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Die Geistige Hierarchie tritt in Erscheinung, Seite 371 ff. (engl.)
dürfen; oder dass man Leute, die Opfer von Verrätern wurden, ermahnt, solchen Menschen wie Quisling oder Laval nicht zu grollen und Böses zu wünschen. Dieser Hass kann nur unwirksam gemacht werden, wenn die Alliierten in handgreiflicher und grosszügiger Weise Liebe und Verständnis beweisen - eine Liebe, die sich in der Weise auswirkt, dass sie die Hungernden sättigt, die Kranken pflegt, die zerstörten Städte wiederaufbaut und die «verbrannte Erde» wiederherstellt. Die freien Nationen werden ausserordentlich klug und geschickt vorgehen müssen, um die aus Hass und Rachsucht resultierenden Probleme zu bewältigen.

5. Die Gefahr, die [372] für die Menschheit in den Auswirkungen des Krieges auf die Kinder und Jugendlichen aller Nationen liegt. Die Kinder von heute sind die Eltern der nächsten Generation, und sie haben erschütternde seelische Erlebnisse durchgemacht, die kaum wieder ganz gutzumachen sind. Sie haben unvorstellbare Grausamkeiten, Verruchtheit, Schmerzen, Terror und Ungewissheit erlebt. Sie wurden bombardiert und mit Maschinengewehren beschossen, es gab für sie keine Sicherheit; und heute sehen sie einer ungewissen Zukunft entgegen. Millionen Kinder blieben ohne elterliche Aufsicht; durch den Krieg wurden sie von ihren Eltern getrennt, ja sie kennen oft nicht einmal ihren Namen. Auch wenn die Familieneinheit erhalten blieb, so mussten dennoch die meisten Väter Kriegsdienst leisten, in der Heimat oder in anderen Ländern; und die Mütter mussten in Fabriken oder in der Landwirtschaft arbeiten. Die Kinder kannten daher weder ein Familienleben noch die Obhut des Elternhauses. Mangelhafte Ernährung schwächte ihre Widerstandskraft, und das überhandnehmende Übel unterminierte ihre Moral und Wertnormen. Vom menschlichen und geistigen Standpunkt aus wird das Hauptproblem nach dem Krieg das sein, den Kindern in der Welt Glück und Sicherheit wiederzugeben, die richtigen Massstäbe für ihr Leben und Verhalten zu zeigen und sie in verständnisvoller Weise zu leiten. Das ist vor allem ein Erziehungsproblem. Überall müssen weitschauende Eltern, Lehrer und Psychologen mobilisiert werden, um für die Kinder die «künftige Wegrichtung» zu bestimmen. Das sollte auf internationaler Ebene und mit der Weisheit erfolgen, die sich aus der Erkenntnis der Sofortmassnahmen und der Erfordernisse auf weite Sicht ergibt.

6. Die Gefahr, dass der nationalistische Geist wieder in Erscheinung tritt. Übertriebener Nationalismus war eine der Hauptursachen dieses Krieges, und keine Nation ist frei von diesem Geist des Nationalstolzes und von dieser nationalistischen und separatistischen Einstellung. Die Gründe für den Kriegseintritt einer Nation waren egoistische Interessen; individuelle Sicherheit war sogar für die demokratischsten Nationen der Beweggrund, in den Krieg einzutreten. Allerdings ist es wahr, dass für diesen Entschluss auch die Not in der Welt und die Freiheitsliebe mitbestimmend waren, aber damit wurden die [373] egoistischen Motive nicht ausgeschaltet. Es ist ebenso wahr, dass ihnen der Instinkt der Selbsterhaltung keine andere Wahl liess, aber die Tatsache bleibt, dass es keinen Krieg gegeben hätte, wenn die demokratischen Nationen der bestimmende Faktor gewesen wären. Schon diese Tatsache allein wirft Fragen auf. Warum erlaubten letzten Endes die mächtigen Demokratien diesen Krieg, wenn sie ihn - vereint und einmütig - gleich im Anfangsstadium hätten aufhalten können? Ferner: Wenn schon die Demokratien gezwungen wurden, den Kampf mit der Aggression aus gemeinsamen eigennützigen Interessen aufzunehmen, dann hätte doch gerade dieser Eigennutz sie zu Massnahmen veranlassen sollen, die den Frieden gesichert hätten. Nationale Eigenarten und Interessen, Kulturen und Zivilisationen bestehen nebeneinander. Aber anstatt darin den Beitrag zu einem grösseren Ganzen zu sehen, war jede Nation eifersüchtig darauf bedacht, diese Unterschiede als besondere, nur dem Wohl der eigenen Nation dienende Vorrechte anzusehen. In Zukunft muss das integrierende Element im Leben betont und entwickelt werden; das Wohl der gesamten Völkerfamilie muss den Vorrang erhalten vor dem Wohl einer einzelnen Nation oder Völkergruppe. Die Erziehung der Weltöffentlichkeit zu diesem Ideal bedingt keineswegs den Verlust nationaler Eigenart oder Kultur. Diese muss bestehen bleiben und zum höchsten geistigen Ziel entfaltet werden, denn sie bereichert das gemeinsame Gut aller; man braucht nur den Beweggrund für die Betonung einer spezifisch rassischen oder nationalen Kultur zu ändern.

Jede Nation sollte bei allem, was sie unternimmt, darauf bedacht sein, die Völkerfamilie als Einheit zu sehen und die gegenseitigen Bestrebungen in der richtigen Weise zu pflegen; und sie sollte bereit sein, die Verantwortung für die einzelne (oder schwache) Nation oder Person zu übernehmen. Die Reichtümer dieses Planeten müssen miteinander geteilt werden. Die Nationen müssen immer mehr zu der Erkenntnis kommen, dass die Schätze und Früchte der Erde sowie das intellektuelle Erbe der Völker der gesamten Menschheit gehören, nicht einer bestimmten Nation allein. Keine Nation kann für sich allein leben, und erst recht nicht [374] ein Einzelmensch; die Nation oder Person, die so zu leben versucht, muss zwangsläufig von der Erdoberfläche verschwinden. Alle Nationen haben diesen egoistischen Versuch unternommen, wie uns die Geschichte der Vergangenheit und Gegenwart beweist. Tradition, Hilfsquellen, der nationale Genius, die geschichtliche Vergangenheit, die Bodenschätze und landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die strategische Position auf dem Planeten - all das musste zum Nutzen der Nation, die darauf Anspruch erhob, herhalten, all das diente der Machtverstärkung dieser Nation, auch wenn andere Nationen darunter litten. Genau das ist die Sünde, die das heutige Deutschland begeht, unterstützt von Japan und in geringerem Grade von Italien. Machtpolitik, Ausbeutung der Schwachen, Angriffsgeist, wirtschaftlicher Egoismus, Ideale, die rein auf Handelsgeist beruhen, materialistische und territoriale Ziele - das zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Menschheit, und das sind auch die prinzipiellen Ursachen des jetzigen Krieges.

Einige Nationen, besonders die grossen Demokratien wie das englische Commonwealth und die USA, kommen jetzt zu der Erkenntnis, dass solche Denk- und Handlungsweisen aufhören müssen und dass die Hoffnung der Welt auf der Ausweitung rechter menschlicher Beziehungen zueinander, auf wirtschaftlichem Güteraustausch, auf einer breitangelegten internationalen Politik und auf zunehmender Zusammenarbeit beruht. Sie glauben unerschütterlich (und grundsätzlich als nationale Politik) an die Rechte des Einzelmenschen und daran, dass der Staat zum Wohl des Einzelmenschen da ist; dazu kommt die Überzeugung, dass der Staat auch zum Nutzen anderer Staaten und der Gesamtmenschheit besteht. Andere Nationen wieder, wie z.B. die Achsenmächte, halten starrsinnig an alten Anschauungen fest, betonen die schlimmsten Aspekte einer alten und üblen Ordnung und bereichern sich an allem, was sie in ihrer Raffgier erbeuten können. Der Einzelmensch hat für sie keinen Wert, denn er existiert nach ihrer Ansicht nur zum Nutzen des Staates; allein der Staat ist wichtig, im besonderen ihr Staat. Sie teilen die Völkerfamilie in zwei Superstaaten auf, von denen der eine Europa, der andere Asien beherrscht; alle übrigen Staaten gelten als Sklavenstaaten. Sie möchten die uralten Übel der Gewalt und des Krieges verewigen und greifen zu unerhörten Grausamkeiten, um ihren Staat zu grösster Macht und Bedeutung zu erheben.

Das ist [375] die alte Ordnung, die verschwinden muss, aber man muss ihre Gefahren erkennen. Für die Abschaffung dieser alten Ordnung kämpfen die Alliierten, aber sie haben damit viele Schwierigkeiten, auch wenn die geistige Kraft aller guten Menschen auf ihrer Seite steht und die Lichtkräfte ihnen zu helfen suchen. Der nationalistische Geist lebt noch immer in jedem Land, und man muss alles tun, um ihn auszurotten. Minderheiten, die zwar eine historische Tradition, aber keine territorialen Rechte haben, verlangen mit viel Geschrei ein Land, um einen eigenen Staat zu gründen. Kleine Nationen fragen sich angsterfüllt, welcher Platz ihnen wohl in der Völkerfamilie eingeräumt werden wird und ob nach den üblen Plänen der Deutschen irgendwelche Bürger verschont bleiben würden, um am Ende noch eine Nation zu bilden. Das Verlangen nach nationaler Anerkennung ist weit verbreitet, aber von dem viel wichtigeren Erfordernis, nämlich von der Einheit der Menschheit, ist kaum etwas zu hören.

Jene Nationen, die auf ihre sogenannte «glorreiche Vergangenheit» mit den damaligen Staatsgrenzen zurückblicken und an die einstige nationale oder Weltherrschaft über die Schwachen zurückdenken, halten den Fortschritt auf. Das ist ein hartes Wort, aber der nationalistische Geist ist eine grosse Gefahr für die Welt. Wenn dieser Geist in irgendeiner Form weiterbestehen bleibt (ausser zum Wohl der Gesamtmenschheit), dann wird er die Welt (nach dem Krieg) in finstere Zeiten zurückwerfen; die Menschen würden dann nicht besser dran sein als sie es vorher waren, selbst wenn sie zwanzig Jahre lang schwer gearbeitet und seelische Qualen erlitten haben.

Wir könnten eine Nation nach der anderen hernehmen und feststellen, wie dieser nationalistische und separatistische Geist die jetzige weltweite Krise und Spaltung hervorgebracht und zum Zusammenstoss globaler Interessen und Ideale geführt hat. Dieser separatistische Geist ergab und entwickelte sich aus einer historischen Vergangenheit, aus rassischen Komplexen, aus der geographischen Lage, aus Revolten und aus dem Besitz materieller Güter und Bodenschätze. Aber eine solche Betrachtung wäre nutzlos. Der intelligente, von nationalen Vorurteilen unbeschwerte Geschichtsforscher kennt ja die Tatsachen, und er interessiert sich stark für die Entwicklung, die herbeigeführt werden muss, um diesen weltweiten Kampf zu beenden. Er weiss, dass die Anstrengungen, die gemacht werden, um nationale Verherrlichung, einen Platz an der Sonne, Lebensraum, finanzielle Vormachtstellung und [376] wirtschaftliche Vorherrschaft zu gewinnen, aufhören müssen. Andererseits ist ihm klar, dass gewisse grundsätzliche Werte erhalten bleiben müssen, wenn die Menschheit diese üblen Produkte des Egoismus loswerden will. Vergangene und gegenwärtige Kulturen und Zivilisationen sind sehr wertvoll; der Genius einer jeden Nation muss wachgerufen werden, damit er die gesamte Menschheit bereichere. Die neue Zivilisation muss in der Vergangenheit wurzeln und aus ihr sich entwickeln; neue Ideale müssen zum Vorschein kommen und erkannt werden. Und darauf haben die Ereignisse und die Lehren der Vergangenheit die Menschen vorbereitet. Das Ziel allen Sinnens und Trachtens sollte die Menschheit selbst sein, nicht ein besonderes Volk oder Reich. Das alles sollte in einer praktischen und realistischen Art und Weise verwirklicht werden, frei von mystischen und unerreichbaren Wunschträumen.

Und jede diesbezügliche Aktivität muss auf der einen grundsätzlichen Erkenntnis beruhen, dass die Menschheit eine brüderliche Gemeinschaft ist, die in rechten menschlichen Beziehungen zum Ausdruck kommt.

Die so weit verbreitete Abneigung gegen die «vagen Zukunftsbilder» humanitärer Idealisten beruht auf der Tatsache, dass in dem Sammelsurium von Worten und in den vielen Plänen kaum etwas zu finden ist, was praktischen Wert hat, und nichts, was überzeugend und wirksam genug wäre, um den alten und greulichen Lebensgewohnheiten ein Ende zu machen. Vor dem Krieg ist nichts Wirksames getan worden, um die offensichtlichen und zum Himmel schreienden Übelstände zu beseitigen. Um des Friedens willen wurden lindernde Massnahmen versuchsweise getroffen und Zugeständnisse gemacht; aber die Grundübel, nämlich nationaler Ehrgeiz, ungleichartige wirtschaftliche Bedingungen und arge (vererbte oder finanzielle) Klassenunterschiede, blieben weiterbestehen. Religiöse Differenzen und Rassenhass nahmen zu, die wirtschaftlichen und politischen Systeme blieben verderbt und bestechlich und nährten den Parteihader, die soziale und nationale Zwietracht.

Jetzt hat das Gewitter des Krieges die Luft gereinigt. Die entscheidenden Fragen sind geklärt, und wir wissen wenigstens, was falsch war. Die Achsenmächte haben durch ihren beispiellosen Egoismus und nationalen Ehrgeiz, durch ihren Rassenhass und durch ihre barbarischen Grausamkeiten, denen jegliches menschliche Empfinden fehlte, der Menschheit insofern einen Dienst erwiesen, als sie uns zeigten, was nicht mehr erlaubt werden darf und was niemals erlaubt sein soll. Die Demokratien sind sich auch ihrer Schwächen bewusst geworden und sehen ein, dass es noch keine wahre Demokratie gibt, da einerseits überall politische Korruption herrscht und da andererseits die grossen Massen unwissend und [377] daher für eine wirkliche Selbstregierung noch nicht reif sind. Die imperialistischen Mächte, wie z.B. Grossbritannien, verwerfen offen die alten Anschauungen und treten mutig für den Wiederaufbau der Welt ein. Die konservativen Reaktionäre sind nicht mehr beliebt. Die kleinen Nationen sind sich ihrer Hilflosigkeit und ihrer völligen Abhängigkeit von den grossen Nachbarn bewusst, und diese wiederum erkennen ihre Verantwortung gegenüber den Schwachen und kleinen Nationen. Die Völker aller Länder wachen auf und beginnen zu denken, und sie können niemals mehr in den früheren Zustand der Dumpfheit und Trägheit zurücksinken. Überall besteht die Hoffnung, dass eine neue und bessere Weltordnung möglich, ja sogar wahrscheinlich ist.

Wie könnte man klar und einfach Ziel und Zweck dieser neuen Weltordnung umreissen und in knappen Worten angeben, welches Ziel jede Person oder Nation sich vor Augen halten sollte, wenn der Krieg zu Ende ist und alle Möglichkeiten offenstehen? Sicherlich sollten alle Nationen, grosse und kleine (wobei den Minderheiten im Verhältnis gleiche Rechte gegeben werden sollten), ihre eigene Kultur weiterpflegen und ihre Erlösung oder Befreiung anstreben, so, wie es ihnen am besten erscheint; aber sie alle sollten ebenso klar erkennen, dass sie organische Teile eines zusammengehörigen Ganzen sind und dass sie dazu mit allem, was sie sind und haben, ihren Teil beitragen müssen. Diese Vorstellung besteht bereits in den Herzen zahlloser Menschen und bringt eine grosse Verantwortung mit sich. Die verständige Entwicklung und kluge Handhabung dieser Erkenntnisse werden zu rechten menschlichen Beziehungen, zu wirtschaftlicher

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.