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Eine Abhandlung über Weisse Magie, Seite 121 ff. (engl.) |
Eine uralte Schrift sagt: «Suche nicht, o zweimal Gesegneter, das geistige Wesen zu erlangen, ehe das Denkvermögen aufnahmefähig ist. Nicht so wird Weisheit gesucht. Nur derjenige, der das Denkvermögen gezügelt hat und die Welt wie in einem Spiegel sieht, kann ohne Gefahr mit den inneren Sinnen betraut werden. Nur derjenige, der weiss, dass die fünf Sinne Illusion sind, und dass nichts bleibt als die beiden, die vor ihm liegen, kann in das Geheimnis der umgestellten Kreuzform eingeweiht werden. Der Pfad, den der Diener wandelt, ist der Pfad des Feuers, der durch das Herz geht und zum Kopf führt. Weder auf dem Pfade des Vergnügens noch auf dem Pfade des Schmerzes wird Befreiung erreicht, noch kommt Weisheit auf ihm. Durch Überwindung von beiden, durch die Verschmelzung von Schmerz und Lust wird das Ziel erreicht, das Ziel, das gleich einem Lichtpunkt im Dunkel einer Winternacht vor uns liegt. Dieser Lichtpunkt mag an die winzige Kerze in einer öden Dachkammer erinnern, aber wenn der Pfad, der zu dem Licht führt, durch die Verschmelzung der Gegensatzpaare beschritten wird, dann nimmt dieser kalte, flackernde Nadelkopf zu mit stetigem Glanz, bis dem Wanderer von ungefähr das warme Licht einer strahlenden Lampe in den Sinn kommt. Schreite weiter, o Pilger, mit unerschütterlicher Beharrlichkeit! Keine Kerze ist da, noch eine irdische Lampe, mit Öl gefüllt. Beständig nimmt die Strahlung zu, bis der Pfad in einer auflodernden Herrlichkeit endet, und der Wanderer durch die Nacht zum Kind der Sonne wird und die Pforten zu diesem leuchtenden Gestirn betritt.» REGEL IV Ton, Licht, Schwingung und Form verbinden sich miteinander und verschmelzen, so wird das Werk eins. Es schreitet voran nach dem Gesetz, und nichts kann das Werk jetzt am Fortgang hindern. Der Mensch atmet tief. Er konzentriert seine Kräfte und sendet die Gedankenform von sich hinaus. Das schöpferische Wirken des Tones. Die Wissenschaft vom Atem. REGEL IV Die schöpferische Funktion des Tones. Bevor wir unsere Aufmerksamkeit auf diese Regel [125] konzentrieren, würde es gut sein, wenn wir uns bestimmte Dinge ins Gedächtnis zurückrufen, damit unser Nachdenken über diese Regel auch Gewinn bringt. Erstens betrifft die Regel, die wir jetzt besprechen, das Wirken auf der Mentalebene, und ehe eine solche Arbeit möglich ist, sollte man ein entwickeltes Denkvermögen, eine gereifte Intelligenz besitzen und ausserdem eine gewisse Kontrolle über das Denkvermögen erreicht haben. Diese Regeln sind nicht für Anfänger in den okkulten Wissenschaften bestimmt; sie sind für jene, die zu magischem Wirken und für eine anstrengende Tätigkeit auf der Ebene des Denkvermögens bereit sind. Liebe ist die grosse vereinende Kraft, der ursprüngliche Anziehungsimpuls, sowohl im kosmischen wie im mikrokosmischen Sinn, aber das Denken ist der wichtigste schöpferische Faktor, es macht die Energien des Kosmos nutzbar. Liebe zieht an, aber das Denkvermögen zieht an, stösst ab und ordnet harmonisch ein, so dass seine Wirkungskraft unfasslich ist. Ist es nicht möglich, in den mentalen Bereichen schwach einen Zustand wahrzunehmen, der dem entspricht, was man jetzt in den emotionalen Regionen findet? Können wir uns die Situation in der Welt vorstellen, wenn der Verstand ebenso mächtig und zwingend wäre, wie es die emotionale Natur heute ist? Die Menschheit schreitet vorwärts in ein Zeitalter, worin ihre Mitglieder als Denker wirken werden, wo Intelligenz stärker als Begierde sein und wo die Macht der Gedanken als Anziehungskraft und zur Führung der Welt benutzt werden wird, so wie jetzt physische und emotionale Mittel verwendet werden. In diesem Gedanken liegt ein tiefer, notwendiger Ansporn für ein richtiges Verstehen der Gedankengesetze und eine richtige Unterweisung über [126] den Gebrauch des Mentalstoffes und den Aufbau dieses Stoffes zu Gedankenformen. Die vorliegenden Regeln befassen sich mit dieser Unterweisung. Zweitens muss man beachten und daran denken, dass der Magier und die machtvolle Wesenheit, welche diese Kräfte handhabt, die Seele sein muss, der geistige Mensch, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Nur die Seele versteht unmittelbar und klar die schöpferische Absicht und den Plan. 2. Nur der Seele, deren Wesen einsichtsvolle Liebe ist, können das Wissen, die Symbole und die Formeln anvertraut werden, die notwendig sind, um für das magische Wirken die richtigen Bedingungen zu schaffen. 3. Nur die Seele hat die Macht und Fähigkeit, in allen drei Welten gleichzeitig zu wirken und dennoch losgelöst und daher von den Folgen solchen Wirkens karmisch frei zu bleiben. 4. Nur die Seele ist wahrhaft gruppenbewusst und wird von reiner, selbstloser Absicht angetrieben. 5. Nur die Seele kann, mit dem offenen Auge der geistigen Schau, das Endergebnis von Anfang an sehen und das wahre Bild der endgültigen Vollendung unbeirrt und beständig festhalten. Ihr fragt, ob Menschen, die mit schwarzer Magie arbeiten, nicht dieselbe Macht besitzen? Ich antworte: nein. Sie können in den drei Welten wirken, aber sie arbeiten von der Ebene des Denkvermögens aus und innerhalb dieser; sie wirken also nicht, so wie die Seele, ausserhalb des Gebietes, dem ihr Streben gilt. Sie können, da sie ihr Arbeitsmaterial unmittelbar bei der Hand haben und sich damit identifizieren, vorübergehend mächtigere Wirkungen erzielen und diese schneller erreichen als derjenige, der in der Weissen Bruderschaft arbeitet, aber die Ergebnisse sind nur von kurzer Dauer; ihnen folgen Zerstörung und Unglück auf dem Fuss, und der schwarze Magier wird schliesslich von der von ihm heraufbeschworenen Sintflut verschlungen. Wir wollen deshalb nicht vergessen, dass es notwendig ist, das Denkvermögen richtig zu gebrauchen und wollen gleichzeitig [127] einen Standpunkt beziehen, der über und losgelöst von dem schöpferischen Werk unserer Gedanken, Wünsche und physischen Leistungen steht. Wenn man die Regel IV betrachtet, so sind es vier Worte, die besonders hervortreten. Erstens: der Ton, die Formel oder das Kraftwort, das die Seele mitteilt und womit sie das Werk beginnt. Dieses Wort ist zweifach. Es erklingt in der Tonhöhe, auf welche die Seele mit ihrem eigenen, besonderen Ton antwortet, der mit dem Ton der Persönlichkeit verschmolzen ist. Dieser Akkord der beiden Töne bringt dann seine Wirkungen hervor und ist wichtiger als der vorgeschriebene Ausdruck, aus dem das Kraftwort besteht. Hierin liegt das Problem, diese beiden Töne gleichzeitig und mit konzentriertem Denken erklingen zu lassen. Es liegt darin der Schlüssel für die Bedeutung des AUM oder OM. In den Anfangsstadien der Meditationsarbeit lässt man das Wort laut ertönen, während es später unhörbar gesprochen wird. Diese Übung im Erklingenlassen des AUM ist eine unbewusste Vorbereitung für das zweifache geistige Schöpfungswerk; und Gewandtheit stellt sich ein, wenn der aufmerksame Aspirant sich daran gewöhnt, in seinem Gehirn den tonlosen Laut des OM zu hören. Ich möchte hier vorschlagen, dass die Schüler sich daran gewöhnen, in dieser Weise zu arbeiten, indem sie das Wort hörbar und häufig am Ende der Morgenmeditation erklingen lassen, zu Beginn aber nachdrücklichst jene gestraffte Aufmerksamkeit für das lautlose Hören pflegen, welche die Empfindungsfähigkeit des inneren Ohres, des ätherischen Ohres, entwickelt. Wenn später einmal der persönliche Ton oder Laut festgelegt und der innere Grundton vernommen wird, dann kann er es zur endgültigen Gewohnheit machen, diese beiden zu verschmelzen. Dies verlangt die genaueste Aufmerksamkeit und das Vermögen, zwei Tätigkeiten gleichzeitig ausüben und sich dabei gedanklich auf beide zu konzentrieren. Studierende, deren Streben stark und klar ist, würden gut daran tun, sich mit den entscheidenden Faktoren für das magische Wirken vertraut zu machen; sie sollten ihre Befähigung in der Meditation und ihre Bereitschaft, mit Stetigkeit, Vorsicht und [128] der nötigen Disziplin vorzugehen, studieren. Um das zu erleichtern, würde ich vorschlagen, dass jeder, der sich ernsthaft mit dieser Arbeit befasst, die folgenden Fragen im Licht der Seele studiert und seinem höheren Selbst beantwortet: 1. Glaubst du, eine Stufe erreicht zu haben, auf der es dir möglich ist: a. die Meditationsform, so wie du sie jetzt hast, weglassen zu können? b. mit verhältnismässiger Leichtigkeit in das Stadium der Kontemplation einzugehen? c. die Vibration deiner eigenen Seele zu erkennen? 2. Bedeutet dir das Heilige Wort irgend etwas und kannst du den Grund klar angeben, warum du es erklingen lässt? 3. Bist du bemüht, in diesem Werk voranzukommen, weil deine Persönlichkeit danach strebt oder weil deine Seele beginnt, ihr Werkzeug bewusst zu gebrauchen? In Verbindung mit der letzten Frage ist eine genaue Analyse notwendig; ich beschwöre euch, absolut ehrlich gegen euch selbst zu sein, um eure Einstellung und Situation klar zu ermitteln. Diese Frage steht zwischen eines Menschen Seele und ihm selbst. Ich möchte hier einige Worte über mich selbst einschieben. Die Studierenden können ihre Energie in müssigen Spekulationen über meine Person verschwenden. Ist das so wichtig? Mein Amt in bezug auf die Gruppe ist es, jenen die nötige Hilfe zu geben, die sich für die aktive Arbeit eines Jüngers tauglich zu machen suchen. Ich bin ein Jünger, und da ich auf dem Pfad der Rückkehr weiter fortgeschritten bin als die Aspiranten, welche diese Unterweisungen studieren, kenne ich einigermassen die Fallstricke und weiss, was notwendig ist; so kann ich bei der Vorbereitung für den wichtigen Augenblick, da sie das Tor durchschreiten, helfen. Ist mehr notwendig? Ist nicht die Wahrheit von gleichem Wert, ob sie nun von einem Aspiranten, einem Jünger oder Meister oder sogar von einem Christus ausgesprochen wird? Je näher ich euch bin, um so grösser ist vielleicht meine Nützlichkeit. Meine Anonymität wird nicht gelüftet, und Spekulationen über meine Identität sind fruchtlos und [129] Zeitverschwendung. Es möge genügen, dass ich ein Orientale bin, auf dem Lehrstrahl und mit dem Meister K. H. eng verbunden, dass ein Teil meiner Arbeit darin besteht, ständig nach Aspiranten mit starkem Herzen, glühender Hingabe und geübtem Denkvermögen zu suchen, und dass ich ein Jünger bin, wie es alle sind, vom bescheidensten Novizen bis hinauf zu dem Grössten der Grossen. Die eine Lektion müssen alle Aspiranten lernen, und zwar früh lernen, und die heisst: durch die Konzentration auf die Persönlichkeit des Lehrers, die Hoffnung auf persönlichen Kontakt mit ihm und durch den ständigen Versuch, sich den zukünftigen Zustand der angenommenen Jüngerschaft vorzustellen, wird jener Kontakt nur verzögert und die Annahme zur Jüngerschaft hinausgeschoben. Trachtet danach, euer Werkzeug brauchbar zu machen, lernt in der Stille zu arbeiten, erfüllt eure Verpflichtungen und Aufgaben, entwickelt Zurückhaltung in der Rede und jene ruhige Ausgeglichenheit, die einem selbstlosen Lebensmotiv entspringt, und vergesst die selbstsüchtige Befriedigung, die in eurem Herzen aufsteigen könnte, wenn eure Treue von der beobachtenden Hierarchie anerkannt wird. Schenkt dieser Unterweisung sorgfältige Beachtung. Es sind dies Tage, in denen viele Umstellungen und Veränderungen in der Menschenwelt vollzogen werden. In der dadurch eintretenden Verwirrung empfinden die Einzelnen die Notwendigkeit, ihre Kräfte zusammenzuschliessen und ihre Bemühungen zu vereinen, denn das Bedürfnis nach Gruppenarbeit tritt deutlicher zutage als je zuvor. Wir leben in einer Zeit, in der Gelassenheit und Zuversicht eure Stärke sein muss und in welcher der einzige Schutz in der genauen Erforschung aller zugrundeliegenden Motive besteht. Oberflächlich betrachtet, treten viele scheinbar verschiedene Prinzipien in Erscheinung, und die Wogen das Kampfes scheinen einmal nach der einen und einmal nach der anderen Seite zu gehen. Von der inneren Seite aus gesehen, sind die auftretenden Faktoren einfacher. Der Kampf führt vor allem zu einer Prüfung der Motive, und durch diese Prüfung wird es den überwachenden Führern offenbar, wer in einer Gruppe fähig ist, klar zu denken und genau zu unterscheiden, wer geduldige Ausdauer besitzt und imstande ist, auf dem Probepfad [130] dem Tor der Einweihung entgegenzuschreiten, ungehemmt in seinem |
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