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Verblendung - ein Weltproblem, Seite 129 ff. (engl.)
und eines - in mentaler Form erspürten, erfassten und ausgelegten - Begriffes, um die Denkvorgänge eines Individuums oder der Rasse zu beherrschen, wodurch die Wesensäusserung des Einzelnen oder einer Gruppe beeinträchtigt und beschränkt wird. Solche Ideen oder Begriffe können bekanntlich von dreierlei Art sein:

1. Es mögen ererbte Ideen sein, wie das bei denen der Fall ist, die sich so schwer der neuen Vision des Welt-Lebens und der in den neueren Ideologien ausgedrückten sozialen Ordnung anpassen können. Sie stehen unter dem mächtigen Einfluss ihrer Kaste, ihrer Tradition und ihrer Erziehung.

2. Es mögen modernere Ideen sein, die letzten Endes die Reaktionen modernen Denkens auf die Zustände in der Welt sind; dafür sind auch viele andere Aspiranten sehr empfänglich und das ist ganz natürlich, besonders bei denen, die in dem Kraftstrudel leben, den wir das moderne Europa nennen. Solche moderne Ideen werden heutzutage zu grösseren Gedankenströmungen und vorherrschenden Ideologien zusammengefügt und darauf muss jeder intelligente Mensch unvermeidlich reagieren; allerdings vergisst er dabei, dass diese Reaktion auf Tradition und auf nationaler und internationaler Veranlagung beruht.

3. Es mögen die dunkel erahnten, neueren Ideen sein, welche die Macht in sich tragen, die Zukunft zu bestimmen und die moderne Generation aus dem Dunkel ins Licht zu führen. Noch niemand erspürt heute wirklich diese neuen Ideen, wenn auch manche im Augenblick hoher Meditation oder geistigen Aufstiegs vage und kurz darauf reagieren mögen. Diese Reaktion mag nur insofern eine wirkliche sein, als sie im Betreffenden den Dienst an seinen Mitmenschen deutlich beeinflusst. Man kann in der richtigen Weise und in steigendem Mass darauf reagieren, wenn man die Integrität der Seele zu wahren weiss und sich nicht vom Kampf und vom Fieber der Umwelt innerhalb seines erwählten Dienstbereiches übermannen lässt.

Eine [130] mentale Illusion lässt sich vielleicht am besten als eine Idee beschreiben, welche die Form eines Ideals angenommen hat, die keinerlei Raum übrig lässt für irgendeine andere Idealform. Sie schaltet damit die Fähigkeit aus, mit Ideen in Berührung zu kommen. Der Mensch ist an die Welt der Ideale und des Idealismus gebunden. Er kann sich davon nicht losmachen. Die mentale Illusion bindet ihn, schränkt und kerkert ihn ein. Eine gute Idee kann sich demnach äusserst leicht zu einer Illusion entwickeln und das Leben des Menschen, der sie verspürt hat, in katastrophaler Weise beeinflussen.

Man könnte hier die Frage aufwerfen, ob die Hierarchie nicht selbst von einer Idee bestimmend beeinflusst wird und demnach selbst das Opfer einer allgemeinen und weitverbreiteten Illusion ist. Abgesehen davon, dass die Leiter der Hierarchie und die Treuhänder des Planes niemals in diese Stellungen aufrücken, bevor sie nicht vom Ansporn der Illusion frei sind, möchte ich daran erinnern, dass alle Ideen auf den Leitbahnen der sieben Strahlen in das planetarische Bewusstsein strömen. Somit ist die Hierarchie auf alle Fälle und in vollstem Mass für die sieben Hauptgruppen von Ideen empfänglich, welche die IDEE Gottes zu irgendeinem Zeitpunkt darstellen; diese kommt auf sieben hauptsächliche Arten zum Ausdruck, die alle gleich richtig sind und dem siebenfältigen Bedürfnis der Menschheit dienen. Jede dieser sieben Formulierungen von Gottes Idee liefert ihren besonderen Beitrag; jede von ihnen ist eine wahre Idee, die im menschlichen oder planetarischen Dienst ihre Rolle zu spielen hat; und jede von ihnen steht mit den sechs anderen Äusserungen derselben göttlichen Idee, die sich in Form von Idealen auf der Mentalebene auswirken, in einer solchen Wechselbeziehung, dass eine Einengung in eine einzige Idee mit ihren Abzweigungen, wie sie unter Menschen vorkommt, völlig unmöglich ist. Zumindest besteht Empfänglichkeit für sieben Ideengruppen und die daraus resultierenden Ideale; und wenn die Hierarchie weiter nichts wäre - bisher ist sie beweglich und biegsam geblieben. Aber sie ist weit mehr als das, denn für die Mitglieder der Hierarchie wird die Idee und deren Auswirkungen nicht nur im Sinn menschlicher Gedankenformen und menschlichen Idealismus ausgelegt, sondern sie müssen auch mit dem Denken Gottes selbst [131] und mit den planetarischen Naturreichen in Verbindung gebracht und dementsprechend studiert werden. Diese Ideen kommen von der buddhischen Ebene her, die dem Bewusstsein des Durchschnittsjüngers selten zugänglich und dem Durchschnitts-Idealisten bestimmt verschlossen ist. Dabei möchte ich daran erinnern, dass wenige Idealisten persönlich mit der Idee in Berührung stehen, die dem Idealismus zugrunde liegt. Sie stehen lediglich mit der menschlichen Auslegung der Idee in Berührung, so wie sie von irgendeinem Jünger oder intuitiven Menschen formuliert wurde - was grundverschieden ist.

Eine Illusion lässt sich demnach als die Folgeerscheinung einer (in ein Ideal übersetzten) Idee bezeichnen, wenn diese Idee als ein Gesamtbild, als vollständige Darstellung oder Lösung angesehen wird, getrennt und unabhängig von allen anderen Ideen - seien sie religiöser Natur oder anscheinend ohne jeden Zusammenhang mit Religion. Diese Feststellung beleuchtet die Trennungstendenz und die Unfähigkeit des Menschen, die verschiedenen Auswirkungen einer göttlichen Idee miteinander in Beziehung zu bringen. Wenn eine Wahrheit engstirnig und separatistisch erschaut und erfasst wird, so wird sie zwangsläufig entstellt; der Jünger oder Aspirant verpflichtet sich unvermeidlich einem Teilaspekt der Wirklichkeit oder des Planes, aber nicht der Wahrheit, soweit sie geoffenbart werden kann oder dem Plan, wie die Mitglieder der Hierarchie ihn kennen. Die Illusion erweckt im Jünger oder Idealisten eine Gefühlsreaktion, die unmittelbar die Wunschnatur anregt und demzufolge den Übergang von der mentalen auf die astrale Ebene bedingt. Dadurch wird ein Wunsch nach einem teilweisen und unzulänglichen Ideal hervorgerufen und die Idee kann nicht voll zum Ausdruck kommen, weil ihr Fürsprecher dieses blosse Teilideal als die ganze Wahrheit ansieht und deshalb seine sozialen, planetarischen und kosmischen Auswirkungen nicht erfassen kann.

Wenn eine Idee wirklich in ihrem vollen Umfang erfasst wird (was in der Tat selten vorkommt), kann Illusion nicht Platz greifen. Die Idee ist so viel grösser als der Idealist, dass seine Bescheidenheit ihn davor bewahrt, engstirnig zu sein. Wo es sich (wie das gewöhnlich der Fall ist) um Illusion handelt und um eine vage Auslegung [132] einer Idee, da haben wir es mit Fanatikern zu tun, mit verschwommenen Idealisten, mit Sadisten, die eine von ihnen erfasste Idee aufzwingen wollen, mit einseitigen und engherzigen Männern und Frauen, die nur ihre Auslegung einer göttlichen Idee gelten lassen und mit beschränkten, verkrampften Phantasten. Eine solche illusorische Darstellung der Wahrheit und solch ein visionäres Erschauen der Idee ist sowohl der Stolz als auch der Fluch der Welt gewesen. Das ist einer der Gründe, warum die moderne Welt in einen so kritischen Zustand geraten ist; die Welt leidet heute - wahrscheinlich unvermeidlicherweise - unter diesem Missbrauch der göttlichen Fähigkeit, eine Idee zu erspüren und sie dann in ein Ideal umzuwandeln. Die Aufzwingung dieser menschlich und mental ausgelegten Ideen in Form von beschränkten Ideologien hat eine bedauerliche Wirkung auf die Menschen ausgeübt. Sie müssen lernen, zur wahren Idee vorzudringen, die hinter ihrem Ideal verborgen liegt und sie im Licht ihrer Seele genau auszulegen; dabei sind jene Methoden anzuwenden, die durch LIEBE gerechtfertigt und gesichert sind. Es ist zum Beispiel keine Illusion, dass die Idee, die in der Feststellung Ausdruck findet, dass «alle Menschen gleich sind», durchaus eine Tatsache ist und betont werden muss. Demokratisch gesinnte Menschen haben dies eifrig aufgegriffen. Es handelt sich um eine tatsächliche Feststellung, aber wenn dabei die gleich wichtigen Ideen der Evolution, der Rassenmerkmale und nationaler und religiöser Kennzeichen unbeachtet bleiben, dann findet die grundlegende Idee nur beschränkte Anwendung. Daraus erklären sich die modernen, ideologischen Zwangssysteme unserer Tage und das rasche Anwachsen ideologischer Illusionen, von denen dennoch jede einzelne - ohne Ausnahme - auf einer wahren Idee beruht. Ebenso ist es keine Illusion, dass die Entwicklung des Christusbewusstseins das Ziel der menschlichen Familie ist; wenn es aber von denen, die dieses Bewusstsein selber noch nicht entfaltet haben, im Sinn einer autoritären Religion ausgelegt wird, dann wird dieses Ziel zu einem blossen Moralbegriff, ja oftmals zu einem sadistischen Impuls, womit es unmittelbar in den Bereich der Illusion gerät.

[133] Aus vielen möglichen Beispielen greife ich diese beiden heraus, um daran klar zu machen, wie Illusionen entstehen, wie sie sich entwickeln und wie sie am Ende verschwinden müssen; auf diese Weise lässt sich eine Vergleichsnorm finden, um den relativen Wert des Wahren und des Falschen, des unmittelbar Zeitlichen und der grundlegenden Zeitlosigkeit des Wirklichen zu verstehen.

Daraus geht also hervor, dass die niederen oder konkreten Stufen der Mentalebene - im Laufe der Zeitalter - eine Unzahl von Ideen erworben oder angehäuft haben, die als Ideale formuliert und in Mentalstoff gehüllt wurden. Diese Ideale wurden von der Lebenskraft derer genährt, die von der Wahrheit der Idee soviel erkannt haben, wie sie auszudrücken vermögen und welche diese Ideale durch ihre gedankenformende Fähigkeit und ihre darauf gerichtete Aufmerksamkeit betont haben; das bedeutet, dass sie der begrenzten Formulierung des Ideals Energie zugeführt haben, weil bekanntlich dem Gedanken Energie folgt.

Diese Gedankenformen werden zu erstrebenswerten Zielen, denen die subjektive Wirklichkeit «Mensch» zustrebt und mit denen er sich während langer Zeitperioden identifiziert; er überträgt sie auf sich, wodurch er sie belebt und ihnen Vitalität und Beständigkeit verleiht. Sie werden zum Teil seiner selbst; sie bedingen seine Reaktionen und Aktivitäten; sie nähren seine Wunschnatur und erlangen dadurch ungebührliche Bedeutung; sie errichten eine Scheidewand (deren Dichtheit vom Ausmass der jeweiligen Identifizierung abhängt) zwischen dem inkarnierten Menschen und der Wirklichkeit, die sein wahres Wesen ist.

Es besteht für mich kein Grund, an dieser Stelle einige dieser vorherrschenden Gedankenformen und Aspekte intellektueller und mentaler Illusion im einzelnen aufzuzählen. Der Leser sollte keineswegs denken, dass die verkörperte Idee, die wir ein Ideal nennen, schon an sich eine Illusion sei. Ein Ideal wird nur dann zur Illusion, wenn es als Endzweck an sich betrachtet wird, anstelle dessen, was es seinem Wesen nach ist, nämlich ein Mittel zum Zweck. Ein richtig erfasstes und angewandtes Ideal dient als zeitweiliger Wegweiser zu [134] einer unmittelbar erreichbaren Wirklichkeit, die zu irgendeinem besonderen Zeitpunkt das Ziel des Menschen oder der Menschenrasse darstellt. Die der heutigen Menschheit dargebotene Idee ist die Wiederherstellung (auf einer höheren Spiralwindung) jener geistigen Verbundenheit, die für die primitiven Menschen der vorgeschichtlichen Zeit charakteristisch war. Damals, unter der weisen Führung und dem väterlichen Beistand der Hierarchie und der Priester-Eingeweihten jener Zeit, wussten die Menschen, dass sie eine einzige Familie von Brüdern waren und sie erlangten diese Erkenntnis gefühlsmässig aufgrund einer entwickelten Sinneserfahrung. Heute sucht die gleiche Idee unter der Bezeichnung Brüderlichkeit nach einer mentalen Ausdrucksform und nach Wiederherstellung einer geistigen Verbundenheit (Idee) durch Ausbildung in rechten, menschlichen Beziehungen (Ideal). Dies ist das unmittelbare Ziel der Menschheit.

Dieses Resultat wird die unausbleibliche Folge des Zyklus der Notwendigkeit sein, den wir jetzt durchmachen; die dunkel empfundene Idee wird - als ein Ergebnis bitterer Notwendigkeit - der Rasse ihren Rhythmus auferlegen und damit allen Menschen die Erkenntnis wahren Seins aufzwingen. Wer die wirkliche Grundlage aller Ideologien (ohne jede Ausnahme) einer genauen Betrachtung unterzieht, wird feststellen, dass diese (in ihrer Darstellung oft verzerrte und unter falschen Methoden versteckte) Idee integraler Verbundenheit, geistiger Ziele und wirklich positiver, brüderlicher Betätigung den Kern aller äusseren Form bildet. Ich habe die gegenwärtige Lage als Beispiel dafür benutzt, wie die Idee sich als das Ideal verkörpert, das leider, lieber Bruder, oftmals das Idol und das fanatisch missverstandene und überbetonte Ziel der Massen wird, die sich von einem ausgesprochenen Idealisten führen lassen. Ein Ideal ist ein zeitweiliger Ausdruck einer grundlegenden Idee; es ist nicht dazu bestimmt, etwas Dauerndes zu sein, sondern soll lediglich einem Bedürfnis entsprechen und einen Ausweg aus der Vergangenheit in eine angemessenere Zukunft weisen. Alle gegenwärtigen Ideale, die sich durch landläufige Ideologien ausdrücken, [135] werden ihren Zweck erfüllen und am Ende verschwinden, gleichwie alles andere in der Rassengeschichte verschwunden ist, um schliesslich einer anerkannten geistigen Beziehung, einer subjektiven Gemeinschaft im Sinn einer klar umrissenen und manifestierten Brüderlichkeit Platz zu machen. Wenn diese Ideale genügend entwickelt sind und verstanden werden, dann sollte sich daraus ein Kontroll- und Führungssystem und eine Art von Regierung ergeben, von der sich selbst fortgeschrittene Denker zurzeit noch keine Vorstellung machen können.

Wenn Ideale, mentale Begriffe und formulierte Gedankenformen das Denken eines Individuums, einer Rasse oder der Menschheit im allgemeinen derart beherrschen, dass jede Fernsicht oder Vision ausgeschlossen und das Wirkliche abgeblendet wird, dann bedeuten sie eine Illusion, solange sie das Denken und die Lebensmethode beherrschen. Sie lassen keinen Spielraum für die Intuition mit ihrer wirklichen Kraft, die unmittelbare Zukunft zu enthüllen; häufig lassen sie (in ihrer Ausdrucksform) das Grundprinzip des Sonnensystems, die Liebe, völlig ausser acht, indem sie ein zweitrangiges und vorübergehendes Prinzip mit Gewalt an die erste Stelle setzen; auf diese Weise können sie eine «drohende, schwarze Regenwolke» bilden, welche die (von Patanjali in seinem letzten Buch erwähnte) «Regenwolke wissbarer Dinge» verhüllt - jene Wolke der Weisheit, die über der niederen Mentalebene schwebt und die von Schülern und Aspiranten angezapft und benutzt werden kann, wenn sie der Intuition freien Spielraum lassen.

Wir wollen jetzt die Intuition betrachten, die das Gegenteil der Illusion

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.