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Verblendung - ein Weltproblem, Seite 202 ff. (engl.)
seit altersher bedingt haben. Während vier Fünftel seiner Inkarnationserfahrung wurde er von seinem Wunschleben beherrscht. Er hat damit begonnen, sein Wünschen in höheres Streben zu verwandeln und - unter höchstmöglichem Aufwand an Hingabe, Gefühl und Sehnen - nach wirklicher Erkenntnis zu suchen. Dann erst erkennt er mit Schrecken das Wesen der Verblendungen, die automatisch und normalerweise seinen Weg bestimmen. Verblendung entstand, als der Mensch sein Wünschen als die Triebfeder seines Handelns erkannte und bemerkte; damit bewies er sein Menschentum und seinen Unterschied vom Tier, denn nur das Denken enthüllt das Vorhandensein von Wünschen. Anstelle des instinktiven Bestrebens, die der niederen Natur anhaftenden und angeborenen Wünsche zu befriedigen, traten [203] geplante Bemühungen, den Wünschen gerecht zu werden und dazu war zielbewusstes Denken notwendig. Auf diese Weise wurde die Trennungslinie zwischen Tier und Mensch immer deutlicher erkennbar und so trat vor Äonen der erste und grundlegende Ausdruck reiner Selbstsucht in Erscheinung. Später, als die Evolution fortschritt und das Wünschen von einer geplanten Befriedigung zur anderen überwechselte, schwächte sich der physische Aspekt der Selbstsucht ab und die Menschen suchten ihr Vergnügen in gesteigertem Gefühlsleben; das führte zur Entstehung des Dramas, wo dieses Erleben zum ersten Mal künstlerischen Ausdruck fand. Durch solche Schauspiele hat der Mensch seit altersher sein eigenes, dramatisches Gefühlsleben ergänzt, indem er sich in das Leben anderer hineinversenkte. Auf diese Weise trat er aus sich selbst heraus und ergänzte seine persönlichen, dramatischen Erfahrungen, Wünsche und Ziele durch solche, die durch die schöpferische Einbildungskraft hervorgebracht wurden; dadurch schuf er die Grundlage zur - verstandesmässigen und tatsächlichen - Erkenntnis des Teiles in seiner Beziehung zum Ganzen. So wurde von der Frühzeit von Atlantis an der Grund für die stufenweise Entfaltung des mystischen Dualitätsgefühls gelegt, von der anthropomorphischen Gotteserkenntnis bis zur Erkenntnis des Wirklichen im Innern des Menschen selbst und so sind wir schliesslich bei dem Problem angelangt, mit dem sich der Jünger befassen muss. Dann steht der Hüter der Schwelle dem Engel der Gegenwärtigkeit gegenüber und der letzte und grösste Konflikt wird ausgefochten.

Dieses Dualitätsbewusstsein erreicht seinen Gipfel bei der dritten Einweihung im Endkampfe zwischen den Gegensatzpaaren mit dem glorreichen Sieg des Engels - der Verkörperung der Kräfte des Guten im Einzelnen, in der Gruppe und in der Menschheit. Dann stirbt der Dualismus aus und mit ihm der Wunsch nach dem, was materiell ist und nicht das eigentliche (sich mit dem Ganzen einswissende) Selbst. Einheit und das «Leben in grösserer Fülle» [vgl. Ev. Joh. 10, 11

«Leben und volle Genüge]» sind erreicht.

Der Weg des Jüngers, der bewusst an der Zerstreuung der Verblendung in seinem Leben arbeitet, lässt sich in vier Abschnitte einteilen, die [204] in folgender Weise definiert werden können:

1. Das Erkennen der Verblendung oder der Verblendungen, die das Wirkliche verhüllen. In irgendeiner besonderen Lebenskrise hängen diese Verblendungen vom Persönlichkeitsstrahl ab.

2. Die Konzentrierung des Bewusstseins des Jüngers auf der Mentalebene und die Zentralisierung des Lichtes auf diesen Brennpunkt hin, so dass genügend Helligkeit vorhanden ist, die zu leistende Arbeit deutlich sichtbar wird und der Scheinwerfer des Denkens sich auf die Verblendung richtet, die zerstreut werden soll.

3. Die Richtungsstrahlung. Das ist das stetige, sinnvoll gelenkte Hineinstrahlen von Licht in die dunklen Stätten der Astralebene, wobei zu bedenken ist, dass das Licht dem Jünger zwei Dinge ermöglichen wird:

a. Die Verblendung zu zerstreuen - eine wohltuende Erfahrung.

b. Das Wirkliche zu erschauen - eine erschreckende Erfahrung, lieber Bruder.

4. Die Identifizierung mit dem Wirklichen, mit dem man nach Zerstreuung der Verblendung in Berührung kommt. In dem zusätzlichen Licht, das jetzt zu Gebote steht, kommt man zu einer weiteren Erkenntnis von noch subtileren Verblendungen, die dann ihrerseits zerstört werden müssen.

Dieser Prozess der Erkenntnis, Konzentration, Zerstreuung und der sich daraus ergebenden Enthüllung geht ununterbrochen vor sich von dem Zeitpunkt an, da der Jünger den Pfad der akzeptierten Jüngerschaft betritt bis zur dritten Einweihung.

Der Schlüssel zu allen Erfolgen dieser Entwicklung ist demnach die Meditation und das stetige Festhalten des Denkens im Licht. Nur durch Beharrlichkeit kann der Lichtstrahl gebildet, verstärkt, konzentriert und ausgesandt und dann - im richtigen Augenblick zurückgezogen [205] werden. Ich kann an dieser Stelle nicht weiter auf den Meditationsvorgang eingehen, der auf richtigem Verständnis für das Wesen der Konzentration beruht. Ich habe viel über dieses Thema geschrieben und die Raja-Yogadisziplin ist wohl bekannt. Konzentriertes und beherrschtes Denken ist heute der normale Gegenstand aller von Erziehern und klugen Eltern gegebenen Weisungen. Der Durchschnittsmensch kann sich heute nur schwer vorstellen, dass es eine Zeit gab, als solche Redensarten wie «gebrauch deinen Verstand» oder «wenn du nur ein bisschen denken würdest» oder «ein wenig Gedankenkontrolle würde dir sicher helfen» vollkommen unbekannt waren, weil das Denkvermögen noch so wenig entwickelt war. Es wurde damals nur als Werkzeug für das Bewusstsein von Eingeweihten anerkannt. Der Evolutionspfad ist in der Tat der Pfad der Wiedererkennungen, die zur Enthüllung führen. Der gesamte Evolutionsvorgang trägt den Charakter einer Einweihung, die von einer Bewusstseins-Erweiterung zur anderen führt, bis die Welten der Formlosigkeit und der Form enthüllt dastehen in dem Licht, das der Eingeweihte selbst erzeugt und in dem er einhergeht. Diese Lichter sind verschieden und unterscheiden sich durch das, was sie enthüllen; es gibt:

1. Das Licht der Materie selbst, das sich in jedem Atom der Substanz vorfindet.

2. Das Licht des vitalen oder ätherischen Trägers - ein Licht, das die Reflexion des Einen Lichtes ist, weil es die drei Arten von Licht innerhalb der drei Welten in sich vereint.

3. Das Licht des Instinktes.

4. Das Licht des Intellektes oder das Licht des Wissens.

5. Das Licht der Seele.

6. Das Licht der Intuition.

Wir schreiten von Licht zu Licht, von Enthüllung zu Enthüllung, bis wir aus dem Bereich des Lichtes heraus in den Bereich des Lebens eingehen, der bis jetzt für uns noch reine Dunkelheit ist.

Es versteht sich von selbst, dass dieses wachsende Licht eine sich mehr und mehr entfaltende Reihe von Enthüllungen mit sich bringt, [206] die wie alles andere in der menschlichen Erfahrungswelt zu allererst einmal die Welt der Formen und dann das Wesen der Seele, der Ideen und der Göttlichkeit vor unseren Augen aufrollt. All diese Enthüllungen bilden jedoch eine grosse, vereinte Enthüllung, die sich vor den Augen der Menschheit nach und nach entfaltet. Das Licht seines persönlichen, niederen Selbstes enthüllt dem Menschen die Welt der Form, der Materie, des Instinktes, des Wünschens und des Denkens; das Licht der Seele enthüllt das Wesen der Beziehung zwischen diesen Lebensformen und der Welt des Formlosen sowie des Konfliktes zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Das Licht der Intuition eröffnet dem Auge der Seele innerhalb der Persönlichkeit das Wesen Gottes und die Einheit des Ganzen. Die Rastlosigkeit des materiellen Wünschens, das seine Befriedigung in den drei Welten sucht, weicht schliesslich dem höheren Streben nach Seelenkontakt und Seelenleben. Dieses wird dann seinerseits als ein Schritt in Richtung auf jene grossen, grundlegenden Erfahrungen anerkannt, denen wir die Namen der fünf hauptsächlichen Einweihungen beilegen. Diese enthüllen dem Menschen die bisher nicht erkannte Tatsache seines Nicht-Getrenntseins und der Beziehung seines individuellen Willens zum göttlichen Willen.

Wir wollen jetzt untersuchen, in welcher Art und Weise diese Arbeitsphasen auf der Astralebene vor sich gehen: zuerst lernt der Mensch das Licht des Denkens zu gebrauchen, das von der Seele im Lauf ihrer immer enger werdenden Beziehung zur Persönlichkeit erzeugt und von der Intuition angefacht wird. Mit Hilfe dieses Lichtes lernt der Jünger, seine persönlichen und privaten Verblendungen zu zerstreuen. Ich erwähne das, weil ich das Ausmass der Aufgabe betonen möchte, die ein Mensch unternimmt, der sich bewusst dazu anschickt, seine Verblendung loszuwerden, um sich dadurch auf einen Dienst im grösseren Rahmen vorzubereiten. Er befindet sich dann mit der gesamten Verblendung der ganzen Ebene in Konflikt und kann leicht überwältigt werden, wenn er merkt, was ihm bevorsteht. Das ist einer der Gründe für die tiefe Niedergeschlagenheit [207] und für jene abgründigen Minderwertigkeitskomplexe, die manche Menschen vollkommen ohnmächtig machen oder schliesslich zum Selbstmord treiben. Die Verblendungen ihrer eigenen Person ketten sie an die nationale oder planetarische Verblendung und bestimmen damit ihren Lebensausdruck und ihr Denken. Das sollte man nicht vergessen, wenn man es mit Menschen zu tun hat, die sich so in ihren Ideen verhärtet haben, dass sie die Wahrheit nicht so zu sehen vermögen, wie man selbst sie sieht. Sie sind wie sie sind, weil ihre eigene Verblendung von den grösseren Verblendungen genährt wird; und damit können sie noch nicht fertig werden.

Es ist nicht meine Absicht, mich mit besonderen Verblendungen abzugeben; ich möchte aber eine Formel angeben, die - mit kleinen Abänderungen und Zusätzen - dem Einzelnen und der Gruppe bei Ausmerzung der Verblendung dienlich sein könnte. Gleich zu Anfang möchte ich sagen, dass ein Mensch sich zunächst einmal darüber klar sein muss, dass seine Empfindungen, Ideen, Wünsche und Lebenserfahrungen, soweit seine Gefühlsnatur in Betracht kommt, durch irgendeine oder eine Reihe von Verblendungen bedingt werden, dass er das Opfer von mehreren Verblendungen ist, die im Lauf vieler Lebensspannen erzeugt und in seiner Vorgeschichte tief verwurzelt sind und auf die er instinktiv reagiert. Es kommt indes die Zeit, da der Probejünger dieser instinktiven Verblendungen gewahr wird und sie bei ihrem Auftreten erkennt, selbst wenn er noch darauf reagiert; er sucht sich davon loszumachen, anfänglich durch krampfhaftes Bemühen, indem er sein Denken benutzt, um sie sich auszureden. Dabei kommt es abwechselnd zu vorübergehendem Erfolg, wenn er mit Vorbedacht so handeln kann, als ob er von Verblendung frei sei und zu langen Perioden der Niederlage, wenn er sich überwältigt wähnt, nirgends ein Licht erspäht und sich wie ein verwirrter Blinder benimmt. Das deutet darauf hin, dass er wie von einem Magneten (der angesammelten Kraft uralter Verblendung mit ihren karmischen Auswirkungen) immer wieder gerade in die Verblendung hineingezogen wird, die er zu vermeiden trachtet. Später folgt (als Resultat obiger Wechselerscheinung) das Stadium, da die Anziehungskraft der Seele die Anziehungskraft dieser Verblendungen ausgleicht: er strebt nach [208] unbehindertem Ausdruck und nach Befreiung von der Herrschaft der Astralebene. Dann kommt er allmählich ins Gleichgewicht.

Während dieses Stadiums beginnt der Mensch zu meditieren, wodurch er des Seelenlichtes gewahr wird, wie es sich mit dem im Mentalkörper enthaltenen Lichte vereint; und dieses vereinte Licht wird immer stärker, je länger er die Meditationsarbeit beharrlich fortsetzt. Es folgt dann ein Tag, da der Aspirant entdeckt, dass er dieses innere Licht benutzen kann und er fängt an, es versuchsweise und mit ungleichem Erfolg auf die Probleme seiner besonderen Verblendung anzuwenden. Auf dieser Stufe fördern wir jetzt die Technik des Lichtes, um damit die unbestimmte und unwissenschaftliche Technik der Vergangenheit zu beenden. Die besagte Technik nützt nur dem, der etwas vom Licht des Denkens, vom Licht im Kopf und vom Licht der Seele weiss. Das Licht im Kopf kommt durch definitiv geplantes Zusammenbringen des Seelen- und des Persönlichkeitslichtes zustande, die sich beide im Mentalkörper zu einem Brennpunkt vereinigen und eine Wirkung auf das Gehirn ausüben. Dieser Vorgang zerfällt in drei Stadien:

1. Der Versuch, das Licht des Denkens und das der Materie im mentalen Träger auf einen Brennpunkt zu vereinigen. Das bedeutet ein Zusammenbringen des Lichtes der Materie und der Substanz (dichtes materielles und ätherisches Licht) und des Lichtes des Denkens selbst. Es gibt kein eigentliches oder besonderes Licht, das dem Astralkörper innewohnt oder davon ausgeht, denn er ist nur ein Formgebilde, das vom Einzelmenschen, von Nationen und menschlichen Rassen geschaffen wurde; und diese Formen machen in ihrer Gesamtheit die Astralebene aus und besitzen im Gegensatz zu anderen Formen kein Eigenlicht. Sie sind nicht als Ausdrucksformen irgendeines dynamischen Lebens vom planetarischen Logos erschaffen und darin liegt die wahre Bedeutung meiner früheren Feststellung, dass die Astralebene in Wirklichkeit gar nicht existiert. Sie ist das Phantasiegebilde menschlichen Wünschens seit Anbeginn der Zeit, und [209] ihr falsches Licht ist eine Reflexion entweder des Lichtes der Materie oder des Lichtes des Denkens. Diese Vereinigung der beiden Lichter in einem Brennpunkt wird durch Gleichschaltung und durch das Bemühen erreicht, das positive Licht des Denkens und das negative Licht des Gehirns zum Aufleuchten zu bringen und das geschieht durch Gedankenkontrolle, die durch Meditation entwickelt wird. Wenn diese beiden Gegenpole (durch einen Willensakt der Persönlichkeit) in Verbindung gebracht sind, dann können diese beiden Aspekte des geringeren Lichtes einen kleinen Lichtpunkt bilden - eine winzige Fackel -, die eine Phase der Verblendung enthüllt, auf die der Aspirant am leichtesten reagiert. Dieser erste Lichtpunkt ist nicht so beschaffen, dass er mehr tun kann, als enthüllen. Er besitzt nicht die Kraft, zu zerstreuen und er kann auch keine vorhandene Verblendung entkräften. Er kann lediglich dem wachen Gehirnbewusstsein eines Menschen klarmachen, dass Verblendung ihn im Bann hält. Es handelt sich hierbei um die

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.