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Vom Intellekt zur Intuition, Seite 144 ff. (engl.)
Daher hat für ihn, wenn er sich auch für immer vom Joch der Sinne befreit hat, jede Offenbarung des Lebens einen sakramentalen Sinn; er sieht in ihr eine Lieblichkeit, ein Wunder, eine erhöhte Bedeutung, die anderen Menschen verborgen ist ...

«Andererseits erreicht das volle mystische Bewusstsein das, was ich für eine wirkliche charakteristische Eigenschaft halte. Es entwickelt die Gabe, das Absolute, das Reine Sein, das schlechtweg Transzendente, zu erfassen. ... Diese allseitige Ausdehnung des Bewusstseins mit seinem doppelten Vermögen, durch unmittelbare Vereinigung sowohl den zeitlichen wie den ewigen, den immanenten wie den transzendenten Aspekt der Wirklichkeit zu erkennen ... ist das besondere Kennzeichen, das ULTIMO SIGILLO des grossen Mystikers ... » [*U42]

Als nächstes wollen wir die Ergebnisse dieser zweifachen Tätigkeit und mühelosen Wechselwirkung betrachten. Die Intuition beginnt sich zu betätigen; Erleuchtung wird erlebt, und das Leben der Inspiration muss in seinen vielen charakteristischen Eigenarten studiert werden. Das wollen wir im nächsten Kapitel versuchen.

Kapitel VII

Intuition und Erleuchtung

«Und Gott sprach:

Es werde Licht!

Und es ward Licht!»

BIBEL

Wir haben nun im vorhergehenden die allgemeine Tatsache festgestellt, dass die modernen westlichen Erziehungsmethoden den Menschen mit dem Gedanken vertraut gemacht haben, dass er ein Denkvermögen besitzt; sie haben ihn so sehr zur Wertschätzung des Intellekts gebracht, dass für viele die Erlangung intellektueller Fähigkeiten die Krönung des Evolutionsprozesses bedeutet. Wir haben ferner darauf hingewiesen, dass wenn die östliche Meditationstechnik mit ihren Stufen der Konzentration, Meditation und Kontemplation von westlichen Intellektuellen angewandt würde - die Denkvorgänge bis zur höchsten Entwicklungsstufe ausgebildet und dann von einer noch höheren Fähigkeit, nämlich der Intuition, abgelöst werden können. Wir haben auch festgestellt, dass im Westen die hervorragendsten Denker, die wir haben, durch ein starkes Interesse und in praktischer Anwendung denselben Grad der Vollendung erreichen wie die östlichen Aspiranten, die durch Meditation zu Erkenntnissen kommen. An diesem Punkt jedoch trennen sich die Wege. Die westliche Erziehung vermag ihre Exponenten nicht in das Reich der Intuition oder der Erleuchtung zu führen. Tatsache ist, dass wir die Idee eines erleuchteten Bewusstseins eher belächeln und viele vorhandenen Beweise den Halluzinationen eines überstimulierten Mystikers oder jenen psychopathischen Fällen zuschreiben, mit denen sich unsere Psychologen dauernd beschäftigen.

Ich glaube aber, dass man beweisen kann, dass eine entwickelte geistige Wahrnehmung und ein erleuchteter Intellekt sehr wohl zum geistigen Rüstzeug gesunder und ausgeglichener Geschäftsleute oder Wissenschaftler gehören können und keineswegs einen Mangel an psychischem Gleichgewicht, oder emotionelle Unbeständigkeit zu bedeuten brauchen. Das Licht der Erleuchtung und der Inspiration lässt sich mit den täglichen Beschäftigungen sehr gut vereinbaren; dies wurde schon vor Jahrhunderten in einer alten chinesischen Lehre aus dem achten Jahrhundert ausgesprochen:

«Meister Lü Dsu sprach: Wenn es allmählich gelingt, den Kreislauf des Lichts in Gang zu bringen, so darf man dabei seinen gewöhnlichen Beruf nicht aufgeben. Die Alten sprachen: Wenn die Geschäfte auf uns zukommen, so muss man sie annehmen, wenn die Dinge auf uns zukommen, so muss man sie bis auf den Grund erkennen. Wenn man durch rechte Gedanken die Geschäfte in Ordnung bringt, so wird das Licht nicht von den Aussendungen umgetrieben, sondern das Licht rotiert nach eigenem Gesetz». [*U4]

Diese charakteristischen Merkmale der Erleuchtung und ihrer Resultate zeigen sich im Bewusstsein eines Menschen, der die früher beschriebenen Stadien durchschritten hat, und bilden nun das Thema dieses Kapitels. Erleuchtung ist ein Stadium im Meditationsprozess, denn sie bringt sorgfältige Kontrolle des Denkvermögens und wissenschaftliches Herangehen an das Thema mit sich; sie ist ein Ergebnis des echten kontemplativen Zustandes und Seelen-Kontaktes, und zeigt durch die darauffolgenden Wirkungen an, dass die (einige Seiten vorher behandelte) zweite Tätigkeit des Denkvermögens eingesetzt hat.

Von den Pionieren auf dem Weg zum Reich der Seele wissen wir, dass der Zustand der Erleuchtung unmittelbar nach dem Stadium der Kontemplation folgt und seinerseits wieder als Ursache dreier Wirkungen beschrieben werden kann: eines erleuchteten Intellekts, einer intuitiven Wahrnehmung und eines inspirierten Lebens in der äusseren Welt. Dieser Zustand wird von allen Mystikern und all denen, die über mystische Offenbarung schreiben, anerkannt. Der Gedanke eines Lichtes, das aufstrahlt und unseren Weg erhellt, der Symbolismus eines intensiven Strahlenglanzes oder einer blendenden Ausstrahlung, welche die Phase göttlicher Begegnung begleitet, ist in seiner Anwendung so allgemein, dass wir das heute einfach als eine mystische Ausdrucksweise ansehen; es ist relativ kaum mehr als ein Versuch des visionären Aspiranten, die erlebten Wunder in Worten auszudrücken.

Bei näherer Untersuchung scheint jedoch ziemlich viel Sinn in dieser besonderen Ausdrucksweise und in diesen symbolischen Redewendungen enthalten zu sein. Die Einheitlichkeit der verwendeten Ausdrücke, die Zeugenschaft vieler Tausende achtbarer Zeugen und die Ähnlichkeit der geschilderten Ereignisse scheinen auf eine Art echten phänomenalen Geschehens hinzuweisen. Dr. Overstreet erwähnt in seinem Buch «DIE EWIGE SUCHE» eine grosse Anzahl von Menschen, von denen behauptet wird, dass sie erleuchtet waren, und weist darauf hin, dass «diese Menschen zu ihren Schlussfolgerungen nicht durch Begründungen der Vernunft kommen, obwohl die Vernunft die Suche nach Wahrheit bei der Vorbereitung auf ihre schliessliche Innenschau offensichtlich eine Rolle gespielt hat».»Auf jeden Fall», fügt er hinzu, «erlebten sie das, was wir mangels einer besseren Bezeichnung "Erleuchtung" nennen können». Er fährt fort, dass wir «diese Erfahrungen natürlich als Geistesverwirrungen abtun können», ... fügt aber hinzu, dass «diese Menschen keineswegs nach Art von Geistesgestörten handeln. Von ihnen stammt ein Grossteil der geistigen Weisheit der Menschenrasse. Sie gehören gleichsam zu den Illuminaten der Menschheit. Wenn man sie, an ihren Früchten erkennen soll, dann haben diese Menschen so überdurchschnittliche Leistungen bekundet, dass sie dadurch zu geistigen Führern der Menschheit wurden. [*U3]

Betrüblich war nur der Umstand, dass der durchschnittliche Mystiker - nicht aber die von Dr. Overstreet genannten hervorragenden Gestalten - im allgemeinen unfähig war, diesen Zustand der Erleuchtung zu definieren oder klar auszudrücken. «Der Mystiker» - heisst es in den Bamptoner Vorträgen von 1930 - «kann nicht erklären, er weiss aber, dass er gewusst und nicht bloss gefühlt hat; und oft bleibt dieses Wissen ein dauernder Besitz, den Kritik nicht erreichen kann ... obwohl die Mystiker also unfähig zu sein scheinen, anderen einen Wahrheitsgehalt verständlich zu machen, der auf dem gewöhnlichen Wege der Erfahrung und Vernunft nicht erlangt werden kann, ist es trotzdem möglich, dass ihr besonders intensives Erfassen der Wirklichkeit dazu dienen mag, unser grundlegendes Problem in ein klareres Licht zu rücken, - so wie extreme Fälle dazu helfen, die Wahrheit eines geometrischen Lehrsatzes zu beweisen». [*U48]

Hier schaltet sich der Osten ein und zeigt das System, nach dem man Erleuchtung erlangen kann, und legt uns ein geordnetes Verfahren und eine Methode dar, die den Menschen zum Wissen des Einsseins mit seiner Seele führt. Diese Methode stellt als Ergebnis dieses Einsseins und der daraus folgenden Wirkungen - eine erleuchtete Wahrnehmung und intuitive Erfassung der Wahrheit als Tatsache hin. Das Denkvermögen reflektiert - wie uns die östlichen Schriften berichten - das Licht und die Erkenntnis der allwissenden Seele, und das Gehirn wird seinerseits erleuchtet. Dies ist nur dann möglich, wenn die Wechselbeziehung zwischen den drei Faktoren Seele, Denkvermögen und Gehirn, vollständig ist. Patanjali schreibt in seinen Yoga Sutras:

«Der Herr des Denkvermögens, der Wahrnehmende, ist stets des ständig aktiven Denk-Stoffes gewahr.

«Da das Denkvermögen gesehen oder erkannt werden kann, ist es klar, dass es nicht die Quelle der Illumination ist.

«Wenn die alleinstehende und vom Objektiven losgelöste geistige Intelligenz sich im Denkstoff widerspiegelt, erfolgt die Wahrnehmung des Selbst.

«Dann wird der Denkstoff, der den Erkennenden und das Erkennbare widerspiegelt, allwissend.

«Das Denkvermögen strebt dann nach Unterscheidungskraft und zunehmender Erleuchtung.

«Wenn die Mittel zur Vereinigung stetig angewandt wurden und wenn Unreinheit überwunden wurde, findet eine Aufhellung statt. die zu voller Erleuchtung führt.

«Die erlangte Erkenntnis (oder Erleuchtung) ist siebenfach und wird schrittweise gewonnen». [*U32]

Patanjali weist später darauf hin, dass nach richtiger Konzentration, Meditation und Kontemplation «das, was das Licht verdunkelt, allmählich verschwindet»; und fügt hinzu:

«Wenn das, was das Licht verhüllt, beseitigt ist, tritt der Seinszustand ein, den man exkarniert (oder entkörpert) nennt; er ist frei von der Veränderung des Denkprinzips. Dies ist der Zustand der Erleuchtung». [*U32]

Es könnte also sein, dass Christus, als er Seinen Jüngern befahl, «ihr Licht leuchten zu lassen», gar nicht symbolisch gesprochen, sondern ihnen die dringende Notwendigkeit vor Augen geführt hat, einen Zustand der Befreiung vom körperlichen Bewusstsein zu erreichen, damit das Licht der Seele durch das Denkvermögen ins Gehirn strömen und dort jene Erleuchtung bewirken könne, die einem Menschen zu sagen ermöglicht: «In diesem grossen Licht werden wir Licht sehen».

Der Weg zu diesem Freisein wurde von der christlichen Kirche stets verstanden und wird «der Weg der Läuterung» genannt. Er hat die Reinigung oder Verfeinerung der niederen Körpernatur und die Abnutzung des materiellen Schleiers zur Folge, der das Licht in jedem Menschen verhüllt. Dieser Schleier muss durchbrochen werden und dazu gibt es viele Wege. Dr. Winslow Hall spricht in «Illuminanda» [*U21] von drei Wegen dem Weg der Schönheit, dem des Intellekts und dem der Seele. Durch Schönheit und durch Suche nach der Wirklichkeit, aus der die Schönheit hervorgeht, erzwingt der Mystiker seinen Weg hinter die äussere Form und findet das Gute und das Herrliche. Dr. Otto [*U40] befasst sich in seiner Exegese (Ausdeutung) mit der Fähigkeit «göttlichen Eindringens» (oder Aufspürens), jener Gabe, mit Ehrfurcht und Bewunderung das wesentliche Heilige und Schöne hinter allen Formen zu erkennen. Sein diesbezügliches Kapitel ist sorgfältiger Beachtung wert. Der Mystiker «erahnt» also (durch das Göttliche in ihm selbst) die vom Schleier der Materie verhüllte Wirklichkeit.

Dies ist der Weg der Sinne. Dann gibt es den Weg des Intellekts, der intensiven Gedankenkonzentration auf ein Problem und auf den Formaspekt, um dessen Ursache oder Anlass herauszufinden. Darin haben die Wissenschaftler solche Fortschritte gemacht und den Schleier soweit durchlöchert, dass sie bei jenem «etwas», das sie «Energie» nennen, angelangt sind. Dr. Winslow Hall erklärt den dritten Weg wie folgt:

«Der Weg der Seele ist der älteste und zugleich breiteste der drei Wege ... denn die Seele tut mehr als nur den Materie-Schleier durchdringen; sie identifiziert sich sowohl mit diesem Schleier, als auch mit der dahinter stehenden Wirklichkeit. Dadurch werden Seele Schleier und Wirklichkeit als eins empfunden». [*U21]

Auf diese Weise werden wir zur Idee der Ganzheit und Einheit mit dem Universum, auf die wir schon früher zu sprechen kamen, zurückgeführt; Dr. Hall fügt hinzu: «Ich würde Erleuchtung als ein überwältigendes Gefühl des Einsseins mit dem Ganzen definieren». [*U21]

Wir wollen nun so einfach als möglich auszudrücken versuchen, wohin unsere Schlussfolgerungen uns geführt haben und untersuchen, was der Mensch erlebt, der seine Ausbildung von der Gedächtnisschulung und der Erwerbung von Kenntnissen zum bewussten Gebrauch des Intellekts, und von da weiter in das Reich des

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.