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Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 315 ff. (engl.) |
Dieser Punkt muss betont werden, denn es besteht unter den Yoga-Schülern ein starker Hang, nach den Meistern oder nach einem Guru oder Lehrer zu suchen, der ihnen Licht «geben» soll. Die Meister können aber nur von demjenigen gefunden werden, der sein eigenes Licht angezündet und sich so das Mittel beschafft hat, um in ihre Welt einzudringen. Die mehr technische Seite dieser Angelegenheit ist von W.Q. Judge mit folgenden Worten gut beschrieben worden: «Hier sind zwei Hinweise, die im modernen Denken keine Entsprechung haben. Der eine ist der, dass es im Kopf ein Licht gibt; und der andere ist der, dass es göttliche Wesen gibt, die von denen gesehen werden können, die sich auf das Licht im Kopf konzentrieren. Es wird gesagt, dass ein bestimmter Nerv oder psychischer Strom, Brahmarandra-Nadi genannt, nahe dem Scheitel des Kopfes durch das Gehirn austritt. In diesem Nerv sammelt sich mehr von dem leuchtenden Prinzip in der Natur als an anderen Stellen des Körpers, und es wird jyotis - das Licht im Kopf - genannt. Da jedes Resultat durch die Anwendung geeigneter Mittel zustande gebracht wird, kann das Sehen göttlicher Wesen durch Konzentration auf jenen Teil des Körpers erreicht werden, der zu ihnen in engerer Beziehung steht. Dieser Punkt - das Ende des Brahmarandranervs - ist auch die Stelle, wo die Verbindung zwischen dem [315] Menschen und den solaren Kräften hergestellt wird. Dieses Licht ist es, welches «das Antlitz leuchten» lässt und den Lichtkranz hervorruft, wie er bei allen Heiligen und Meistern bildlich dargestellt wird, und der von hellsehenden Menschen rings um den Kopf aller fortgeschrittenen Aspiranten und Jünger gesehen wird, Dvidedi sagt dasselbe mit folgenden Worten: «Das Licht im Kopf wird erklärt als das Zusammenströmen des Sattva-Lichtes, das am Brahmarandra-Nerv zu sehen ist, dessen Sitz in der Nähe der Kranzarterie, der Zirbeldrüse, oder über der medulla oblongata angegeben wird. So, wie durch das Licht einer Lampe, die inmitten eines Raumes brennt, ein heller Schein durch das Schlüsselloch dringt, genau so zeigt sich das Sattva-Licht auf dem Scheitel des Kopfes. Dieses Licht ist allen denen bekannt, die sich mit Yoga-Übungen befasst haben, und es kann sogar durch Konzentration auf die Stelle zwischen den Augenbrauen gesehen werden. Durch Meditation über dieses Licht wird eine Klasse von Wesen, Siddhas genannt, sofort sichtbar, ungeachtet der Hindernisse von Raum und Zeit. Diese Siddhas sind in theosophischen Kreisen allgemein bekannt als Mahatmas oder hohe Adepten, die in der Lage sind, sich überall zu bewegen, ohne von den Menschen gesehen zu werden». 33. Durch das lebendige Licht der Intuition kann man ein Wissen über alle Dinge erlangen. Es gibt drei Arten von Wissen, die mit dem Licht im Kopf verbunden sind. Erstens das Wissen, das ein gewöhnlicher Mensch besitzen kann, [316] und das vielleicht am besten mit dem Wort theoretisch bezeichnet werden kann. Es lässt den Menschen gewisse Hypothesen. Möglichkeiten und Erklärungen erkennen. Es gibt ihm Klarheit über Wege, Mittel und Methoden und befähigt ihn, den ersten Schritt zu tun, um Gewissheit zu erlangen und Erfolg zu haben. Das gilt auch für das Wissen, das Patanjali meint. Wenn der Aspirant nach diesem Wissen handelt und sich den Erfordernissen der beabsichtigten Erforschung oder Entwicklung anpasst, wird er des Lichts im Kopf gewahr. Zweitens das unterscheidende Wissen, das als nächstes vom Aspiranten angewendet wird. Nachdem er das Licht gesehen und den Kontakt hergestellt hat, wird es benutzt; dadurch werden die Gegensatzpaare offenkundig, die Dualität wird erkannt, und so ergibt sich das Problem, eine Entscheidung zu treffen. Das Licht Gottes erhellt beide Seiten des schmalen Pfads, den der Aspirant betreten will; und zuerst ist dieser «edle mittlere» Pfad nicht so klar sichtbar wie das, was zu beiden Seiten des Weges liegt. Wenn zu diesem unterscheidenden Wissen noch Leidenschaftslosigkeit oder Losgelöstsein hinzukommt, werden die Hindernisse beseitigt; der Schleier, der das Licht verhüllt, wird immer dünner, bis schliesslich der Kontakt mit dem dritten oder höchsten Licht erreicht wird. Drittens das «Licht der Intuition»; das ist einer der Ausdrücke, die für diese Art erleuchteten Wissens verwendet werden können. Es erscheint, weil der Aspirant den Pfad gegangen ist und die Gegensatzpaare überwunden hat; es ist der Vorläufer der völligen Erleuchtung und des vollen Tageslichtes. Ganganatha Iha erwähnt in seinem kurzen Kommentar alle drei Arten. Er sagt: «Intelligenz ist [317] der Befreier - der Vorläufer der unterscheidenden Erkenntnis, gleich der Morgendämmerung vor dem Sonnenaufgang. Wenn der Yogi intuitive Einsicht entwickelt hat, kann er ein Wissen über alles erlangen». Diese Blitze der Intuition sind zuerst nur ein kurzes Aufflammen von Erleuchtungen, die in das Denkbewusstsein einbrechen und fast augenblicklich wieder verschwinden. Aber sie kehren immer häufiger wieder, wenn die Meditation regelmässig geübt wird, und sie dauern immer länger, wenn die Beständigkeit des Denkens erreicht wurde. Allmählich erstrahlt das Licht in einem ununterbrochenen Strom, bis der Aspirant im vollen Licht des Tages wandelt. Wenn die Intuition zu wirken beginnt, muss der Übende lernen, sie in der Weise zu nutzen, dass er das Licht, das in ihm ist, auf all das richtet, was «verborgen, feinstofflich und entfernt» ist. Auf diese Weise erweitert er seinen Gesichtskreis, löst seine Probleme und erhöht seine Leistungsfähigkeit. Was er durch dieses geistige Licht sieht und erhascht, muss dann durch das Medium des Gehirns registriert, verstanden und so verarbeitet werden, dass es auf der physischen Ebene zur Anwendung kommen kann. Hier muss das vernunftgemässe Denken seine Rolle spielen, indem es interpretiert, formuliert und dem Gehirn das übermittelt, was der wahre geistige Mensch auf seiner Ebene erkennt, sieht und versteht. Auf diese Weise erlangt der inkarnierte Sohn Gottes, der Mensch auf der physischen Ebene, bei vollem Wachbewusstsein dieses Wissen, von dem er nun Gebrauch machen kann. Ein anderer, ebenso richtiger wie notwendiger Gesichtspunkt wird von Charles Johnston (auf Seite 123 seines Buches) erwähnt. Er sagt: «Diese wundervolle Intuition ist die Kraft der Fähigkeit, die über und [318] hinter dem sogenannten rationalen Denken liegt. Der Verstand formuliert eine Frage und legt sie der Intuition vor. die darauf eine wahrheitsgemässe Antwort gibt; diese wird oft vom vernunftgemässen Denken sofort verdreht, enthält aber immer noch einen Kern der Wahrheit. Wenn das rationale Denken Fragen und Probleme an die Intuition heranträgt, um eine Lösung zu erhalten, dann werden gerade dadurch wissenschaftliche Tatsachen gefunden und plötzliche Entdeckungen gemacht; es ist ein Aufblitzen des schöpferischen Geistes. Aber diese höhere Kraft braucht sich nicht dem sogenannten rationalen Denken unterzuordnen; sie kann unmittelbar wirken, als volle Erleuchtung, als «innere Schau und göttliche Fähigkeit». 34. Durch konzentriertes Meditieren über das Herzzentrum lernt man das Denk-Bewusstsein verstehen. Die Menschen unterscheiden sich vom Tierreich durch ihre Intelligenz, durch das rationale, folgernde Denken. Darum werden in der zeitlosen Weisheit, der Geheimlehre der Welt, die Menschen häufig als «Söhne des Denkens» bezeichnet. Dieses Denken ist es, das ihnen das Gefühl der Individualität, der abgesonderten Wesenheit gibt. Dieses Denken ist es, was sie zu Egos macht. Es wird uns gesagt, dass im Mittelpunkt des Gehirns, in der Zirbeldrüse, der Sitz der Seele ist, ein Vorposten des Lebens Gottes, ein Funke des reinen geistigen Feuers. Das ist der tiefste Punkt, den das reine geistige Leben direkt von der Monade her, von unserem Vater im Himmel, berührt und erreicht. Es ist der Endpunkt des Sutratma, des Silberfadens, der die verschiedenen Hüllen verbindet, und der von der Monade (auf der ihr eigenen Ebene) über [319] den Seelenkörper (in den höheren Schichten der Mentalebene) in den physischen Körper hinabreicht. Dieses Leben Gottes ist dreifach, es umfasst die Energien des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes; es ist daher verantwortlich für das volle Zusammenwirken aller Teile der menschlichen Natur auf allen Ebenen und für alle Zustände des Bewusstseins. Eine Strähne dieses dreifachen Fadens oder Weges, die erste, ist die Spenderin des Lebens, des Geistes, der Energie. Eine weitere, die zweite, ist zuständig für den Bewusstseins- oder Intelligenzaspekt, für die Fähigkeit des Geistes, auf Kontakt zu reagieren und Resonanz zu entwickeln. Die dritte befasst sich mit dem Leben der Materie, dem Körper-Aspekt. Der erste Aspekt reicht über die Monade zur Zirbeldrüse - dem Punkt, wo der Geist im Menschen wohnt. Der zweite oder Bewusstseinsaspekt stellt über das Ego einen Berührungspunkt mit dem Herzzentrum her, während der dritte Aspekt (der dritte Teil des Fadens) sich mit dem Zentrum an der Basis der Wirbelsäule verbindet, das die wichtigste Triebfeder für die Aktivitäten der Person oder des Körpers ist. Durch Konzentration auf das Licht im Kopf wird ein Wissen um die geistigen Welten und jene reingeistigen Wesen erlangt, die darin wirken und leben, denn dort scheint das Licht des Atma oder Geistes. In gleicher Weise wird durch konzentrierte Meditation über das Herzzentrum ein Wissen über den zweiten Aspekt gewonnen, über das bewusste intelligente Prinzip, das den Menschen zum Gottessohn macht. Durch die Entwicklung des Verstandes und durch den Gebrauch des Kopfzentrums [320] wird der Wille wirksam gemacht; er ist das Hauptmerkmal des Geistes, denn er manifestiert Zielbewusstheit und beherrschende Macht. Durch die Entfaltung und Nutzung des Herzzentrums wird der Aspekt der Liebe-Weisheit wirksam und manifestiert sich als Liebe zu Gott im Leben und Wirken des Menschen. Denn das Denken Gottes ist Liebe, und die Gottesliebe ist Intelligenz; und diese beiden Aspekte einer einzigen grossen Qualität werden zur Wirksamkeit gebracht, um seinen Willen und sein Vorhaben durchzuführen. Christus war dafür ein hervorragendes Beispiel für das Abendland, so wie Krishna es für Indien war; und das muss sich auch in jedem Menschen widerspiegeln und manifestieren. 35. Zur Erfahrung (der Gegensatzpaare) kommt es deswegen, weil die Seele nicht unterscheiden kann zwischen dem persönlichen Selbst und dem Purusha (oder Geist). Die objektiven Formen sind dafür da, damit der geistige Mensch sie benutzen und dadurch Erfahrungen sammeln kann. Durch Meditation darüber kommt man zur intuitiven Wahrnehmung des geistigen Wesens. Hier haben wir wieder eine ganz freie Übersetzung des Originaltextes, die jedoch die Bedeutung richtig wiedergibt. In den vorhergehenden Lehrsprüchen haben wir gesehen, dass der schmale Pfad, der zwischen den Gegensatzpaaren gegangen werden muss (durch Übung im Erkennen der Unterschiede und durch Leidenschaftslosigkeit), der Weg des Gleichgewichtes, der Ausgeglichenheit, der edle Mittelweg ist. Dieser Lehrspruch ist gleichsam ein Kommentar zu diesem Stadium im Erleben der Seele und weist auf folgende Lektionen hin: Erstens: Wir sehen [321] deswegen Gegensatzpaare und entscheiden uns so häufig für eine Tätigkeit oder Geisteshaltung, die in uns Freude oder Schmerz hervorruft, aus dem Grunde, weil wir nicht unterscheiden können zwischen der niederen Natur und der höheren, zwischen dem persönlichen Selbst (das als eine physische, eine emotionale und eine mentale Einheit wirkt) und dem göttlichen Geist, der in einem jeden von uns zu finden ist. Wir identifizieren uns mit dem Form-Aspekt und nicht mit dem Geist. Wir betrachten uns äonenlang als das Nicht-Selbst und vergessen unsere Kindschaft, unsere Einheit mit dem Vater, und die Tatsache, dass wir in Wirklichkeit das Selbst sind, das in uns wohnt. Zweitens: Der Zweck der Form ist einfach der, dem Selbst die Möglichkeit zu geben, mit Welten in Berührung zu kommen, die ihm sonst verschlossen wären, in allen Teilen des Reiches des Vaters volle Bewusstheit zu entwickeln und sich so als vollbewusster Gottessohn zu erweisen. Durch die Form werden Erfahrungen gewonnen, wird Bewusstsein geweckt, werden Fähigkeiten entwickelt und Kräfte entfaltet. Drittens: Wenn wir diese Tatsache verstandesmässig begriffen, und wenn wir innerlich darüber meditiert haben, erkennen wir unsere Wesensgleichheit mit der geistigen Natur und die Wesensmerkmale, die uns von der Form unterscheiden. Der Aspirant weiss dann, dass er in Wahrheit nicht die Form, sondern deren Bewohner, |
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