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Die unvollendete Autobiographie, Seite 155 ff. (engl.) |
und eine der ersten Lektionen, die jeder lernen muss, der mit der Hierarchie in
Verbindung steht.
Inzwischen wuchsen meine Kinder auf, wurden verständiger und machten mir immer mehr Freude. Walter Evans schrieb mir nur hin und wieder ganz kurze Briefe, und es stand nichts darin, was auf eine Sinnesänderung schliessen liess. Ich beschäftigte mich daher erneut mit dem Gedanken an eine Ehescheidung. Als der Krieg seinem Ende nahte, konsultierte ich einen Rechtsanwalt und erfuhr von ihm, dass ich damit keinerlei Schwierigkeit haben würde. Im Januar 1919 lernte ich Foster Bailey kennen, und als später meine Ehe geschieden worden war, verlobten wir uns; ich hatte die Ehescheidungsklage schon eingereicht, bevor ich ihn kennenlernte. Ich hatte schreckliche Angst vor der Gerichtsverhandlung, aber nichts konnte einfacher sein; dafür sorgte schon das vorhandene Beweismaterial und der gute Ruf meiner Zeugen. Eine alte, langjährige Freundin, Frau John Weatherhead, begleitete mich zum Gericht. Ich wurde vereidigt; der Richter stellte mir eine oder zwei Fragen über Wohnort und Alter der Kinder und dann sagte er bloss: «Ich habe die Aussagen ihrer Zeugen gelesen, Frau Evans, ich genehmige ihre Scheidung und die Obhut über ihre Kinder. Guten Morgen - der nächste Fall». So endete dieser Zyklus. Ich war frei und wusste, dass ich zum Besten der Kinder gehandelt hatte. Kalifornien ist einer der Staaten, in denen Ehescheidungen am schwersten zu erhalten sind, und die Schnelligkeit der Verhandlung bewies, dass meine Klage gerechtfertigt und mein Beweismaterial einwandfrei war. Walter Evans erhob keinen Einspruch. Während des Jahres 1919 betätigten Foster Bailey und ich uns mehr und mehr am theosophischen Werk, und dabei arbeiteten wir sehr eng mit Dr. Woodruff Shepherd zusammen. Ich wohnte damals mit den drei Kindern am Beechwood Drive und Foster Bailey in einem Zelt in Krotona. Er war nach dem Waffenstillstand demobilisiert worden, hatte aber noch monatelang Genesungsurlaub, da er mit einem Flugzeug abgestürzt war; er hatte Beobachter ausgebildet. Er war mir nach einer Vorlesung, die ich in Krotona gehalten hatte, von Dorothy Weatherhead vorgestellt worden, die mich nicht nur mit ihm bekanntmachte, sondern mich auch in die okkulte Wahrheit und in Krotona einführte. Foster erinnert sich an dieses Bekanntwerden mit den Worten: «Alles was ich sah, war ein Schopf Haare und eine knochige Frauensperson!» Ich habe von jeher dichtes Haar gehabt. Es ist ein Familienerbe, und meine drei Mädchen haben ebenfalls sehr schönes, dichtes Haar. Ich werde nie eine Bemerkung meiner ältesten Tochter Dorothy vergessen (die für ihre doppelsinnigen Bemerkungen bekannt ist). Es war in England, ich hatte gerade mein Haar gewaschen und sass im Garten in Ospringe Place, Faversham, um es zu trocknen. Dorothy sah zum Fenster heraus und rief mir zu: «Oh Mutter, wenn du den Leuten immer nur den Rücken zukehren würdest, so dass sie nur dein schönes Haar sehen könnten, würden sie nie erraten, wie alt du bist! Gegen Ende 1919 machte man Mr. Bailey zum Nationalen Sekretär der Theosophischen Gesellschaft. Dr. Shepherd wurde Propagandadirektor, und ich Schriftleiterin des theosophischen Magazins «Der Bote» (The Messenger) und Vorsitzende des Ausschusses, der die Verwaltung von Krotona leitete. Auf diese Weise lagen also alle Phasen der Bewegung und alle wichtigen Entscheidungen und prinzipiellen Verwaltungsfragen in unserer Hand. Der Generalsekretär, Mr. A. P. Warrington, war mit uns eng befreundet, und auch alle rangälteren Mitarbeiter waren gute Freunde; es herrschte scheinbar grösste Harmonie und ein Geist wirklicher Zusammenarbeit. Mit der Zeit entdeckten wir jedoch, wie oberflächlich diese Harmonie war. Unsere Zuneigung und persönliche Pflichttreue galt uneingeschränkt unseren Freunden und Mitdirektoren, aber unser Gerechtigkeitsgefühl und unser Glaube an gewisse Grundprinzipien wurden andauernd verletzt. Das lag in Wirklichkeit daran, dass die Leitung der Theosophischen Gesellschaft in den Vereinigten Staaten und in noch höherem Mass die des internationalen Zentrums in Adyar damals reaktionär und altmodisch war, während man doch erwarten durfte, dass neue Einstellungen zum Leben und zur Wahrheit, freie Meinungsäusserung und Unpersönlichkeit die Merkmale sein würden, die das Führungsprogramm und die Methoden bestimmen sollten. Das war aber nicht der Fall. Die Gesellschaft war zum Zweck der Einführung einer Welt-Bruderschaft gegründet worden, entartete aber mit der Zeit in eine Sekte, die mehr an der Gründung und Unterhaltung von Logen und an der Erhöhung der Mitgliederzahl interessiert war, als an der Massenverbreitung der Wahrheiten der Ewigen Weisheit. Ihr Prinzip, niemanden in die E. S. zu geistiger Unterweisung zuzulassen, der nicht mindestens zwei Jahre lang Mitglied der T. G. gewesen war, beweist das. Warum sollte eine geistige Unterweisung jemandem erst dann zuteil werden, wenn er zwei Jahre lang seine Treue zu einer Organisation bewiesen hat? Warum soll man von den Leuten verlangen, dass sie ihre Verbindung zu anderen Gruppen und Organisationen lösen und sich dem sogenannten «Äusseren Leiter» der E. S. zu Treue verpflichten, wenn doch die einzigen Treueverpflichtungen, die verlangt werden sollten, der Dienst am Mitmenschen sowie die Treue der Geistigen Hierarchie und vor allem der eigenen Seele gegenüber sind? Keine Persönlichkeit hat das Recht, geistige Verpflichtungen von anderen Persönlichkeiten zu verlangen. Die einzige Verpflichtung, die ein Mensch eingehen sollte, ist vor allem die Treuepflicht gegenüber seiner eigenen inneren Göttlichkeit, der Seele, und später gegenüber dem Meister, unter dessen Führung er seinen Mitmenschen wirksamere Dienste leisten kann. Ich erinnere mich noch, wie Miss Poutz, die ehemalige Sekretärin der E. S., bei einer der ersten Versammlungen, die ich mitmachte, die erstaunliche Behauptung aufstellte, dass niemand ein Jünger der Meister sein könne, der nicht von Frau Besant in diesem Sinn verständigt worden sei. Diese Bemerkung zerstörte eine Verblendung in mir, obwohl ich damals zu niemandem darüber sprach, ausser zu Foster Bailey. Ich wusste, dass ich eine Jüngerin des Meisters K. H. war und immer gewesen war, solange ich zurückdenken konnte. Anscheinend hatte Frau Besant mich übersehen. Ich konnte nicht verstehen, wieso die Meister, die doch ein angeblich allumfassendes Bewusstsein besassen, sich nur in den Reihen der T. G. nach Jüngern umsehen sollten. Ich wusste, dass das nicht so sein konnte und dass sie in ihrem Bewusstsein nicht derartig beschränkt sein konnten. Später lernte ich viele Leute kennen, die Jünger der Meister waren und die niemals mit der T. G. in Verbindung gestanden oder überhaupt von ihr gehört hatten. Als ich gerade dachte, ich hätte ein Zentrum geistigen Lichts und Verstehens gefunden, musste ich feststellen, dass ich lediglich in eine andere Sekte hineingeraten war. Wir stellten damals fest, dass die E. S. die T. G. vollkommen beherrschte. Mitglieder wurden nur dann als vollwertig betrachtet, wenn sie die Autorität der E. S. anerkannten, wenn sie mit allen Verkündungen des Äusseren Leiters einig gingen und treu allen denen folgten, welche die leitenden Köpfe der E. S. in den verschiedenen Ländern sanktionierten. Einige ihrer Verkündungen schienen mir lächerlich zu sein. Viele der Leute, die anerkannt und gutgeheissen wurden, waren in höchstem Grad mittelmässig. Eine Anzahl von denen, zu welchen man als Eingeweihte aufblickte, waren nicht besonders intelligent oder liebevoll, und Liebe und Intelligenz in vollem Mass sind doch gerade das Merkmal des Eingeweihten. Unter den fortgeschrittenen Mitgliedern gab es Konkurrenz, einer wollte mehr sein als der andere; daher ergaben sich ständige Streitigkeiten zwischen Persönlichkeiten - Streitigkeiten, die sich nicht nur auf mündliche Auseinandersetzungen beschränkten, sondern auch in Magazinartikeln zum Ausdruck kamen. Ich werde nie mein Entsetzen vergessen, als mir eines Tages jemand in Los Angeles sagte, «wenn sie wissen wollen, was Bruderschaft ist, dann brauchen sie bloss nach Krotona zu gehen und dort zu leben». Er wusste nicht, dass ich dort, wohnte. Die Gesamtlage war so ernst und die Spaltung in der Esoterischen Sektion, die doch für Bruderschaft, Unpersönlichkeit, Selbstlosigkeit und hingebungsvollen Dienst an der Menschheit eintreten sollte, so gross, dass Foster an Frau Besant kabelte, die E. S. würde sich ernsten Angriffen aussetzen, wenn sie nicht aufhörte, die T. G. zu beherrschen. Frau Besant sandte ungefähr um diese Zeit B. P. Wadia zu uns herüber, um zu untersuchen und festzustellen, was eigentlich los sei, und es kam zu offiziellen Sitzungen, bei denen Wadia zu vermitteln suchte. Foster, Dr. Shepherd und ich sowie viele andere, vertraten den demokratischen Standpunkt, während Mr. Warrington, Miss Poutz und ihre Freunde sich für Autorität und die Herrschaft der E. S. einsetzten. Ich war nie zuvor in einen derartigen Kampf innerhalb einer Organisation verwickelt gewesen und hatte bestimmt keine Freude daran. Ich hatte einige Menschen auf der Gegenseite persönlich sehr lieb und litt daher ausserordentlich. Die Meinungsverschiedenheiten verbreiteten sich mit der Zeit über die gesamte Sektion, und es schieden immer mehr Mitglieder aus. In der Zwischenzeit hatten wir in unseren T. G.-Ämtern hart gearbeitet; den Kindern ging es gut; wir hatten vor, zu heiraten, sobald sich die Lage einigermassen klären würde. Unser Einkommen war erheblich zusammengeschrumpft. Die Gehälter in Krotona betrugen zehn Dollar pro Woche. Die Überweisungen von Walter Evans hatten seit der Scheidung aufgehört. Foster besass damals nichts. Er hatte seine Anwaltspraxis zu Kriegsbeginn aufgegeben, obwohl er die Absicht hatte, sie später wieder aufzunehmen. Es war eine alte Familienpraxis, und sie brachte ihm schon mit achtundzwanzig Jahren ein beträchtliches Jahreseinkommen. Er gab sie jetzt endgültig auf, um mir bei dem Werk zu helfen, das für uns allmählich Gestalt annahm, und das war nur eines von vielen Opfern, die er brachte, als er sein Los mit mir zu teilen beschloss. Die Kinder verehrten ihn und tun das bis zum heutigen Tag; ihr Verhältnis war stets ein sehr herzliches und auf seiner Seite ein sehr opferfreudiges. Sie nahmen ihn von Anfang an in Beschlag. Dorothy, die älteste, war damals ungefähr neun Jahre alt, und er machte ihre Bekanntschaft, als er den Beechwood Drive hinaufging, um mich zu besuchen. Beim Näherkommen hörte er schrille Angstschreie, die von einem Baum kamen. Als er dem Baum zueilte, sah er ein kleines Mädchen, das an den Knien von einem Ast herunterhing. Er sah zu ihr auf und sagte bloss: «Lass dich fallen» und sie fiel in seine Arme; und wie er oft symbolisch sagte, ist sie seitdem auch in seinen Armen geblieben. Mildred war furchtbar krank, als er sie zuerst sah. Sie hatte versteckte Masern mit einer Temperatur von 41 Grad, obwohl wir damals noch nicht wussten, was es war. Sie ist im Grund stark introvertiert (nach innen gerichtet), und es sah ihr durchaus ähnlich, «versteckte» Masern zu haben. Wir waren auf der Suche nach einem Spezialisten, und in der Zwischenzeit verbrachten meine Freundin, Frau Copley Enos und ich den Tag damit, ihr kalte Umschläge zu machen, um das Fieber zu senken. Foster kam dazu und schickte sich an, uns zu helfen. Sie warf ihm nur einen Blick zu, und von dem Augenblick an waren sie einander immer sehr vertraut. Ellison lernte er als fettes und sehr schmutziges kleines Mädchen kennen, das im Hinterhof Lehmkuchen buk. Foster und ich lebten also im Rahmen gemeinsamer, öffentlicher Betätigung, wir planten unsere Zukunft in diesem Sinn und trafen entsprechende Vorkehrungen. Die Lage in der T. G. wurde immer schlimmer, und es wurden bereits Vorbereitungen für die Tagung im Jahr 1920 getroffen, wo sich das Gewitter entlud. Was meine innere Erfahrung anbelangt, so hatte die T. G. mich ebenso enttäuscht, wie vordem das orthodoxe Christentum, nur war es nicht ganz so schlimm, weil grosse und grundsätzliche Wahrheiten für mich einen Sinn erlangt hatten und weil ich nicht mehr allein war, denn Foster und ich beabsichtigten bereits, zu heiraten. Damit komme ich zu einem Ereignis in meinem Leben, von dem ich nur ungern spreche. Es handelt sich um das Werk, dem ich mich in den letzten siebenundzwanzig Jahren gewidmet habe. Dieses Werk hat in der ganzen Welt Anerkennung erfahren und Neugierde erregt. Es hat mir auch Hohn und Verdacht eingebracht, aber erstaunlich wenig; ich habe das auch verstehen können, weil ich am Anfang sehr argwöhnisch war. Ich frage mich, warum ich überhaupt den Versuch machen soll, davon zu sprechen, anstatt einfach meinem bisherigen Prinzip zu folgen, mein Werk und meine Bücher für sich selbst sprechen und sich am besten selbst rechtfertigen zu lassen. Ich denke, dafür habe ich zwei Gründe. Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, wie eng die Verbindung ist, welche die innere Hierarchie mit den Menschen jetzt anbahnt, und zweitens möchte ich es anderen leichter machen, die gleiche Arbeit zu leisten, vorausgesetzt, dass es sich auch wirklich um die gleiche Arbeit handelt. Es gibt da so viele Spielarten sogenannter psychischer Literatur. Es fällt dem einzelnen nicht immer leicht, einen Unterschied zu machen zwischen dem, was Ausdruck wunscherfüllten Denkens oder das Produkt eines sehr netten, sanften, wohlgemeinten, christlichen Unterbewusstseins ist, oder vielleicht zwischen automatischer Niederschrift oder dem Auffangen von Gedankenströmen (was wir alle andauernd tun) oder ausgemachtem Schwindel; oder andererseits jenen Schriften, die auf einer starken, subjektiven, telepathischen Verbindung beruhen und auf Eindrücke zurückzuführen sind, die aus gewissen hohen, geistigen Quellen stammen. Immer wieder heisst es in der Bibel «Und der Herr sprach», und daraufhin schrieb irgendein Prophet oder Seher das Gesagte nieder. Vieles davon ist wunderschön und hat geistige Bedeutung. Andererseits trägt auch vieles davon die Kennzeichen menschlicher |
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Last updated Saturday, February 14, 1998 © 1998 Netnews Association. All rights reserved. |