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Eine Abhandlung über Weisse Magie, Seite 149 ff. (engl.)

Es ist ausserordentlich interessant, wie in der Regel IV die gedrängte und doch alles einbeziehende Ausdrucksweise okkulter Sätze zutage tritt. Die Kunst des Atmens wird in drei Abschnitten behandelt und ich empfehle diese euch allen zu höchst sorgfältiger Betrachtung.

Da ist erstens der Aspekt des Einatmens. «Der Mensch atmet tief». Er zieht den Atem aus den tiefsten Tiefen seines Wesens. Während des Lebens in der Erscheinungswelt schöpft er den Atem des Lebens aus der Seele selbst. Das ist das erste Stadium. Wenn er daran arbeitet, sich von der Erscheinungswelt loszulösen, schöpft er aus den Tiefen seines Wesens und erfährt, dass das Leben wieder der Quelle zurückgegeben werden kann, aus der es kam. Dadurch, dass der Jünger im okkulten Leben eine neue und feinere Anwendung seines Reaktionsapparates entwickelt, betreibt er [150] die Wissenschaft des Atems und entdeckt, dass er in der Welt esoterischer Erfahrungen durch den Tiefatem (der die drei Stadien des tiefen, mittleren und hohen Atems umfasst) seinen Lebenskörper mit dessen Kraftzentren in Tätigkeit versetzen kann. So umfassen die drei Aspekte des «Tiefatems» die ganze Seelenerfahrung; und die Beziehung zu den oben erwähnten drei Arten des Atmens kann von den interessierten Aspiranten ausgearbeitet werden.

Als Nächstes lesen wir: «Er konzentriert seine Kräfte». Hier wird auf das Stadium hingewiesen, das man das Zurückhalten des Atems nennen könnte. Es besteht darin, dass alle Lebenskräfte beharrlich im Ruhepunkt des Schweigens festgehalten werden; wenn man das, infolge von Gewöhnung und Erfahrung, mit Leichtigkeit tun kann, ohne dabei an den Vorgang zu denken, dann kann der Mensch in einem anderen Reich als dem der Erscheinungswelt sehen, hören und erkennen. In einem höheren Sinn ist dies das Stadium der Kontemplation, jene «Ruhepause zwischen zwei Tätigkeiten», wie es treffend genannt wurde. Die Seele, der Atem, das Leben hat sich aus den drei Welten zurückgezogen, verweilt in Frieden an dem «Geheimen Ort des Allerhöchsten» und betrachtet die beseligende Vision. Im Leben des tätigen Jüngers führt das zu jenen Zwischenphasen, die jeder Jünger kennt, wenn er (durch Losgelöstheit und die Fähigkeit, sich nach innen zurückzuziehen) durch nichts mehr in der Welt der Form festgehalten wird. Solange er noch um die Vervollkommnung ringt und sie noch nicht erreicht hat, sind diese Zwischenphasen des Schweigens, der Zurückgezogenheit und Losgelöstheit häufig schwierig und dunkel. Alles ist Schweigen und er steht da, erschreckt durch das Unbekannte und die scheinbar leere Stille, in der er sich befindet. In fortgeschrittenen Fällen wird dies die «dunkle Nacht der Seele» genannt, der Augenblick vor der Morgendämmerung, die Stunde, bevor das Licht aufstrahlt.

In der Wissenschaft des Pranayama handelt es sich dabei um den Augenblick, der auf das Einatmen folgt, in dem alle Kräfte des Körpers mit Hilfe des Atmens nach oben in den Kopf gezogen und dort konzentriert werden, bevor das Ausatmen beginnt. Wenn [151] dieser Augenblick des Atem-Anhaltens richtig ausgeführt wird, erbringt er eine Zwischenphase äusserster Konzentration, und eben in diesem Augenblick muss der Aspirant die günstige Gelegenheit ergreifen. Hierin liegt ein Hinweis.

Nun kommt der Vorgang des Ausatmens. Wir lesen in Regel IV: «Er treibt die Gedankenform von sich». Das ist immer das Ergebnis des Endstadiums in der Wissenschaft vom Atem. Die Form, die durch den, der im richtigen Rhythmus atmet, mit Leben erfüllt wurde, wird ausgesandt, um ihre Arbeit zu leisten und ihre Mission zu erfüllen. Studiert diesen Gedanken mit Sorgfalt, denn in ihm liegt das Geheimnis schöpferischen Wirkens beschlossen.

In der Erfahrung der Seele wird die Erscheinungsform für die drei Welten durch intensive Meditation geschaffen; das ist immer die mit dem Atmen gleichlaufende Tätigkeit. Dann wird durch einen Willensakt, der zum Ausatmen führt und der in der Zwischenzeit der Kontemplation oder der Zurückhaltung des Atems dynamisch erzeugt oder erreicht wurde, die erschaffene Form in die Erscheinungswelt ausgesandt, um als Instrument der Erfahrung zu dienen, als ein Mittel zur Wesensäusserung und als ein Reaktionsapparat in den drei Welten menschlichen Lebens.

Durch Meditation und Zucht lernt der Jünger in seinem Leben hohe Zwischenaugenblicke zu erreichen, so oft er seine Kräfte auf der Ebene des Seelenlebens konzentriert; und dann sendet er durch einen Willensakt seine geistigen Absichten, Pläne und sein Leben mit dem Atem in die Welt der Erfahrung hinaus. Die Gedankenform, die er erschaffen hat, je nach der Rolle, die er spielen muss, und die Konzentration von Energien, die er mit Erfolg zustande gebracht hat, werden wirksam. Die Energie, die für den nächsten Schritt notwendig ist, wird von der Seele ausgeatmet, strömt in den Lebenskörper hinunter und treibt so das physische Instrument zu der nötigen aufbauenden Tätigkeit an. Jener Aspekt des Planes, den er in der Kontemplation wahrgenommen hat, und jener Teil der allgemeinen Absicht der Hierarchie, bei dem seine Seele sich zur Mitarbeit aufgerufen fühlt, beides [152] wird gleichzeitig über das Denkvermögen in das Gehirn ausgeatmet; und so «treibt er die Gedankenform von sich hinaus».

In der Wissenschaft des Pranayama umfasst dieses Stadium auch jenes Ausatmen, das, wenn es mit Bedacht und bewusster Absicht ausgeführt wird, dazu dient, alle Zentren zu erwecken und mit dynamischem Leben zu erfüllen. Mehr braucht hier nicht gesagt zu werden.

So haben wir in dieser Wissenschaft vom «Tiefatmen» den ganzen Prozess schöpferischen Wirkens und der evolutionären Entfaltung Gottes in der Natur enthalten. Es handelt sich um den Vorgang, durch den das grosse Leben, die Eine Existenz, die Erscheinungswelt hervorgebracht hat, und die Regel IV ist eine gedrängte Darstellung dieser Schöpfung. Ebenso ist sie die Formel, nach der die Einzelseele wirkt, wenn sie ihre Kräfte auf die Formbildung in den drei Welten menschlicher Erfahrung konzentriert.

Die rechte Anwendung des Lebensatems ist die ganze Kunst, mit welcher der Aspirant, der Jünger und der Eingeweihte beschäftigt ist; sie sind sich jedoch darüber klar, dass die Wissenschaft vom physischen Atem der am wenigsten wichtige Aspekt ist und sich folgerichtig aus der rechten Anwendung der Energie ergibt. Energie ist das Wort, mit dem wir den göttlichen Atem oder das göttliche Leben benennen.

In dem Gedankenleben des Jüngers und bei der grossen Aufgabe, ein bewusster Schöpfer in Mentalstoff zu werden und dadurch Ergebnisse in der Erscheinungswelt hervorzubringen, enthält diese vierte Regel schliesslich die Anweisungen, auf die das Werk gegründet ist. Sie umfasst die Wissenschaft des gesamten magischen Wirkens.

Deshalb rechtfertigt diese Regel genaueste Betrachtung und sorgfältigstes Studium. Wenn man sie richtig verstünde und studierte, würde sie jeden Aspiranten aus der Erscheinungswelt in das Reich der Seele führen. Ihre Anweisungen würden, wenn man sie befolgt, die Seele wieder zurück in die Erscheinungswelt führen als die schöpferische Kraft in der Seelenmagie und als die Kraft, welche die Form handhabt und beherrscht und durch die Form wirkt.

Bei der Schulung des westlichen Studierenden wird [153] niemals blinder, bedingungsloser Gehorsam verlangt. Es werden Vorschläge gemacht hinsichtlich der Methode und Technik, die sich jahrtausendelang bei vielen Studierenden als wirksam erwiesen haben. Einige Regeln über den Atem zur Unterstützung ihres Fortschritts und für ein praktisches Leben auf der physischen Ebene werden mitgeteilt; aber wenn nun die neue Kategorie von Jüngern während des kommenden Zeitalters geschult wird, so sollen diese nach dem Willen der überwachenden Gurus und Rishis mehr Freiheit haben, als es bis jetzt der Fall war. Dies mag für den Anfang eine etwas langsamere Entwicklung mit sich bringen, wird aber, wie man hofft, zu einer schnelleren Entfaltung in den späteren Stadien auf dem Pfad der Einweihung führen.

Darum werden die Studierenden angehalten, während ihrer Schulungszeit mit Mut und Freude voranzuschreiten; sie sollen wissen, dass sie Mitglieder einer Gruppe von Jüngern sind, dass sie nicht allein stehen, sondern dass die Kraft der Gruppe auch die ihrige ist, ebenso wie auch das Wissen der Gruppe ihnen in dem Mass gehört, in dem sie die Fassungskraft dafür entwickeln;, sie sollen ausserdem wissen, dass die Liebe und Weisheit und das Verstehen der wachsamen Älteren Brüder hinter jedem strebenden Gottessohn stehen, selbst wenn er scheinbar (und mit weiser Absicht) sich selbst überlassen ist, um sich kraft seiner eigenen allmächtigen Seele zum Licht hindurchzuringen.

REGEL V

Mit drei Dingen beschäftigt sich der Sonnenengel, bevor die erschaffene Hülle hinabsteigt: mit dem Zustand der Gewässer, mit der Sicherheit für denjenigen, der also erschafft, und mit beharrlicher Kontemplation. So werden Herz Kehle und Auge vereint zu dreifachem Dienst.

Die Seele und ihre Gedankenformen.

Herz, Kehle und Auge.

Die Erweckung der Zentren.

REGEL V

Die Seele und ihre Gedankenformen.

Wir haben uns mit den Schöpfungsvorgängen befasst, und zwar [157] soweit es sich handelt um:

1. den Schöpfer eines Sonnensystems oder einer planetarischen Evolutionsfolge.

2. das Ego, das seinen Manifestationskörper erschafft. Man sollte sich hier daran erinnern, dass das ganze Menschengeschlecht durch eine parallele Gruppe von Egos in die Erscheinungswelt gebracht worden ist.

3. den Menschen, wenn er jene Gedankenformen erschafft, durch die er sich zum Ausdruck bringt, durch die er wirkt und von denen er umgeben ist. Es sollte hier auch bedacht werden, dass dieses eindeutig schöpferische Wirken nur jenen möglich ist, die auf mentalen Ebenen tätig sind, den Denkern der Welt und den Jüngern der Meister.

Wie wir gesehen haben, war in jedem Falle die objektive Form das Meditationsergebnis des schöpferisch tätigen Wesens. Sie entstand durch die Reaktion des Materials, auf das mit der in der Meditation erzeugten Kraft eingewirkt wurde; so kam es zur Bildung der Form und (durch das Wort) zur nützlichen Verwendung dieser Form. Darauf folgt das Stadium, in dem die Form objektiv wahrgenommen und zu einer schwingenden, lebendigen Wesenheit wird. So «ist das Wort Fleisch geworden» und so entstehen alle Formen, Universen, Menschen und beseelte Gedanken.

Diese fünfte Regel weist auf drei Faktoren hin, welche die Aufmerksamkeit des erschaffenden Wesens auf sich ziehen, ehe die physische Form auf der äusseren Ebene sichtbar in Erscheinung tritt.

Diese drei sind:

1. Der Zustand [158] der Gewässer.

2. Die Sicherheit für den, der also erschafft.

3. Beharrliche Kontemplation.

Wir wollen diese drei Dinge kurz behandeln und dann die drei Faktoren betrachten, die der Jünger in Verbindung oder Beziehung bringen muss, wenn er überhaupt danach trachtet, ein aktiver und kraftvoller Mitarbeiter der Hierarchie zu werden. Diese Faktoren sind das Auge, das Herz und die Kehle. Die Auslegung und Bedeutung dieser Regeln kann nach mehreren Richtungen hin unternommen und verfolgt werden. Für unseren Zweck wollen wir uns mit dem befassen, was sich auf den Jünger und sein Werk sowie auf seine Schulung für das magische Wirken des Egos bezieht, wenn dieses eine physische Form bewohnt und in Anspruch nimmt. Diese Lehren sollen praktisch sein; sie werden die Schulung und Disziplinierung des Jüngers hervorheben, und man wird durch das Ganze verstreut jene Winke und esoterischen Hinweise finden, deren Befolgung den Aspiranten dazu führen wird, Versuche anzustellen und die Wahrheit zu erfahren. Jene, die keine wahren Aspiranten sind, werden diese Winke nicht erkennen und so vor Gefahr und verfrühten Erfahrungen bewahrt bleiben.

Wir wollen deshalb die drei Faktoren aufgreifen, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und sie vom Standpunkt eines Menschenwesens, das Gedankenformen erschafft, betrachten und nicht vornehmlich vom Standpunkt eines Sonnenschöpfers oder eines Ego, das daran geht, sich mit Hilfe der Form zu inkarnieren. Zwei Nebengedanken sind hier von Wert: nämlich erstens, dass die Erschaffung von Gedankenformen ein Teil der Arbeit ist, die von jedem Aspiranten in der täglichen Meditation geleistet wird. Wenn der Studierende daran denken würde, dass er jedesmal, wenn er sich zu seiner Morgenmeditation niedersetzt, Gedankenformen zu bilden und zu beleben lernt, dann könnte seine Arbeit für ihn interessanter werden. Die meisten Aspiranten neigen dazu, sich mit ihrer Unzulänglichkeit in der Meditationsarbeit zu beschäftigen, mit ihrer Unfähigkeit, das Denkvermögen zu beherrschen, während diesen beiden Aspekten ihres Strebens geholfen wäre, wenn sie sich mit dem Aufbau von Gedankenformen befassen würden, einer Aufgabe, die [159] einen Menschen vollständig in Anspruch

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.