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Die Geistige Hierarchie tritt in Erscheinung, Seite 377 ff. (engl.)
Stabilität (die auf der Bereitschaft, miteinander zu teilen, beruht) und zu einer neuen Einstellung führen, und zwar des Einzelmenschen gegenüber dem Mitmenschen, einer Nation gegenüber einer anderen und aller Menschen gegenüber jener höchsten Macht, die wir «Gott» nennen.

Das ist das Zukunftsbild, das zahllose Menschen unbeirrt auf dem Weg der Pflicht leitet, und für das zu arbeiten viele in jeder Nation bereit sind. Trotz der unglücklichen Vergangenheit, trotz des jetzigen Blutbades in der Welt, trotz der fast überwältigenden Probleme, vor denen die Menschheit steht, trotz politischer Umtriebe und durchtriebener Diplomatie, trotz der Unwahrscheinlichkeit, rasch irgendeinen Erfolg zu erzielen, sind Tausende bereit, mit den Vorbereitungsarbeiten zu beginnen. Die Anzahl der Männer und Frauen [378] mit visionärem Weitblick und gutem Willen ist jetzt so gross (besonders unter den verbündeten Nationen), dass tatsächlich eine Aussicht auf Erfolg besteht und die Arbeit beginnen kann. Die Umrisse des künftigen Weltgefüges zeichnen sich bereits einigermassen ab; das völlige, offensichtliche und nicht wiedergutzumachende Versagen der alten Lebens- und Weltordnung wird überall klar erkannt. Der Wille zum Guten nimmt zu. Es ist interessant und bemerkenswert, dass «der Mann auf der Strasse» und die Intelligenzkreise dieses Zukunftsbild klarer erschauen als die exklusiven Gesellschaftsklassen.

Die schwierigen materiellen Lebensbedingungen und das Nachdenken darüber brachten die Menschen zur Erkenntnis, dass die jetzigen Zustände geändert werden müssen, und dass es keine andere Möglichkeit gibt.

Die zukünftige Aufgabe besteht aus zwei Teilen. Erstens müssen das Denken und die Energien der Massen in die richtigen Bahnen gelenkt werden, damit durch gute Leitgedanken und kluge Aktionen die ersehnte Ara rechter menschlicher Beziehungen und schliesslich des Friedens eingeleitet werden kann. Zweitens muss man jene Menschen aufklären und belehren, die durch Teilnahmslosigkeit und Mangel an Weitblick den Fortschritt behindern. Diese letzte Entwicklung ist bereits im Gang, denn eine zwar kleine, aber mächtige Gruppe führender Männer in der Welt verkündet bestimmte allgemeine Thesen oder Leitsätze, die man für die Wiederherstellung der Weltordnung als zwingend notwendig ansehen muss. Sie fordern neue Leitprinzipien in der Politik und im Erziehungswesen, die auf allgemein anerkannten menschlichen Rechten und auf der Notwendigkeit beruhen, geistige Einheit hervorzubringen und alle separatistischen theologischen Denkweisen und Dogmen in jedem Denkbereich über Bord zu werfen. Immer stärker wird der Ruf nicht nur nach internationaler Verständigungsbereitschaft und Zusammenarbeit, sondern auch nach gegenseitigem Verstehen der Gesellschaftsklassen. Diese Forderungen werden vom Rednerpult und von der Kanzel, durch Wort und Schrift überall erhoben, ausser in jenen beklagenswerten Ländern, wo die Freiheit der Rede nicht erlaubt ist.

Der Durchschnittsmensch, der all dies beobachtet, ist oft überwältigt von der Grösse der zutage tretenden Aufgabe, von den verschiedenen Meinungsäusserungen, von den vielen Vorschlägen und Projekten für eine Verbesserung der Weltsituation; und angesichts dieses gigantischen menschlichen Vorhabens beschleicht ihn ein Gefühl äusserster Ohnmacht und persönlicher Unwichtigkeit. Er fragt sich: Wie kann ich von Nutzen sein? Und was könnte ich tun? Wie kann meine kleine Stimme gehört werden? Und wenn sie gehört wird, was nützt sie? Welche Rolle kann ich in der [379] ungeheuren Weltarena spielen? Wie kann ich mich nützlich machen und aufbauen helfen? Wie kann ich meine Unwissenheit über Geschichte und Gesellschaft, über politische und wirtschaftliche Probleme meines eigenen Landes beseitigen, von der Unwissenheit über andere Länder ganz zu schweigen?

Gegenüber der Gesamtmenschheit mit ihren vielen Rassen kommt sich der Einzelmensch ganz hilflos und unbedeutend vor. Er besitzt weder eine akademische noch eine derart umfassende Bildung, dass es ihm möglich wäre, die Probleme wirklich zu erfassen oder zu ihrer Lösung beizutragen. Welchen Beitrag kann also der Mann auf der Strasse, der Geschäftsmann im Büro, die Frau im Heim und der Durchschnittsbürger jetzt und in Zukunft leisten, um der Welt zu helfen? Gerade für diesen Personenkreis schreibe ich.

Erstens möchte ich die grosse Öffentlichkeit an die wichtige Tatsache erinnern, dass die einmütige, entschlossene öffentliche Meinung die stärkste Kraft in der Welt ist. Obwohl sie nicht ihresgleichen hat, wurde von ihr nur wenig Gebrauch gemacht. Der Durchschnittsbürger ist leichtgläubig und bereit, das anzunehmen, was ihm mit genügender Lautstärke plausibel gemacht wird. Das ist eine wohlbekannte Tatsache. Die schöngedrechselten Phrasen des geschulten Politikers, der seine egoistischen Ziele verfolgt, die Argumente des redegewandten Demagogen, der irgendeine Lieblingstheorie auf Kosten der Allgemeinheit missbraucht, und die schwülstigen Reden des Mannes, der mit irgendeiner Sache oder Theorie Privatinteressen verfolgt - sie alle finden willige Zuhörer. Massenpsychologie und Entscheidungen des Pöbels sind seit jeher missbraucht worden, denn die nicht denkenden und emotionellen Massen lassen sich leicht in irgendeine Richtung lenken. Und das machten sich bisher die Demagogen zunutze, denen am Wohl der Menschheit meistens nichts liegt. Die negative und hilflose Verhaltensweise des deutschen Volkes unter der Naziführung ist ein charakteristisches Beispiel für das Gesagte.

Aber diese negative Empfänglichkeit (die nicht die Bezeichnung «öffentliche Meinung» verdient) kann genau so leicht für gute Zwecke nutzbar gemacht werden wie für üble, für konstruktive wie für destruktive. So können und werden also ein bisschen planvolle Lenkung und ein klug abgefasstes Programm die notwendige Änderung herbeiführen und bewirken, dass eine wohlbegründete, [380] vernünftige öffentliche Meinung ein wesentlicher Faktor beim Wiederaufbau der Welt sein wird. Eine höchst interessante und bemerkenswerte Erscheinung dieses Krieges ist die Tatsache, dass einige führende Persönlichkeiten den Kontakt mit dem Mann auf der Strasse und mit der Hausfrau aufgenommen haben; Beispiele dafür sind Reden von Roosevelt und Churchill. Die von den Führern der Achsenmächte gehaltenen Reden sind von völlig anderer Art, denn sie sind an die männliche Jugend und an die Männer in Uniform gerichtet. Nur die untergeordneten Führerkräfte sprechen (wie z.B. in Deutschland) zu den Menschen daheim, aber auch nur, um ihnen Befehle zu erteilen, den Hass zu schüren und die Wahrheit zu entstellen. Immerhin wird in allen diesen Fällen der Wert der Massenmeinung erkannt wie auch die Notwendigkeit, das Denken der grossen Massen zu lenken; diese Beeinflussung erfolgt entweder in der Weise, dass die Volksmeinung dem Willen des Führers (z.B. Hitlers) unterworfen wird, oder so, dass das Volk über jene Grundsätze belehrt wird, die dem Wohl der Gesamtheit dienen.

Zweitens muss sich der Durchschnittsbürger dessen bewusst werden und eingedenk sein, dass die Masse aus Einzelmenschen besteht; ein jeder von uns ist ein wesentlicher und integrierender Bestandteil des Ganzen. Das ist eine grundsätzliche und wichtige Tatsache, die mit unserem Thema zusammenhängt. Die erste Massnahme beim künftigen Wiederaufbau sollte also darin bestehen, den Einzelmenschen anzusprechen und ihm seine Bedeutung klarzumachen; man muss ihn auf seinen ureigensten Einflussbereich hinweisen und dazu bringen, in diesem Bereich und mit dem, was er hat, ans Werk zu gehen. Auf diese Weise wird sein naturgemässes Gefühl der Ohnmacht oder Wertlosigkeit verschwinden, und er wird allmählich erkennen, dass er gebraucht wird und dass er viel tun kann. Wenn er einmal das begriffen hat, kann er dann versuchen, diese positive Denkweise auch auf seine Mitbürger zu übertragen, und diese können dann dasselbe tun.

Ich möchte hier darauf hinweisen, dass der Wert des Einzelmenschen zweifellos auf der essentiellen Göttlichkeit des menschlichen Geistes und der Unversehrtheit des Ganzen beruht. Er basiert auch auf dem Wissen (der Grundlage für jede zukünftige Aufbauarbeit), dass im Herzen des Universums eine göttliche Macht existiert (ganz gleich, wie man sie nennt) sowie auf dem Glauben, dass Liebe das Lebensgesetz schlechthin ist, auch wenn alle gegenwärtigen und vergangenen Ereignisse dem zu widersprechen scheinen.

Wir müssen dieses Thema von der praktischen Seite her [381] angehen und dürfen nur solche Massnahmen in Betracht ziehen, die für den Durchschnittsmenschen möglich sind.

Die erste praktische Massnahme muss darin bestehen, den Hass auszurotten, denn er ist ein Unheilstifter und Hemmschuh; er trübt den klaren Blick und das Urteilsvermögen, er nährt nur Furcht und Schrecken. Aber die Liebe, die von uns verlangt wird, ist weder emotionell noch sentimental; sie ist für das praktische Leben äusserst nützlich und brauchbar, denn sie äussert sich in Dienstbereitschaft und Zusammenarbeit; sie sucht jene Bewegungen zu unterstützen, die der Menschheit nützen und den Erfordernissen der neuen Ära entsprechen. Viele Leute meinen, dass eine Gefühlserregung und ein Schrei der Entrüstung wegen eines Geschehens, das die Welt aus der Fassung gebracht hat, Liebe und geistige Sensitivität andeute. Es ist sehr wahrscheinlich eher ein Anzeichen für Ich-Bezogenheit und persönliches Unbehagen. Wahre Liebe hat keine Zeit für solche Reaktionen, weil sie völlig in dem Bestreben, die Not ihrer Mitmenschen zu lindern, aufgeht. Wer seine Mitmenschen liebt, ist gedanklich ausgeglichen und wirkt verständig; er mobilisiert alle seine Kräfte für den Dienst der Stunde. Ein wahrhaft mitfühlendes Herz ist nicht von Emotionen beherrscht.

Sobald wir unsere persönliche Verantwortung erkannt haben, besteht also unsere zweite Massnahme darin, Emotionen durch praktische Liebe zu ersetzen, die in selbstlosem Dienst zum Ausdruck kommt. Drittens müssen wir unser Leben so umgestalten, dass wir für den Dienst die notwendige Zeit haben. Viele Leute sind nicht imstande, aus dem Alltagsleben das Beste und Höchste herauszuholen, und zwar aus mehreren Gründen. Oft wollen sie gar nicht wirkliche Opfer bringen, die ein solcher Dienst verlangt. Oft leben sie in der Selbsttäuschung, dass ihre Dienstleistungen bereits das Äusserste sind, was ihnen möglich ist. Oft bilden sie sich ein, dass eine Mehrleistung ihrer Gesundheit schaden würde oder dass sie die Zeit für sich selber brauchen oder dass sie wertvolle Stunden für Dinge verschwenden, die keine handgreiflichen Ergebnisse bringen. Wenn jedoch die jetzige Not so gross ist, wie wir mit Fug und Recht annehmen, wenn dies die Zeit äusserster Bedrängnis ist, wenn es um so wesentliche Dinge geht, dass die ganze Zukunft der Menschheit vom Ausgang und Ergebnis des Krieges abhängt, dann gibt es für den Menschen nur eines, worauf es wirklich ankommt, nämlich seinen Teil beizutragen, seine Zeit und alles, was er hat, bereitzustellen und jene äusserste Anstrengung zu machen, die bewirkt, dass Kräfte und Energien frei werden, damit der [382] Krieg ehestmöglich gewonnen werden und die Aufbauarbeit Erfolg haben kann. Das muss er um jeden Preis, selbst den des Lebens, tun. Dabei ergibt sich ein geistiger Widerspruch. Einerseits ist die Einzelperson von höchster Bedeutung, andererseits ist das, was ihm im Dienst und beim Kampf für die menschliche Freiheit zustösst, völlig belanglos. Jetzt sind zeitlich begrenzte planvolle Anstrengungen - und am Ende der Tod - weitaus nützlicher als nichtige Dinge zu tun, die einer in gemächlicher Weise tun möchte, und dann die Jahre schwächlich und inhaltslos dahinzuleben.

Wer also in der Zeit des Wiederaufbaus aktiv mithelfen will, muss als Vorbereitung darauf einen Sinn für persönliche Verantwortung entwickeln, im Dienst für andere echte Liebe dokumentieren und seine Lebensweise so einrichten, dass er aus jedem Tag das Äusserste herausholt.

Wenn er das nach besten Kräften getan hat (viele haben bereits einen guten Anfang gemacht), muss er den Geist guten Willens in sich entwickeln und bei anderen erwecken. Dieser Wille zum Guten ist sofort wirksam, denn er bestimmt massgeblich das Verhältnis eines Menschen zu seiner Familie, zu Mitarbeitern, Freunden und Bekannten sowie zu allen Menschen, mit denen er in Berührung kommt. Dieser Wille zum Guten befähigt ihn, die Wiederaufbauarbeit genau dort anzufangen, wo er steht, und in vertrauter Umgebung rechte menschliche Beziehungen zu pflegen. Es ist eine wichtige und starke Wirkkraft, die den sonst unbedeutenden Menschen zu einem Brennpunkt schöpferischen Ansporns machen kann. Er wird daraufhin entdecken, dass sich sein konstruktiver Einflussbereich ständig vergrössert.

Das sind die ersten vier Massnahmen, wahrscheinlich die schwierigsten, denn sie sind ganz undramatisch und beinahe geistige Binsenwahrheiten. Aber es sind wesentliche und unvermeidbare Vorbedingungen für jene, die später weise, nützlich und intuitiv arbeiten wollen.

Er kann dann noch ein übriges tun und folgende Vorschläge in sein Arbeitsprogramm aufnehmen:

1. Studieren und überdenken Sie die vielen Vorschläge, die von führenden Persönlichkeiten und Denkern über die künftige Rehabilitierung in der Welt gemacht werden. Machen Sie [383] sich einen Plan für die Lektüre, damit Sie über die aktuellen Themen stets im Bilde sind. Kultivieren Sie eine intelligente, auf gutem Willen beruhende Meinung, die das zum Ausdruck bringt, was aufgrund Ihrer Studien Ihrer Ansicht nach getan werden sollte. Dann erörtern Sie die Ideen - furchtlos und sachlich - zu Hause, mit Freunden und im Bekanntenkreise. Das wird Ihnen leichter fallen, wenn Sie solche Diskussionen als einen Dienst ansehen und davon überzeugt sind, dass Ihr Interesse und Ihr Enthusiasmus unbedingt eine Wirkung haben müssen.

2. Wenn es Ihnen möglich ist, scharen Sie Leute um sich, um mit ihnen die künftige neue Weltordnung zu erörtern; oder beteiligen Sie sich an solchen Diskussionen. Betrachten Sie solche Zusammenkünfte als einen positiven Beitrag

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.