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Vom Intellekt zur Intuition, Seite 102 ff. (engl.) |
Vieles davon wird einfach zur Kenntnis genommen und aufbewahrt, um später als
Erinnerung und Voraussicht Ausdruck zu finden. Launen, emotionelle Reaktionen,
Gefühle und Wünsche niederer oder höherer Art werden vom Denkvermögen ebenfalls
registriert; das ist beim Durchschnittsmenschen alles, was sich zuträgt. Nach
der Registrierung von Mitteilungen folgt sehr wenig wirkliches Denken, keine
klare Gedankenformulierung. Das Einkleiden der Ideen in Worte, die sie klar zum
Ausdruck bringen, ist eine der Funktionen des Denkvermögens; doch wie wenige
Menschen haben Ideen oder bringen wirklich intelligente Gedanken hervor. Ihr
Denkvermögen reagiert auf das, was ihnen von der äusseren Welt übermittelt wird,
besitzt aber keine eigene Regsamkeit oder Initiative.
Deshalb verläuft die gedankliche Aufnahme, wie sie derzeit beim Durchschnittsmenschen vorherrscht, von der äusseren Welt über die Sinne nach innen zum Gehirn. Dieses «telegraphiert» dann die erhaltene Information dem Denkvermögen, das sie seinerseits zur Kenntnis nimmt. Damit ist der Vorfall für gewöhnlich abgeschlossen. Im Fall des wahren Denkers ereignet sich aber weit mehr als dies. Auf das Registrieren folgt eine Analyse des Vorfalles oder der Mitteilung und der Wechselbeziehung zu anderen Vorfällen sowie ein Erforschen von Ursache und Wirkung. Der «Denkstoff», wie ihn die Orientalen nennen, wird zur Aktivität veranlasst, Gedankenformen und Gedankenbilder werden im Zusammenhang mit der gegebenen Idee erschaffen. Dann wird - wenn gewünscht - der klar formulierte Gedanke dem Gehirn aufgeprägt, wodurch eine rücklaufende Tätigkeit einsetzt. Der Mystiker aber und der Anfänger in der Meditation entdeckt noch etwas anderes. Er stellt fest, dass das richtig beherrschte und disziplinierte Denkvermögen für umfassendere und tiefere Reaktionen empfänglich ist; dass es Ideen und Vorstellungen gewahr werden kann, die von einem unergründlich geistigen Reich ausstrahlen und von der Seele mitgeteilt werden. Anstelle von Eindrücken aus dem äusseren täglichen Leben, die vom sensitiven Empfangsgerät des Denkvermögens registriert werden, können auch solche aus dem Reich der Seele kommen; sie werden durch die Aktivität der eigenen Seele oder auch durch andere Seelen verursacht, mit denen die eigene Seele in Berührung kommen mag. Das Denkvermögen tritt dann in eine Phase ganz neuer Nützlichkeit, und sein Kontaktbereich umfasst nicht nur die Welt der Menschen, sondern auch die Welt der Seelen. Seine Aufgabe besteht dann darin, als Mittler zwischen Seele und Gehirn zu funktionieren, um dem Gehirn das zu übermitteln, wessen der Mensch als Seele gewahr wurde. Dies wird dann möglich, wenn die alten mentalen Tätigkeiten von den höheren abgelöst werden und wenn das Denkvermögen gegenüber allen äusseren Einflüssen zeitweilig unempfindlich gemacht werden kann. Das wird indes nicht durch irgendwelche Methoden erreicht, die das Denkvermögen in einen passiven, empfänglichen Zustand versetzen oder durch ein «Leermachen» des Denkens oder durch dessen Lahmlegung oder durch andere Formen der Selbsthypnose, es wird vielmehr durch die treibende Kraft eines neuen und grösseren Interesses und durch die unbeirrte Aufmerksamkeit der konzentrierten mentalen Fähigkeiten auf eine neue Welt von Erscheinungen und Kräften veranlasst. Darin besteht die Methode der Konzentration, jenes ersten und sehr mühsamen Schrittes auf dem Wege zur Erleuchtung des Lebens. Das Wort «Konzentration» stammt von den lateinischen Worten «con» = «zusammen» und «centrare» = «im Mittelpunkt vereinigen». Es bedeutet das «Zusammenbringen oder Zusammenziehen auf einem gemeinsamen Mittelpunkt oder Brennpunkt»; es deutet das Sammeln unserer umherschweifenden Gedanken und Ideen an sowie das Bemühen, das Denken fest und unentwegt auf den Gegenstand unserer unmittelbaren Aufmerksamkeit konzentriert zu halten, ohne abzuschweifen und sich ablenken zu lassen. Dazu gehört die Ausschaltung all dessen, was nicht zu der unter Beobachtung stehenden Sache gehört. Patanjali definiert dies wie folgt: «Die Bindung des wahrnehmenden Bewusstseins an ein bestimmtes Gebiet ist Aufmerksamkeit oder Konzentration». [*U32] Das bedingt notwendigerweise eine Unterscheidung zwischen dem Denker, dem Denkapparat und dem, was vom Denker betrachtet werden soll. Wir müssen also zwischen uns als dem Denker und dem, was wir zum Denken benützen, dem Denkvermögens unterscheiden. Daraus ergibt sich der dritte Faktor, nämlich das, was gedacht wird. Studierende würden gut daran tun, gleich am Anfang ihrer Meditationsarbeit zu lernen, diese grundsätzlichen Unterschiede auseinanderzuhalten und sich dies zur täglichen Gewohnheit zu machen. Man muss immer unterscheiden zwischen: 1. dem Denker, dem wahren Selbst, der Seele; 2. dem Denkvermögen oder dem Apparat, den der Denker zu gebrauchen sucht; 3. dem Denkprozess, also der Arbeit des Denkers, der dem Denkvermögen (wenn es sich im Gleichgewicht befindet) das Gedachte einprägt; 4. dem Gehirn, das seinerseits vom Denkvermögen Eindrücke aufnimmt und als Werkzeug des Denkens fungiert, um Eindrücke und Informationen zu übermitteln. Konzentration ist also jene Fähigkeit, das Bewusstsein auf einen gegebenen Gegenstand zu konzentrieren und es da nach Belieben festzuhalten; sie ist die Methode genauer Wahrnehmung und die Fähigkeit, sich ein richtiges Bild zu machen, denn sie ist ja die Qualität, die dem Denker die Beobachtung und das Erkennen des Wahrnehmungsgebietes ermöglicht. Ein anderes Wort für Konzentration ist Aufmerksamkeit, nämlich die auf ein einziges Ziel gerichtete Aufmerksamkeit. Interessant ist die Bemerkung Vater Maréchal's in diesem Zusammenhang. Er erklärt, dass «Aufmerksamkeit ein direkter Weg zu voller Wahrnehmung, zu Halluzination, oder allgemeiner gesprochen, zum Glauben sei ... sie bewirkt eine wenigstens momentane Vereinheitlichung des Denkvermögens durch das Vorherrschen einer einzigen Gedankengruppe. ... Aber diese bis zu einem gewissen Grad durch die Aufmerksamkeit verwirklichte, mentale Einigung ist auch der einzige subjektive Zustand, der wie wir gesehen haben immer die wahre oder falsche Wahrnehmung des Wirklichen begleitet». [*U27] Es könnte gefragt werden, welcher Weg zur Erlernung der Konzentration der leichteste ist; man könnte mit dem französischen Sprichwort antworten: «Le meilleur moyen de deplacer est de remplacer» der beste Weg, etwas auszuschalten, ist der, es durch etwas anderes zu ersetzen. Eine hier recht brauchbare Methode wäre die Nutzbarmachung dessen, was als die «treibende Kraft einer neuen Neigung» genannt worden ist. Das starke Interesse an einer neuen und anziehenden Aufgabe, und die Konzentrierung der Aufmerksamkeit auf eine neue, dynamische Angelegenheit wird automatisch dazu führen, das Denkvermögen unbeirrt und beständig zu machen. Es könnte auch noch eine andere Antwort gegeben werden: Seid auf alles, was ihr den ganzen Tag über tut, stets konzentriert. Konzentration wird sich rasch entwickeln, wenn wir es uns zur Gewohnheit machen, in allen Dingen des Lebens genau zu sein. Sorgfältige Ausdrucksweise würde sorgfältige Aufmerksamkeit allem Gesagten, Gelesenen oder Gehörten gegenüber bedingen und dies würde notwendigerweise Konzentration erfordern und sie also entwickeln. Wahre Meditation ist ja schliesslich ein mentaler Zustand und entwickelt sich aus der Konzentration. Das Ziel aller unserer Bemühungen besteht also in der Schulung des Denkvermögens, damit es unser Diener wird und nicht uns beherrscht, und ferner darin, die Fähigkeit der Konzentration als Vorbereitung auf die wahre Meditation auszubilden. Der ernste Student wird daher diese volle Aufmerksamkeit auch den Ereignissen des täglichen Lebens zuwenden und wird dadurch lernen, sein Denkvermögen wie einen Denk-Apparat zu regulieren. Ich möchte hier die Notwendigkeit einer fortwährenden konzentrierten Einstellung dem Leben gegenüber besonders betonen. Das Geheimnis des Erfolges kann mit den einfachen Worten: Seid bei der Sache! ausgedrückt werden. Im Gespräch mit Menschen, beim Lesen eines Buches oder beim Schreiben eines Briefes wollen wir unsere Gedanken ständig auf das konzentrieren, was wir tun und dadurch allmählich die Fähigkeit zur Konzentration entwickeln. Mit dieser sorgsam gepflegten Einstellung müssen ganz bestimmte, täglich mit Ausdauer durchgeführte Konzentrationsübungen Hand in Hand gehen. Dazu gehört das Fixieren des Denkens auf einen besonderen Gegenstand oder ein erwähltes Thema. Sodann muss man beharrlich und ruhig lernen, das Bewusstsein aus der äusseren Welt und den exoterischen Zuständen zurückzuziehen und es nach Belieben auf irgendeinen Gegenstand zu konzentrieren. Die regelmässige und unablässige tägliche Konzentration überwindet allmählich die Schwierigkeit der Beherrschung und bringt Ergebnisse zustande, die man wie folgt aufzählen könnte: 1. Die Reorganisation des Denkvermögens. 2. Die Polarisierung des Menschen in seinem mentalen, anstatt emotionellen Vehikel. 3. Die Zurückziehung der Aufmerksamkeit von den Sinneswahrnehmungen und die Erwerbung der Fähigkeit, sich im Gehirn zu konzentrieren. Die meisten Menschen benutzen gleich den Tieren den Solar plexus. 4. Die Entwicklung der Fähigkeit augenblicklicher Konzentration als Einleitung zur Meditation. 5. Die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit fest und unverwandt auf einen erwählten Saatgedanken zu richten. II. Das Stadium der Meditation. Patanjali definiert Konzentration als das Festhalten des wahrnehmenden Bewusstseins in einem bestimmten Bereich, und Meditation als das verlängerte Festhalten dieses wahrnehmenden Bewusstseins in einem bestimmten Bereich. Der Unterschied besteht nur in einer Differenz des Zeitfaktors, und es handelt sich wohl in beiden Fällen um die Erlangung der Kontrolle. Durch die praktische Anwendung der Konzentration sollte eine genügende Kontrolle erlangt worden sein, so dass sich der Studierende nicht immer wieder damit plagen muss, seine Gedanken aufs neue zu sammeln. Eine verlängerte Konzentration bietet also dem Denkvermögen die Gelegenheit, auf jede Sache innerhalb des erwählten Betätigungsgebietes einzuwirken. Die Wahl eines Wortes oder eines Satzes als Meditationsgegenstand schafft dieses Betätigungsfeld, und wenn die Meditation gut geführt wird, schweift das Denken niemals von dem so gewählten Objekt ab. Es bleibt darauf konzentriert und ist während der ganzen Meditationsdauer tätig; überdies wird dem Denkvermögen nicht gestattet, mit dem Gegenstand oder dem Saatgedanken nach Belieben zu verfahren. Der Meditierende sollte sich während der Konzentration stets dessen bewusst bleiben, dass er sein Denkvermögen benützt. In der Meditation geht diese Bewusstheit (dass man das Denken benützt) verloren, es darf jedoch daraus kein Wachträumen und kein Verfolgen unerwarteter Ideen entstehen, die in Beziehung zum Gedankenobjekt auftauchen mögen. Der Saatgedanke wurde mit einer bestimmten Absicht gewählt, entweder wegen seiner Wirkung auf den Meditierenden oder wegen seines Nutzens für den Dienst an einer anderen Person oder mit Beziehung auf irgendein geistiges Werk, oder in irgendeiner Phase bei der Suche nach Weisheit. Wenn der Verlauf erfolgreich ist, wird im Meditierenden nur eine geringe oder gar keine Reaktion (als Freude oder fehlende Freude) hervorgerufen. Emotionelle Reaktionen sind überwunden und das Denkvermögen kann daher unbehindert in seinem eigenen Bereich funktionieren. Die Folge ist eine Klarheit des Denkens, wie sie nie zuvor erlangt wurde, denn das Denkvermögen ist bei gewöhnlicher Funktion stets mit Verlangen irgendwelcher Art verbunden und daher durch dieses beeinflusst. In diesem Bewusstseinszustand wird das Verlangen überstiegen, geradeso wie im späteren Stadium der Kontemplation das Denken überschritten wird. Wenn das Denkvermögen durch Behinderung oder ständige Wiederholung zur Tatenlosigkeit gezwungen wird, kann es weder in der Kontemplation überschritten, noch in der Meditation benützt werden. Die Angewohnheit, das Denken leer zu machen, ist nicht nur töricht, sondern ausgesprochen gefährlich. In den Yoga Sutras von Patanjali finden wir folgende Worte: «Die allmähliche Bezwingung der Tendenz des Denkvermögens, von einem Objekt zum anderen zu flattern und das Vermögen, sich auf ein einziges Ziel zu konzentrieren, führen zur Entwicklung der Kontemplation». [*U32] Meditation ist das Resultat von Erfahrung. Sie ist die augenblickliche Erlangung einer gedanklichen Einstellung auf Grund langer Übung. In der Bhagavad Gita finden wir die Feststellung, dass bei jeder Tätigkeit folgende fünf Faktoren beteiligt sind: 1. Das materielle Instrument #das Gehirn 2. Der Handelnde #das Selbst 3. Das Organ #das Denkvermögen 4. Der Impuls #Energie 5. Die Bestimmung (das Schicksal)# Karma. [*U28] Meditation ist eine Aktivität sehr intensiver Art und man wird feststellen, dass dabei tatsächlich alle fünf Faktoren mitspielen. Das materielle Instrument, |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |