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Vom Intellekt zur Intuition, Seite 95 ff. (engl.) |
(lesen) ist sehr dunkel und Philologen scheinen anzunehmen, dass hier zwei Worte
herangezogen werden müssen. Eines ist das lateinische Wort «reri», denken, und
das andere das Sanskritwort «radh», erfolgreich sein. Möglicherweise sind beide
Ideen zulässig, denn es ist gewiss wahr, dass derjenige, der am erfolgreichsten
denken und seinen Denkapparat kontrollieren und richtig gebrauchen kann, auch
die Technik der Meditation am leichtesten beherrschen wird.
Zu beten ist jedem möglich. Meditation ist aber nur dem mental polarisierten Menschen möglich und dies ist ein Punkt, der hervorgehoben zu werden verdient und dessen Behauptung oft Gegnerschaft hervorruft. Alle Menschen, die bereit sind, sich einer Selbstdisziplinierung zu unterwerfen und Emotion in geistige Hingabe (Devotion) umzuwandeln, können Heilige werden; viele unterwerfen sich wirklich in dieser Weise. Nicht alle Menschen jedoch können schon Wissende sein, denn dies setzt all das voraus, was der Heilige bereits erreicht hat und dazu den Gebrauch des Intellekts und die Kraft, durch Denken zu Wissen und Verstehen zu gelangen. Der erfolgreiche Mensch ist der denkende Mensch, also derjenige, der den sechsten Sinn, das Denkvermögen, zur Hervorbringung gewisser besonderer Resultate benützen kann. Andere Ursprungshinweise haben mit Worten zu tun, die auf eine Annahme von Ratschlägen hindeuten, so dass drei grundlegende Ideen zutage treten: Erfolgserlangung durch das Denkvermögen, also Erreichung der Vollkommenheit, die Annahme von Ratschlägen und die Verwendung aller Informationsquellen, um Wissen zu erlangen. Das ist der grundlegende Sinn des von Patanjali gebrauchten Ausdrucks, der mit «spiritual reading» (geistiges Lesen) übersetzt wurde. Er bedeutet wirklich ein Lesen mit den Augen der Seele, mit einer hellwachen inneren Vision, um das Gesuchte herauszufinden. Es wird klar erkannt, dass alle Formen nur Symbol einer inneren, geistigen Wirklichkeit sind; geistiges Lesen bedingt daher die Entwicklung der Fähigkeit, den in der äusseren Form verschleierten und verborgenen Lebensaspekt «zu lesen», also «zu sehen» und zu erkennen. Dies trifft sowohl auf eine menschliche Form als auch auf jede andere Form in der Natur zu; alle Formen verschleiern einen göttlichen Gedanken, eine Idee oder Wahrheit und sind daher die sinnlich wahrnehmbaren Manifestationen einer göttlichen Idee. Sobald ein Mensch dies weiss, beginnt er geistig zu lesen, unter die Oberfläche zu schauen und so auf die Grundidee zu kommen, welche die Form hervorbrachte. In dem Masse, als er darin Übung erlangt, kommt er schrittweise zur Erkenntnis der Wahrheit und wird nicht mehr durch die Erscheinungsform getäuscht. Die praktische Anwendung dessen wird den Menschen z.B. dazu führen, nicht die äussere Erscheinung eines Mitmenschen zu beachten, sondern sich mit ihm auf der Grundlage der in ihm verborgenen göttlichen Wirklichkeit zu befassen. Das ist nicht leicht, wird aber durch Übung in geistigem Lesen möglich. Die dritte Forderung ist Gehorsam dem Meister gegenüber. Das bedeutet jedoch nicht unterwürfige Aufmerksamkeit gegenüber den Befehlen eines mutmasslichen, verborgenen, geheimnisvoll hinter den Kulissen wirkenden Lehrers oder Meisters, wie dies von so vielen esoterischen Schulen verlangt wird. Es ist viel einfacher als das. Der wirkliche Meister, der unsere Aufmerksamkeit und den daraus erwachsenden Gehorsam beansprucht, ist der Meister im Herzen, die Seele, der innewohnende Christus. Dieser Meister lässt seine Gegenwart zuerst durch die «stille, kleine Stimme» des Gewissens fühlbar werden, eifert uns zu höherem, selbstloserem Leben an und warnt sofort mit eindringlicher Stimme, wenn wir vom geraden Weg der Rechtlichkeit abweichen. Später wird sie als die Stimme des Schweigens erkannt, als jene Äusserung, die vom «fleischgewordenen» Wort kommt, das wir selber sind. Jeder von uns ist ein Fleisch gewordenes Wort. Noch später nennen wir es die erwachte Intuition. Der Studierende der Meditation lernt zwischen diesen dreien genau zu unterscheiden. Dieses Erfordernis verlangt daher bedingungslosen Gehorsam, den der Aspirant sofort dem höchsten Impuls leistet, den er zu jeder Zeit und um jeden Preis verspüren kann. Wenn sich dieser Gehorsam zeigt, ruft er ein Niederströmen von Licht und Erkenntnis aus der Seele hervor, worauf Christus mit den Worten hinweist: «So jemand will des Willen tun, der wird innewerden ...» (Ev. Joh. VII, 17). Diese drei Faktoren: Gehorsam, Suche nach Wahrheit in jeglicher Form und ein brennendes Verlangen nach Befreiung sind die drei Abschnitte des Aspirationsstadiums und müssen dem der Meditation vorangehen. Sie brauchen nicht in ihrer ganzen Vollständigkeit zum Ausdruck kommen, müssen aber im Leben als wirksame Verhaltungsregeln eingebaut sein. Sie führen zu innerer Loslösung, einer Eigenschaft, die im Osten wie auch im Westen nachdrücklich betont wird. Das ist das Befreien der Seele von der Knechtschaft des Formlebens und die Unterordnung der Persönlichkeit unter die höheren Impulse. Dr. Maréchal drückt die diesbezügliche christliche Absicht wie folgt aus: «Was bedeutet diese Loslösung vom Selbst?» «Zuerst ist es klarerweise die Loslösung vom niederen, durch die Sinne wahrnehmbaren Ich das heisst die gewohnheitsmässige Unterordnung des fleischlichen Gesichtspunktes unter den geistigen, die Koordinierung der niederen Vielheit unter eine höhere Einheit». «Ferner ist es die Loslösung vom grosssprecherischen Ich, vom zerstreuten, launischen Ich, dem Spielball äusserer Umstände, dem Sklaven schwankender Meinungen. Stetigkeit inneren Lebens könnte sich einer so schwankenden Einheit nicht anpassen». «Vor allem aber ist es die Loslösung vom "stolzen Ich". Wir müssen dies recht verstehen, denn Demut wird mit Recht als eine der charakteristischen Merkmale christlicher Askese und Mystik betrachtet». [*U27] Hier sehen wir also die Unterordnung des physischen, emotionellen und mentalen Lebens unter den göttlichen Plan, Einheit zu erlangen, betont, denn Launenhaftigkeit ist eine Eigenschaft des Empfindungsapparates, während Stolz eine solche des Denkvermögens ist. Der Meditationsprozess gliedert sich in fünf Abschnitte, die einander regelmässig folgen. Wir wollen diese verschiedenen Stadien durchnehmen und jedes gesondert studieren, denn wenn wir sie beherrschen, können wir den stetigen Aufstieg des bewusst sprirituellen Menschen aus dem Reich der Empfindungen in das der Erkenntnis und sodann in das der intuitiven Erleuchtung verfolgen. Diese Stadien können kurz wie folgt aufgezählt werden: I. Konzentration. - Der Akt der Konzentration des Denkvermögens, wodurch man lernt, dieses auf einen Zielpunkt einzustellen und so zu gebrauchen. 2. Meditation. - Die verlängerte Konzentration der Aufmerksamkeit in einer bestimmten Richtung und das beständige Festhalten des Denkens an einer gewünschten Idee. 3. Kontemplation. - Eine Tätigkeit der Seele, losgelöst vom Denken, das in einem Zustand der Ruhe gehalten wird. 4. Erleuchtung.- Das Resultat der drei vorangegangenen Prozesse, verbunden mit dem Herabbringen der erlangten Erkenntnis in das Gehirnbewusstsein. 5. Inspiration. - Die Auswirkung der Erleuchtung, wie sie sich im Leben des Dienstes bemerkbar macht. Wenn diese fünf Stadien befolgt werden, führen sie zur Vereinigung mit der Seele und zum direkten Erkennen der Göttlichkeit. Für die meisten, die das Studium der Meditation in Angriff nehmen, ist Konzentration, die Erlangung der Kontrolle über die mentalen Vorgänge, das Stadium, das ihre ganze Aufmerksamkeit während einer langen Zeitspanne praktisch unter Ausschluss der anderen Stadien in Anspruch nehmen sollte. Aspiration ist aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin bis zu einem gewissen Grade vorhanden, da sonst kein Verlangen nach Meditation bestünde. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass Aspiration allein nicht weiterhilft, wenn sie nicht von einem starken Willen, einer Fähigkeit zur Ausdauer und geduldigen Beharrlichkeit unterstützt wird. I. Das Stadium der Konzentration. In allen Schulen fortgeschrittener oder intellektueller Mystik besteht der erste und notwendige Schritt darin, die Kontrolle über das Denken zu erlangen. Meister Eckehart, der im vierzehnten Jahrhundert schrieb, sagt: «Der Heilige Paulus erinnert uns daran, dass wir als Ebenbilder Gottes zu einer höheren und wahreren Vision gelangen können. Dazu benötigen wir sagt der Hl. Dionysius dreierlei. Erstens die Besitzergreifung unseres Denkvermögens. Zweitens ein freies Denkvermögen. Drittens eines, das "sehen" kann. Wie können wir dieses grübelnde und betrachtende Denkvermögen erwerben? Durch die Gewohnheit mentaler Konzentration». [*U31] Diese Auffassung steht in vollster Übereinstimmung mit der östlichen Methode, die den Menschen zuerst zur Beherrschung seines Mentalapparates zu bringen sucht, so dass er diesen nach Belieben benützen kann und nicht (wie dies so oft der Fall ist) ein Opfer seines von Gedanken und Ideen beherrschten Denkvermögens wird, über die er keine Kontrolle besitzt und die er nicht verbannen kann, wie sehr er dies auch wünschen mag. Die gleichen Ideen wie die Meister Eckeharts können auch in der altehrwürdigen indischen Schrift, der Bhagavad Gita, gefunden werden: «Der Denksinn, o Krishna, ist wankelmütig; er ist stürmisch bewegt; eigensinnig und schwer im Zaum zu halten. Er scheint sich ebenso schwer zügeln zu lassen wie der Wind». «Zweifellos ist das Denken schwer zu zähmen, denn es ist flatterhaft und huldigt bald diesem, bald jenem; aber es kann durch Übung und Beharrlichkeit bezwungen werden». «Wenn deine Seele durch den Wald der Täuschungen hindurchkommen soll, dann sollst du nicht mehr beachten, was gelehrt worden ist oder gelehrt werden wird». «Wenn abgewandt der Überlieferung dein Denken fest und unbeirrbar in der Schau verweilt, dann wird Vereinigung dir zuteil». [*U28] Der erste Schritt besteht also in der Beherrschung des Denkvermögens. Darunter versteht man jene Kraft oder Macht, die das Denken dazu bringt, das zu tun, was man will, das zu denken, was einem beliebt und Ideen und Gedankenfolgen nach erteilter Weisung zu formulieren. In den meisten Fällen besteht die Funktion des Denkvermögens zunächst darin, von der äusseren Welt über die fünf Sinne Botschaften zu empfangen, die durch das Gehirn übermittelt wurden. Hume sagt, dass «das Denken eine Art Theater sei, worin mehrere Wahrnehmungen nacheinander auftreten». Es ist der Sitz intellektueller Funktionen und eine Registrierungszentrale für Eindrücke aller Art, auf Grund deren wir handeln oder deren Annahme wir ablehnen, wenn sie uns nicht passen. Das Denkvermögen hat die Tendenz, das anzunehmen, was ihm dargeboten wird. Die Vorstellungen der Psychologen und der Wissenschaft über die Natur des Denkvermögens sind zu zahlreich, als dass hier darauf eingegangen werden könnte. Manche betrachten es als eine für sich bestehende Wesenheit, andere wiederum als einen Mechanismus, dessen integrale Teile das Gehirn und das Nervensystem sind. Eine Schule lehrt, dass es «eine Art höherer, nicht physischer Organismus sei ... , der für ein exaktes wissenschaftliches Studium zugänglich und seinen eigenen Störungen unterworfen ist». Andere dagegen sehen in ihm eine Form des Selbstes mit eigenem Leben; oder einen im Lauf von Äonen aufgebauten Schutzmechanismus; oder einen Reaktionsapparat, durch den wir mit Aspekten des Universums in Berührung kommen, die uns sonst unzugänglich wären. Für manche ist es einfach ein unbestimmter Begriff für das, womit wir Gedanken registrieren oder auf Vibrationen reagieren, wie sie z.B. in der öffentlichen Meinung oder in den Büchern aller Zeiten ihren Niederschlag finden. Dem Esoteriker ist es einfach ein Wort, das einen Aspekt des Menschen bezeichnet, der in einer gewissen Richtung für die äussere Welt des Denkens und Handelns empfänglich ist, der aber ebensogut in einer anderen Richtung auf die Welt subtiler Energien und geistiger Existenz reagieren kann. An dieser Vorstellung werden wir beim Studium der Meditationstechnik festhalten. Dr. Lloyd Morgan fasst dies in einer Weise zusammen, die alle Teildefinitionen enthält. Er sagt: « ... das Wort "Denkvermögen" (mind) kann in dreifachem Sinne gebraucht werden; erstens als Denkprinzip oder Geist in bezug auf eine grosse Aktivität, für uns Gott; zweitens als eine Qualität, die auf einer hohen Stufe des evolutionären Fortschrittes in Erscheinung tritt; und drittens als physisches Attribut, das alle natürlichen Ereignisse in universeller Wechselbeziehung durchdringt». [*U35] Hier haben wir die Idee der göttlichen Absicht, das universelle Denkvermögen, die Vorstellung über jene menschliche Denkweise, die auf der Leiter der Evolution den Menschen vom Tiere unterscheidet, sowie die Bezugnahme auf jenes universelle psychische Bewusstsein, welches das Belebte und das sogenannte Unbelebte durchdringt. Mit eben diesem Denkvermögen als einer Qualität, die auf einer hohen Entwicklungsstufe in Erscheinung tritt, haben wir als Menschen zu tun. Es ist für uns ein Kontaktmittel, das Mitteilungen aus verschiedenen Quellen und auf verschiedene Art empfängt. Informationen werden durch die fünf Sinne übermittelt und der Mensch wird der Welt physischer Phänomene und psychischen Lebens gewahr, darin er versunken ist. Aber nicht nur das, das Denkvermögen registriert auch von anderen Denkvermögen ausstrahlende Eindrücke, und die Gedanken der Menschen (alte wie moderne) werden ihm durch Lektüre, durch das gesprochene Wort, durch Schauspiele, durch Bilder und Musik vermittelt. |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |