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Vom Intellekt zur Intuition, Seite 32 ff. (engl.) |
bewussten Motiv unseres Lebens werden. Bisher hat sie diese Rolle noch nicht
gespielt. Und doch ist gerade dies von grösster Bedeutung, denn das
Bewusstseinszentrum bestimmt den Ausgangspunkt des Menschen. Wohin immer er in
sich den Schwerpunkt verlegt, dort befindet er sich tatsächlich; das ganze Wesen
des Menschen stellt sich danach um ... deshalb ist für ein auf Erkenntnis
basierendes Leben eine Erziehung zur Synthese von Verstehen und Handeln
notwendig.
Alle Erziehung im Osten ist rein auf das Erfassen des Sinnes gerichtet, das ... der einzige Weg ist, der gewiesen werden kann und zur Erhöhung des Niveaus des wesentlichen Seins führt. ... Das Wesentliche ist nicht Unterweisung, sondern Verstehen, und dieses kann nur durch persönliche, schöpferische Anwendung erreicht werden. ... Den Sinn erfassen heisst immer, einem Ding einen Sinn geben; die Erweiterung der Sinngebung erfolgt von innen nach aussen. Daher stehen angehäuftes Wissen und Verstehen in Wirklichkeit zueinander in derselben Beziehung wie Natur und Geist. Unterweisung wird auf dem Wege von aussen nach innen gewonnen; Verstehen aber ist ein schöpferischer Prozess in entgegengesetzter Richtung. Unter diesen Umständen ist es klar, dass kein direkter Weg von einem Ziel zum andern führt. Man kann alles wissen, ohne indes gleichzeitig etwas überhaupt zu verstehen. Und das ist genau der Zustand, in den unsere auf Anhäufung von Kenntnissen zielende Erziehung die Mehrheit der Menschen gebracht hat». [*U16] Dieses Buch möchte sich mit der Methode befassen, nach der die Fähigkeit, im höheren Bewusstsein zu funktionieren, entwickelt werden und der Mensch sein Wesen zur Erzielung grösserer Resultate neugestalten kann. Es befasst sich mit der Methode, die als Spezialschulung und Selbst-Bildung für jedermann, der dieses höhere Ziel anzustreben vermag, anwendbar ist. Wenn dieser Wunsch im Denken eine klare und vernünftige Form annehmen und als vollkommen berechtigtes und erstrebenswertes Ziel eingeschätzt werden kann, das erreichbar ist, dann wird man auch eifrig danach trachten. Wenn die menschliche Gesellschaft die Mittel und die Gelegenheit zu solchem Vorwärtskommen bieten kann, werden viele freudig diesen Weg suchen. Die vorgeschlagene Methode ist eine individuelle Technik, die den Studenten, der aus der gewöhnlichen akademischen Erziehung Nutzen gezogen und Lebenserfahrungen gesammelt hat, instandsetzt, sein Bewusstsein so zu erweitern, dass er allmählich seine gegenwärtigen Begrenzungen überschreitet und sein Denken höheren Anschauungen zuwendet. Er wird die Seele als die grosse Realität entdecken und dadurch zu direkter Erfahrung spiritueller Dinge gelangen. Everett Dean Martin definiert Erziehung als «geistige Umwertung des menschlichen Lebens. Es ist ihre Aufgabe, dem Einzelmenschen eine neue geistige Einstellung zu geben und ihn zu befähigen, eine reichere und bedeutsamere Ansicht über seine Erfahrungen zu gewinnen und sich über und nicht in das System seiner Glaubensüberzeugungen und Ideale zu stellen». [*U17] Diese Definition öffnet dem wissenschaftlichen Streit notwendigerweise Tür und Tor, denn ein jeder von uns lebt in einer anderen Umgebung; jeder hat seine besonderen Probleme und Charaktereigenschaften, die auf Vererbung, auf unserem physischen Zustand und vielen anderen Faktoren beruhen. Folglich müsste der Wertstandard für jeden Menschen, jede Generation, jedes Land und jede Rasse abgeändert werden. Dass Erziehung uns für eine «vollständige Lebensweise» (wie Herbert Spencer es ausdrückt) vorbereiten soll, mag wahr sein, aber der geistige Horizont und die Fassungskraft der Menschen sind verschieden. Zwischen der für Menschen niedrigsten und höchsterreichbaren Stufe gibt es unendlich viele Zwischenstufen; überdies kann ein Mensch, der für einen besonderen Wirkungsbereich geeignet ist, sich in einem andern sonderbarerweise als unfähig erweisen. Es müsste daher eine bestimmte Norm für diese «vollständige Lebensweise» festgelegt werden, wenn diese Definition irgend einen Nutzen haben soll. Dazu ist notwendig, dass wir uns über den reinen Typus des abgerundeten und vollkommenen Menschen und den gesamten Bereich seiner Kontakte klar werden. Es ist unwahrscheinlich, dass wir die Möglichkeiten des menschlichen Reaktionsapparates und der Umwelt, mit der ein Mensch in Berührung kommen kann, erschöpft haben. Wo verlaufen die Grenzen, innerhalb deren ein Mensch wirken kann? Wenn es Erkenntniszustände von der Stufe des Hottentotten bis hinauf zu unseren Intelligenzkreisen und weiter bis zu den Genies und Führern auf allen Gebieten menschlicher Wesensäusserung gibt, was bildet den Unterschied zwischen ihnen) Warum sind ihre Wahrnehmungsbereiche von einander so grundverschieden? Rassische Entwicklung, wird jemand antworten; Stabilität oder Instabilität der Drüsen, wird ein anderer sagen; Verschiedenheiten der Umgebung und Erbanlage, das Vorhandensein oder Fehlen einer angemessenen Erziehung, werden wieder andere Denkergruppen meinen. Doch aus dem Wirrwarr der Meinungen hebt sich die grundlegende Tatsache heraus, dass der Bereich menschlicher Erkenntniskraft sehr gross ist, und wir werden uns des Wunders bewusst, dass die Menschheit solche ausserordentliche Leistungen umfassenden Verstehens, reiner Wesensäusserung und veredelnden weltweiten Einflusses zustande gebracht hat, wofür wir in Christus, Buddha, Plato und vielen anderen den Beweis haben, deren Gedanken und Worte dem menschlichen Denken für Tausende von Jahren ihren Stempel aufgedrückt haben. Was machte sie zu dem, was sie sind? Sind sie aus dem Herzen des Unendlichen hervorgegangene Wunder, die aber niemals ihresgleichen finden können? Sind sie Ergebnisse des Evolutionsprozesses und wurden sie durch ausserordentliche Erfahrung und Entfaltung so mächtig? Oder sind sie die Blüten der menschlichen Rasse, die ihrer Veranlagung und Schulung eine besondere Bildung hinzufügten, die sie befähigte, in eine, den meisten verschlossene spirituelle Welt einzudringen und in einer Dimension zu wirken, von der sogar unsere fortgeschrittensten Denker nichts wissen? Haben nun unsere modernen Erziehungssysteme die Menschheit als Ganzes in einen Zustand gebracht, da viele Tausende für diese spezielle Ausbildung bereit sind? Stehen wir daher vor einer Krise auf erzieherischem Gebiet, die ihre Wurzeln in einem Erfolg hat, der wenn er nach den gleichen Grundsätzen fortgeführt wird sich als Nachteil statt als Hilfe erweisen wird, weil der Mensch zu etwas Neuem bereit ist? Manche von uns halten dies für möglich und sind der Ansicht, dass es für die Erzieher an der Zeit wäre, Menschen auf diese neue und göttliche Erfahrung und auf dieses wundervolle Experiment vorzubereiten, das sie überall in den Besitz ihrer selbst bringen wird was bisher nur das Vorrecht der Mystiker und Wissenden der Menschheit war. Diese Wissenden haben von einer ausgedehnteren Welt Zeugnis abgelegt als nur von der, die uns durch den Nervenmechanismus erschlossen und die von Chemikern, Physikern, Biologen und Anthropologen erforscht wird. Sie haben in ganz unzweifelhaften Ausdrücken von einem Reiche von Kontakten und des Gewahrseins gesprochen, in dem die gewöhnlichen Sinne nutzlos sind. Sie behaupten, in diesen subtileren Reichen gelebt und sich bewegt zu haben, und die Ausdauer, die sie in der mystischen Suche nach Wirklichkeit bewiesen haben sowie die Gleichartigkeit ihrer Zeugenschaft durch alle Zeitläufe bestärken in uns den Glauben an die Möglichkeit einer solchen nicht greifbaren Welt und eines Reaktionsapparates, mittels dessen man mit dieser Welt in Berührung kommen kann. Die Reihen dieser «irregeführten» Mystiker und intuitiven Denker umfassen Zehntausende der besten Köpfe der Menschheit. Sie sprechen zu uns mit den Worten Walt Whitmans: «Ich und meinesgleichen überzeugen nicht durch Argumente, wir überzeugen durch unsere Gegenwart». [*U18] Erziehung wurde auch beschrieben als «eine abenteuerliche Suche nach dem Sinn des Lebens, wozu die Fähigkeit gehört, Dinge durchzudenken». Wer dies sagte, ist mir unbekannt, doch scheint mir dieser Ausspruch eine ausgezeichnete Beschreibung des Weges des Mystikers und der Meditationstechnik zu sein, durch die der Mystiker ein vollbewusster Wissender wird. Trotz aller Deutungsversuche bleibt aber doch die Tatsache bestehen, dass der Mensch als Suchender durch die Zeitläufe geht, und dieses Forschen bringt ihn viel weiter als die konkreten Äusserlichkeiten der Welt, in der er lebt. Dr. Overstreet richtet darauf unsere Aufmerksamkeit mit Worten, die eine wahre mystische Botschaft sind. Er sagt: «Im Ganzen sind wir Geschöpfe, die "Dinge" sehen. Wir erfassen nur, was wir sehen, und sehen gewöhnlich nicht darüber hinaus. Die Welt als blosse Welt von Dingen zu erleben, heisst zweifellos, etwas Bedeutungsvolles zu versäumen. Das Erfahrungswissen über Dinge ist soweit es diese betrifft sicherlich gut. Es ermöglicht uns, auf unserer Welt umherzuziehen und die Lebensfaktoren mit einigem Erfolg zu handhaben. ... Es ist aber sehr wohl möglich, von der Welt eine andersartige Empfindung zu bekommen, wenn man eine andere Denk-Gewohnheit entwickeln kann. Das ist, kurz gesagt, die Gewohnheit, hinter der sichtbaren Wirklichkeit das Unsichtbare zu sehen; die Gewohnheit, die Oberfläche zu durchdringen, um durch die Dinge hindurch deren Ursprung zu erkennen». [*U3] Die Menschen sind heute vielleicht bereit, die Oberfläche zu durchdringen und ihr Forschen in der äusseren Naturform bis zu deren Ursache voranzutreiben. Vielleicht sind wir zu leicht geneigt, den religiösen Geist mit dem mystischen Suchen zu verwechseln. Denn alles klare Denken über das Leben und die grossen Naturgesetze führt - wenn es beharrlich und stetig fortgesetzt wird schliesslich in die mystische Welt; dies beginnen die besten Wissenschaftler unserer Zeit zu erkennen. Religion fängt mit der anerkannten Hypothese über das Unsichtbare und Mystische an. Die Wissenschaft aber arbeitet vom Sichtbaren zum Unsichtbaren, vom Objektiven zum Subjektiven hin und gelangt zur gleichen Erkenntnis. Auf diese Weise kommt - wie gesagt - der Mystiker durch Forschen und dadurch, dass er von Form zu Form ins Innere geht, schliesslich zur Herrlichkeit des enthüllten Selbstes. Es scheint eine unabänderliche Wahrheit zu sein, dass alle Pfade zu Gott führen, wenn man Gott als das endgültige Ziel, das Symbol der menschlichen Suche nach Wirklichkeit ansieht. Der Glaube an eine höhere Dimension und eine andere Seinswelt ist nicht länger mehr ein Zeichen von Aberglaube. Sogar das Wort «übernatürlich» wurde für absolut achtbar befunden, und es erscheint durchaus möglich, dass unsere Erziehungssysteme eines Tages die Vorbereitung eines Individuums für ein Überschreiten seiner natürlichen Begrenzungen als vollkommen gerechtfertigten Teil ihrer Obliegenheiten ansehen werden. Es ist interessant, was Dr. C. Lloyd Morgan in den 1923 abgehaltenen Clifforder Vorlesungen über das Wort «übernatürlich» zu sagen hat: «Es gibt ich gestehe es einen durch den Verstand erfassbaren Sinn, womit gesagt werden kann, dass in der aufsteigenden Stufenleiter der Fortschrittstadien, die man als Manifestation göttlicher Absicht ansehen kann jedes höhere Stadium gegenüber dem vorangegangenen übernatürlich ist. In diesem Sinne ist Leben gegenüber dem Anorganischen übernatürlich; überlegende, gedankliche Fassungskraft ist naiver gedankenloser Wahrnehmung gegenüber übernatürlich. Die religiöse Einstellung mit Anerkennung einer göttlichen Absicht ist der ethischen Gesinnung in sozialen Belangen gegenüber übernatürlich. Die religiöse Geisteshaltung ist für jene die den nach ihrer Ansicht höchstmöglichen Grad erreichen, das erhabenste Beispiel des Übernatürlichen. Sie ist das Unterscheidungsmerkmal des spirituellen Menschen». Und er fügt sehr schön und treffend soweit es den hier behandelten Gegenstand betrifft hinzu, dass «wir den Nachdruck auf eine neue Geisteshaltung legen müssen, denn eben diese denke ich - tritt zutage. Daher können wir von einer neuen "Vision" und einem neuen "Herzen" sprechen, die einer höheren und reicheren Freude fähig sind». [*U19] Dr. Hocking führt in seinem bemerkenswerten Buch «Die menschliche Natur und ihre Erneuerung» aus, dass Erziehung zwei Aufgaben habe. Erst muss sie den menschlichen Typus herausarbeiten und dann das Hinauswachsen über diesen Typus besorgen. Erziehung soll den Menschen wahrhaft menschlich machen, sie muss sein Wesen abrunden und vervollkommnen und so jenen tieferen Kräften und Anlagen, denen die ganze Menschheit zustrebt, zum Durchbruch verhelfen. Die Hervorrufung des Willens zu - wissen und später des Willens zu - sein muss einem natürlichen Entwicklungsgang folgen. In diesem Zusammenhang wird die Methode der Meditation als Teil der höheren Erziehung angesehen werden, deren Entwicklung das Neue Zeitalter bringen wird; sie wird sich als Mittel zur Weiterentwicklung des abgerundeten menschlichen Wesens und als Wegweiser in ein neues Naturreich erweisen. Meditation ist in erster Linie ein selbst-veranlasster Erziehungsprozess, der alle Willenskräfte erweckt, dessen Ausgangspunkt das jetzige geistige Rüstzeug ist, der aber schliesslich einen neuen Typus, den Seelen-Typus, mit seinem eigenen, inneren Apparat hervorbringt, der wiederum den Keim zu noch grösserer Entfaltung in sich trägt. Im Gegensatz zu einer von aussen her auferlegten Verpflichtung kommt der neue Erziehungsprozess aus dem Innern und wird zu jener selbstauferlegten mentalen Disziplin, die wir durch die so oft missverstandenen Worte - Konzentration, Meditation und Kontemplation - kennzeichnen. Aus einer Gedächtnisschulung und der Entwicklung einer raschen Handhabung des Reaktionsapparates, der uns mit der äusseren Welt in Berührung bringt, wird die Erziehungstechnik zu einem System der Denkkontrolle und führt im Weiteren zu innerer Wahrnehmung eines neuen Seinszustandes. Zuletzt bewirkt sie eine schnelle Reaktion und Empfänglichkeit gegenüber einer immateriellen und unsichtbaren Welt und gegenüber einer neuen Reihe instinktiver Erkenntnisse, die ihren Sitz wiederum in einem feineren Reaktionsapparat haben. Der Seelen-Typus drückt sich dem menschlichen Typus in gleicher Weise auf, wie dieser den tierischen beeinflusst hat; und so wie der menschliche Typus das Produkt von Massenschulung und Instinkt ist und durch |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |