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Jüngerschaft im Neuen Zeitalter - Band 2, Seite 703 ff. (engl.)

Unvermeidlicherweise hat diese Situation, welche du in bezug auf die Arbeit, für die du verantwortlich bist, auf dein persönliches und auf dein Familienleben und in bezug auf die Zukunft, die sich dir eröffnet, handhaben musstest, grossen Druck mit sich gebracht, mein Bruder. Zu diesen Faktoren muss noch ein weiterer hinzugefügt werden, nämlich derjenige, dass du im Grund allein bist. Diese grundlegende Einsamkeit ist auf mehrere Ursachen zurückzuführen: Erstens, weil du in der Ausbildung für Führerschaft [704] stehst und Führer es lernen müssen, allein zu stehen, und das können sie immer tun, wenn sie genug lieben. Zweitens haben die Macht der Umstände und die Notwendigkeit, gewisse karmische Beziehungen abzuarbeiten, zwar deine täglichen Kontakte vermehrt, dich aber gleichzeitig viel einsamer werden lassen, als du das vor sechs Jahren warst. Drittens, weil die Tatsache, dass das Grössere stets das Kleinere einschliessen kann, eine Lehre ist, die alle Führer in der Ausbildung begreifen müssen; die Umkehrung dieser Tatsache beruht nicht auf Wahrheit, mein Bruder, und das Ergebnis ist Einsamkeit. Denke über dies alles nach und nimm es als Tatsache an. Stehe frei und gehe auf deinem erwählten Pfad vorwärts und weigere dich, dich von denen begrenzen zu lassen, welche dein Tempo nicht mitmachen können. Auch dies bedeutet Einsamkeit. Und schliesslich isoliert dich eine Notwendigkeit für liebevolleres Verständnis zuweilen von deinen Mitmenschen, besonders von deinen Mitarbeitern, und du musst dich vor einem zunehmenden kritischen Geist hüten.

Die Lehren der Führerschaft sind schwer zu erlernen, und diesen Lehren wirst du während der dahineilenden Jahre gegenüberstehen - wenn du es wünschst und du der Musik ins Gesicht sehen kannst. Die Musik ist vorhanden und wird in volltönender Klangfarbe erscheinen, wenn du die Missklänge erst einmal behoben und das Thema und den Rhythmus hergestellt hast.

Welches sind die Lehren, die alle wahren Führer erlernen müssen? Es möchte dir helfen, wenn ich dir einige - sehr kurz - vorlege, damit du (wenn du deinen Mitmenschen ernstlich dienen willst, was ich glaube) damit anfangen kannst, sie zu meistern, ihre Notwendigkeit zu verstehen und sie im Hinblick auf volleren und nützlicheren Dienst auf dich selbst anzuwenden.

Die erste Lehre ist die Lehre der Vision. Was sind deine Zielsetzungen? Worin besteht der geistige Antrieb, der stark genug sein wird und ist, um dich unerschütterlich an der Zielsetzung festhalten und dem Ziel treu bleiben zu lassen? Niemand kann die Vision für dich formulieren; das ist dein eigenes Persönlichkeitsproblem, und von der Stärke der Vision und der Schönheit des Bildes, das du mit deiner Vorstellungskraft malst, wird viel von dem, was du tust, abhängig sein.

Die zweite Lehre ist die Entwicklung eines Gefühls für richtige Proportion. Wenn dieses wirklich entwickelt worden ist und richtig angewandt wird, dann wird es dich dazu befähigen, demütig den Weg zu wandeln. Jeder wahre Führer muss und wird demütig sein, denn er ist sich der ungeheuren Grösse seiner Aufgabe bewusst und kennt die Grenzen seines Beitrages (im Licht der Vision), und ist sich der Notwendigkeit beständiger Selbstentwicklung und Kultivierung [705] des Geistes ununterbrochenen inneren, spirituellen Lernens bewusst, um je seinen richtigen Beitrag leisten zu können. Deshalb lerne beständig, bleibe zufrieden mit dir selbst und deinen Errungenschaften, nicht in irgendeinem krankhaften Sinn, sondern damit das Prinzip des Wachstums und des Vorwärts- und Weiterdrängens in dir gepflegt werden möge. Wir helfen anderen durch unser eigenes Bemühen, das nächste Ziel zu erreichen. Das erfordert klares Denken, Demut und beständige Anspannung.

Die dritte Lehre ist die Entwicklung des Geistes der Synthese. Dieser setzt dich in den Stand, alle innerhalb deines Einflussbereiches einzuschliessen und ebenfalls in den Einflussbereich von denjenigen inbegriffen zu werden, welche grösser als du sind. Auf diese Weise wird die Kette der Hierarchie hergestellt. Du nimmst noch immer eine etwas isolierte Stellung ein, zwar mit der besten Absicht in der Welt, aber du musst tiefer und verständnisvoller lieben. Das Hindernis liegt hier in deiner Persönlichkeit, die eher weise als liebevoll ist. Lass deine Seele deine Persönlichkeit auf dem ersten Strahl mehr beherrschen, und viele deiner gegenwärtigen Schwierigkeiten würden verschwinden.

Eine weitere Lehre, die sich in Wahrheit aus dem obigen entwickelt, ist das Vermeiden des kritischen Geistes, denn Kritik führt zu Schranken und Zeitverlust. Lerne es, den Geist der Kritik von der Fähigkeit zu analysieren, zu unterscheiden und wende die Analyse praktisch an. Lerne es, das Leben, die Umstände und Menschen vom Gesichtspunkt der Arbeit und nicht vom Gesichtspunkt deines persönlichen Standpunkts aus zu analysieren. Analysiere auch vom Standpunkt des Ashrams und nicht vom Gesichtspunkt des Geschäftsführers oder des Lehrers auf der physischen Ebene.

In den sechs Erklärungen, die ich dir vor einem Jahr gegeben habe, waren drei Sätze, von denen ich möchte, dass du ihnen weitere und genauere Aufmerksamkeit schenkst. Diese sind:

1. «Vergiss das Lieben nicht über dem Handeln.»

Dies hat viel mit Zeiteinteilung zu tun. Studiere den Wert des Herzens, das nicht mit sich selbst und seinen Problemen beschäftigt ist.

2.»Hebe die Schwachen empor, denn du bist stark und empfängst Kraft von vielen.»

Dies hat mit Erkenntnis zu tun. Sei nicht gänzlich damit beschäftigt, zu helfen, sondern auch bereit, dir helfen zu lassen. Studiere den Wert [706] der Vorstellungskraft in diesem Zusammenhang.

3. «Du gehst mit all der Macht, die aus meinem Ashram strömt, durchs Leben.»

Dies hat mit der Handhabung von Energie zu tun, und zwar von Energie von grosser Macht, die nicht nur das Beste, das in dir ist, anfordert, sondern auch die latenten Saaten von Schwierigkeiten hervorruft, die notwendigerweise beseitigt werden müssen.

Studiere die Aufgabe, stets bewusst im Ashram zu leben und von jenem Punkt der Macht und des Friedens aus zu arbeiten, - während du hinausgehst und doch immer drinnen bleibst.

Ich spreche so direkt mit dir, mein Mitarbeiter, weil die Zukunft dir viel nützlichen Dienst bietet, wenn du weiter ein Lernender bleibst. Es erfordert Zeit, Demut und gewisse innere Erkenntnisse in bezug auf Platz und Stellung in der Kette der Hierarchie. Ich kann dies dir gegenüber nicht genug betonen. Lass den Druck des Familienlebens (und kein Familienleben ist ohne Druck) und die Erfordernisse der Arbeit sowie die Tätigkeiten eines aktiven Denkaspekts den inneren Lernprozess, der für alle lehrenden Führer so wesentlich ist, dich nicht störend beeinflussen. Ein lehrender Führer kannst du sein, mein Bruder.

A. A. B. hat mit mir vom Gesichtspunkt deiner Stellung in der Arbeit der Schule über dich gesprochen. Sie hat weder die Persönlichkeitsfragen noch die Notwendigkeit für spezielle Entwicklung und spezielles Wachstum berührt, denn kein ausgebildeter Jünger, wie sie es ist, mischt sich je in die Beziehung zwischen einem Meister und seinem Chela ein. Sie weiss, dass dies deine Beziehung zu mir ist. Aber sie hat mit mir über dich vom Gesichtspunkt der Zukunft gesprochen. Ich fragte sie, was sie für dein grösstes Bedürfnis hielte, ein Bedürfnis, dem du entsprechen musst, wenn du dich für ein grösseres Dienstfeld vorbereitest, wenn sie hinübergeht. Sie gab eine unerwartete Antwort. Sie sagte: «Die Notwendigkeit für eine fruchtbarere Vorstellungskraft.» Sie hat völlig recht.

Die Vorstellungskraft ist eine schöpferische Tätigkeit. Auf welche Weise bist du schöpferisch? Kannst du dir zum Beispiel durch einen Flug der Vorstellungskraft die Aufgabe vorstellen, der die Arkanschule in der Nachkriegszeit gegenübersteht, und dein Herantreten an das Problem vom Gesichtspunkt dessen, was du ändern oder geändert sehen möchtest? Veränderungen haben keine Bedeutung, wenn sie nicht das Resultat einer neuen Vision sind; denn wenn sie aus Kritik der Vergangenheit und dessen, was getan [707] worden ist, hervorgehen, werden sie sich vom Standpunkt des geistigen Lebens als zwecklos erweisen, wie brauchbar sie auch vom Gesichtspunkt der Organisation sein mögen.

Hast du das Wahrnehmungsvermögen, dir darüber klar zu sein, was eine esoterische Schule ihrem Wesen nach sein muss? Es ist keine organisierte Methode, Weltproblemen zu begegnen, neue Orden und Lebensweisen zu organisieren oder die Bemühungen der Männer und Frauen guten Willens zu fördern. Es geht viel tiefer als dies. Alles Obige sind nur Wirkungen des esoterischen Lebens. Kannst du dir deine Stellung vorstellen, wenn du, und nicht A. A. B., - vom Gesichtspunkt des Lehrens, dem esoterischen Gesichtspunkt - eine Quelle der Inspiration werden müsstest? Woher willst du Inspiration erlangen, und wie willst du den Neophyten die Welt der Bedeutung und die geistigen Wirklichkeiten lebenswahr und anreizend machen?

Kann deine Vorstellungskraft dir deine Reaktion ausmalen, wenn du- weil du der Führer bist - alle Schuld für irgendein Versagen auf dich nehmen musst, selbst wenn du nicht persönlich verantwortlich bist? Du musst die Angriffe derer, denen du zu helfen suchst, die zuviel von dir erwarten und die dich dazu zwingen, im Licht der öffentlichen Meinung zu leben, annehmen, ohne Vergeltungsmassnahmen zu treffen. Was willst du tun, wenn deine erwählten Arbeiter verständnislos sind oder sich als ungetreu erweisen oder dich ungerechterweise kritisieren oder ihren Ehrgeiz gegen dich ausspielen und sich vorsätzlich weigern, deinen Gesichtspunkt anzuerkennen, und anderen Menschen gegenüber über dich reden und Entrüstung gegen dich aufpeitschen - Entrüstungen, die wahrscheinlich unbegründet sind? Dies ist nicht die Art von Dingen, welche deine Persönlichkeit leicht annimmt, und es wäre gut, wenn deine schöpferische Vorstellungskraft anfinge, sich mit diesen Problemen zu befassen, damit die in Erscheinung tretenden Prinzipien des Verhaltens dir klar vor Augen stehen mögen. Besitzt du die innere Herzensgüte, Fehltritte und Schwächen zuzugeben, falls sich die Notwendigkeit dafür ergeben sollte, einen Riss zu heilen und im Interesse der Arbeit zu sagen, dass du einen Fehler in der Technik oder Methode oder Annäherung, im Urteil oder im Sprechen gemacht hast? Auch dies ist dir nie leicht gefallen, mein Bruder. Es ist etwas, was du selten tust.

Und nachdem ich all dies gesagt habe, lass mich auf deine Vorzüge und die wertvollen Gaben hinweisen, die du der Arbeit bringen kannst und seit Jahren dazu beigetragen hast. Dieses sind die Qualitäten, die A. A. B. zu [708] deinem treuen Freund und begierig für deinen Fortschritt machen. Du besitzt eine Erkenntnis von Prinzipien, was wesentlich und sehr selten ist. Auf Prinzipien wird alle wahre Arbeit sicher begründet. Du hast im allgemeinen eine Gabe für Unpersönlichkeit, was ein grosser Schutz ist, und in jenen Zeiten, wenn deine Persönlichkeitsimpulse geherrscht haben, hat die Phase nicht lange gedauert. Du hast eine Gabe zu lehren, besitzt klare Einsicht und die Fähigkeit zu leiten und hast ein liebendes Herz, wenn es zum Erbarmen entzündet wird. Du besitzt Beständigkeit für das Ziel und erfüllst deine Pflicht und dein Dharma unwandelbar, und du hast die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, was sich in der Vergangenheit für die erforderliche Arbeit als unschätzbar erwiesen hat. Das wird auch in Zukunft so sein. Du hast schriftstellerische Gaben, und deine rednerische Fähigkeit nimmt zu; dies sind in der Tat wertvolle Gaben, wenn sie seitens der Seele im Interesse anderer gebraucht werden. Du bist impulsiv, und dies verursacht zuweilen vorübergehende Schwierigkeiten, aber die allgemeine Richtung und Tendenz deiner Impulse sind richtig orientiert. Das ist eine grössere Gabe in deinem Leben. Du bist ein verpflichteter und angenommener Jünger und hast die Macht des Ashrams deines Meisters hinter dir, und die Liebe deiner Mitjünger umgibt dich.

Du besitzt das Verständnis und die treue Zuneigung von A. A. B. und wirst sie weiterhin - von einem Leben zum anderen - haben. Entgegen ihren Wünschen bitte ich dich, ihr in geringem Mass das zu geben, was sie dir so reichlich gegeben hat. Zuweilen bist du dir nicht darüber klar, wie viel sie von dir hält. Ihre Gesundheit ist schlecht, und sie verlässt sich sehr auf dich. Lass sie nicht im Stich und versuche, die Probleme, denen sie gegenübersteht, zu verstehen.

Du hast auch mein Vertrauen und mein Zutrauen. Ich bin zuversichtlich, dass du weiterhin lernen und leben und lieben wirst und ich wiederhole nochmals, dass du mit der Kraft, die aus meinem Ashram kommt, rechnen kannst, aber sie erreicht dich durch deine Seele, und darum ist ein engerer Seelenkontakt immer erforderlicher für dich, wenn die Arbeit wächst und sich entwickelt.

November 1944

MEIN FREUND UND MITARBEITER!

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.