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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 36 ff. (engl.)
hinausging, das unser organisiertes Sonnensystem, wie wir es jetzt haben, und den Planten, auf dem wir leben, mit seinen Myriaden von Lebensformen ins Dasein rief.

«Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.

Dieses war am Anfang bei Gott.

Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht worden, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht worden ist.

In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht des Menschen.

Er war in [37] der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht, und die Welt hat ihn nicht erkannt». (Joh. I/1, 2, 3, 4, 10)

Was für das Ganze gilt, gilt auch für den Teil. Jede Zivilisation als ein Ausdruck menschlichen Bewusstseins hat ihr WORT gehabt. Vor zweitausend Jahren war für uns ein Wort «Fleisch geworden», und um diesen dynamischen Mittelpunkt geistigen Lebens bewegt sich die Welt. Ob wir diese Tatsache annehmen oder nicht, tut nichts zur Sache, soweit es die Resultate betrifft. Albert Schweitzer sagt:

«Die historische Grundlage des Christentums, wie Rationalismus, Liberalismus und die moderne Theologie es darstellen, gibt es nicht mehr; jedoch ist nicht gesagt, dass das Christentum deshalb seine historische Grundlage verloren hat. Das Werk, welches die historische Theologie glaubt hinaustragen zu müssen und das sie in Stücke zerfallen sieht in eben dem Moment, da die Erfüllung nahe war, ist nur die äussere Umhüllung für die wahre, unzerstörbare, historische Grundlage, die unabhängig ist von irgendeinem historischen Wissen und Beweis einfach weil sie da ist, besteht sie.

Jesus bedeutet etwas für unsere Welt, weil ein mächtiger Strom geistigen Einflusses von ihm ausgegangen ist und auch unsere Zeit durchdrungen hat. Diese Tatsache wird weder erschüttert, noch bestätigt durch eine historische Wissenschaft (A. Schweitzer: Das Mysterium des Reiches Gottes, engl., S. 28, 29).

Immer ist das WORT hinausgegangen, das die Menschheit zum Sehen und Erkennen des nächsten Schrittes fähig gemacht hat. Christus befähigte den Menschen, dies in der Vergangenheit zu hören, er wird ihn auch heute wieder dazu befähigen. Eines Tages werden, wie die Freimaurer wissen, diese Worte, die periodisch gesprochen wurden, ersetzt werden durch ein WORT, das sie als «Das verlorene Wort» bezeichnen. Wenn dieses WORT zuletzt gesprochen ist, wird die Menschheit in der Lage sein, den höchsten Gipfel ihres Strebens zu besteigen. Die verborgene Göttlichkeit wird dann in ihrem Glanz durch die Vermittlung der Menschheit hervorstrahlen. Der Höhepunkt materieller Errungenschaften ist vielleicht erreicht. Nun kommt die Gelegenheit für das feinstoffliche göttliche Selbst, sich durch das Mittel der Erfahrung, die wir die «neue Geburt» nennen und die im Christentum immer gelehrt [38] wurde, sich zu offenbaren. Alles, was jetzt auf die Erde einwirkt, bezweckt, das im Menschenherzen Verborgene zum Vorschein zu bringen und für unsere Augen die neue Vision zu enthüllen. Dann können wir durch das Tor des neuen Zeitalters hindurchgehen in eine Welt, die charakterisiert wird durch ein neues Gewahrwerden, ein tieferes Verstehen der wesentlichen Wahrheiten und einen echteren und höheren Wertmassstab. Das WORT muss wieder ertönen aus dem Zentrum dem Zentrum in den Himmeln und dem Zentrum in jedem menschlichen Herzen. Jede einzelne Seele muss es für sich allein hören. Jeder von uns muss durch diese Erfahrung hindurchgehen, in der wir uns erkennen als das «Wort, das Fleisch wurde». Ehe nicht die Bethlehem-Erfahrung ein Teil unseres individuellen Bewusstseins als Seele wurde, bleibt sie ein Mythos. Sie kann zur Tatsache werden, zur grössten Tatsache in der Erfahrung der Seele.

Ich kann mich hier nicht mit einer Definition des Wortes «Seele» befassen. Ein Auszug aus einem Buch von Bosanquet (Wert und Schicksal des Einzelmenschen, engl., S. 129) bringt die Idee mit individueller Erfahrung in Verbindung und bewahrt trotzdem die kosmische Bedeutung in ihrer Schönheit. Eine isolierte Seele ist eine Unmöglichkeit. Er sagt: «Die Seele ich gebrauche den Ausdruck im allgemeinsten Sinn als ein Zentrum der Erfahrung, das als ein Mikrokosmos eigenen Charakter und eine relative Fortdauer erwirbt oder erworben hat , die Seele ist nicht in Gegensatz zu bringen als eine abgesondert wirkende Kraft mit ihrer Veräusserlichung (= äusseren Erscheinung) einerseits oder mit dem Leben des Absoluten auf der anderen Seite. Unsere Idee ist durchaus diese: Die Seele ist eine Reihe von äusseren Einwirkungen, die lebendig werden durch ihre Zusammenfassung im Denken. Und wenn wir von der Seele als dem Willen sprechen, der schöpferisch die Umstände formt, so ist dies ein anderer Ausdruck für den Mikrokosmos, der das Zentrum einschliesst, das von seinen Umständen umgeben ist, die sich selbst neu formen und neu gestalten. Sie ist andererseits ein Faden des absoluten Lebens ... ein Strom oder eine Flut von wechselnder Ausdehnung, Stärke und Isoliertheit innerhalb des grossen Stromes, in dem sie sich bewegt». (Kursiv von mir, A. A. B).

Was diese Seele ist, unverhüllt und manifestiert selbst durch die Beschränkungen des Fleisches, machte Christus uns klar: Der Teil in uns ist [39] vollkommen in ihm, im wahrsten Sinn des Wortes. Er hat uns durch seine vollendete Menschlichkeit mit sich verbunden. Er hat uns mit Gott verbunden durch seine zum Ausdruck gebrachte Göttlichkeit.

Zwei Gedanken müssen jetzt deshalb von uns allen festgehalten werden, damit wir in dem offenkundigen Weltchaos nicht untergehen und dadurch die Sicht verlieren. Der eine ist, dass jedes Zeitalter sich seinen Ausweg schafft. Dies meinte Christus, als er sagte: «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben» (Joh. XIV/6). Er wusste, dass er in sich die Seele der Vergangenheit und den Geist der Zukunft vereinigte. Was von Christus gilt, gilt auch von seiner Lehre. Im Christentum ist die Vergangenheit mit ihren besten religiösen Elementen enthalten.

Die Seele des Menschen steht vor den Toren der Offenbarung, und der Mensch muss lernen, dass diese Offenbarung durch ihn zur Vollkommenheit gebracht wird. Browning drückt dies in folgenden bekannten Zeilen aus:

«... Er wohnt in allem,

vom kleinsten Lebensanfang bis hinauf zum Menschen,

der Krönung dieses Plans des Seins,

der Vollendung dieser Sphäre des Lebens.

Seine Eigenschaften fanden sich schon zuvor

verstreut in der Welt,

nach Einheit suchend,

dunkle Bruchstücke,

die sich einen sollten zum Wunderganzen,

unfertige Eigenschaften der Schöpfung,

die ein Geschöpf andeuteten,

das kam,

ein Punkt, wo die zerstreuten Strahlen,

sich begegnen sollten in des Menschen Wesen.

Zum Menschen strebte alles.

Beginnt die Ausrichtung nach dem wahren Menschen,

das Hinneigen zu Gott,

dann hat das Frühere ein Ende.

Schon kündigt sich das Neue an.

Erhabene Vorgefühle, Typen und Symbole

einer kommenden [40] Herrlichkeit zeigen an,

dass im ewigen Kreis des Lebens

der neue Mensch sich naht.

Die Grenzen seines Wesens überschreitend

streift er die alten Fesseln ab,

verdrängt durch neue Hoffnung werden Gram und Freude.

Zu eng die früheren Glaubenssätze,

die alten Ansichten von Gut und Böse

verblassen vor dem unermesslichen Durst

nach dem Guten.

Schon jetzt auf dieser Erde sind solche Menschen.

In ihnen ist Friede.

Heiter stehen sie inmitten Wesenheiten

noch unerlöster Schöpfung,

die durch sie erlöst und mit ihnen verbunden werden soll.

(Browning: Paracelsus)

Der Mensch, das menschliche Wesen, eine Seele in Inkarnation, ist im Begriff, diesen Schritt nach vorwärts zu tun, der ihn zu der ersten der grossen Entfaltungen bringen wird, der «Neuen Geburt». Wenn das einmal geschehen ist, wird das Leben des Christuskindes zunehmen, und die in Gang gesetzte Antriebskraft wird ihn vorwärts tragen auf dem Weg von einem erreichten Höhepunkt zum anderen, bis er selbst ein erleuchteter Lichtträger wird und ein Mensch, der den Weg für andere erleuchten kann. Erleuchtete haben immer die Menschheit vorwärts geführt; die Wissenden, Mystiker und Heiligen haben uns immer die Höhen der Möglichkeiten für die Menschheit und das Einzelwesen offenbart.

Der Weg von der Geburt zu Bethlehem bis zur Kreuzigung ist hart und schwierig; aber er wird mit Freude von Christus begangen und von jenen, deren Bewusstsein mit dem seinen in Einklang ist. Die Freude des physischen Lebens ist in die Freude des Verstehens verwandelt, und neue Werte, neues Streben und neue Liebe ersetzen das Frühere.

Die Geburt zu Bethlehem kennzeichnete den Beginn des langen tragischen Weges des Erlösers. Er wurde zu einem «Mann der Schmerzen, vertraut mit Kummer» (Jesaja LIII/3). Es war der Anfang vom Ende und kennzeichnet seine Einweihung in höhere Bewusstseinszustände. Dies wird im Evangelium gezeigt.

2.

Ehe wir in [41] eine bestimmte Betrachtung dieser grossen Einweihungen eintreten, könnte es von Wert sein, in Verbindung mit dem Gesamtthema ein oder zwei Punkte zu berühren. Es sind in dieser Zeit derart viele sonderbare und ungesunde Lehren über diesen Gegenstand verbreitet worden, und das allgemeine Interesse ist so gross, dass ein Mass von klarem Denken dringend notwendig ist, und die Aufmerksamkeit sollte deshalb auf gewisse, oft übersehene Umstände gelenkt werden. Es könnte an dieser Stelle gefragt werden: «Wer ist der Einweihende? Wer ist würdig, vor ihm zu stehen und durch eine Initiation hindurchzugehen?»

Nicht klar genug kann betont werden, dass der erste Einweihende, mit dem es ein Mensch zu tun hat, stets und immer seine eigene Seele ist. Viele esoterische Schulen und Lehrer lenken ihre Lehre und ihre Aspiranten auf einen der grossen Meister, von dem erwartet wird, dass er sie vorbereitet für diesen Schritt. Sie vergessen, dass es solchen Meistern nicht einmal möglich ist, in dieser Beziehung mit einem Menschen Verbindung aufzunehmen, ehe er nicht einen klaren und bestimmten Kontakt mit seiner eigenen Seele geschaffen hat. Auf der Ebene des Gewahrseins, welche die der Seele ist, können jene, die helfen können, gefunden werden, und ehe wir als Einzelwesen in dieses Stadium nicht vorgedrungen sind, ist es für uns nicht möglich, in intelligente Berührung mit jenen gebracht zu werden, die normalerweise dort tätig sind. Einweihung bezieht sich auf Bewusstsein und ist nur ein Wort, das wir gebrauchen, um den Übergang auszudrücken, der den Menschen aus dem Bewusstsein des vierten oder Menschenreichs in das fünfte oder geistige Reich, das Reich Gottes, führt. Christus kam, um den Weg in dieses Reich zu offenbaren.

Diese einweihende Seele ist, wie wir bereits gesehen haben, im Neuen Testament mit vielen Namen benannt, und in den anderen Religionen wird sie durch eine Terminologie bezeichnet, die der Zeit und dem Temperament des Aspiranten entspricht. Wo der christliche Jünger von «Christus in dir, die Hoffnung auf Herrlichkeit» spricht (Kolosser I/27) mag der orientalische Jünger vom Selbst oder Atman reden. Die modernen Geistesschulen sprechen [42] vom Ego oder dem höheren Selbst, dem wirklichen Menschen oder der geistigen Wesenheit, während im Alten Testament auf den «Engel der Gegenwart» bezug genommen wird. Eine lange Liste dieser Synonyme könnte zusammengetragen werden, aber für unseren Zweck wollen wir uns auf das Wort «Seele» beschränken wegen seines allgemeinen Gebrauchs im Westen.

Die unsterbliche Seele im Menschen bereitet ihn für die erste Einweihung vor; denn es ist diese Seele, die sich auf Erden als das «Christuskind» manifestiert und im Menschen erscheint. Dies ist die Neue Geburt. Das, was sich allmählich im Menschen gestaltet hat, kommt jetzt zur Geburt, und Christus oder die Seele wird bewusst geboren. Immer ist der Keim des lebendigen Christus obwohl verborgen in jedem menschlichen Wesen gegenwärtig gewesen; aber erst, wenn Zeit und Stunde gekommen sind, tritt die Kind-Seele in Erscheinung, und die erste der fünf

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.