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Probleme der Menschheit, Seite 129 ff. (engl.)
Schlummerzustand gehalten, aus dem sie nur langsam aufzuwachen beginnen. Der mohammedanische Glaube ist, gleich dem christlichen eine positive, wenn auch sehr materialistische Darstellung der Wahrheit; die Aktivitäten beider Glaubensrichtungen waren militant und politisiert.

Der grosse westliche Glaube, das Christentum, war ausgesprochen objektiv in seiner Darstellung der Wahrheit; das war notwendig. Er war militant, fanatisch, grob materialistisch und ehrgeizig. Er hat politische Ziele mit Pomp und Zeremoniell verbunden, mit grossen Steingebäuden, mit Machtentfaltung und einer aufgezwungenen und höchst beengenden Autorität.

Die christliche Frühkirche (die verhältnismässig rein war in ihrer Darbietung der Wahrheit und ihren Lebensvorgängen) spaltete sich im Lauf der Zeit in drei Hauptzweige: die römisch-katholische Kirche, die heute aus der Behauptung, die Mutterkirche gewesen zu sein, Kapital zu schlagen sucht, die byzantinische oder griechisch-orthodoxe Kirche, und die protestantischen Kirchen. Alle haben sich wegen doktrinärer Fragen abgespalten, alle waren ursprünglich aufrichtig und sauber, verhältnismässig rein und gut. Alle sind seit dem Tag ihrer Gründung ständig mehr entartet, und heute bietet sich folgende betrübliche und ernste Situation:

1. Die römisch-katholische Kirche kennzeichnet sich durch drei Dinge, die alle dem Geiste Christi widersprechen:

a. Eine äusserst materialistische Einstellung. Die Kirche Roms ist für grosse Steinbauten, - Kathedralen, Kirchen, Institute, Konvente und Klöster. Um diese zu erbauen, hat sie es sich seit Jahrhunderten zur Regel gemacht, Reichen wie Armen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie ist eine rein kapitalistische Kirche. Das in ihren Schatzkammern angesammelte Geld dient zum Unterhalt einer mächtigen Priester-Hierarchie und sorgt für deren zahlreiche Institutionen und Schulen.

b. Ein umfassendes, weitblickendes politisches Programm, das auf weltliche Macht, aber nicht auf das Wohl der kleinen Leute abzielt. Das gegenwärtige Programm der katholischen Kirche hat ausgesprochen politische Implikationen; ihre Haltung gegenüber dem Kommunismus trägt die Saat zu einem neuen Weltkrieg in sich. Die derzeitigen politischen Aktivitäten der katholischen Kirche richten sich nicht auf den Frieden, in welcher Gestalt auch immer sie dargestellt werden.

c. Eine planmässige Politik, durch welche die Masse der Gläubigen in intellektueller Unwissenheit gehalten wird, und sich aufgrund dieser Unwissenheit natürlich unter den reaktionären und konservativen Kräften vorfindet, die so mächtig am Werk sind, um dem neuen Zeitalter mit seiner neuen Zivilisation und erleuchteteren Kultur Widerstand zu leisten. Blinder Glaube und volles Vertrauen zur Geistlichkeit und zum Vatikan werden als geistige Pflicht angesehen.

Die katholische Kirche verschanzt sich geschlossen gegen jeden Versuch, dem Volk eine neue und evolutive Präsentation der Wahrheit zu bieten; ihre Wurzeln sind in der Vergangenheit, aber sie wächst nicht ins Licht; ihre riesigen finanziellen Ressourcen erlauben es ihr, die zukünftige Erleuchtung der Menschheit unter dem Deckmantel väterlicher Fürsorge und äusserem Gepränge zu gefährden, aber dahinter verbirgt sich eine Kristallisation und intellektuelle Stupidität, die ihr unvermeidlich zum Verhängnis werden muss, wenn nicht die schwachen Anzeichen neuen Lebens, die auf das Erscheinen Papst Johannes XXIII. folgten, genährt und weiterentwickelt werden können.

2. Die griechisch-orthodoxe Kirche hatte einen so hohen Grad von Korruption, Bestechlichkeit, Habgier und sexuellen Missständen erreicht, dass sie vorübergehend während der russischen Revolution abgeschafft wurde. Diese Massnahme war klug, notwendig und richtig. Diese Kirche betonte das rein Materielle, konnte aber nie (und wird auch später nicht) eine solche Macht ausüben, wie sie die römisch-katholische Kirche in der Vergangenheit besass. Die Weigerung der russischen Revolutionspartei, diese verderbte Kirche anzuerkennen, war weise und heilsam und richtete keinen Schaden an, denn das Gottesempfinden lässt sich niemals aus dem Menschenherzen vertreiben. Wenn alle Kirchenorganisationen vom Erdboden verschwänden, würde das Gottesempfinden, die Anerkennung Christi und das Wissen über ihn gestärkt und mit frischer Überzeugung in Erscheinung treten. Die Kirche in Russland ist wieder offiziell anerkannt worden und steht vor einer neuen Gelegenheit. Sie ist noch kein Faktor in Weltangelegenheiten, aber es besteht die Hoffnung, dass sie sich später einmal als erneuernde, geistige Kraft erweisen könnte. Die Herausforderung ihrer Umgebung ist gross, und sie kann es sich nicht leisten, reaktionär zu sein, wie es die Kirchen in anderen Teilen der Welt sein können - und auch sind.

3. Die protestantischen Kirchen. Die Kirche, die unter dem Gattungsnamen «protestantisch» zusammengefasst ist, zeichnet sich durch die Vielfalt ihrer Spaltungen aus; sie ist - je nachdem - grosszügig, engherzig, liberal, radikal und stets protestierend. Sie umfasst in ihrem Bereich viele Kirchen, grosse und kleine. Auch diese Kirchen zeichnen sich durch materielle Ziele aus. Sie sind verhältnismässig frei von den politischen Vorurteilen, welche die römisch-katholische Kirche beeinflussen, aber es ist eine streitsüchtige, fanatische, intolerante Glaubensgesellschaft. Der Geist der Differenzierung überwiegt; es gibt keine Einigkeit, keinen Zusammenhalt unter ihnen, sondern es herrscht meist ein ständiger Geist der Ablehnung, virulente Parteilichkeit, das Anwachsen Hunderter von protestantischen Kulten, die beharrliche Darbietung einer engstirnigen Theologie, die nichts Neues lehrt, aber immer neuen Streit hervorruft über irgendwelche Lehrsätze, Organisationsfragen oder Prozeduren. Die protestantischen Kirchen bilden einen Präzedenzfall für die scharfen Wortgefechte, von denen die älteren Kirchen aufgrund ihrer hierarchischen Verwaltung und zentralisierten autoritären Kontrolle relativ frei sind. Auch hier zeigen sich jedoch erste Bemühungen, irgendeine Form der Einheit und Kooperation zu erreichen, die sich weiterentwickeln können.

Es erhebt sich die Frage, ob sich Christus in den Kirchen wohlfühlen würde, wenn er wieder unter den Menschen wandelte. Die Rituale und Zeremonien, der Pomp und die Gewänder, die Kerzen, das Gold und Silber, die abgestuften Rangordnungen von Päpsten, Kardinälen, Erzbischöfen, Bischöfen, Kanonikern, Domherren, Pastoren, Pfarrern und anderen Geistlichen, wären sicher von geringem Interesse für den einfachen Sohn Gottes, der «auf Erden nicht wusste, wohin er sein Haupt legen sollte.»

Es gibt tief geistige Menschen, die das Schicksal in die beengenden Mauern des Kirchentums gestellt hat; insgesamt sind es viele in allen Kirchen und Glaubensrichtungen. Sie haben ein schwieriges Los; sie sehen die Zustände und tun ihr Möglichstes, um einer suchenden, leidenden Welt gesunde christliche und religiöse Ideen darzubieten. Sie sind wahre Gottessöhne und befinden sich in höchst unerfreulichen Positionen; sie sind sich über die Vermoderung klar, welche die klerikale Struktur unterminiert hat, und sehen die Bigotterie, Selbstsucht, Habgier und Engstirnigkeit in ihrer Umgebung.

Sie wissen sehr wohl, dass noch niemand durch Theologie erlöst wurde, sondern allein durch den lebendigen Christus und durch das erwachte Christusbewusstsein in jedem Menschenherzen. Sie lehnen innerlich den Materialismus in ihrer Umgebung ab und sehen in den Kirchen wenig Hoffnung für die Menschheit. Sie wissen genau, dass die geistigen Wirklichkeiten während der materiellen Entwicklung der Kirchen in Vergessenheit gerieten. Sie lieben ihre Mitmenschen und würden die zur Erhaltung der kirchlichen Einrichtungen und für Unkosten aufgewandten Beträge lieber zur Schaffung jenes Tempels Gottes umlenken, der «nicht mit Händen gemacht, ewig in den Himmeln» ist. Sie dienen jener geistigen Hierarchie, die - unsichtbar und in ruhiger Gelassenheit - hinter allen menschlichen Angelegenheiten steht, und sie empfinden keine innere Gefolgschaftstreue gegenüber irgendwelchen äusseren Kirchenhierarchien. Den Menschen zu Christus und zu jener geistigen Hierarchie in bewusste Beziehung zu bringen, das ist es, worauf es ihnen am meisten ankommt, nicht aber eine Erhöhung der Kirchenbesuche und Stärkung der Autorität von Männern kleinen Formats. Sie glauben an das Reich Gottes, dessen höchster Repräsentant Christus ist, haben aber kein Vertrauen zur weltlichen Macht, die von Päpsten und Erzbischöfen beansprucht und ausgeübt wird.

Solche Menschen gibt es in jeder grossen religiösen Organisation sowohl im Osten wie im Westen und in allen Gruppen, die vorgeblich geistigen Zielen dienen. Es sind einfache, fromme Menschen, die nichts für ihr getrenntes Selbst verlangen, die Gott in Wahrheit und im Leben repräsentieren, ohne wirklichen Anteil an der Kirche, in der sie wirken. Die Kirche leidet betrüblich unter dem Gegensatz, den sie zu ihr darstellen und lässt sie selten zu Macht und Ansehen kommen; die weltliche Macht dieser Menschen ist gleich null, aber ihr geistiges Beispiel bringt den Leuten Erleuchtung und Kraft. Sie sind die Hoffnung der Menschheit, weil sie mit Christus in Fühlung und ein wesentlicher Bestandteil des Reiches Gottes sind; sie repräsentieren die Gottheit in einer Weise, wie es die grossen Theologen und sogenannten Kirchenfürsten nur selten tun.

II. Die Gelegenheit der Kirchen.

Etwas höchst Bedeutsames hat sich in der Welt ereignet. Der Geist der Zerstörung ist über die Erde gefegt und liess die Welt der Vergangenheit und die Zivilisation, die unser modernes Leben beherrscht, in Trümmern zurück. Städte und Heimstätten wurden zerstört, Königreiche und Herrscher sind in den Nachwirkungen des Krieges verschwunden; Ideologien und Lieblingsideen haben sich für die Bedürfnisse der Menschen als unzulänglich erwiesen und sind am Prüfstein der Zeit zerschellt; Hunger und Unsicherheit nahmen überhand; Familien und soziale Gruppen wurden auseinander gerissen; der Tod hat von jeder Nation seinen Tribut verlangt, und Millionen starben infolge unmenschlicher Kriegsereignisse. Verallgemeinert gesagt, hat jeder eine Lage kennengelernt, in der er der Zukunft mit Schrecken, Furcht und Hoffnungslosigkeit entgegensah; jeder musste sich fragen, was wohl diese Zukunft bringen wird, denn Sicherheit gibt es nirgends mehr. Die Stimme der Menschheit verlangt nach Licht, Frieden und Sicherheit.

Manche suchen die Lösung in neuen Ideologien, andere in der Politik und hoffen auf Abhilfe und Befreiung durch irgendwelche Regierungsmassnahmen oder durch irgendeine politische Richtung oder Partei. Wieder andere verlangen nach einem Führer, und wirkliche Führer sind derzeit nur wenige zu finden. Was an Führung vorhanden ist, kommt aus Gruppen wohlmeinender Leute und von einigen wenigen Staatsmännern, die anscheinend ebenso verwirrt sind wie die, denen sie zu helfen suchen; sie sind angesichts der Grösse der Aufgabe nahezu machtlos, denn es handelt sich um die Frage des Wiederaufbaus, der Neuorientierung und Umerziehung der gesamten Welt. Noch andere, geduldigere, planen neue Erziehungsmethoden und -systeme, welche die jetzige Generation von Kindern auf ein erfülltes Leben in der Welt von morgen vorbereiten sollen, in einer Welt, von der sie selbst nichts wissen und deren schwache Umrisse nur verschwommen sichtbar werden. Einige versinken in den Zustand der Verzweiflung, fliehen in Isolationismus und warten so philosophisch wie möglich auf die Befreiung, die der Tod bringen wird, verlangen nur noch nach etwas Nahrung und Wärme, nach ein paar Büchern und genügend Kleidung. Manche weigern sich überhaupt zu denken und erfüllen ihr Leben mit Wohlfahrtsarbeit. Sie alle erleben die Reaktion, die sich in den Nachwirkungen des Krieges einstellt. Sie haben keine Erfahrung eines friedlichen Daseins, weil sie Frieden nie wirklich kennenlernten und er auch offensichtlich noch in weiter Ferne liegt.

Vor allem aber fühlen zahllose Millionen Menschen in der ganzen Welt ein tiefes geistiges Bedürfnis, sind sich der Regungen des Geistes bewusst und erkennen diese als das, was sie sind. Sie mögen dieses Bedürfnis in vielerlei Form ausdrücken und sich verschiedener Terminologien bedienen; sie mögen die Befriedigung ihres Sehnens in den verschiedensten Richtungen suchen, aber überall besteht tatsächlich die Nachfrage nach gültigeren Werten als denen, welche die Vergangenheit bestimmten, und nach jenen Tugenden, geistigen Impulsen und Zielen, die den Menschen allem Anschein nach verlorengingen, die aber die Gesamtsumme jener Kräfte sind, welche die Menschheit zu geistigem Leben antreiben.

Überall sind die Menschen für das Licht bereit und in Erwartung einer neuen Offenbarung und einer neuen göttlichen Ordnung. Die Menschheit ist auf dem Evolutionsweg so weit fortgeschritten, dass diese Forderungen und Erwartungen sich nicht mehr nur auf materielle Besserung erstrecken, sondern auch auf geistige Vision, wahre Werte und rechte menschliche Beziehungen. Sie verlangen neben dem notwendigen Bedarf an Nahrung und Kleidung nach Belehrung und geistiger Hilfe, nach der Möglichkeit, zu arbeiten und in Freiheit zu leben; sie sind in weiten Teilen der Welt vom Hunger bedroht, und trotzdem verspüren sie mit gleicher Bestürzung den Hunger der Seele.

Die grosse Tragik liegt jedoch darin, dass sie nicht wissen, wohin sie sich wenden oder auf wessen Stimme sie hören sollen. Die Hoffnung in ihnen ist geistig und unsterblich. Dieses Hoffen und Verlangen hat die Aufmerksamkeit Christi und seiner Jünger an jener Stätte erreicht, wo sie leben, wirken und über die Menschheit wachen. Durch welche Vermittlung werden diese Kräfte des Geistes beim Wiederaufbau der Welt eingreifen? Mit welchen Mitteln werden die geistigen Führer der Rasse die Menschheit zu mehr Licht und zur Fortschrittsgelegenheit des neuen Zeitalters voranführen? Die Menschheit befindet sich auf dem Weg zur Auferstehung. Wer wird sie auf diesem Wege führen?

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.