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Probleme der Menschheit, Seite 20 ff. (engl.)
zu erkennen, wann sie diese väterliche Fürsorge zurückziehen müssen. Das Motto des Hauses Wales heisst: «Ich dien'.» Es ist das innerste Streben des britischen Volkes, den Nationen und Völkern zu dienen, die unter dem Union Jack zusammengeschlossen sind. Man darf nicht vergessen, dass seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts im Denken des englischen Volkes grosse Veränderungen stattgefunden haben. Das Alte ist verschwunden. Das Kastensystem mit seiner Abgeschiedenheit, seinem Absonderungsgeist und seiner wohlwollenden Herablassung ist rasch im Absterben, denn der Krieg und die Arbeiterbewegung betonen essentielle Gleichheit. Grossbritannien sucht nicht mehr nach neuen Gebieten, - es ist jetzt eine Völkergemeinschaft völlig unabhängiger Nationen.

Das psychologische Hauptproblem des britischen Volkes besteht darin, das Vertrauen der Welt zu gewinnen, andere Nationen von der tatsächlichen Gerechtigkeit und den guten Absichten seines Denkens und Planens zu überzeugen. Dieses Vertrauen hat England in den letzten Jahren verloren, gewinnt es aber jetzt langsam wieder. Seine Einstellung gegenüber dem Weltgeschehen ist heute international; es wünscht das Wohl des Ganzen und ist bereit, im Interesse des Ganzen auch Opfer zu bringen; seine Absichten sind gerecht und sein Wille richtet sich auf Kooperation; seine Bürger sind tapfer, sie denken vernünftig und sind beunruhigt darüber, dass die Geschichte ihrer Vergangenheit sie unbeliebt gemacht hat. Wenn sie aus ihrer scheuen, stolzen Zurückhaltung heraustreten können, könnte Grossbritannien mit den anderen Nationen der Welt ohne viel Unstimmigkeiten den Weg des Lebens gemeinsam gehen.

Russland

Russland bleibt für die übrige heutige Welt noch immer ein grosses Rätsel. Sein Potential für Dienst an der Menschheit, seine Fähigkeit und Geschicklichkeit, in grossem Masse der ganzen Welt seinen Willen aufzuzwingen, übertreffen jede andere Nation. Das allein züchtet Misstrauen. Sein Territorium umfasst einen grossen Teil Europas und den ganzen Norden Asiens. Es ist durch eine grosse und grausame Revolution und eine nachfolgende Periode der Wiederherstellung gegangen. Es bereitet sich auf Weltmitarbeit vor, aber anscheinend mit dem Wunsch, dies müsse nach seinen eigenen Bedingungen geschehen, nämlich in Form einer generellen Kontrolle anderer Länder, angefangen mit den kleineren Nationen an seiner Westgrenze. Es hat die Völker des eigenen Landes aus Unwissenheit und Armut herausgeführt und in einen Zustand des Wissens und relativ guten Auskommens emporgehoben. Von der übrigen Welt wird Russland tiefes Misstrauen entgegengebracht, vor allem von den konservativen Elementen, und dies aus zwei Gründen: erstens wegen der Grausamkeit, mit der die frühesten Stadien der Revolution begannen - die Periode, die wir leichthin «Bolschewismus» nennen - und zweitens wegen der nachfolgenden Periode eines beabsichtigten und entschlossen durchgeführten Isolationismus hinter geschlossenen Grenzen. Es war dennoch ein schöpferisches Schweigen. Der Krieg hat Russland dann gezwungen, sein Schweigen aufzugeben und mit der Welt zusammenzuarbeiten. Es wurde zur Teilnahme am Weltkrieg gezwungen. Russland ist die Heimat einer keimenden Offenbarung von grossem geistigem Wert und grosser Gruppenbedeutung, einer Offenbarung für die ganze Menschheit. Die ahnend erfühlte, etwas unklare Erkenntnis dieser Tatsache hat Russland zu einer trügerischen Propaganda veranlasst.

Russland hat in anderen Ländern Gärung hervorgerufen, ohne selber zu wissen, welcher Art die Offenbarung sein wird, deren Hüter es ist. Seine Aktivität ist daher verfrüht. Das wahre Geheimnis der Brüderlichkeit (bisher unbekannt und unverwirklicht) ist ihm anvertraut, um es der Welt weiterzugeben, aber es weiss noch nicht, was das wirklich ist. Die Tatsache, dass Russland der geistige Hüter einer Offenbarung ist, wird von den anderen Nationen der Welt empfunden, und die erste Reaktion war Furcht, gegründet auf bestimmte anfängliche Fehler und auf sein voreiliges Handeln auf der physischen Ebene. Nichtsdestoweniger schauen alle Völker erwartungsvoll nach Russland; sie erkennen undeutlich, dass von dort etwas Neues kommen wird, denn Russland ist im Begriff, rasch erwachsen zu werden und sich selbst zu finden, und es wird zeigen, dass es viel zu geben hat.

Die Welt ist Zeuge des Aufstiegs und Vorwärtsdrängens einer Nation, die innerhalb eines Vierteljahrhunderts das vollbracht hat, wozu andere Nationen viele Generationen benötigt haben. Russland ist ein Riese, der jetzt seine Schwierigkeiten überwindet - ein junger Riese, der grosse Möglichkeiten sieht, getrieben von einem tief religiösen, jedoch unorthodoxen Geist, benachteiligt durch die Verbindung östlicher Charakterzüge mit westlichen Zielen, dem die Welt wegen seiner früheren falschen Schritte Misstrauen entgegenbringt. Diese falschen Schritte waren der Versuch, andere Nationen zu infiltrieren, um deren Stabilität zu stören und sie so zu schwächen, dass sie leicht in das Haus der Menschheit, das Russland zu bauen versucht, hineingezogen werden könnten. Russland wird innerlich (jedoch unbewusst) motiviert von dem Wunsch, Brüderlichkeit ins Leben zu rufen. Ist diese Diagnose jener grossen Unbekannten, die «Russland» heisst, annehmbar? Die Zeit allein kann, wenn Russland weise handelt und die von ihm betriebene Propaganda vernünftig ist, beweisen, ob diese Aussage stimmt. Das psychologische Problem der UDSSR besteht letzten Endes darin, andere in Ruhe zu lassen, die eigene grosse Bevölkerung zu stabilisieren und zu integrieren, und ihre Völker immer näher zum Licht zu führen. Russland muss auch lernen, mit anderen Mächten auf der Basis der Gleichberechtigung zusammenzuarbeiten und darf nicht aus Ehrgeiz und Berechnung danach trachten, die kleinen Mächte gegen ihren Wunsch unter ungebührlichem Druck und Gewalt in seinen Aktivitätsbereich hineinzuziehen. Russland hat immer noch selbst genug mit seinen unermesslichen Gebieten und deren Bewohnern zu tun, die bereits in seiner Einflusssphäre sind; die anderen Nationen müssen genauso ihr eigenes Schicksal selbst gestalten können und sollten nicht gezwungenermassen von Russland regiert werden.

Vor allem steht Russland vor dem Problem, den anderen Nationen der Welt ein so gutes Vorbild weiser Regierungskunst, der frei zum Ausdruck gebrachten individuellen Ziele und der Anwendung eines einschliesslichen, vernünftigen Erziehungssystems zu sein, damit andere Nationen sich nach dem von ihm demonstrierten Muster ausrichten können, dabei aber gleichzeitig ihre kulturelle Eigenart, ihre selbstgewählte Regierungsform und ihren selbst entwickelten Ausdruck der Brüderlichkeit aufrechterhalten. Russland steht in seinem innersten Wesen für ein neues Weltbewusstsein, und durch Russland wird sich allmählich im Feuer der Experimente und Erfahrung eine neue planetarische Ausdrucksform herauskristallisieren. Diese grosse Nation (eine Synthese von Ost und West) muss lernen, dass sie es sich leisten kann, ohne Grausamkeit und ohne Verletzung des freien Willens des Einzelnen zu regieren, wenn und weil sie absolutes Vertrauen in die Heilkraft der Ideale besitzt, die sie sich zu entwickeln bemüht, die aber noch nicht zum Ausdruck kommen.

Polen

Eine lange geschichtliche Vergangenheit hat dem polnischen Volk die Verantwortung auferlegt, auf die benachbarten Nationen in ausdrücklich kultureller Weise einzuwirken und einen geistigen Beitrag zu leisten, dessen sich diese Nation anscheinend noch nicht bewusst ist. Die fortwährende Betonung ihrer Gebietsansprüche verschliesst ihnen die Augen für den wahren Wert dessen, was das Land der Welt zu geben hätte. Da es ein stark gefühlsbetontes, individualistisch eingestelltes Volk ist, findet es sich innerhalb seiner eigenen Grenzen in einem Zustand steter Uneinigkeit und beständiger Reibereien; es besitzt keine innere Einheit. Sein psychologisches Problem besteht darin, eine Integration zu erreichen, die sich auf der Überwindung von Rassenzwistigkeiten begründen wird. Es muss sein nationales Problem im Sinne guten Willens und nicht im Sinne selbstsüchtiger Interessen lösen. Polens wirkliches Problem ist im Erreichen der richtigen inneren Beziehungen zu suchen.

Obwohl das Problem der Grenzen, Besitzungen, Territorien, Kolonien und ihrer materiellen Unternehmungen in den Augen aller Nationen von ungeheurer Wichtigkeit zu sein scheint, verrät doch die Tatsache, dass diese Betonung rein materieller Art ist, deren relative Bedeutungslosigkeit, sobald sie in der richtigen Perspektive gesehen wird. Der einzige, heute wirklich wichtige Faktor ist die Menschheit selbst, und angesichts menschlichen Leidens, Elends und menschlicher Armut erscheint der auf Ländergrenzen gelegte Nachdruck engstirnig und überbetont. Neuordnungen werden erfolgen müssen, Grenzen werden neu zu bestimmen sein, aber die letzten Entscheidungen dürfen nicht auf historischer Grundlage oder vergangenen Ruhms gefällt werden, sondern aufgrund dessen, was für die Völker am besten ist. Sie selber müssen diese Dinge entscheiden.

Der Weltkrieg wurde von den besten Denkern und Idealisten der alliierten Staaten vorgeblich als ein Kampf für die menschliche Freiheit dargestellt, und doch sind alle Grossmächte aus selbstsüchtigen Beweggründen und Gründen der Selbsterhaltung in diesen Krieg eingetreten; das wird allgemein zugegeben. Einen gesunden, selbstlosen, grundsätzlichen Idealismus besassen sie aber mehr oder weniger alle. Dieser Idealismus bezog sich auf die Befreiung der Menschheit von der Diktatur. Nach einem Krieg wird der Erfolg des Sieges geprüft. Wenn die Nationen der ganzen Welt die Vorteile eines freien Wahlrechts daraus ernten, wenn den Völkern in umstrittenen Gebieten gestattet wird, durch freien Volksentscheid selbst zu bestimmen, unter wessen Hoheitsrecht und unter welcher Führung sie leben wollen, wenn Freiheit der Rede und Religionsausübung und wahrhaft freie Meinungsäusserung in Presse und Rundfunk das Resultat dieses Krieges sind, wird das für die ganze Menschheit einen grossen Schritt nach vorne bedeuten.

Die Vereinigten Staaten von Amerika

Das psychologische Problem der Vereinigten Staaten von Amerika liegt darin, dass sie lernen müssen, weltweite Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen. Sowohl Grossbritannien als auch Russland haben diese Aufgabe schon in gewisser Form gelernt.

Das amerikanische Volk, das jetzt aus dem jugendlichen Stadium heraustritt, muss die Lektionen des Lebens durch Experimente und aus den daraus folgenden Erfahrungen lernen. Das ist eine Aufgabe, die alle jungen Menschen lernen müssen. Die germanische Rasse ist alt; die deutsche Nation ist sehr jung. Das italienische Volk ist alten Ursprungs; der italienische Staat ist historisch gesehen neuesten Datums. Der Vorwurf der Jugend (wenn es überhaupt ein Vorwurf ist) gilt auch für die Vereinigten Staaten. Diese Nation hat eine grosse Zukunft, aber nicht aufgrund ihrer materiellen Macht und geschäftlichen Tüchtigkeit, wie viele materiell eingestellte Leute glauben. Der Grund liegt in einem tief geistigen, angeborenen Idealismus mit ungeheuren humanitären Möglichkeiten und vor allem darin, dass die frischen, noch unverbrauchten Kräfte einer aus dem Bauern- und Mittelstand hervorgegangenen Bevölkerung diesem Volk das Gepräge geben. Stetig gehen in allen Nationen Regierungsmacht und Bestimmung praktischer Ideologien immer mehr aus den Händen der sogenannten herrschenden Klassen und der Aristokratie in die des «Volkes» über. Länder wie Grossbritannien und Frankreich, die sich den bestimmenden Entwicklungstendenzen angepasst haben, können leichter der Zukunft entgegengehen als Länder wie Spanien und Polen, die seit Jahrhunderten von einer dominierenden Aristokratie und einer politisierten Kirche regiert wurden. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind frei von derartigen Belastungen, ausgenommen insoweit, als die Gesetze von Kapital und Finanz die Kontrolle zu übernehmen trachten. Das gleiche gilt weitgehend auch für England.

Die Wurzeln der Bevölkerung der Vereinigten Staaten sind zwangsläufig in anderen Ländern zu suchen, weil die Bürger Amerikas ursprünglich aus diesen Ländern hervorgegangen sind. Amerika hat ausser den Indianern, die von der anstürmenden Flut aus anderen Ländern unbarmherzig aus ihrem Besitz vertrieben wurden, keine eingeborene Bevölkerung. Die verschiedenen rassischen Gruppierungen innerhalb der Vereinigten Staaten lassen immer noch die Merkmale ihrer Herkunft und ihres rassischen Erbes erkennen; sie sind psychologisch und physisch italienischen, englischen, finnischen, deutschen, schwedischen, polnischen und anderen Ursprungs. Auf dieser Tatsache beruht teilweise das Wunder der raschen Integration dieser Nation.

Wie alle Jugend zeigt auch, symbolisch gesprochen, das amerikanische Volk alle Eigenschaften der Jugend. Die Bewohner Amerikas stehen - wieder symbolisch ausgedrückt - im Alter zwischen siebzehn und vierundzwanzig Jahren. Sie rufen «Freiheit» und sind dennoch nicht frei; sie wollen sich nicht belehren lassen, was sie zu tun haben, weil das ihre Rechte beeinträchtigt. Trotzdem lassen sie es häufig zu, dass sie von ungeeigneten Parteipolitikern und Unfähigen gelenkt werden. Sie sind weitgehend tolerant, und doch anderen Nationen gegenüber äusserst intolerant. Sie sind nur allzu bereit, anderen Nationen zu sagen, wie sie ihre Probleme anzupacken haben, zeigen aber bisher noch keine Fähigkeit, mit den eigenen Problemen fertigzuwerden, wie es die Behandlung der Negerbevölkerung, und das Vorenthalten gleicher Freiheitsrechte und Aufstiegsmöglichkeiten gegenüber diesen Menschen beweist. Sie machen unermüdlich Experimente in allen Lebensbereichen, mit jeder Art von Ideen und Beziehungen. Die schöpferische Kraft des amerikanischen Volkes zeigt sich in dessen grandioser Beherrschung der Natur und den grossen Bauprojekten, welche die

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.