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Verblendung - ein Weltproblem, Seite 59 ff. (engl.)
mentale Einstellung zu erlangen. Diese richtigen Einstellungen hatte Buddha im Sinn, als Er den Edlen, Achtfachen Pfad verkündete. Dazu gehört, dass man die rechte mentale Höhe erreicht, nicht bloss die rechte Einstellung, liebe Brüder.

2. Durch falsche Auslegung. Die Idee, eine lebendige Wesenheit oder ein lebenskräftiger Keim, erscheint nur als Teilansicht, die durch die Unzulänglichkeit des Denkvermögens entstellt und häufig bis zur Belanglosigkeit verkleinert wird. [60] Es fehlt das Instrument zum rechten Verstehen. Obgleich der Mensch sein Höchstes und Bestes darangeben mag und obwohl er bis zu einem gewissen Grad fähig sein mag, sein Denken unbeirrt im Licht zu halten, ist doch das, was er der Idee entgegenbringt, besten Falls recht armselig. Das führt zu Illusion durch falsche Auslegung.

Die Ursache liegt in der Überschätzung der eigenen Denkkraft. Die Hauptsünde des mentalen Typs ist Hochmut und dieser färbt in den Anfangsstadien auf alles ab, was er tut.

Die Abhilfe liegt in der Entwicklung geistiger Vorsicht.

3. Durch falsche Aneignung von Ideen. Die unrechtmässige Aneignung einer Idee gründet sich auf die dramatisierende Fähigkeit und Tendenz der Persönlichkeit, dem kleinen Ich Geltung zu verschaffen. Das verführt den Menschen dazu, sich eine Idee persönlich anzueignen in dem Glauben, er habe sie selbst formuliert und ihr deshalb ungebührliche Bedeutung beizumessen, weil er sie als seine eigene betrachtet. Von da an baut er sein Leben im Sinn seiner Idee auf, misst seinen Absichten und seinen Zielen besondere Bedeutung bei und erwartet von anderen, dass sie sein Eigentumsrecht auf die Idee anerkennen. Er vergisst, dass keine einzige Idee irgend jemandem gehört, sondern dass Ideen, die ja von der Intuitionsebene herkommen, Geschenk und Gemeingut aller und nicht das Eigentum eines einzelnen Denkers sind. Sein Leben, auch als Persönlichkeit, ordnet sich ganz dem unter, was seine Vorstellung von einer Idee und sein Ideal von einer Idee ist. Die Idee wird zur dramatischen Triebfeder eines Lebenszwecks, den er sich selbst auferlegt hat und der ihn von einem Extrem zum anderen treibt. Das führt zu Illusion durch unrechtmässige Aneignung.

Die Ursache [61] liegt in der Überschätzung der Persönlichkeit und in der Art, wie diese Persönlichkeit durch ihre Reaktionen sowohl die empfundene Idee selbst als auch alle Menschen, die dieselbe Idee zu erfassen suchen, ungebührlich zu beeinflussen trachtet.

Die Abhilfe liegt im steten Bemühen, den Mittelpunkt des Lebens von der Persönlichkeit in die Seele zu verlegen.

Eines möchte ich hier klarstellen. Ideen gelangen sehr selten unmittelbar aus den intuitiven Bereichen ins Bewusstsein der Welt und ins menschliche Denken. Der heutige Stand menschlicher Entwicklung erlaubt das noch nicht. Ideen können nur dann direkt aus den Intuitionsebenen kommen, wenn ein hochentwickelter Seelenkontakt, eine starke Denkkontrolle, eine geschulte Intelligenz, ein geläuterter Gefühlskörper und (als Resultat all dieser Bedingungen) ein gesundes Drüsensystem vorhanden ist. Es empfiehlt sich, darüber nachzudenken.

Die meisten Ideen, soweit sie höherer Natur sind, werden vom Meister transformiert ins Bewusstsein seines Jüngers gebracht und ihm durch mentale Telepathie übermittelt und zwar infolge seiner Empfänglichkeit für das, was in der tibetanischen Lehre als «psychische Geschenkwellen» bezeichnet wird. Ideen werden auch durch Gedankenaustausch unter Jüngern erspürt. Wenn Jünger zusammenkommen und sich dadurch gegenseitig in ihrem Denken anregen und wenn sie ihre Aufmerksamkeit gemeinsam auf einen Brennpunkt richten, so können sie oft vereint mit der Ideenwelt in Berührung kommen (was sonst unmöglich wäre) und den neueren Begriffen Leben und Form geben. Ferner befinden sich gewisse grosse Ideen als Energieströme auf der Mentalebene, die dort durch geschulte Aufmerksamkeit von Jüngern erreicht und zur Verkörperung gezwungen werden können. Diese von einer Grundidee gefärbten Ströme mentaler Energie wurden von der Hierarchie dorthin gelenkt. Wenn der Neuling sie auf diese Weise entdeckt und erfasst hat, ist er geneigt, dies als persönliche Errungenschaft anzusehen [62] und die Idee seiner eigenen Weisheit und Macht zuzuschreiben. Daher ist es so notwendig, solche Neuentdeckungen richtig zu verstehen und richtig auszulegen.

4. Durch falsche Lenkung von Ideen. Sie ergibt sich aus der Tatsache, dass der Jünger das Gesamtbild noch nicht so sieht, wie es in Wirklichkeit ist. Sein Horizont ist beschränkt, seine Vision kurzsichtig. Ein Bruchteil irgendeiner Grundidee beeindruckt sein Bewusstsein und er legt diese Teil-Idee so aus, als ob sie zu einem Tätigkeitsbereich gehöre, mit dem sie überhaupt nichts zu tun haben mag. Er fängt daher an, sich mit der Idee zu befassen und sie in Bereiche zu lenken, wo sie gänzlich nutzlos ist; er kleidet sie von einem ganz falschen Gesichtspunkt aus in eine Form und verkörpert sie so, dass ihre Nützlichkeit zunichte gemacht wird. So hat also der Jünger vom allerersten Augenblick des Kontaktes an unter Illusion gelitten, und solange er darin verharrt, verstärkt sich die allgemeine Illusion. Dies ist eine der gewöhnlichsten Formen von Illusion, und eine der ersten Gelegenheiten, um den mentalen Hochmut eines Jüngers zu brechen. Es ist Illusion aufgrund falscher Anwendung von Anfang an, und sie führt zu falschem Gebrauch oder falscher Lenkung der Idee.

Ihre Ursache ist ein kleines und nicht umfassendes Denkvermögen.

Die Abhilfe besteht darin, das Denken so zu schulen, dass es universal, vielseitig und vom Standpunkt moderner Intelligenz wohlentwickelt ist.

5. Durch falsche Eingliederung einer Idee. Jeder Jünger hat einen Lebensplan und ein erwähltes Dienstgebiet. Andernfalls ist er kein Jünger. Es mag das Heim oder die Schule oder ein [63] grösseres Gebiet sein, jedenfalls ist es ein bestimmter Platz, wo er das zum Ausdruck bringt, was in ihm liegt. In seinem meditativen Leben und durch den Kontakt mit seinen Mitjüngern erhascht er irgendeine Idee, die wichtig, vielleicht sogar für die Welt wichtig ist. Sofort stürzt er sich darauf und versucht, sie seinem Lebenszweck und Lebensplan einzugliedern. Er mag dafür gar keine bestimmte Verwendung haben und er sollte sich damit überhaupt nicht befassen. Sein übergeschäftiges Denken ist wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass er diese Idee aufgreift. Alle erspürten und erfassten Ideen brauchen nicht notwendigerweise Ideen zu sein, mit denen jeder Jünger sich beschäftigen sollte. Darüber ist sich der Jünger nicht immer klar. Deshalb greift er die Idee auf und versucht, sie seinen Plänen einzugliedern, wobei er sich mit Energien abgibt, die seinem Temperament nicht angepasst sind. Er zwingt seinem Mentalkörper einen Energiestrom auf, dem er nicht gewachsen ist; die Wirkung ist vernichtend. Viele gute Jünger weisen solch ein überfruchtbares, übergeschäftiges Denkvermögen auf und gelangen damit zu keinem konstruktiven Ziel und zu keinem aufbauenden Lebenswerk. Sie greifen jede Idee auf, die ihnen in den Weg kommt, und gebrauchen keinerlei kritisches Unterscheidungsvermögen. Dies ist die Illusion durch Aneignungssucht.

Die Ursache ist selbstsüchtige Bereicherung zugunsten des kleinen Ich, selbst wenn der Jünger sich dessen nicht bewusst und von der Idee der eigenen Selbstlosigkeit verblendet ist.

Die Abhilfe ist eine demütige Gesinnung.

6. Durch falsche Verkörperung von Ideen. Das bezieht sich hauptsächlich auf die Schwierigkeiten jener entwickelten Seelen, die mit der Welt der Intuition wirklich in Berührung kommen und die tatsächlich die grossen geistigen Ideen [64] intuitiv erfassen; diese Seelen haben die Aufgabe, die Ideen automatisch und ohne Umschweife in bestimmter Form zu verkörpern, wobei die Seele und das Denkvermögen in geschulte, rhythmische Funktion treten und stets engstens zusammenwirken müssen. Die Idee wird tatsächlich aufgegriffen, aber falsch in Denkstoff eingekleidet; damit wird auch ihre materielle Gestaltung in falscher Richtung angesetzt. Auf diesem Weg mag sie dann beispielsweise in eine Gruppengedankenform Eingang finden, deren Färbung, Grundton und Substanz völlig ungeeignet ist, die Idee richtig zum Ausdruck zu bringen. Das kommt weit öfter vor, als man denkt. Darauf bezieht sich im letzten Grunde der Hindu-Ausspruch: Besser das eigene Dharma als das Dharma eines anderen.

Dies ist Illusion aufgrund von falscher Auswahl und mangelnder Urteilskraft in bezug auf die Substanz.

Ihre Ursache ist Mangel an esoterischer Ausbildung in schöpferischer Tätigkeit.

Die Abhilfe besteht darin, die Methoden des fünften Strahles, d.h. Methoden der Denkebene anzuwenden.

Ein Irrtum dieser Art findet sich selten beim Durchschnitts-Aspiranten und hängt mit einer Illusion zusammen, mit der viele Eingeweihte ziemlich hohen Grades geprüft werden. Die gewöhnlichen Jünger, z.B. die in meiner Gruppe, kommen selten mit einer reinen Idee in Berührung und stehen daher selten vor der Aufgabe, sie zu verkörpern.

7. Durch falsche Anwendung von Ideen. Wie oft senkt sich diese Form von Illusion auf einen Jünger nieder! Er berührt eine Idee sowohl intuitiv als auch verstandesmässig (der hierin gemachte Unterschied ist beachtenswert) und wendet sie dann falsch an. Dies ist vielleicht ein Aspekt der synthetischen Illusion oder der Illusion der gesamten Mentalebene, soweit der [65] moderne Mensch mit ihr in Berührung kommt. Illusion verändert sich von Zeitalter zu Zeitalter, je nachdem, was die Hierarchie anstrebt und welche allgemeine Tendenz das menschliche Denken einschlägt. Der Jünger kann sich daher zu falscher Betätigung und zu falscher Anwendung von Ideen verleiten lassen, weil sein Denken von der (aus den oben erwähnten sechs Arten von Illusion erwachsenden) allgemeinen Illusion übermässig beeinflusst wird.

Ich könnte noch ausführlicher darüber berichten, wie die Illusion den ahnungslosen Jünger einfängt, aber das bisher Gesagte dürfte genügen, um den Schüler zu jener konstruktiven Analyse anzuregen, durch welche Wissen zu praktischer Weisheit wird. Wir haben festgestellt, dass Illusion hauptsächlich auf siebenerlei Art und Weise in Erscheinung tritt:

1. Durch falsche Wahrnehmung.

2. Durch falsche Auslegung.

3. Durch falsche Aneignung.

4. Durch falsche Lenkung.

5. Durch falsche Integration.

6. Durch falsche Verkörperung.

7. Durch falsche Anwendung.

Es sind dies die dritten Stufen auf dem Weg zur Darstellung. Die Form der Darstellung oder des Ausdrucks nimmt ausserdem auch die Qualität (des Strahles) an. So entstehen die sieben Arten der Illusion.

Damit habe ich die Ursachen und verschiedenen Arten der Illusion beschrieben, zu denen der Jünger neigt. In ihrer reinen Form muss dieser Illusion entgegengetreten werden und sie muss auch eines Tages überwunden werden; sie muss vom Eingeweihten herausgefunden und zerstreut werden. In seinem letzten, erfolgreichen Bemühen, dies zu tun, sah sich Jesus am Kreuz veranlasst, einen anscheinenden Notschrei auszustossen. Er zerstreute dann endgültig die Illusion der persönlichen, objektiven Gottheit. In jenem [66] Augenblick kam ihm voll zu Bewusstsein, dass er selbst Gott war und sonst nichts; dass die von ihm im 17. Kapitel des Johannes-Evangeliums aufgestellte Einheitstheorie wirklich und wahrhaftig eine unumstösslich bewiesene Tatsache in seinem eigenen Bewusstsein war. Dennoch überkam ihn in diesem unendlichen und höchsten Gewahrsein vorübergehend ein Gefühl des Verlustes und der Leere, das seiner sterbenden Persönlichkeit jene ungeheuere Äusserung entrang, die so viele verwirrt und zur gleichen Zeit getröstet hat. Sie bedeutet die Überwindung der letzten, synthetischen Illusion. Wenn sie zerstreut ist, verschwindet Illusion, soweit sie menschlich fassbar ist. Der Mensch ist frei. Die Illusion der Mentalebene kann ihn nicht länger betören. Sein Denkvermögen ist ein reines Werkzeug zur Widerspiegelung von Licht und von Wahrheit. Die Verblendungen der Astralebene halten ihn nicht mehr im Bann und der Astralkörper selber erlischt.

In meiner Abhandlung über Weisse Magie deutete ich bereits an, dass der Astralkörper selbst eine Illusion ist. Für das illusorische Denken auf der Mentalebene ist er die Definition dessen, was wir die Gesamtheit der Wunschnatur eines inkarnierten Menschen nennen. Wenn sowohl Illusion als auch Verblendung

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.