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Esoterische Psychologie Band 2 (Sieben Strahlen II), Seite 157 ff. (engl.)
und, wenn er fortan von der grossen Illusion befreit ist, zum endlichen Einswerden mit der Wirklichkeit.

Wenn jemand ein Jünger ist, sind zwei Faktoren dafür bestimmend, wie schnell er das Gesetz der Abstossung wirksam machen kann. Der eine ist die Qualität seiner Motive. Nur der sehnliche Wunsch, Dienste zu tun, ist genügend wirksam, um die notwendige Neuorientierung zu erlangen und sich einer neuen Lebensweise zu unterwerfen. Der zweite Faktor ist die Bereitwilligkeit, koste es was es wolle, dem Licht, das in ihm und um ihn herum ist, gehorsam zu sein. Dienstwilligkeit und Gehorsam sind die grossen Methoden, die Befreiung bringen. Sie sind die treibenden Kräfte, die das Gesetz der Abstossung zur Wirkung bringen und so dem Aspiranten helfen, die langersehnte Befreiung zu erlangen. Dienstwerke machen ihn vom persönlichen Gedankenleben und von persönlichen Entschlüssen frei. Durch Gehorsam seiner Seele gegenüber gliedert er sich in das grössere Ganze ein und weist seine eigenen [158] Wünsche und Impulse zurück - im Interesse des grösseren Menschheitswohles und für Gott selbst. Gott ist der Grosse Dienende, der sein göttliches Leben dadurch bezeigt, dass er Liebe für die Menschheit in seinem Herzen trägt.

Und dennoch - wenn diese einfachen Wahrheiten ausgesprochen werden, und uns ans Herz gelegt wird, unseren Brüdern zu helfen und unserer Seele Gefolgschaft zu leisten, so kommt uns das alles so alltäglich und so uninteressant vor, dass wir kaum darauf reagieren. Würde uns jemand erzählen, dass der Gebrauch einer bestimmten Meditationsformel oder einer bestimmten Atemmethode, oder die regelmässige Konzentration auf ein bestimmtes Zentrum uns von dem Rad der Inkarnation befreien und uns mit dem spirituellen Selbst und seiner Welt wesensgleich machen würde, dann würden wir hocherfreut und bereitwilligst solche Anweisungen ausführen. Doch wenn man uns im Sinne der okkulten Wissenschaft anrät, Dienste zu tun und zu gehorchen, dann haben wir kein Interesse. Und doch ist zur Erweckung des Herzzentrums keine andere Methode so wirksam wie der Dienst an der Menschheit, und nichts ist so machtvoll, um in den beiden Kopfzentren eine Reaktion auf die Einwirkung der seelischen Kräfte zu erwecken und sie zu einem einzigen Feld seelischer Erkenntnis zu vereinen, wie Gehorsam. Wie wenig verstehen die Menschen die Wirkungskraft ihrer inneren Antriebe! Wenn der Drang, Wünsche zu befriedigen, der Grunddrang im Formleben des Menschen ist, so ist der Drang, seinen Mitmenschen zu dienen, ein gleich fundamentaler Antrieb der menschlichen Seele. Das ist eine der wichtigsten Aussagen dieses Kapitels. Diesem seelischen Impuls ist bisher selten Genüge getan worden. Immerhin sind Anzeichen vorhanden, dass ein solcher Drang, selbst in Menschen, die zu den unerwünschten Typen zählen, lebendig ist. In Augenblicken, wenn das Schicksal an die Tür klopft, wenn eine unmittelbare kritische Situation eintritt oder unübersteigbare Schwierigkeiten auftreten, dann erwacht im Menschen die Bereitwilligkeit, Dienste zu tun. Des Menschen Herz ist unverdorben, aber wie oft noch im Schlaf versunken .

Diene und gehorche! Das sind die Losungsworte im Leben des Jüngers. Sie wurden durch fanatische Propaganda verzerrt und brachten philosophische und theologische Formeln hervor; zwar steckt in diesen Formeln auch ein Wahrheitskern, doch wurden sie [159] dem Menschen in einer Weise dargestellt, dass er an persönliche Hingabe und Gehorsam den Meistern und Führern gegenüber dachte, anstatt in allem der Seele zu dienen und zu gehorchen. Die Wahrheit bricht sich jedoch immer mehr Bahn und muss am Ende siegen. Sobald ein Aspirant auf dem Bewährungspfad dieses Zukunftsbild (mag es noch so matt sein) innerlich erschaut hat, dann wird das Gesetz des Verlangens, das ihn seit undenklichen Zeiten beherrscht hat, langsam und sicher dem Gesetz der Abstossung Platz machen; und dieses wird ihn mit der Zeit von der Knechtschaft des Nicht-Selbst befreien. Dadurch wird er zu jener Urteilskraft und leidenschaftslosen Haltung kommen, die den Menschen kennzeichnet, der seiner Befreiung entgegengeht. Wir dürfen indes nicht vergessen, dass ein Aspirant, der seinen Scharfsinn nur auf die Entschlossenheit, frei zu werden, gründet und dessen beherrschte Gefühle ein hartes Herz verraten, sich in einem Gefängnis aus harten Wänden wiederfinden wird, die weit schwieriger zu durchbrechen sind als die gewohnte Kerkerhülle, in der ein selbstsüchtiger Durchschnittsmensch lebt. Solch spirituelles Verlangen, das nur der Selbstsucht entspringt, ist oft ein Hauptfehler der sogenannten Esoteriker, den man sorgsam vermeiden muss. Ein weiser Mensch wird sich daher befleissigen, zu dienen und zu gehorchen.

b) Das Gesetz der Abstossung auf dem Pfad der Jüngerschaft und der Einweihung.

Wenn der Aspirant den Scharfsinn (das geistige Gegenstück des Geruchssinnes, der als letzter der fünf Sinne in der Menschheit hervortreten wird) genügend entwickelt hat und er die Paare der Gegensätze wirklich kennt und einen Blick dafür bekam, was sie beide nicht sind, dann kann er auf den Pfad der Jüngerschaft übergehen und damit jene schwere Aufgabe beginnen, in Übereinstimmung mit den spirituellen Gesetzen, besonders mit dem Gesetz der Abstossung, zu wirken. Anfangs wird er den Einfluss dieses Gesetzes kaum bemerken. Es wird für ihn genau so schwierig sein, die verwickelte Situation zu durchschauen und die möglichen Auswirkungen dieses Gesetzes zu ermessen, wie es für einen durchschnittlichen Arbeiter, der nur eine mittelmässige Bildung besitzt und von esoterischen Fragen absolut nichts weiss, schwierig wäre, die Bedeutung einer [160] okkulten Wahrheit zu erfassen, wie z.B. die folgende: «Das Bauen der Antahkarana zwischen dem höheren und niederen Manas durch den göttlichen Agnishvatta, den Sonnenengel, der durch die egoische Lotosblume wirkt, ist die Aufgabe, die während des kontemplativen Stadiums der Meditation durchgeführt werden muss.» Diesen Satz kann jeder durchschnittliche Student des Okkultismus mit seinem Verstand leicht erfassen, doch der ungeschulte Mensch wird ihn völlig unverständlich finden. Für einen Jünger, der eben erst den Pfad der Jüngerschaft betritt, ist das Gesetz der Abstossung genau so schwierig zu erfassen. Er muss begreifen lernen, wie das Gesetz wirkt; dann muss er drei Dinge erlernen:

1. Er muss sich durch Dienstleistungen ständig dezentralisieren und so darangehen, seine Persönlichkeit in okkultem Sinn «abzustossen». Liebe zu allen Wesen muss sein Motiv sein, und nicht der Wunsch nach eigener Befreiung.

2. Er muss die Paare der Gegensätze verstehen lernen und beginnen den «edlen Mittelweg», von dem Buddha sprach, in esoterischem Sinn zu «isolieren», von anderen Wegen abzusondern.

3. Er muss die Worte Christi, der den Menschen einschärfte, «ihr Licht scheinen zu lassen», voll erfassen und so beginnen, den Lichtpfad aufzubauen, der ihn zum Lebenszentrum führt und ihm aus dem Dunkel ins Licht, vom Schein ins Sein und vom Tod zur Unsterblichkeit den Weg weist. Das ist der wahre Antahkarana-Weg, den der Jünger (symbolisch gesprochen) aus sich heraus weben muss, genau so, wie eine Spinne ihre Fäden wirkt.

Dienste zu tun, einen Begriff von dem WEG zu bekommen und einen richtigen Flucht- oder Befreiungsweg aufzubauen - das ist die Aufgabe, die auf dem Pfad der Jüngerschaft zu bewältigen ist. Dieses Ziel ist allen Studierenden der esoterischen Wissenschaften in dieser Zeit gesetzt - vorausgesetzt, dass ihr Wunsch stark genug ist, [161] und dass sie sich für selbstlose Arbeit zum Wohl der Mitmenschen schulen können. Wenn ihnen das gelingt und sie immer mehr der Erfahrung näher kommen, die nichts mehr mit den Gegensatzpaaren zu tun hat (wenn sie also «den Zentralen WEG» gewonnen haben), dann beginnt das Gesetz der Abstossung ohne Unterbrechung wirksam zu werden. Nach der dritten Einweihung wird dieses Gesetz beginnen, in der Beherrschung des Lebens das leitende Prinzip zu sein.

Das Wort «abstossen» ruft bei vielen Menschen eine leidige Ideenverbindung hervor. Die Abneigung gegen dieses Wort enthüllt des Menschen angeborenes Vorurteil gegenüber spirituellen Dingen. Der Ausdruck Abstossung, der Wunsch etwas von sich zu weisen, Einstellungen, Worte und Taten, die abstossend sind, rufen in uns unerfreuliche Bilder wach. Dennoch bedeutet das Zeitwort abstossen», vom spirituellen und vom wissenschaftlichen Standpunkt aus, einfach «innerlich Stellung nehmen gegen etwas, das unerwünscht ist.» Das Bestimmen dessen, was denn «erwünscht» ist, bringt sodann den Jünger dazu, in seinem Leben Tugenden zu verwirklichen, nämlich: die Fähigkeit scharfsinnig zu unterscheiden, seine Gefühle zu beherrschen, sich in Zucht zu nehmen und die Kraft aufzubringen, sich zu dezentralisieren, sich nicht mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Diese Tugenden charakterisieren bereits den inneren Antrieb, Unwirkliches und Unerwünschtes zu entwerten sowie die niedere Natur in Zaum zu halten, bis die Wahl nicht mehr schwer fällt und der Jünger bereitwillig all das zurückweist und abtut, was die Seele gefangen hält und ihr hinderlich ist. Die Gedanken richten sich in erster Linie darauf, den endgültigen Weg und die Methode sorgfältig zu wählen, welche die Seele aus der Formwelt befreit, so dass sie sich zuerst einmal als eigene Entität, als Seele, bewusst erkennt. Das befreit die Seele von der Täuschung der äusseren Welt, und sie kann sich dann mit der Gesamtwelt der Seelen, also mit dem Bewusstsein der Allseele identifizieren, als wesensgleich erkennen.

Ich brauche nicht näher auf die Methoden einzugehen, auf Grund deren eine solche Wahl getroffen werden soll. In den letzten zweitausend Jahren ist so viel über die Praxis richtigen Unterscheidens, über Methoden, die Leidenschaften loszuwerden und ein diszipliniertes Leben zu führen, in deutlichen und klaren Regeln gelehrt worden, und es sind viele Bücher geschrieben worden, welche die Lehren Christi und Buddhas zum Gegenstand haben. Wer sie richtig versteht, kann eine richtige Wahl treffen. Was man nicht länger mehr hegen und wünschen sollte, kann «abgewiesen» werden. Viele [162] ernsthaft Studierende wie z.B. solche, die diese Abhandlung lesen, fanden es nützlich, über die vier nachfolgenden Stichworte einen Kommentar zu schreiben, der ihr persönliches Verständnis widerspiegelt:

1. Unterscheidungsvermögen (Urteilskraft, Scharfsinn),

2. Leidenschaftslosigkeit,

3. Selbst-Disziplinierung,

4. Dezentralisierung (Hintansetzung der eigenen Person).

Jeder Begriff könnte auf einer Seite erschöpfend definiert werden, sofern der Studierende wahr und aufrichtig seine höchsten Gedanken darüber zum Ausdruck bringt. Studierende, die diese vier Tugenden (die Hauptmerkmale eines Jüngers) im Leben betätigen, werden erkennen, dass sie dadurch das Gesetz der Abstossung automatisch in Aktion versetzen, - ein Gesetz, das auf dem Pfad der Einweihung Geheimnisse offenbart und Erkenntnisse verschafft. Dieses Gesetz wirkt sich auf dem Pfad der Einweihung in solch fortgeschrittener Art aus, dass es für diejenigen keine Anwendung finden kann, die in den grundsätzlichen Unterscheidungen noch keine Erfahrungen besitzen und mit ihren Leidenschaften und Begierden noch lange nicht im reinen sind. Soll ich da noch mehr darüber sagen, wie sich dieses Gesetz im Leben eines Eingeweihten auswirkt? Ich denke nicht. Der Jünger bemüht sich, ohne Leidenschaft, Schmerz oder Leid den Unterschied zu erkennen und zu manifestieren zwischen:

1. Recht und Unrecht,

2. Gut und Böse,

3. Licht und Dunkel (im geistigen Sinn),

4. Gefängnis und Freiheit,

5. Liebe und Hass,

6. Introversion und Extraversion (nach innen gekehrtes und nach aussen gerichtetes Leben). Es lohnt sich über diese Dualität nachzudenken.

7. Wahrheit und Falschheit,

8. Mystischem und okkultem Wissen,

9. Dem Selbst und dem Nicht-Selbst,

10. Seele und Körper.

Man könnte noch [163] viele solche und andersartige Gegenüberstellungen anführen. Wenn der Jünger die Tatsache dieser Gegensatzpaare voll erfasst hat, dann steht er vor der Aufgabe, dasjenige zu entdecken, was zu keinem der beiden Gegensätze gehört. Dem Eingeweihten enthüllt sich der zentrale, in der

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.