein steht der
Initiat in seiner Gegenwart und sieht ihn von Angesicht zu Angesicht. Browning
drückt diese Wahrheit in dem grossartigen Gedicht «Saul» folgendermassen aus:
«O Saul, es wird sein ein Angesicht gleich meinem Angesicht, das dich gewahrt; ein Mensch gleich mir, den du lieben sollst und der dich liebet immerdar: Eine Hand gleich dieser Hand wird öffnen dir das Tor zu neuem Leben. Siehe, der Christus steht vor dir!» Nach der dritten Einweihung, der Verklärung, wenn die Persönlichkeit der Seele oder dem innewohnenden Christus ganz untergeordnet ist und die Herrlichkeit des Herrn durch den Körper scheinen kann, werden wir dem höchsten Ziel gegenübergestellt, der Kreuzigung und der Auferstehung. Dann, so wird uns gesagt, wird jenes geheimnisvolle Wesen seine Rolle spielen, von dem im Alten Testament als Melchisedek oder dem Alten der Tage gesprochen wird; er vollzieht dann die Einweihung in die noch höheren Mysterien. Von ihm wird gesagt, dass «dieser Melchisedek, König von Salem, Priester des [43] allerhöchsten Gottes ... wie sein Name sagt, an erster Stelle stand, König der Rechtschaffenheit und König von Salem (Friedenskönig). Er ist ohne Vater und Mutter und Vorfahren, hat weder Beginn noch Ende. Er ist ein Priester in Ewigkeit (Hebräer VII/14 Weymouth Übersetzung, engl). Er ist der Eine, der den Einzuweihenden empfängt und die höheren Bewusstseinsübergänge beaufsichtigt, die der Lohn für siegreich bestandene Prüfungen sind. Er ist der Eine, dessen «Stern hervorleuchtet», wenn der Eingeweihte in das Licht eintritt. Demnach gibt es drei Einweihende: des Menschen eigene Seele, dann den Christus der Geschichte und schliesslich «den Alten der Tage», «der Eine», in dem wir leben und weben und unser Dasein haben» (Apostelgeschichte XVII/28). Diese Gedanken sind interessant, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass drei dieser fünf Einweihungen von höchster Wichtigkeit zu sein scheinen und es auch sind. Im Leben Christi gibt es Ereignisse, die bedeutende Punkte des Erreichens darstellen. Es sind: die erste Einweihung, die Geburt; die dritte Einweihung, die Verklärung; und die fünfte, die Auferstehung. Die Natur besitzt irgendeinen geheimnisvollen Wert, der mit dem ersten, dritten und fünften zusammenhängt mit Anfang, Mitte und Vollendung. Wie ausgeführt wurde, «sind es die Intervalle nicht nur zwischen Grundton, grosser Terz und Quinte, sondern auch jene, welche Achtel und Sechzehntel unterscheiden, mit denen man eine Symphonie oder ein Lied aufbauen kann». Zwischen diesen Höhepunkten, in den Intervallen, deren Einzelheiten in den Evangelien angegeben werden, geht das Werk voran, das die späteren Errungenschaften ermöglicht. Wir betrachten in diesem Buch vor allem die Methode des Eintritts in das Reich Gottes. Dieses Reich besteht, und die Geburt dorthin ist so unausweichlich, wie die Geburt in eine menschliche Familie. Der Prozess geht schrittweise vor sich, von der Schwangerschaft bis «die Zeit erfüllt ist» und das Christuskind geboren wird. Die Seele beginnt ihr Werk auf Erden kundzutun, und das Leben des Jüngers und Eingeweihten beginnt. Er schreitet von Stufe zu Stufe, bis er alle Gesetze des [44] geistigen Reichs gemeistert hat. Durch Geburt, Dienst und Opfer wird der Eingeweihte ein Bürger dieses Reichs, und dies ist in Verbindung mit seinem inneren Leben ein ebenso natürlicher Vorgang, wie es die physischen Vorgänge in ihrer Verbindung mit dem äusseren Leben als menschliches Wesen sind. Beide schreiten zusammen voran, aber die innere Wirklichkeit kommt schliesslich dadurch zur Erscheinung, dass das Menschliche sich dem Göttlichen opfert. Der Eingeweihte ist nicht einfach nur ein guter Mensch. Die Welt ist voll von guten Menschen, die wahrscheinlich weit davon entfernt sind, Eingeweihte zu sein, noch ist der Eingeweihte ein wohlmeinender Frömmler. Er ist ein Mensch, der den Grundeigenschaften eines gesunden moralischen Charakters und der Frömmigkeit ein vernünftiges intellektuelles Verstehen hinzugefügt hat. Durch Selbstzucht hat er seine niedere Natur, die Persönlichkeit, gleichgeschaltet, so dass sie ein «Gefäss ist, geeignet für des Meisters Gebrauch» (Tim. II/21), und dieser Meister ist seine eigene Seele. Er weiss, dass er sich in einer Welt der Illusion bewegt, doch wenn er sich im Licht der Seele bewegt, schult er sich, in der Erkenntnis, dass er im Dienst für seine Mitmenschen und in Selbstvergessenheit sich vorbereitet, vor dem Tor der Einweihung zu stehen. Auf diesem Pfad trifft er jene, die gleich ihm lernen, Bürger des Gottesreichs zu werden. Dies ist das Wissen und die Botschaft aller wahren Christen durch die Jahrhunderte gewesen, und ihr vereintes Zeugnis beweist die Wirklichkeit des Reichs dergestalt, dass alle, die es suchen, es auch wirklich finden können, und dass alle, die nach seiner Existenz forschen, nicht enttäuscht sein werden. Der Weg in das Reich wird gefunden durch Fragen und Antworten, durch Suchen und Finden und durch Gehorsam gegenüber jener inneren Stimme, die man hört, wenn alle anderen Stimmen schweigen. Wenn diese Stimme gehört wird, kommen wir zu einem Bewusstsein der vor uns liegenden Möglichkeiten, und wir tun den Schritt zur Einführung in jene erste Einweihung, die nach Bethlehem führt, um dort Christus zu finden und ihm zu begegnen. In uns selbst finden wir Gott. In der Höhle des Herzens kann das göttliche Leben pulsierend erfühlt werden. Der Mensch entdeckt, dass er einer der Vielen ist, die durch dieselbe Erfahrung gegangen sind [45] und durch den Vorgang der Einweihung Christus gebaren. Das «junge Leben», neugeboren in das Reich Gottes, beginnt den Kampf und die Erfahrung, die es Schritt für Schritt, von einer Einweihung zur anderen, führen wird, bis es auch das Ziel erreicht hat. Dann wird auch er ein Lehrer und ein Ausdruck von Göttlichkeit. Er folgt den Fussspuren des Erlösers, dient der Menschheit, lässt den erforderlichen Ton erklingen und hilft anderen, zu dem von ihm erreichten Punkt zu gelangen. Der Pfad des Dienens und der Zusammenarbeit mit dem göttlichen Willen wird der Zweck seines Lebens. Nicht alle Eingeweihten können die Höhe erreichen, die Christus erreichte. Er hatte eine einzigartige und kosmische Mission. Aber die Erfahrung jedes Stadiums der Erleuchtung, wie sie das Evangelium darstellt, ist für die Jünger der Welt möglich. Zusammenfassend sollte für die Ideen zu dieser neuen Geburt in das Reich folgendes bedacht werden: Mit der ersten grossen Einweihung wird der Christus im Jünger geboren. Dieser wird dann zum erstenmal in sich der Ausgiessung göttlicher Liebe gewahr und erfährt jene wunderbare Wandlung die ihn sich eins fühlen lässt mit allem Lebendigen. Dies ist die «Zweite Geburt», bei dieser jubeln die Himmlischen, denn er ist «in das himmlische Reich geboren als einer von den Kleinen», als «kleines Kind» welchen Namen man immer den Neueingeweihten gegeben hat. Dies ist der Sinn der Worte Jesu, dass der Mensch ein kleines Kind werden muss, um in das Himmelreich einzutreten». (Esoterisches Christentum, v. Annie Besant, engl., S. 185, 286, 53, 54). Dieselbe Schriftstellerin sagt an anderer Stelle, dass die «zweite Geburt» ein anderes wohlbekanntes Wort für Einweihung ist; noch heute werden in Indien die höheren Kasten «Zweimal-Geboren» genannt, und die Zeremonie, die sie zu Zweimal-Geborenen macht, ist eine Einweihungszeremonie, nur eine «Hülse» in dieser Zeit, das «Vorbild der Dinge in den Himmeln» (Hebräer IX/23). Wenn Jesus zu Nikodemus sagt, dass «niemand das Reich Gottes sehen könne, ausser er sei wiedergeboren», so spricht er von jener Geburt aus dem Wasser und dem Geist (Joh. III/3, 5), der ersten Initiation; eine spätere ist die «mit dem Heiligen Geist und mit Feuer» [46] (Matth. III/11), die Taufe des Eingeweihten in das Stadium des Erwachsenen, wie die erste die der Geburt ist, die ihn als das «Kleine Kind» begrüsst, welches das Reich betritt (Matth. XVIII/3). Wie bekannt diese Vorstellung unter den jüdischen Mystikern war, zeigt die Überraschung Jesu, als Nikodemus über seine symbolische Ausdrucksweise staunte: «Du bist ein Meister in Israel und kennst nicht diese Dinge?» (Joh. III/10) Heute stehen die Jünger der Welt vor diesen möglichen Höhen des Erreichbaren. Hier befindet sich auch der müde Weltjünger, die Menschheit als Ganzes, erschöpft und bestürzt, verwirrt und ruhelos, jedoch der göttlichen Möglichkeiten, der grossen Träume, der Visionen und Ideale, bewusst, die eine Hoffnung erwecken und die Weigerung, sich geschlagen zu geben, und der Bürge des schliesslichen Erfolgs sind. Die Stimmen aller Welterlöser und das Beispiel Christi zeigen der Menschheit den Weg, der beschritten werden muss. Er führt heraus aus dem Oberflächlichen und Materiellen, aus der Welt der Unwirklichkeit in die Welt der Wirklichkeit. «Der Mensch hat genug von einem Leben, das abgeschnitten ist von seinem religiösen Mittelpunkt, und ein Forschen nach einem neuen religiösen Gleichgewicht, eine geistige Vertiefung wird beginnen. Sein Handeln kann er nicht länger nur oberflächlich weiterführen, ein rein äusserliches Leben. (Das Ende unserer Zeit, v. N. Berdyaev, engl., S. 59). Tiefe ruft nach Tiefe, und aus der Dunkelheit dieser Tiefe, durch Schmerz und Leiden, wird das Christkind hervorkommen, und die Menschheit als ganzes wird bereit stehen, den grossen Übergang in das Reich Gottes zu vollziehen. Der Mensch kann nun eintreten in das Reich und beginnen, geistige Geschichte zu machen. Bis zur Gegenwart war die Geschichte nur Vorbereitung. Die Menschheit ist heute zum erstenmal fähig, den grossen Schritt auf dem Pfad der Jüngerschaft und der Läuterung zu tun, der dem Pfad der Einweihung vorausgeht. Einzelne haben immer die grosse Masse verlassen, sich zu den Gipfeln des Erreichbaren erhoben und den Berg der Einweihung erklommen. Aber heute wird das für viele möglich. Die Stimme derer, die am Ziel und in [47] die Geheimnisse des Gottesreichs eingeweiht sind, ihr Trompetenruf macht den neuen Schritt möglich. Der Augenblick ist einmalig und dringend. Der Ruf geht an den Einzelnen, aber auch, zum erstenmal in der Geschichte, ertönt er in den Ohren der Masse, weil diese reif geworden ist zu reagieren. So ist die Situation jetzt. Die Stimmen jener Einzelmenschen, die in das Reich eingetreten sind, rufen heute die Menge nicht mehr in vagen Ausdrücken; das Ergebnis ist klar, obwohl manchem erscheinen mag, dass die Einweihung der Menschheit ein langsamer Vorgang ist. Alte Wahrheiten, von Weltlehrern und Erlösern verkündet, sind im Begriff, neu ausgelegt zu werden, um den alten Bedürfnissen in neuer Formulierung und in lebendigerer Art zu begegnen. Jene Führer, die den Geist der Menschen formen, halten die Türen weit offen, und die Menschheit wird genötigt sein, hindurchzugehen schnell, wenn sie hören wird, aber unvermeidlich, ob sie nun hört oder nicht. Wir werden uns allmählich unserer Aufgabe bewusst. Wir erkennen, dass man sich ihr von zwei Gesichtspunkten aus nähern muss. Daher werden wir diese fünf Einweihungen Jesu vor allem von dem Blickpunkt des individuellen Aspiranten aus betrachten, so dass es offenbar wird, dass wir alle als Kinder Gottes Teilhaber sein können an dem, was Christus durchlebte. Eines der interessanten Dinge, die auftreten, wenn wir das Leben Christi betrachten und verfolgen, wie der göttliche Plan für dieses Leben in seinem Bewusstsein fortschreitend erkannt wurde, ist, dass er zuerst nur dunkel fühlte, was er zu tun hatte. Die Ideen entwickelten sich mit zunehmendem Alter. Nach der ersten Einweihung, der Geburt zu Bethlehem, richtete er folgende Worte an seine Mutter: «Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?» (Lukas II/49). Er wusste, dass er bestimmt war zu arbeiten und zu dienen, doch die Einzelheiten dieses Wirkens wurden seinem Denken erst später klar. Er erkannte einfach einen Plan, und diesem Plan widmete er sich. Das muss auch von denen getan werden, die seinen Schritten folgen. Dann fand die zweite Einweihung statt, die Taufe. Christus war zu einem Mann geworden, und es folgte unmittelbar eine bestimmte und bewusste Zurückweisung des Bösen. Auf die Erkenntnis der zu leistenden Arbeit muss die Läuterung desjenigen folgen, [48] der so zu arbeiten hat; von dieser Läuterung und dem Freisein vom Bösen muss der Beweis geliefert werden. Erst nach dieser bewiesenen Vorbereitung, in dem Sieg über die drei Versuchungen, lesen wir, dass er zu lehren begann (Lukas IV/14, 15). Auf die Erkenntnis und Vorbereitung der Teilnahme am göttlichen Plan folgte die Widmung für diesen Plan. Nach der Verklärung trat er in die volle Verwirklichung dessen ein, was vor ihm lag, und er erklärte es deutlich seinen Jüngern, indem er sagte: «Des Menschen Sohn muss noch viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tag auferstehen. Will jemand mir nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz täglich auf sich und folge mir!» (Lukas IX/22, 23). Dann lesen wir später im gleichen Kapitel, dass er sein Angesicht wendete, zu gehen» an den Platz des Leidens und des Opfers. Schliesslich kam die Erkenntnis, dass er vollendet hatte, wozu er bestimmt war. Er hatte den PLAN erfüllt; was seines Vaters ist, war getan und die «vielen Dinge» ausgeführt. Wir lesen, dass der PLAN sogar noch am Kreuz seine Aufmerksamkeit beanspruchte; mit seinem letzten Ruf: «Es ist vollbracht» (Joh. XIX/30) ging er durch die Tore des Todes zu einer freudigen Auferstehung. Die allmähliche Offenbarwerdung des PLANS und des Dienstes an ihm begleitet immer den Einweihungsvorgang. Der Mensch lernt, sein Leben dem Willen des Vaters |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |