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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 10 ff. (engl.) |
wenigen Erwählten jeder Nation. Der Mensch ist, wie die Psychologen gezeigt
haben, eine Gesamtsumme physischer Organismen von Lebenskraft, psychischen
Zuständen, gefühlsmässigen Bedingungen und von mentaler, gedanklicher Reaktion.
Er ist jetzt bereit, dass ihm seine nächste Stufe, seine weitere Entfaltung und
Entwicklung angezeigt wird. Dies erwartet er, und wir sollten ständig bereit
sein, die Gelegenheit wahrzunehmen. Die Tür zu einer Welt höheren Seins und
Bewusstseins steht weit offen für den Weg zum Reich Gottes, auf den deutlich
hingewiesen wird. Viele sind in der Vergangenheit in dieses Reich
hineingeschritten und dort zu einer Welt neuen Seins und Verstehens erwacht, die
für die Menge ein versiegeltes Geheimnis ist. Die Herrlichkeit des gegenwärtigen
Zeitpunkts liegt in der Tatsache, dass viele Tausende so vorbereitet sind, und
(die nötige Instruktion vorausgesetzt) in die Geheimnisse Gottes eingeweiht
werden könnten. Eine neue Entfaltung im Bewusstsein ist nun möglich, ein neues
Ziel ist aufgerichtet und regiert das Denken vieler Menschen. Wir sind als
Menschheit endgültig auf dem Weg zu einem neuen Wissen, zu frischeren
Erkenntnissen und zu einer tieferen Welt der Werte. Was auf der äusseren Ebene
der Erfahrung geschieht, ist bezeichnend für ein ähnliches Geschehen in der
feineren Welt der Bedeutung. Für diese müssen wir uns vorbereiten.
Wir haben gesehen, dass die christliche Offenbarung die Lehren der Vergangenheit in sich vereinigte. Dies sagt Christus selbst mit den Worten: «Ich bin nicht gekommen, das Gesetz und die Propheten aufzuheben, sondern sie zu erfüllen». (Matth. V/17) Er verkörperte die ganze Vergangenheit und offenbarte dem Menschen die höchste Möglichkeit. Die Worte von Dr. Nicholas Berdyaev in «Die Freiheit und der Geist» (engl., S. 889) werfen Licht darauf: «Die christliche Offenbarung ist universell, und alles Ähnliche in anderen Religionen ist nur ein Teil dieser Offenbarung. Das Christentum ist nicht einfach eine Religion derselben Ordnung wie die anderen; sie ist wie Schleiermacher sagt die Religion der Religionen. Was macht es aus, wenn innerhalb des Christentums [11] das vermeintlich so verschieden ist von anderen Glaubensbekenntnissen, nichts ursprünglich ist, ausser dem Kommen Christi und seiner Persönlichkeit. Ist es nicht geradeso, dass in diesem besonderen Punkt die Hoffnung aller Religionen erfüllt ist?» Jeder grosse Zeitabschnitt und jeder Weltzyklus wird durch die liebevolle Güte Gottes seine Religion der Religionen haben, in der sie alle Offenbarungen der Vergangenheit zusammenfasst und die Hoffnung der Zukunft anregt. Die weltweite Erwartung von heute zeigt, dass wir am Rand einer neuen Offenbarung stehen. Diese wird in keiner Weise unser göttliches geistiges Erbe verneinen, sondern sie wird zu den Wundern der Vergangenheit eine klare Schau der Zukunft hinzufügen. Sie wird zum Ausdruck bringen, was göttlich ist, was aber bis jetzt unoffenbart war. Es ist deshalb möglich, dass ein Verstehen einiger der tieferen Bedeutungen der Evangelien die modernen Sucher befähigen wird, die weiteren Zusammenhänge zu erfassen. Einige dieser tieferen Folgerungen werden erwähnt in einem vor vielen Jahren veröffentlichten Buch des erfahrenen Christen Dr. Campbell Morgan: «Die Krisen Christi». Den fünf hauptsächlichen Ereignissen im Leben des Erlösers, um welche die ganzen Evangelien aufgebaut sind, gibt er eine umfassende und allgemeine Auslegung, wenn er darauf hinweist, dass Christus nicht nur in der Tat und in Wahrheit durch diese dramatischen Erfahrungen hindurchgegangen ist, sondern dass er mit dem bestimmten Befehl von uns ging, «wir sollten seinen Fussspuren folgen» (I. Petrus 2/21). Ist es nicht möglich, dass diese grossen Tatsachen in der Erfahrung Christi, diese fünf verpersönlichten Aspekte des universalen Mythos, für uns als Einzelmenschen mehr als ein historisches und persönliches Interesse haben könnten? Ist es nicht möglich, dass sie manche Erfahrung und manches eingeleitete Bemühen verkörpern, durch welche nun viele Christen hindurchgehen werden und so seinem ausdrücklichen Befehl gehorchen, in ein neues Leben einzutreten? Müssen wir nicht alle wiedergeboren werden, getauft im Geiste und verklärt auf dem Berge der lebendigen Erfahrung? Steht nicht die Kreuzigung vielen von uns bevor und führt zur [12] Auferstehung und Himmelfahrt? Und ist es nicht auch möglich, dass wir diese Worte in einem zu engem Sinn, mit sentimentalen und alltäglichen Folgerungen ausgelegt haben, während sie für jene, die bereit sind, einen besonderen Weg und ein rascheres Folgen in den Fussspuren des Sohnes Gottes zeigen? Dies ist einer der Punkte, die uns angehen und mit denen dieses Buch sich befassen will. Wenn diese tiefere Bedeutung gefunden werden kann, und wenn das Drama der Evangelien in einer besonderen Weise das Drama jener Seelen wird, die bereit sind, dann werden wir die Auferstehung der Grundzüge des Christentums sehen und die Wiederbelebung der Form, die so schnell kristallisiert. 2. Es ist interessant sich zu erinnern, dass andere Lehren ausserhalb des Christentums diese fünf wichtigen Krisen ausdrücklich hervorgehoben haben, die wenn es so gewünscht wird im Leben jener Menschen eintreten, die in ihrer wesentlichen Göttlichkeit stehen. Die Hindulehre und der buddhistische Glaube haben sie als Entwicklungskrisen ausdrücklich betont, denen wir am Ende nicht entkommen können; und ein rechtes Verständnis der Beziehungen dieser grossen Weltreligionen untereinander wird schliesslich auch ein besseres Verstehen dieser Ereignisse bringen. Die Religion des Buddha, obwohl der von Christus vorausgegangen, drückt die gleichen Grundwahrheiten aus, jedoch in anderer Art formuliert, was uns dessen ungeachtet zu einer breiteren Auslegung des Christentums helfen kann. «Buddhismus und Christentum haben ihren Ursprung in zwei erleuchteten Augenblicken der Geschichte: dem Leben Buddhas und dem Leben Christi. Buddha gab seine Lehre, um die Welt zu erleuchten, Christus gab sein Leben. Es liegt nun an den Christen, diese Lehre zu erkennen. Vielleicht ist der wertvollste Teil der Lehre von Buddha die Auslegung seines Lebens (Religion im Entstehen, engl., von A. N. Whitehead, S. 55). Die Lehre Laotses kann auch dem gleichen Zweck dienen. Religion muss schliesslich zusammengefasst werden, gesammelt aus [13] vielen Quellen und zusammengesetzt aus vielen Wahrheiten. Es ist berechtigt anzunehmen, dass, wenn man zu dieser Zeit einen Glauben zu wählen hätte, man das Christentum wählen würde, weil das zentrale Problem des Lebens ist, an unserer Göttlichkeit festzuhalten und diese zu manifestieren. Im Leben Christi haben wir die vollständigste und vollendetste Darstellung und ein Beispiel von Göttlichkeit, erfolgreich auf Erden gelebt und so gelebt, wie die meisten von uns leben müssen, nicht in Zurückgezogenheit, sondern im vollen Auf und Ab von Sturm und Drang. Vertreter aller Glaubensbekenntnisse kommen heute zu Diskussionen zusammen, um eine Plattform von solcher Allgemeingültigkeit und Wahrheit herauszufinden, dass sich auf ihr alle Menschen einigen könnten und auf ihr sich die kommende Weltreligion zu gründen vermöchte. Diese könnte vielleicht in einer klareren Auslegung und dem Verstehen jener fünf hervorstechenden Episoden und ihrer praktischen und einzigartigen Beziehung nicht nur zum Einzelnen, sondern zur Menschheit als ganzem gefunden werden. Diese Verwirklichung wird uns bestimmter an die Vergangenheit binden, uns in der Wahrheit verankern, die war; sie wird uns unser unmittelbares Ziel und unsere Pflicht zeigen, die, wenn recht verstanden, uns in den Stand setzen wird, göttlicher zu leben, angemessener zu dienen und damit den Willen Gottes auf Erden zur Verwirklichung zu bringen. Ihre innere Bedeutung und unsere individuelle Beziehung zu ihnen sind wesentlich. Es ist für uns ein wertvoller Gewinn und eine Bereicherung unseres Bewusstseins, wenn wir uns zeitweilig die Einheit und Gleichartigkeit der Lehre vergegenwärtigen, wie sie im Osten und im Westen gegeben wurde. Das vierte Ereignis im Leben Christi, die Kreuzigung, findet zum Beispiel eine Parallele in der Vierten Einweihung der orientalischen Lehre, die der Grosse Verzicht genannt wird. Es gibt eine Initiation, die in der Terminologie des Buddhismus «das Eintreten in den Strom» genannt wird, und im Leben Jesu ein Ereignis, das wir «die Taufe im Jordan» nennen. Die Geschichte von Christi Geburt in Bethlehem hat ihre Parallele praktisch in jedem Detail der Leben früherer Gottesboten. Diese erwiesenen Tatsachen sollten in uns die Erkenntnis wecken, dass, obwohl viele Botschafter sind, es nur eine Botschaft gibt. Doch diese Tatsache schmälert in keiner Weise die einzigartige Aufgabe Christi und [14] die einzigartige Funktion, zu deren Erfüllung er erschien. Es ist interessant, auch daran zu denken, dass die zwei erhabenen Wesen Buddha und Christus ihr Siegel auf beide Hemisphären gesetzt haben Buddha, der Lehrer des Ostens, Christus, der Erlöser des Abendlandes. Wie immer auch unsere persönlichen Folgerungen hinsichtlich ihrer Beziehung zum Vater im Himmel oder zueinander sein mögen, so steht doch die Tatsache ausser allem Zweifel, dass sie ihren besonderen Zivilisationen die Offenbarung von Göttlichkeit brachten, und dass sie in höchst bedeutsamer Weise schliesslich zusammenwirkten zum Segen der Menschheit. Ihre beiden Systeme sind voneinander abhängig: Buddha bereitete die Welt vor für die Botschaft und Mission Christi. Beide verkörperten in sich gewisse kosmische Prinzipien, und durch ihr Werk und Opfer strömten gewisse göttliche Kräfte durch und auf die Menschheit. Das Werk des Buddha und die von ihm ausgesandte Botschaft regte die Intelligenz an, zu Weisheit zu werden. Weisheit ist ein kosmisches Prinzip und eine göttliche Kraft, die Buddha verkörperte. Aber die Liebe kam in die Welt durch Christus, und durch sein Wirken verwandelte er Emotion in Liebe. «Gott ist die Liebe». Das Verständnis dafür, dass Christus die Liebe Gottes offenbarte, macht die Grösse der Aufgabe klar, welche er unternahm, einer Aufgabe, weit über die Kräfte eines der Lehrer oder Boten hinausgehend, die ihm vorausgegangen waren. Buddha «goss», als er Erleuchtung erlangte, eine Flut von Licht über das Leben und über unsere Weltprobleme, und dieses intelligente Verstehen der Ursachen des Weltelends versuchte er als die Vier edlen Wahrheiten zu formulieren. Diese sind, wie den meisten von uns bekannt ist: 1. Alles Bestehende in der Welt der Erscheinungen ist untrennbar von Kummer und Leid. 2. Die Ursache des Leidens ist das Verlangen nach der Existenz in der Welt der Erscheinungen. 3. Das Aufhören des Leidens erfolgt durch Überwindung des Verlangens nach der Existenz in der Welt der Erscheinungen. [15] 4. Der Weg zur Beendigung des Leidens ist der edle «Achtfache Pfad», auf dem: Rechter Glaube, rechte Absicht, rechtes Sprechen, rechtes Handeln, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Denken und rechte Konzentration zum Ausdruck gebracht werden. Er stellte ein Gebäude von Glauben, Dogma und Lehre auf, das viele Tausende im Lauf der Jahrhunderte befähigt hat, das Licht zu sehen. Christus und seine Jünger sind heute, wie vor zweitausend Jahren, mit der Aufgabe beschäftigt, den Menschen Erleuchtung und Erlösung zu bringen. Inzwischen sind Stürme über die Weltillusion hinweggebraust, und das Denken der Menschen hat insgesamt eine zunehmende Klarheit erreicht. Deshalb kann der Mensch durch die Botschaft Buddhas zum ersten Mal die Ursache seiner ewigen Unzufriedenheit, seines beständigen Widerwillens und Unbefriedigtseins und seiner endlosen Sehnsucht begreifen. Durch Buddha kann er lernen, dass der Weg zur Befreiung durch Loslösung, Leidenschaftslosigkeit und Unterscheidungskraft zu finden ist. Dies sind die ersten Stufen auf dem Weg zu Christus. Durch die Botschaft Christi tauchten drei allgemeine Begriffe im menschlichen Bewusstsein auf: Erstens, dass der Einzelmensch als Individuum einen Wert hat. Dies war eine Wahrheit, welche die allgemeine östliche Lehre von der Wiedergeburt zu verneinen neigte. Es war genügend Zeit, Gelegenheiten kehrten endlos wieder, der Entwicklungsprozess würde das Seine tun. Lasst die Menschheit insgesamt deshalb mit der Flut treiben, schliesslich wird alles gut. Die allgemeine Haltung des Ostens verfehlte daher, den höchsten Wert jedes Individuums zu betonen. Doch Christus kam, das Werk jedes Individuums nachdrücklich zu kennzeichnen: «Lasset euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen!» (Matth. V/16) Zweitens, der Menschheit als ganzes war die Gelegenheit geboten, einen riesigen Schritt vorwärts zu tun, sich der «neuen Geburt» zu unterziehen: die erste Einweihung zu nehmen. Damit werden wir uns im nächsten Kapitel befassen. Der dritte [16] Begriff, der durch Christus gelehrt wurde, war jener, der die praktische Durchführung im neuen Zeitalter verkündete, die kommen musste, wenn die individuelle Erlösung und die neue Geburt richtig verstanden sein würde. Dies war die Botschaft oder der Befehl, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben (Matth. XIX/19). Individuelle Anstrengung, Gruppengelegenheit und Identifikation mit dem Nächsten dies war die Botschaft des Christus. In Buddhas Lehre sind es die drei Wege, auf denen die niedere Natur umgewandelt und vorbereitet werden kann, ein bewusster Ausdruck von Göttlichkeit zu sein. Durch Loslösung lernt der Mensch, sein Interesse und sein Bewusstsein von den Angelegenheiten der Sinne zurückzuziehen und auf die Lockungen der niederen |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |