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Eine Abhandlung über Weisse Magie, Seite 622 ff. (engl.) |
die Persönlichkeit des Aspiranten beeinflusst und mit seinem Stolz und seinem
Ehrgeiz durchtränkt. Man macht sich die Not wirklich klar. Der Wunsch, die Not
zu lindern, ist echt und ehrlich; das Verlangen zu dienen und zu helfen ist
aufrichtig. Es werden vom Aspiranten Schritte unternommen, die es ihm
ermöglichen sollen, sich dem Plan anzupassen. Aber das Problem, mit dem wir uns
auf der inneren Seite notgedrungen befassen müssen, liegt darin, dass zwar die
Bereitwilligkeit und der Wunsch zum Dienst nicht anzuzweifeln ist, Charaktere
und Temperamente jedoch so beschaffen sind, dass sich fast unüberwindliche
Schwierigkeiten ergeben. Durch diese Aspiranten müssen wir wirken, und das
Material, das sie uns bieten, macht uns häufig viel Sorge.
Diese verborgenen Merkmale treten oft erst dann in Erscheinung, wenn mit dem Dienst bereits begonnen wurde. Dass sie da sind, können die beobachtenden Menschheitsführer vermuten, aber selbst sie haben nicht das Recht, dem Menschen die Gelegenheit vorzuenthalten. Wenn sich nun diese Merkmale nachträglich zeigen, dann besteht die Tragödie darin, dass ausser dem betreffenden Aspiranten auch viele andere leiden. Wenn sich das vom Menschen erschaffene Gebilde bemerkbar macht und aus dem Nebel des Idealismus, der schönen Pläne, des vielen Geredes und Anordnens [623] herausragt, dann sind inzwischen viele von einem gleichartigen Idealismus angezogen worden und sammeln sich um den Diener. Zeigen sich dann die verborgenen Schwächen, leiden sie ebenso wie er. Die Methode der Grossen, die darin besteht, diejenigen auszuwählen, die sich bis zu einem gewissen Grad in feinfühliger Reaktionsfähigkeit geschult haben, und dann durch diese zu wirken, birgt gewisse Gefahren in sich. Der gewöhnliche, gutwillige Aspirant befindet sich nicht in solcher Gefahr wie der weiter fortgeschrittene, aktive Jünger. Er ist nach drei Richtungen hin in Gefahr und kann auf dreierlei Art den Boden unter den Füssen verlieren: 1. Sein ganzes Wesen steht unter übermässiger Anregung infolge seiner inneren Kontakte und der geistigen Kräfte, mit welchen er in Berührung steht, und das birgt wirkliche Gefahren in sich, denn er weiss noch kaum, wie er mit sich selbst umgehen muss, und ist sich selten des damit verbundenen Risikos bewusst. 2. Die Menschen, mit denen er zusammenarbeitet, bilden ihrerseits für ihn ein Problem. Ihre Gier, ihre Schmeichelei, ihr Lob und ihre Kritik sind dazu angetan, seinen Weg zu umwölken. Da er noch nicht genügend inneren Abstand hat und geistig noch nicht weit genug fortgeschritten ist, wandert er benebelt in einer Wolke von Gedankenformen und weiss es nicht. So verliert er seinen Weg; er kommt von seiner ursprünglichen Absicht ab und weiss es wiederum nicht. 3. Seine verborgenen Schwächen müssen unter dem Druck der Arbeit zutage treten, und er wird zeitweilig unvermeidlich Zeichen eines «Knackses» zeigen, wenn ich mich so ausdrücken darf. Die Fehler seiner Persönlichkeit werden verstärkt, wenn er versucht, der Welt seine besondere Form des Dienstes nahezubringen. Ich meine damit jenen Dienst, der selbsterwählt ist, und hinter dem persönlicher Ehrgeiz und Machtliebe stehen, selbst wenn das nur teilweise oder überhaupt nicht erkannt wird. Er steht naturgemäss unter der Anspannung und - wie ein Mensch, der eine schwere Last den Berg hinaufträgt - erkennt er Zeichen der Überanstrengung und weist die Neigung auf, entweder physisch zusammenzubrechen oder [624] sein Ideal herabzumindern, um es seiner Schwäche anzupassen. Zu all dem muss die Belastung unserer Epoche selbst hinzugerechnet werden sowie der Allgemeinzustand der unglücklichen Menschheit. Dies übt im Unterbewusstsein seine Wirkung auf alle Jünger und alle diejenigen aus, die jetzt in der Welt arbeiten. Bei einigen zeigt sich physische Bedrängnis, obgleich ihr inneres Leben ausgeglichen, normal, gesund und richtig orientiert bleibt. Andere brechen emotionell zusammen, und das hat zwei Wirkungen, je nach der Entwicklungsstufe des Aspiranten zum Dienst. Entweder lernt er - gerade infolge der Anspannung - innere Losgelöstheit, und das ist seltsamerweise das, was man den «Verteidigungsmechanismus» der Seele in dieser gegenwärtigen Epoche der Weltentfaltung nennen könnte; oder aber er wird immer nervöser und wird zum Neurotiker. Andere wieder spüren die Belastung im Mentalkörper. In manchen Fällen geraten sie in Verwirrung, und es zeigt sich ihnen keine reine Wahrheit. Dann arbeiten sie ohne Inspiration weiter, da sie wissen, dass es richtig ist, und sie auch den Arbeitsrhythmus haben. Andere ergreifen eine Gelegenheit, so wie sie diese sehen, und fallen dabei in eine angeborene Anmassung zurück (die der ganz besondere Fehler der mentalen Typen ist) und bauen um ihren Dienst herum ein Gerüst und bilden eine Form, die eigentlich das verkörpert, was sie sich wünschen und was sie für richtig halten; es trägt jedoch zur Absonderung bei und ist das Kind ihres Verstandes und nicht das ihrer Seele. Andere wieder, die stärker und harmonischer ausgeglichen sind, spüren den Druck der ganzen Persönlichkeit auf sich lasten; ihre bewegliche psychische Natur reagiert sowohl auf die Not als auch auf die Theorie des Planes; sie erkennen ihre wirklich wertvollen Anlagen und wissen, dass sie einen Beitrag leisten können. Sie sind jedoch noch so erfüllt von dem, was die Persönlichkeit genannt wird, dass ihr Dienst allmählich und stetig auf die Ebene dieser Persönlichkeit absinkt; folglich wird er von den Persönlichkeitsreaktionen, von ihren Sympathien [625] und Antipathien und von ihren individuellen Lebensgewohnheiten und Neigungen beeinflusst. Diese behaupten sich schliesslich, und dann sehen wir einen Menschen, der zwar gute Arbeit leistet, jedoch durch sein von ihm nicht erkanntes Sondersein und seine individuellen Methoden alles verdirbt. Das bedeutet, dass ein solcher Diensttätiger nur diejenigen um sich sammelt, die sich ihm unterordnen und die er beherrschen kann. Seine Gruppe wird nicht von den Impulsen des neuen Zeitalters bestimmt, sondern von den trennenden Instinkten des Gruppenleiters. Die Gefahr ist hier so leise wirksam, dass der Jünger viel Sorgfalt auf die Selbstprüfung verwenden muss. Es ist so leicht, sich durch die Schönheit der eigenen Ideale und der eigenen Schau sowie durch die vermeintliche Rechtschaffenheit der eigenen Position verblenden zu lassen, und doch während der ganzen Zeit subjektiv von der Liebe zu persönlicher Macht, von individuellem Ehrgeiz und der Eifersucht auf andere Leute beeinflusst zu werden und in die vielen Fallen zu tappen, die den Fuss des unbedachtsamen Jüngers festhalten können. Aber wenn die echte Unpersönlichkeit gepflegt wird, wenn man die Fähigkeit entwickelt, fest und beharrlich dazustehen, wenn man an jede Situation im Geist der Liebe herangeht, und wenn man sich weigert, vorschnell zu handeln, und nicht erlaubt, dass sich ein Absonderungsbestreben einschleicht, dann wird eine Gruppe echter Diener heranwachsen, und es werden jene erfasst werden, die den Plan verwirklichen und das neue Zeitalter mit all dessen Wundern ins Leben rufen können. Um das zu erreichen, muss man Mut seltenster Art haben. Die Furcht hält die Welt in Banden und niemand bleibt von ihrem Einfluss verschont. Für den Aspiranten und für den Jünger gibt es zwei Arten von Furcht, die besonders beachtet werden müssen. Die Furchtgefühle, die wir in dem früheren Teil dieser Abhandlung besprochen haben, und die Furchtgefühle, die - wie ihr wisst - dem Dasein selbst innewohnen, sind uns allen bekannt. Sie haben ihre Wurzeln in der Instinktnatur (da sind Furchtgefühle, die auf wirtschaftlichen Sorgen beruhen oder aus dem Geschlechtsleben kommen, physische Furcht und Bestürzung, Furcht vor dem Unbekannten sowie jene beherrschende Furcht vor dem Tod, die das Leben so vieler Menschen beeinflusst); alle diese sind Gegenstand vieler psychologischer Forschungen gewesen. Mit ihnen will ich mich nicht beschäftigen. Sie müssen durch das Leben der Seele, welches das Alltagsleben durchdringt und umwandelt sowie dadurch überwunden werden, dass der Aspirant ihnen keinerlei Beachtung zukommen lässt. Die erste Methode arbeitet auf künftige Charakterstärke [626] hin und verhindert das Aufkommen irgendwelcher neuer Furchtgedanken. Sie können nicht bestehen, wenn die Seele das Leben und alle seine Situationen bewusst beherrscht. Die zweite Methode macht die alten Gedankenformen unwirksam und bewirkt schliesslich deren Zerstörung dadurch, dass sie nicht mehr genährt werden. So ist also ein zweifacher Prozess im Gang, der eine echte Offenbarung der Qualitäten des geistigen Menschen und ein wachsendes Freiwerden von der Knechtschaft uralter Furchtbegriffe mit sich bringt. Der Schüler merkt, dass er immer mehr von den beherrschenden Hauptinstinkten loskommt, die bis dahin bestrebt waren, ihn in den allgemeinen Rahmen des planetarischen Elementarlebens hineinzuzwängen. Es könnte hier folgender Hinweis wertvoll sein: Alle Hauptinstinkte haben ihre Wurzeln in dieser besondere Eigenschaften unseres planetarischen Lebens, in den Furchtreaktionen, die zur Tätigkeit irgendwelcher Art führen. Wie ihr wisst, zählen die Psychologen fünf beherrschende Hauptinstinkte auf, und wir wollen kurz auf diese eingehen. Der Instinkt der Selbsterhaltung hat seine Wurzel in einer dem Menschen angeborenen Todesfurcht; dadurch, dass es diese Furcht gab, hat sich die Menschheit bis zu ihrer gegenwärtigen Langlebigkeit und Lebensdauer durchgefochten. Die Wissenschaften, die sich um die Erhaltung des Lebens kümmern, die derzeitige medizinische Wissenschaft und die Errungenschaften der zivilisierten Bequemlichkeit, - sie alle sind aus dieser grundlegenden Furcht erwachsen. Alles zielte auf die Fortdauer des Einzelwesens und auf die Erhaltung der notwendigen Lebensbedingungen ab. Die Menschheit lebt - als Gattung und Naturreich - infolge dieser Furchtneigung, dieser instinkthaften Reaktion des menschlichen Einzelwesens auf die Selbstverewigung weiter. Der Geschlechtsinstinkt hat seine Hauptwurzel in der Furcht vor dem Getrenntsein und der Isolierung sowie in einer Empörung gegen die abgetrennte Einheit auf der physischen Ebene, gegen das Alleinsein; und er hat dahin gewirkt, dass die Menschheit [627] weiterbesteht, und dass jene Formen weiterleben und sich fortpflanzen, durch welche die Menschheit in sichtbare Erscheinung treten kann. Der Herdeninstinkt hat seine Wurzel - wie man leicht sehen kann - in einer ähnlichen Reaktion; um des Gefühls der Sicherheit und des überzeugend gesicherten Schutzes willen - der sich auf einen zahlenmässig grossen Zusammenschluss gründet - haben die Menschen immer ihre eigene Art gesucht und haben sich in einer Herde zusammengerottet, um sich zu verteidigen und eine wirtschaftliche Stabilität zu erhalten. Aus dieser Instinktreaktion der Gesamtmenschheit entstand unsere moderne Zivilisation; ihre grossen Zentren, ihre riesigen Städte mit ihren Massenbehausungen sind Folgeerscheinungen, und so ergab sich die moderne Zusammenrottung höchsten Grades. Der vierte grosse Instinkt, jener der Selbstbehauptung, beruht ebenfalls auf der Furcht; er bedeutet die Furcht des Einzelnen, nicht anerkannt zu werden und dadurch viel zu verlieren, was anderenfalls sein wäre. Im Lauf der Zeit hat auf diese Weise die Selbstsucht der Menschheit zugenommen, ihr Erwerbssinn hat sich entwickelt und die Fähigkeit zu ergreifen (der «Wille zur Macht» in irgendeiner Form) ist in Erscheinung getreten, so dass wir heute den starken Individualismus und das positive Gefühl der Wichtigkeit erleben, wodurch ein Grossteil der modernen wirtschaftlichen und nationalen Unruhen verursacht wurde. Wir haben die Selbstbestimmung, die Selbstbehauptung und das Selbstinteresse grosswerden lassen, so dass wir heute einem beinahe unüberwindlichen Problem gegenüberstehen. Aber aus all dem ist auch viel Gutes entstanden, und wird noch mehr entstehen, denn kein Einzelmensch ist von Wert, solange er nicht diesen Wert selbst erkennt und dann mit Entschiedenheit die erworbenen Werte dem Wohl des Ganzen zum Opfer bringt. Der Forscherinstinkt beruht auf der Furcht vor dem Unbekannten, aber aus dieser Furcht sind - als Folge jahrhundertelangen Forschens und Suchens - unsere gegenwärtigen erzieherischen und kulturellen Systeme und das ganze Gebäude der wissenschaftlichen Forschung hervorgegangen. Diese Tendenzen, die sich auf die Furcht gründen, haben (da der Mensch von göttlicher Art ist) als eine ungeheure Anregung seines ganzen Wesens gewirkt und ihn auf seine gegenwärtige Stufe umfangreicher Fassungskraft und Nützlichkeit gebracht; sie haben unsere moderne Zivilisation mit all ihren Fehlern und doch mit der [628] ganzen, sich in ihr zeigenden Göttlichkeit hervorgebracht. Aus diesen - endlos fortgesetzten - Instinkten heraus und aus deren Umwandlung in höhere Entsprechungen wird die volle Blüte der Seelenäusserung entstehen. Ich möchte gern auf folgendes hinweisen: Der Instinkt der Selbsterhaltung findet seine Vollendung in der als Gewissheit erkannten Unsterblichkeit; die Methode zur Annäherung daran und die unausbleibliche Gewähr dafür ist die Arbeit, die von den Spiritisten und psychischen Forschern seit alten Zeiten unternommen wurde. Der Geschlechtsinstinkt hat sich ausgewirkt und findet seine logische Erfüllung in der - bewusst erkannten - Beziehung von Seele und Körper. Diese Beziehung ist das Leitmotiv des Mystizismus und der Religion, welche heute, wie immer, der Ausdruck für das Gesetz der Anziehung ist, - nicht insofern es durch die Ehe auf der physischen Ebene zum Ausdruck kommt, sondern soweit es, für den Menschen, seine Vollendung in der veredelten - mit bewusster Absicht herbeigeführten - Ehe zwischen der positiven Seele und der negativ-empfangenden Form findet. |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |