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Das Bewusstsein des Atoms, Seite 19 ff. (engl.)
«Absicht» unternommen worden sind und die allmähliche Entwicklung des Plans müssen wir aufzeigen, und erst dann lässt sich möglicherweise erkennen, was uns in den künftigen Stadien bevorsteht.

Lassen Sie [20] uns einen Augenblick überlegen, was mit den Worten «evolutiver Prozess» gemeint ist. Wir gebrauchen dauernd diese Worte und im allgemeinen weiss man, dass «Evolution» ein Entfalten von innen nach aussen bedeutet, also das, was sich aus einem inneren Zentrum her entrollt. Aber es ist wichtig, die Idee klarer zu definieren, um eine deutlichere Vorstellung zu bekommen. Eine der treffendsten Definitionen, die mir untergekommen sind, besagt, dass «Evolution die Entfaltung einer stetig zunehmenden Reaktionsfähigkeit ist». Hier haben wir eine sehr einleuchtende Begriffsbestimmung bei der Betrachtung der Manifestation des Materieaspektes. Sie beinhaltet das Konzept der Schwingung und der Reaktion auf Schwingung, und selbst wenn wir mit der Zeit den Begriff «Materie» aufgeben und stattdessen vielleicht «Kraftzentrum» sagen wollen, bleibt das Konzept doch gültig und die Reaktion des Zentrums auf Stimulierung wird sogar noch genauer [21] erkennbar. Bei Betrachtung des menschlichen Bewusstseins ist genau diese Definition sogar wirklich wertvoll. Sie enthält die Idee einer allmählich zunehmenden Verwirklichung, nämlich der sich entwickelnden Antwort des subjektiven Lebens auf seine Umwelt; und sie kann uns schliesslich weiter und bis hinauf zum Ideal einer geeinten Existenz führen, welche die Synthese aller Evolutionswege ist, und zum Begreifen eines zentralen Lebens oder einer Kraft, die alle evolvierenden Einheiten verbindet und zusammenhält, ob es Materieeinheiten wie das Atom des Physikers und Chemikers, oder Bewusstseinseinheiten wie menschliche Wesen sind. Das ist Evolution, nämlich der Vorgang, der das Leben in allen Einheiten zur Entfaltung bringt, der Drang zur Entwicklung, der schliesslich zur Verschmelzung aller Einheiten und Gruppen führt, bis wir die Gesamtsumme der Manifestation haben, die Natur oder Gott genannt werden kann und die das Aggregat aller Bewusstseinszustände ist. Das ist der «Gott», auf den sich der Christ bezieht, wenn er sagt, «in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir»; das ist die Kraft oder Energie, die der Wissenschaftler anerkennt; und es ist das universale Denken oder die Überseele des Philosophen. Das ist auch der intelligente Wille, der lenkt, formuliert, bindet, erbaut und entwickelt und alles letztlich zur Vollkommenheit bringt. Das ist die der Materie selbst innewohnende Vollkommenheit und die Tendenz, die im Atom, im Menschen und in allem was ist, latent vorhanden [22] ist. Diese Interpretation sieht den Evolutionsprozess nicht als das Wirken einer ausserhalb befindlichen Gottheit, die ihre Energie und Weisheit auf eine erwartungsvolle Welt ausgiesst, sondern vielmehr als etwas, das selbst in dieser Welt latent vorhanden ist, denn es liegt verborgen im Kern des Atoms, im Herzen des Menschen selbst, im Planeten und im Sonnensystem. Es ist jenes Etwas, das alles seinem Ziel entgegentreibt und die Kraft, die allmählich aus dem Chaos Ordnung schafft; letzte Vollkommenheit aus der zeitweiligen Unvollkommenheit; Gutes aus scheinbar Bösem; und aus dem Dunkel und Unheil das, was wir eines Tages als schön, wahr und recht erkennen werden. Es ist alles das, was wir in unseren höchsten und besten Augenblicken visionär erschaut und erkannt haben.

Evolution wurde auch schon als «zyklische Entwicklung» definiert und diese Definition bringt mich auf einen Gedanken, von dem ich dringend wünsche, wir könnten ihn voll erfassen. Die Natur wiederholt sich ohne Unterlass, so lange, bis ein definitives Ende irgend einer Art erreicht ist, bestimmte konkrete Ergebnisse zustandegebracht und bestimmte Reaktionen auf Schwingungen zustandegekommen sind. Durch Erkenntnis dieser zustandegekommenen Ergebnisse ist die intelligente Absicht der innewohnenden Existenz demonstrierbar. Die hierbei anzuwendende Methode ist Unterscheidung oder intelligente Auswahl. In den Textbüchern der verschiedenen Denkschulen werden häufig Worte gebraucht, welche die gleiche generelle Idee vermitteln sollen, wie zum Beispiel «natürliche Selektion» oder «Anziehung und Abstossung». Wenn möglich möchte ich solche Fachausdrücke vermeiden, denn sie bedeuten in der einen Denkrichtung etwas ganz anderes als in einer anderen. Wenn wir ein Wort finden können, welches das gleiche sagen will, aber nicht auf eine spezielle Denkrichtung festgelegt ist, können wir unser Problem [23] in neuem Licht erkennen. Im Sonnensystem sind Anziehung und Abstossung nichts weiter als die Unterscheidungsfähigkeit des Atoms oder des Menschen, die sich in den Planeten und der Sonne demonstriert. Diese Fähigkeit findet sich in Atomen aller Art und wir können sie «Anpassung» nennen, wenn wir wollen oder die Kraft, zu wachsen und durch Zurückweisen bestimmter Faktoren und Annehmen anderer, die jeweilige Lebenseinheit ihrer Umgebung anzupassen. Im Menschen äussert sich die Unterscheidungsfähigkeit als freier Wille oder als die Fähigkeit, eine Wahl zu treffen; im geistigen Menschen ist sie als die Tendenz zu Opferbereitschaft erkennbar, denn dann wählt er eine bestimmte Handlungsweise im Hinblick auf das Wohl der Gruppe, der er angehört und lehnt ab, was rein selbstsüchtiger Natur ist.

Und schliesslich könnten wir Evolution auch als «geordnete Veränderung» und konstante Mutation definieren. Sie äussert sich als unaufhörliche Aktivität der Lebenseinheit, des Atoms, in der Wechselwirkung zwischen Gruppen und dem endlosen Einwirken von einer Kraft oder Energieart auf eine andere.

Wir sehen also, dass Evolution, ob die der Materie, der Intelligenz, des Bewusstseins oder des Geistes, in einer sich ständig steigernden Fähigkeit besteht, auf Schwingung zu reagieren; dass sie durch unaufhörlichen Wandel fortschreitet und zwar durch Anwendung eines selektiven Verfahrens, das wir Unterscheidungsfähigkeit nennen und durch die Methode zyklischer Entwicklung oder Wiederholung.

Die Stadien, [24] die den evolutiven Vorgang kennzeichnen, können grob in drei Stufen übersichtlich gemacht werden, die den Stadien im menschlichen Leben entsprechen: Kindheit, Jugend und Reife. Beim Menschen lassen sich diese Stadien im Individuum oder in der Rasse verfolgen, und je weiter die Zivilisationen fortschreiten und je mehr Zivilisationen wir hinter uns bringen, desto eher wird es möglich werden, diese dreifache Idee in der Menschenfamilie als Ganzes zu erkennen und so die göttliche Absicht durch das Studium seines Abbilds, seines Spiegelbildes, des MENSCHEN, zu ermitteln. Wir können diese drei Stadien auch in wissenschaftlicheren Begriffen ausdrücken und mit den drei beschriebenen Denkrichtungen in Verbindung bringen, und studieren sie dann als

a. die Stufe der Atomenergie,

b. die Stufe der Gruppenkohärenz,

c. die Stufe der geeinten oder zur Synthese gebrachten Existenz.

Lassen Sie mich versuchen, zu erklären, was ich meine. Die Stufe der Atomenergie betrifft grösstenteils die materielle Seite des Lebens und entspricht der Kindheitsperiode eines Menschen oder einer Rasse. Es ist die Periode der Realitätsbezogenheit, der lebhaften Aktivität, vor allem der Entwicklung durch Handeln, oder der reinen Selbstbezogenheit und des Eigeninteresses. Sie bringt die materialistische Anschauung hervor und führt unweigerlich [25] zu Egozentrik. Denn sie beinhaltet die Erkenntnis des Atoms als ein in sich Abgeschlossenes und erkennt ebenso die menschliche Einheit als ein separates, von allen anderen Einheiten abgetrenntes Leben ohne Beziehung zu den anderen Lebenseinheiten. Ein solches Stadium ist bei den wenig entwickelten Rassen der Welt, aber auch bei kleinen Kindern und Unterentwickelten zu beobachten. Sie sind normal auf sich selbst konzentriert, ihre Energien kreisen um das eigene Leben, und sie beschäftigen sich nur mit objektiven und berührbaren Dingen; ihr Charakteristikum ist eine notwendige Selbstsucht, die sie schützt. Es ist dies ein für die Entwicklung und Fortdauer der Rasse sehr wichtiges Stadium.

Aus dieser selbstbezogenen, atomischen Periode entwickelt sich die nächste, die der Gruppenkohärenz. In ihr bilden sich die Formen und Arten, bis endlich etwas kohärentes und in sich individualisiertes Ganzes entstanden ist, das jedoch aus vielen niedrigeren Individualitäten und Formen zusammengesetzt ist. Beim menschlichen Wesen entspricht das dem erwachenden Verständnis für Verantwortlichkeit und dem Erkennen des eigenen Platzes in der Gruppe. Es bedingt die Fähigkeit, seinerseits zu erkennen, dass es ein grösseres Leben gibt als das eigene, ob dieses Leben «Gott» genannt oder einfach als das Leben der Gruppe, zu der ein Mensch als Einheit gehört, aufgefasst wird, nämlich jene grosse Identität, von der jeder von uns ein Teil ist. Das entspricht der Denkrichtung die wir die «supranatürliche» genannt haben und die im Lauf der Zeit von einer zutreffenderen, breiteren Konzeption abgelöst werden muss. Wie wir bereits gesehen haben, entwickelte sich das erste (Atom) Stadium durch das Mittel der Selbstsucht oder das selbstzentrierte Leben des Atoms (ob des Substanzatoms oder des menschlichen Atoms). Das [26] zweite Stadium kommt zur Vollendung durch das Opfer der einzelnen Einheit für das Wohl der Vielen und des Atoms für die Gruppe von Atomen, in der es seinen Platz hat. Über dieses Stadium wissen wir bis jetzt praktisch noch wenig und es ist das, was wir uns oft visionär vorstellen und erhoffen.

Das dritte Stadium liegt noch in weiter Ferne und mag vielleicht als wesenloses Hirngespinst gelten. Aber für einige von uns ist es eine Vision, die gegenwärtig zwar noch unerreichbar, aber dennoch logisch möglich ist, wenn unsere Prämissen korrekt sind und unsere Begründung richtig definiert ist. Es ist das Stadium der «geeinten Existenz». In dieser Vereinigung wird es nicht nur die getrennten Bewusstseinseinheiten geben, nicht nur die differenzierten Atome innerhalb der Form, nicht nur die aus einer Vielfalt von Identitäten zusammengesetzte Gruppe, sondern wir werden das Aggregat aller Formen, aller Gruppen und Bewusstseinszustände verschmolzen, vereint und in einem vollkommenen Ganzen zur Synthese gebracht erleben. Dieses Ganze mag man das Sonnensystem nennen, oder die Natur, oder man nennt es Gott. Namen tun nichts zur Sache. Dieses Stadium entspricht dem Erwachsensein im Menschen, es findet seine Analogie zur Periode der Reife und zu der Stufe, in der ein Mensch sich ein definitives Ziel und einen Lebenszweck geschaffen haben sollte, mit einem festumrissenen Plan vor Augen, den er mit Hilfe seiner Intelligenz zu verwirklichen [27] sucht. Wenn es mir gelingt, möchte ich zeigen, dass im Sonnensystem, im Planeten, in der menschlichen Familie und im Atom etwas derartiges vor sich geht. Ich bin sicher, wir werden beweisen können, dass es eine Intelligenz gibt, die allem zugrundeliegt; und dass aus Sondersein Einheit kommen wird, die durch Verbindung und Verschmelzung zu Gruppen hervorgerufen wird; und dass schliesslich aus den vielen Gruppen das eine vollkommene, voll bewusste Ganze hervorkommen wird, das aus Myriaden getrennter Identitäten zusammengesetzt ist, beseelt von einer Absicht und einem Willen. Wenn das so ist, was ist dann der nächste praktische Schritt für diejenigen, die zu dieser Erkenntnis gekommen sind? Wie können wir dieses Ideal praktisch auf unser Leben anwenden und unsere unmittelbare Pflicht mit Gewissheit erkennen, damit wir an diesem Plan teilnehmen und ihn bewusst fördern können? In diesem kosmischen Prozess hat jeder von uns zweifellos seinen winzigen Anteil und darum sollte jeder tätig verbrachte Tag uns die uns zugedachte Rolle mit intelligentem Verständnis spielen sehen.

Unser erstes Ziel ist ganz eindeutig die Verwirklichung unserer selbst durch die Praxis der Unterscheidungsfähigkeit. Wir müssen lernen, klar und selbständig zu denken, unsere eigenen Gedanken zu formulieren und unsere eigenen mentalen Vorgänge zu handhaben; wir müssen lernen, zu wissen was wir denken und warum wir es denken, wir müssen das Gesetz des Opfers studieren, um den Sinn des Gruppenbewusstseins herauszufinden. Wir müssen uns nicht nur durch das primäre Kindheitsstadium des Egoismus hindurchfinden (das gewiss schon hinter uns liegen sollte) und nicht nur lernen, das Wirkliche vom Unwirklichen zu unterscheiden, sondern wir müssen danach trachten, zu etwas noch weit Besseren weiterzustreben. Unser [28] unmittelbares Ziel müsste es sein, die Gruppe zu finden, zu der wir gehören. Wir gehören nicht zu allen Gruppen und können auch nicht bewusst unseren Standort in dem einen grossen Körper finden. Aber wir können eine Gruppe finden, in der wir wirklich unseren Platz haben, eine Gemeinschaft von Menschen, mit denen wir gemeinsam denken und zusammenarbeiten, Brüder oder Schwestern, denen wir auf vielerlei Weise beistehen oder helfen können. Das bezieht sich eigentlich auf die bewusste Kontaktaufnahme mit dem Ideal der Brüderlichkeit - bis wir uns zu dem Stadium entwickelt haben werden, in dem dann unsere Erkenntnis universal ist. Das bedeutet, den ganz bestimmten Kreis von Brüdern zu finden, die wir lieben und denen wir durch das Gesetz des Opfers und durch Umwandlung von Selbstsucht in liebenden Dienst helfen können. So gelangen wir zur Kooperation mit der generellen Absicht und zur Teilnahme am Lebenszweck der Gruppe.

ZWEITER VORTRAG

DIE EVOLUTION DER SUBSTANZ

Es ist offensichtlich, dass [31] es in einer Vortragsreihe wie dieser unmöglich sein würde, ein so ungeheures Thema nur annähernd angemessen zu behandeln, auch wenn ich die ausreichende Vorbildung besässe, über eine derart fundamentale wissenschaftliche Materie zu sprechen. Und selbst wenn die Schlussfolgerungen der Wissenschaft über die Evolution der Materie endgültig wären, würde das Thema eine zu weitläufige Behandlung erfordern - aber sie sind es nicht; wodurch der Gegenstand sich noch weiter kompliziert. Deshalb möchte ich heute meinen Ausführungen vorausschicken, dass es mein Ziel ist, besonders zu solchen zu sprechen, die keinerlei wissenschaftliche Voraussetzungen mitbringen und ihnen einen Begriff von den allgemein akzeptierten Ideen zu vermitteln suchen. Ich

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.