Netnews Homepage     Zurück     Vorwärts      Index      Inhaltsverzeichnis
Esoterische Psychologie Band 2 (Sieben Strahlen II), Seite 596 ff. (engl.)
Aspiranten ihren Weg in eine esoterische oder Mysterienschule finden müssen, hat noch immer seine Gültigkeit. Alles, was ich tun kann - und schon getan habe - ist, bestimmte Richtlinien zu geben und gewisse Regeln anzugeben, die sicher und wohlbekannt sind und die Grundlage für fortgeschrittene Methoden bilden, die unter sorgfältiger persönlicher Überwachung angewandt werden müssen. Aus diesem Grunde müssen, sobald die gegenwärtige Weltkrise einmal vollkommen beendet ist, richtiggehende esoterische Schulen gegründet werden. Solche bestehen bis jetzt noch nicht. Heute arbeiten Aspiranten und Jünger in den modernen esoterischen Schulen (wie z.B. in der Arkanschule und in der esoterischen Gruppe der theosophischen Gesellschaft - um zwei der wichtigsten anzuführen), wo sie einige grundlegende esoterische Wahrheiten verstehen lernen und beginnen, ihre Gefühlsnatur und Denkkraft zu beherrschen. Sie werden darin geschult, ihren Körper zu läutern und die Grundvoraussetzungen der zeitlosen Weisheit zu erfassen. Sie stehen dann praktisch unter der inneren Leitung eines älteren Jüngers, der die erforderliche nächste Wahrheit kennt, da er in sich den «Kontaktsinn» und die Kraft intuitiver Wahrnehmung entwickelt hat. Nur einige wenige Menschen arbeiten hie und da tatsächlich unter der Führung eines Meisters. Nur in dem Fall, wenn ein geistiger Führer da ist, der weiss, von welchen Strahlen ein Mensch bestimmend beeinflusst wird, und Der die astrologischen Hinweise über eines Menschen «Lebenspfad» versteht, können die wahren, aber gefährlichen Regeln bekanntgegeben werden, die folgende Resultate zeitigen:

1. Richtige Energieverteilung.

2. Konzentrierung der Kräfte in den Zentren.

3. Verbrennen der Isolierungswälle und des Äthergewebes, das die Zentren abteilt.

4. Emporheben der Energien in immer höhere Körperschichten durch die Kraft des zielgesteuerten Willens.

Viele Schwierigkeiten, welche die heutigen Mystiker und Okkultisten durchzumachen haben, hängen mit der Tatsache zusammen, dass sie buchstäblich «mit dem Feuer spielen», ohne es zu wissen; [597] dass sie sich, nicht an die richtige, ordnungsgemässe Reihenfolge der oben angegebenen Entwicklung halten; dass sie Übungen und Methoden anwenden, für die sie noch nicht herangereift sind, die dem westlichen Körpertypus noch nicht angepasst sind und denen sie blindlings folgen, ohne den Vorgang und die Folgen auch nur im geringsten zu verstehen. Solange sie die Grundregel noch nicht erfasst haben, dass «dem Gedanken Energie folgt», sind sehr schlimme Folgen unausbleiblich. Der Mystiker z.B., der seine Gedanken auf Christus eingestellt hat, der sich ihn irgendwo hoch im Himmel thronend, also ausserhalb von sich! vorstellt und ihn als das Ziel all seiner Wünsche ansieht, ist oft ein schwächlicher, physisch kranker Mensch. Warum ist das so? Weil die Energie, die in ihn einströmen und den ganzen Organismus durchfluten möchte, nur bis zum Herzzentrum kommen kann. Von hier wird sie nämlich dauernd zur Umkehr veranlasst und durch die gerichtete Denkkraft aus dem physischen Körper hinausgetrieben. Für ihn befindet sich Christus irgendwo an einem fernen Ort. Des Mystikers Gedanken liegen ausserhalb seiner selbst und folglich muss die Energie seinen Körper verlassen. Es ist ein unter Eingeweihten oft diskutiertes Thema, ob die allgemein geschwächte Verfassung der Menschheit nicht zum Teil der Tatsache zuzuschreiben sei, dass das menschliche Streben und Denken dauernd auf irgend ein äusseres Objekt gerichtet war, anstatt (wie es sein sollte) sich auf das Lebens- und Liebeszentrum im Inneren eines jeden Menschen zu richten, und dass dieser Umstand den Menschen vieler so dringend benötigter Energien beraubt hat. Obwohl den Menschen jahrhundertelang gelehrt wurde: «Das Reich Gottes ist inwendig in euch», haben die Völker im Westen weder diese grundsätzliche Wahrheit angenommen noch darauf hingearbeitet, sondern haben die Wirklichkeit draussen gesucht und ihre Gedanken nur auf die Persönlichkeit des Einen gerichtet, der ihnen diese grosse Wahrheit verkündet hat. Niemals wünschte oder suchte er der Menschen Hingabe und Verehrung seiner Person. Für diese Verzerrung der Wahrheit musste der Alltagsmystiker immer wieder [598] den Preis eines entkräfteten Körpers und mit seinem Unvermögen zahlen, ein völlig irdisches und doch göttliches Leben auf Erden zu führen.

Ich kann hier kaum noch etwas über die Probleme und die Schwierigkeiten anführen, die sich aus der Entfaltung der psychischen Kräfte im Menschen und auf einer höheren Stufe als in der Vergangenheit ergeben. Mit fortschreitender Evolution erhält der Jünger menschliche und tierische psychische Fähigkeiten zu seiner Verfügung. Die Menschheit hat die Methode gewählt, durch «Prüfung und Irrtum» voranzukommen. In mancherlei Hinsicht ist diese Wahl kein Fehler und vernünftig, aber es ist ein langsamer Weg, der in der Geschichte der Menschheit zu Krisenpunkten und zu fast untragbaren Schwierigkeiten führt. Für den Mystiker und Jünger, die beide danach streben, die Herrschaft über diese angeborenen Instinkte zu erlangen, wird heute dieses Problem noch schwieriger. Die physische Vitalität der Menschheit ist so geschwächt und wird auch so wenig verstanden, und die richtige Körperpflege ist so dürftig und unzureichend, dass der kränkelnde Körper die niederen Kräfte viel leichter freisetzt, als es sonst der Fall wäre. Daher kommen diese Kräfte vorzeitig zum Vorschein, ehe noch ihr Wesen und ihre Funktion begriffen oder die Gesetze verstanden sind, wie sie zu bändigen wären. Es würde vieles klar werden, wenn diese meine Feststellung akzeptiert würde, und mancher Fortschritt könnte gemacht werden, wenn man meine verschiedenen Prämissen als stichhaltige Hypothesen annehmen und danach handeln würde. Das würde das Tor zu einem neuen Verständnis der psychischen Fähigkeiten öffnen, und die psychologische und medizinische Disziplin würde dadurch bereichert werden.

Wir kommen nun zu zwei weiteren Problemen, die mit den höheren psychischen Kräften zusammenhängen. Sie sind von höherer Art und hängen nicht so sehr mit dem Bewusstsein des Solarplexus, sondern mehr mit der Entwicklung der Denkkräfte zusammen.

Das Problem der Entfaltung der mystischen Vision.

Der Werdegang, das Ziel zu ahnen, mit dem Ideal in Kontakt zu kommen und die vielen Symbole zu erschauen, hinter denen sich die Seele verbirgt, Symbole, welche die Endbestimmung und das Endziel [599] des Menschen bildlich darstellen, - das ist das anerkannte Vorrecht des mystischen Aspiranten. Die mystische Literatur aller Weltreligionen ist bekanntlich mit solchen Visionen angefüllt, angefangen mit dem mehr sexuell gefärbten Hohen Lied Salomons oder den zahlreichen Schriften weiblicher Kirchenmystiker bis zu den erstaunlichen Enthüllungen in den alten Puranas (den heiligen Schriften Indiens) oder der Apokalypse, dem letzten Buch des Neuen Testaments. Diese behandeln das ganze Gebiet, von den Formulierungen des erhabenen «Wunschlebens» der Mystiker bis zu der wahren Voraussicht der Menschheitszukunft, wie sie in den prophetischen Schriften niedergelegt ist. Ich beabsichtige nicht, in Einzelheiten einzugehen. Moderne Psychologen, Religionslehrer und kirchliche Autoren haben dieses Thema ausführlich behandelt. Ich will nur auf die Wirkung hinweisen, die solche Erlebnisse auf den Mystiker selbst ausüben. Auch möchte ich noch bemerken, dass ich hier verallgemeinere, ohne auf Sonderfälle einzugehen.

Die Schwierigkeiten, für die solche Mystiker empfänglich sind, sind die folgenden vier:

1. Entkräftung. Ein Mystiker wird derart und dauernd «aufwärts gezogen» (wie er es nennt) - ins Land seiner Träume, zur Person seiner Ideale oder zum (personifizierten oder unpersönlichen) geistigen Ideal seiner Aspiration, - dass er den normalen und gesunden Verlauf des «Weges, der die Wirklichkeit ständig in die materielle Welt herabbringt» geradezu umkehrt. Er lebt völlig in der Welt seiner Aspiration, vernachlässigt daher das Leben in der äusseren Welt und wird so nicht nur zu einem unpraktischen Menschen, sondern steht dem irdischen Dasein negativ gegenüber. Er zieht alle seine Lebenskräfte nach oben, so dass sein Körper und sein Erdenleben darunter leidet. Technisch gesprochen besagt dies folgendes: Die Kräfte des Solarplexus werden nicht nach oben ins Herzzentrum geleitet, wie es sein sollte, und es wird auch die Herzenergie nicht in selbstloser Liebe an die Menschheit ausgeströmt. Alle Kräfte sammeln und verteilen sich auf der höchsten Ebene des astralen Bewusstseins und sie werden ausgeschickt, um die Kräfte des Astralkörpers [600] zu nähren. Der normale Prozess wird daher ins gerade Gegenteil verkehrt, und dadurch leidet der physische Körper sehr.

Wenn wir das Leben der Heiligen und Mystiker studieren, stossen wir auf viele solche Schwierigkeiten, und selbst in den verhältnismässig seltenen Fällen, wenn tatsächlich ein Dienst an der Menschheit geleistet wurde, drehten sich die Motive häufig (ich möchte sagen meistens) um die Erfüllung einer empfundenen Notwendigkeit oder Verpflichtung, die nur dem Mystiker selber dazu diente, ein Gefühl zu befriedigen und eine Belohnung zu erwarten. Die erwähnte Entkräftung war oft so arg, dass nicht nur nervöse Schwäche, Trancezustände und andere pathologische Symptome auftraten, sondern dass sie manchmal den Tod herbeiführte.

2. Wahn. Das dramatische Leben des Mystikers und sein dauerndes Streben nach Vision (was immer man auch darunter verstehen mag) führten in vielen Fällen zu ernsten psychischen Störungen, falls sie nicht rechtzeitig erkannt wurden. Die Vision absorbierte den Mystiker völlig. Anstatt darin den Hinweis auf ein Ziel zu sehen, das er eines Tages einmal erreichen könnte, oder diese Vision in seinem Bewusstsein als das Symbol einer inneren Wirklichkeit anzusehen, die er einmal so kennen lernen würde, wie sie in Wahrheit war, lebte er stets im Bannkreis seiner eigenen Gedankenform, die er sich von diesem Ziel gebildet hatte. Dieses mächtige Traumgebilde, diese begrenzte Gedankenform, die er seit Jahren durch Aspiration, Verehrung und brennende Sehnsucht aufgebaut hatte, ergriff zuletzt von ihm dermassen Besitz, dass er schliesslich das Symbol für die Wirklichkeit hielt. Manchmal starb ein Mystiker infolge der Ekstase, in der er sich mit seiner Vision identifiziert hatte. Ich möchte jedoch hinzufügen, dass das wahre Erreichen des mystischen Zieles, wobei es nicht mehr als Vision gesehen, sondern als lebendige Tatsache erkannt wurde, noch niemals jemanden getötet hat. Der Wahn, der Selbstbetrug ist es, der tötet. Nur wenn der Astralkörper zum Brennpunkt des Lebens wird, wenn auch die Seelenkräfte dorthin strömen und wenn das Herzzentrum energieüberladen ist, büsst ein Mystiker als Opfer seines spirituellen Ehrgeizes sein Leben ein. Wenn es nicht zum Tode führt, was ungewöhnlich ist, so treten ernsthafte psychische Störungen auf. Darüber hat sich die Geistlichkeit zu allen Zeiten Sorgen gemacht, und auch moderne Psychologen [601] interessieren sich dafür. Diese Auswirkungen haben das ganze Thema der Entfaltung eines Menschen zum Mystiker in Misskredit gebracht, insbesondere in dem heutigen wissenschaftlichen Zeitalter.

Die Wurzel des Übels ist, dass die Vision in astraler Materie verkörpert und durch Gefühlskräfte (unter der Maske tiefer Devotion) entwickelt wird, und dass der Mystiker weder imstande ist, in das Reich mentaler Wahrnehmung einzudringen, noch seinen idealistischen Traum auf Erden zu verwirklichen. Der Mensch wird vom Besten, was in ihm steckt, getäuscht; er ist das Opfer einer Halluzination, die das Höchste verkörpert, das er kennt; er ist überwältigt von dem Gaukelspiel des geistigen Lebens; er vermag nicht zwischen der Vision und dem Plan, zwischen dem selbstgeschaffenen Unwirklichen und dem Wirklichen zu unterscheiden, das seit jeher im Lebenshintergrund des integrierten Menschen steht.

Man darf nicht übersehen, dass die Vision eines Himmels, von Gott, von Christus, von irgend einem geistigen Führer oder irgend einem tausendjährigen Gottesreich in den meisten Fällen auf den Träumen und Aspirationen der Mystiker früherer Zeiten basiert; diese Gottsucher waren Wegbereiter und Verkünder der Mystik, sie benutzten dieselben Ausdrücke und dieselben Symbole, um das zum Ausdruck zu bringen, was sie wahrnahmen und empfanden, wonach sie strebten und so heiss sich sehnten. Sie alle erfühlten dieselbe Wirklichkeit, die hinter dem trügerischen Schein irdischen Strebens liegt. Sie alle kleiden ihre Wünsche und Sehnsüchte in dieselben symbolischen Worte, wie: Hochzeit mit dem Geliebten, ein Leben in der heiligen Stadt, Teilhaben an einer ekstatischen Vision von Gott, Verehrung und Anbetung irgendeines vergötterten und heissgeliebten grossen Wesens, wie z.B. Christus, Buddha oder Sri Krishna, mit Gott im Garten des Lebens, im Garten des Ewigen zu wandeln, Erreichen des Berggipfels, wo Gott zu finden ist und wo alle Geheimnisse enthüllt sind. Das sind einige der Gedankenbilder, die sich der Mystiker in seiner Aspiration ausmalt und in denen sein Dualitätsgefühl Befriedigung findet. Diese Ideen existieren als mächtige Gedankenformen auf der Astralebene und ziehen wie Magnete [602] das geistige Streben der hingebungsvollen Gottsucher an, die Jahrhundert um Jahrhundert demselben Pfad sehnsuchtsvollen Suchens folgen, denselben Vorstellungsbildern eines tiefverwurzelten spirituellen «Wunschlebens» nachhängen und auf Wogen der Gefühle zur Göttlichkeit hinstreben, was manchmal als «Erhebung des Herzens zu Gott» beschrieben wird.

Netnews Homepage     Zurück     Vorwärts      Index      Inhaltsverzeichnis
Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.