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Verblendung - ein Weltproblem, Seite 256 ff. (engl.)
man sich wohl darüber klar sein, dass der Jünger zu allererst einmal eine direkte Verbindung zwischen seinem Gehirn, seinem Denkvermögen und dem Willensaspekt der Geistigen Triade herstellen muss; mit anderen Worten: der negative Gedankenempfänger (das Gehirn), das Werkzeug des Willens (das Denkvermögen) und die Triade selbst müssen miteinander vermittels der Antahkarana in Berührung gebracht werden. Wenn eine solche Beziehung besteht oder zu bestehen anfängt, dann können Atemübungen ohne Gefahr und mit Nutzen unternommen werden. Nur der gelenkte Wille, lieber Bruder, der den geordneten rhythmischen Atem zu Hilfe nimmt, kann die Zentren beherrschen und eine planvolle Absicht im Leben entwickeln. Deshalb muss der Jünger bei seiner Atemübung von einer Idee oder Gedankenrichtung beherrscht sein. Diese Idee muss irgendeinen Zweck enthalten, eine geplante Aktivität und ein anerkanntes Ziel, ehe der Atem, der dieses Vorhaben verwirklichen soll, erzeugt, angesammelt und ausgesandt und damit zum Träger einer Kraft wird. Das muss auf den Schwingen bewusster Absicht geschehen, wenn ich mich symbolisch ausdrücken darf. Diese letzten Sätze sollten wiederholt gelesen werden, denn sie betreffen die Wissenschaft des Atmens und sind der Schlüssel zur erfolgreichen Arbeit. Diese Wissenschaft befasst sich hauptsächlich und grundsätzlich mit Ideen, die in klare Gedankenformen gebracht wurden und auf diese Weise das Leben [257] des Jüngers im ätherischen Bereich bestimmen. Von da aus beeinflussen sie schliesslich auch sein Leben auf der physischen Ebene.

Ich habe hier nicht die Absicht, Atemübungen anzugeben, die von Jüngern oder Aspiranten gebraucht oder - was wahrscheinlicher ist - missbraucht werden könnten. Ihre erste Verantwortung liegt darin, der inneren Impulse gewahr zu werden, welche die Zentren zur Tätigkeit anregen und auf diese Weise Zustände und Ereignisse auf der physischen Ebene hervorrufen könnten. Wenn diese Impulse sich klar und bestimmt im Denkbewusstsein des Jüngers herausgebildet haben, dann kann sie nichts daran hindern, zu gegebener Zeit ans Tageslicht zu treten. Sie müssen aber eine geregelte Reifeperiode durchmachen und der Zeitpunkt ihres Erscheinens muss mit Vorbedacht berechnet werden.

Wenn der Schüler wahren Idealismus besitzt und in der richtigen Weise denkt, wenn er ausserdem das rechte Verständnis für den Ausdrucksträger und für die Welt der Kräfte hat, in welche die Idee hineingesandt werden muss, dann kann er ohne Gefahr planmässige Atemübungen betreiben, dann wird die zweite Phase oder Folge vernünftiger, rhythmischer Atmung in Erscheinung treten. Das ist die Inspiration.

Atemübungen, lieber Bruder, haben eine rein physiologische Wirkung, wenn sie nicht durch gelenktes Denken angeregt oder motiviert sind und wenn sie sich nicht daraus ergeben, dass der Aspirant einen Spannungspunkt erreicht hat und beibehält. Während des Ein- und Ausatmens muss ständig eine klare aktive Gedankenlinie eingehalten werden, damit der Atem (beim Aussenden) mit irgendeiner Idee qualifiziert und erfüllt wird. An dieser Stelle versagt der Durchschnittsaspirant so oft. Gewöhnlich ist er so intensiv mit der Atemlenkung beschäftigt und so voller Erwartung gewisser Wirkungen in der Erscheinungswelt, dass er den lebendigen Zweck des Atems vergisst. Dieser Zweck besteht darin, durch Aussendung eines dargestellten Gedankens, der eine erfühlte und festgestellte Idee ausdrückt, dem Leben der Zentren Energie und neue Qualität zuzuleiten. Wo diese Grundlage idealistischen Denkens fehlt, werden die Resultate des Atmens praktisch null sein, oder - wenn [258] sich unter diesen Umständen Resultate irgendwelcher Art einstellen - werden sie mit dem Denken durchaus nichts zu tun haben, sondern psychischer Natur sein. Dann können sie ständige psychische Schwierigkeiten verursachen, denn sie stammen aus astraler Quelle und die ausgesandte Energie strömt zu den Zentren unterhalb des Zwerchfelles; sie nährt dadurch die niedere Natur, bereichert und bestärkt deren astralen Inhalt und verschlimmert und vergrössert dadurch die Verblendung. Die Auswirkungen können auch physiologischer Art sein, weil durch eine Stimulierung des ätherischen Körpers die physische Natur gestärkt wird. Das führt häufig zu ernsten Folgen, denn der Atem wird Zentren zugeführt, die «im Begriff der Erhöhung» stehen sollten, wie man das esoterisch nennt; das bestärkt ihre physische Wirkungskraft, nährt die physischen Gelüste und erschwert in erhöhtem Mass das Bestreben des Aspiranten, seine niedere Natur zu verfeinern und das Leben seiner Zentren oberhalb des Zwerchfells oder im Kopf zu verankern.

Dann wachsen Verblendung und Maya; und während des Lebens, in dem diese Übungen falsch angewendet werden, bleibt der Aspirant in einem statischen und gewinnlosen Zustand. Während er einatmet, entnimmt er den Atem aus dem inneren seiner eigenen Aura, seines aurischen Grenzringes. Er nährt die niedere Natur und formt einen «circulus vituosus» innerhalb seiner selbst, der von Tag zu Tag stärker wird, bis er vollends von der Verblendung und Maya umgarnt ist, die er immer wieder neu erschafft. Die niederen Zentren werden ständig belebt und zu äusserster Tätigkeit angeregt. Der Spannungspunkt, von dem aus der Aspirant dann wirkt, befindet sich in der Persönlichkeit und ist nicht in bezug auf die Seele eingestellt; das Bewusstsein der Einzigartigkeit spezieller Atemübungen und die Erwartung rein psychischer Phänomene verhindert alles Denken, abgesehen von niederen Gedanken kama-manasischer Art; die Gefühle werden genährt und verstärkt und der Astralkörper wächst ins Ungeheure; häufig zeigen sich auch erhebliche physiologische und auffällige Folgeerscheinungen, wie z.B. [259] eine grosse Erweiterung des Brustkastens und eine Verstärkung der Muskeln des Zwerchfelles. Etwas Derartiges lässt sich bei Opernsängern beobachten. Singen, wie es jetzt gelehrt wird, bringt einige niedere Aspekte des Atems zum Ausdruck; das Atmen dieser Gesangskünstler führt zu starker Brustentwicklung, verstärkt die Schwankungen des Gefühlslebens, führt zur Unbeständigkeit der Lebensäusserung (die oft als Temperament bezeichnet wird) und sorgt dafür, dass der Gesang seinem Wesen nach rein astral bleibt.

Es gibt eine höhere und bessere Art des Gesanges, die sich im Spannungspunkt unterscheidet und zu der eine Atemtechnik gehört, welche die notwendige Energie aus Quellen einatmet, die höher und umfassender sind, als die gewöhnlich benutzten; dadurch wird die Inspiration erweckt, die den ganzen Menschen umfasst und nicht bloss seine gefühlsmässige Reaktion auf den Text seines Gesanges und auf seine Zuhörerschaft. Daraus wird sich eine neue Art und Weise des Singens und Atmens entwickeln, die auf einer Art mentaler Atmung beruht; diese schöpft die Energie und die darauffolgende Inspiration aus Quellen, die ausserhalb der Persönlichkeits-Aura liegen. Die Zeit dazu ist noch nicht gekommen. Meine Worte werden heute noch wenig Verständnis finden, aber im nächsten Jahrhundert wird es Sänger geben, die wissen werden, wie man durch eine neue Methode und Technik des Atmens die Sammelbecken der Inspiration anzapfen kann. Diese Techniken und Übungen werden in den zukünftigen esoterischen Schulen von Anfang an gelehrt werden.

Inspiration ist ein Vorgang, in dessen Verlauf die Empfänglichkeit der Persönlichkeit - auf dem Weg über die Zentren - derart qualifiziert, belebt und angeregt wird, bis sie jenen Spannungspunkt erreicht, auf dem eine Seelenkontrolle gegenwärtig und offenbar wird. Auf diese Weise kann die von der Seele kommende Energie das Leben der Persönlichkeit durchfluten und durch die Zentren hindurchströmen, wobei sie alle Hindernisse mit sich fortreisst; dadurch befreit sie den Aspiranten von seiner letzten Verblendung und Maya und schafft ein vollendetes Instrument, das die Musik der Seele und später die musikalische Qualität der Hierarchie hörbar machen kann. Man vergesse nicht, dass der Schall [260] alle Formen durchdringt; der Planet selbst hat seine eigene Note oder seinen eigenen Ton; auch jedes winzige Atom hat seinen Ton; jede Form kann in Musik umgesetzt werden und jedes Menschenwesen hat seinen besonderen Akkord; und alle Akkorde tragen zur grossen Symphonie bei, die von der Hierarchie und der Menschheit gespielt wird. Jede geistige Gruppe hat ihre eigene Melodie (wenn ich ein so unzulängliches Wort gebrauchen darf), und die Gruppen, die jetzt darangehen, mit der Hierarchie zusammen zu arbeiten, machen ohne Unterlass Musik. Diese rhythmische Tonfülle und diese unzähligen Akkorde und Noten vereinigen sich mit der Musik der Hierarchie selbst und bereichern damit ständig den harmonischen Zusammenklang; im Lauf der Jahrhunderte vereinigen sich allmählich alle diese Töne und lösen sich ineinander auf, bis eines Tages die planetarische Symphonie, die Sanat Kumara komponiert, vollendet ist; unsere Erde wird dann einen ansehnlichen Beitrag zu den grossen Akkorden des Sonnensystems liefern die ihrerseits ein wesentlicher und tatsächlicher Teil der Sphärenmusik sind. Dann werden (wie die Bibel sagt) die Gottessöhne, die planetarischen Logoi, zusammen singen. Das, lieber Bruder, wird der Enderfolg des richtigen Atmens, des beherrschten und geregelten Rhythmus, des wahren, reinen Denkens und des rechten Einvernehmens zwischen allen Teilen des Chors sein.

Man sollte dieses Thema als Meditationsübung durchdenken und daraus Inspiration gewinnen.

c. Die Technik der Indifferenz

In meinen anderen Büchern habe ich viele Auskünfte über den Ätherkörper und dessen Haupt- und Nebenzentren gegeben. Es besteht eine Tendenz unter den Schülern, die Zentren in Gedanken mit dem physischen Körper, aber nicht so klar mit dem ätherischen Körper zu identifizieren. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um die Lage der Zentren und das ist ein Irrtum. Aspiranten täten gut daran, jedwede Konzentration auf den physischen Körper zu [261] unterlassen; sie sollten lieber lernen, den Brennpunkt ihrer Aufmerksamkeit allmählich in den ätherischen Körper zu verlegen. Der physische Körper ist notwendigerweise aktiv und wirkungsvoll, er sollte aber in steigendem Mass als Automat angesehen werden, der beeinflusst und gelenkt wird durch:

1. Den vitalen Körper und die Kräfte der Maya; oder aber durch Inspiration, die aus geistigen Spannungspunkten herrührt.

2. Den Astralträger und die Kräfte der Verblendung; oder aber durch empfindende, bewusste Liebe, die von der Seele ausgeht.

3. Das Denkvermögen und die Kräfte der Illusion; oder aber durch Erleuchtung, aus Quellen, die höher sind als das Leben in den drei Welten.

4. Die Seele, als Träger monadischer Beeindruckung, bis die Antahkarana hergestellt ist - jene Brücke aus Gedankenstoff, die dereinst die Monade und die Persönlichkeit verbinden wird.

Eines der von Jüngern zu lösenden Probleme ist folgendes: Wo oder was ist der Ursprung des Ansporns, der Impulse, Eindrücke oder der Inspiration, die - vermittels des ätherischen Körpers - den physischen Träger zur Betätigung auf der physischen Ebene antreiben und damit die Qualität, die Zielsetzung und den Spannungspunkt des sich inkarnierenden Menschen ersichtlich machen und das Wesen des Menschen auf der jeweiligen Stufe der Evolutionsleiter offenbaren? Die Tätigkeit der Zentren richtet sich ganz nach den erwähnten Spannungen und Impulsen. Daraus lässt sich ersehen, wie viele meiner Lehren das übliche, okkulte Verfahren geradezu umkehren. Ich lehre nicht, wie man die Zentren erweckt, weil rechte Impulse, stetige Empfänglichkeit für die höheren Regungen und praktisches Erkennen der Inspirationsquellen die Zentren automatisch und gefahrlos zur notwendigen und angemessenen Aktivität anregen werden. Das ist die gesunde Entwicklungsmethode. Sie ist zwar langsamer, führt aber zu keiner verfrühten Entwicklung, sondern zu einer ausgeglichenen Entfaltung; sie ermöglicht es dem Aspiranten, wirklich zum Beobachter zu werden und [262] mit Sicherheit zu wissen, was er tut; sie bringt ein Zentrum nach dem anderen auf die Stufe geistiger Empfänglichkeit und begründet dann den geordneten, zyklischen Rhythmus einer beherrschten, niederen Natur. Dass Atemübungen später einmal ihren Platz in der Ausbildung des Jüngers haben werden, ist wahr und durchaus möglich, aber das wird sich von selbst ergeben als Folge einer rhythmischen Lebensweise und der ständigen richtigen Anwendung des Heiligen Wortes OM. Wenn beispielsweise ein Jünger in der Meditation sieben Mal das OM anstimmt, so entspricht das einer Atemübung; wenn er die damit erzeugte Energie auf den Schwingen bewusst geplanten Denkens dem einen oder anderen Zentrum zuleiten kann, bewirkt er innerhalb des Kräfte-Mechanismus Veränderungen und Umstellungen; und wenn er das mit Leichtigkeit tun und sein Denken auf einem «gedankenvollen Spannungspunkt» halten kann, dann wird es nicht mehr lange dauern, bis der Jünger den gesamten Brennpunkt seiner Aufmerksamkeit aus der Welt der Illusion, Verblendung und Maya hinwegwenden und in den Bereich der Seele, in die Welt des «klaren, kalten Lichtes» und in das Reich Gottes hineinverlegen kann.

Wenn er ausserdem die Technik der Indifferenz versteht und anwendet, dann steht er frei und ohne Fesseln da; er ist jederzeit hauptsächlich der Beobachter und Benutzer des Manifestationsapparates.

Worin besteht diese Technik? Was ist Indifferenz? Ich frage mich, lieber Bruder, ob du die Bedeutung des Wortes «Indifferenz» verstehst? Es bedeutet in Wirklichkeit die Erreichung einer neutralen Haltung gegenüber all dem, was als das Nicht-Selbst angesehen wird; dazu gehört auch eine Ablehnung jeder Ähnlichkeit; es bedeutet die Weigerung, mit irgendetwas anderem eins zu sein als mit der geistigen Wirklichkeit, insoweit sie auf einer bestimmten Stufe in Zeit und Raum erspürt und erkannt wird. Es handelt sich also um etwas viel Stärkeres und Lebendigeres als das, was man gewöhnlich unter Indifferenz versteht. Es ist eine aktive Nichtanerkennung, jedoch ohne jede Konzentration auf das, was nicht anerkannt [263] wird. Diese Feststellung ist wichtig und verdient sorgfältige Beachtung. Sie bezieht sich auf den Spannungspunkt, von dem aus der beobachtende Jünger oder Aspirant wirkt. Der Spannungspunkt wird zur Ausgangsquelle einer bestimmten Art von Energie und diese strömt herab in und durch den ätherischen Körper, ohne in irgendeiner Weise von Maya oder von der Konzentration verschiedener Kräfte beeinflusst zu werden, aus denen der ätherische Körper jeweils besteht. Indifferenz, im technischen Sinn, bedeutet direkten Abstieg von

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.