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Der Yoga-Pfad (die Yoga Sutras von Patanjali), Seite 130 ff. (engl.) |
in Erscheinung».
Dann wird sich der Mensch seiner Gruppe bewusst, zu der er gehört. Er entdeckt nämlich, dass seine eigene innere Wirklichkeit latent in seiner Persönlichkeit vorhanden ist. Er erkennt, dass er, das menschliche Atom, ein Teil einer Gruppe oder eines Zentrums im Körper eines himmlischen Menschen (eines planetarischen Logos) ist, und dass er: a. die Schwingung, b. die Absicht oder Zielsetzung, und c. das Zentrum seiner Gruppe wahrnehmen und diese Fähigkeit entwickeln muss. Das ist die Stufe des Probepfads oder des Pfads der Jüngerschaft bis zur dritten Einweihung. Im Alten Kommentar heisst es weiter: «In der Halle der Belehrung wird das zentrale Mysterium erspürt. Der Weg der Befreiung wird gesehen, das Gesetz richtig befolgt, und der Mensch kann die Adeptschaft erreichen». Schliesslich [131] betritt der Mensch die Halle der Weisheit, zu der er anfangs gelegentlich, nach der ersten Einweihung immer häufiger Zutritt erhielt. Er erfährt, welchen Platz seine Gruppe im planetarischen Plan einnimmt, und er bekommt auch eine Ahnung vom kosmischen Gesamtplan der Entwicklung. Unwissenheit (nach unseren Begriffen) ist natürlich beseitigt, aber es kann nicht oft genug betont werden, dass auch dem Adepten noch vieles unbekannt bleibt; ja, dass selbst Christus, der grosse Weltlehrer, nicht den ganzen Bewusstseinsinhalt des Königs der Welt kennt. Die Yogalehrsprüche von Patanjali befassen sich jedoch nur mit dem Überwinden jener Unwissenheit, die den Menschen an das Rad der Wiedergeburt gebunden hält und ihn daran hindert, die wahren Kräfte der Seele zu entfalten. Zu dieser letzten Stufe sagt der alte Kommentar: «In der Halle der Weisheit scheint das Licht voll auf den Weg des Adepten. Er kennt und versteht den siebten Teil und erschaut visionär alles Übrige. Er ist selbst ein Siebenfältiger, und aus dieser Halle geht Gott hervor». 5. Avidya ist der Zustand, in dem das Dauernde, das Reine, das Glückselige, das Selbst verwechselt wird mit dem Vergänglichen, dem Unreinen, dem Leidvollen, dem Nicht-Selbst. Dieser Zustand der «Unwissenheit» (der Avidya) ist kennzeichnend für alle jene Menschen, die noch nicht unterscheiden können zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, zwischen Tod und Unsterblichkeit, zwischen Licht und Finsternis. Er beherrscht daher das Leben in den drei Welten, denn die Unwissenheit des [132] inkarnierten Menschen auf der physischen Ebene hat ihre Parallele auf allen Ebenen. Sie ist eine Begrenzung des Geistes selbst und eine notwendige Folge des Annehmens einer Form. Die geistige Einheit wird blind und empfindungslos geboren. Am Beginn der Zeiten und Zyklen der Wiedergeburt kommt sie in einem Zustand völliger Unbewusstheit in eine Form. Sie muss sich erst dessen bewusst werden, was sich um sie herum befindet; daher muss sie zuerst die Sinne entwickeln, wodurch ein Kontakt und Gewahrwerden möglich wird. Die Methode und der Prozess, wie der Mensch die fünf Sinne (oder Zugangswege zum Nicht-Selbst) entwickelt hat, sind wohlbekannt; jedes Standardlehrbuch über Physiologie kann die gewünschten Informationen geben. In bezug auf die geistige Einheit müssen drei Faktoren beachtet werden: 1. Die fünf Sinne müssen entwickelt werden; 2. sie müssen sodann als solche erkannt und benützt werden. 3. Dann folgt eine Zeit, in welcher der geistige Mensch die Sinne für die Erfüllung seines Begehrens nutzbar macht und sich dabei mit seinem Manifestations-Apparat identifiziert. Er ist doppelt blind, denn er wird nicht nur blind und gefühllos geboren, sondern er ist auch gedanklich blind; er sieht sich und die Dinge nicht so, wie sie wirklich sind, sondern er macht den Fehler, sich als die materielle Form anzusehen, und das tut er viele Zyklen hindurch. Er hat kein Gefühl für Werte oder Wertmassstäbe, sondern betrachtet den vergänglichen, leidenden, unreinen, materiellen, niederen Menschen (seine drei Körperhüllen in ihrer Gesamtheit) als sich selbst, die Wirklichkeit. Er kann sich von seinen Formen nicht loslösen. Die Sinne gehören zu seinen Formen; sie sind nicht der [133] geistige Mensch, der in der Form wohnt. Sie sind ein Teil des Nicht-Selbstes und das Medium, durch das er mit dem planetarischen Nicht-Selbst in Berührung kommt. Durch Unterscheidung und Leidenschaftslosigkeit kann sich das Selbst, das unvergänglich, rein und glückselig ist, schliesslich loslösen vom Nicht-Selbst, das vergänglich, unrein und voller Schmerzen ist. Solange das nicht verstanden wird, ist der Mensch in einem Zustand der Unwissenheit. Wenn der Prozess der Loslösung im Gange ist, geht der Mensch den Weg des Vidya oder Wissens, einen vierfachen Weg. Wenn die Seele so erkannt wird, wie sie ist, und wenn das Nicht-Selbst an den ihm zukommenden Platz verwiesen wird als eine Hülle, ein Träger oder Werkzeug, dann wird auch das Wissen selbst überschritten, und der Wissende allein bleibt. Das ist die Befreiung und das Ziel. 6. Das Ichgefühl entsteht dadurch, dass sich der Wahrnehmende mit den Werkzeugen der Wahrnehmung identifiziert. Dieser Lehrsatz ist ein Kommentar zum vorhergehenden. Der Schüler sollte beachten, dass der Erkennende (der geistige Mensch) verschiedene Werkzeuge besitzt, um mit seiner Umgebung in Berührung zu kommen und auf diese Weise in zunehmendem Mass folgendes kennenzulernen: 1. Seine drei Hüllen oder Körper, die den Kontakt auf drei Ebenen vermitteln; es sind dies: a. Der physische Körper. b. Der Emotional- oder Astralkörper. c. Der Mentalkörper. 2. Auf der physischen Ebene hat er die fünf Sinne: Gehör, Tastsinn, Sehvermögen, Geschmackssinn und Geruchssinn. 3. Das Denkvermögen, der [134] grosse sechste Sinn, von dem man auf dreierlei Art Gebrauch machen kann. Bis jetzt wird aber von den meisten Menschen nur eine Möglichkeit genutzt. Vor allem und am häufigsten wird das Denkvermögen dazu benützt, um die wahrgenommenen Kontakte zusammenzufassen und als Information an das Ego oder den Erkennenden weiterzuleiten; in ähnlicher Weise leitet das Nervensystem die äusseren Wahrnehmungen an das Gehirn weiter. Gerade diese Anwendung des Denkvermögens bewirkt hauptsächlich das Ichgefühl, das in dem Mass zu schwinden beginnt, in dem die anderen Anwendungsarten möglich werden. Die zweite Anwendungsweise des Denkvermögens, die durch die ersten fünf Mittel des Yoga zustandegebracht wird, ist die Fähigkeit, dem physischen Gehirn die Gedanken, die Wünsche und den Willen der Seele zu übermitteln. Das bringt dem persönlichen Selbst ein Erkennen der Wirklichkeit, so dass das Gefühl, mit dem Nicht-Selbst identisch zu sein, immer schwächer wird. Die dritte Anwendungsweise des Denkvermögens ist die, dass es von der Seele als ein Organ des Schauens benutzt wird, wodurch der Mensch mit dem Reich der Seele in Verbindung kommen und es erkennen kann. Die letzten drei Mittel des Yoga bringen das zustande. Es muss betont werden, dass dies eine höchst wichtige Tatsache ist. Wenn der Aspirant die Entwicklung und den vollen Gebrauch der Denkfähigkeit (des sechsten Sinnes) als sein unmittelbares Ziel betrachtet und die drei Zwecke bedenkt, für die sie bestimmt ist, wird er sehr rasche Fortschritte machen. Das Ichgefühl wird schwinden, und das Gefühl, mit der Seele wesenseins zu werden, wird folgen. Das Ichgefühl ist eine der stärksten Fesseln, die den Menschen gebunden halten. Hier muss die Axt an die Wurzel des Baumes gelegt werden. 7. Begehren ist [135] Anhangen an Objekten, die Wohlgefühle schaffen. Das ist zwar keine wörtliche Übersetzung, aber sie gibt den Grundgedanken so klar wieder, dass es am besten ist, den Lehrspruch so zu übersetzen. Diese Objekte umfassen sämtliche Gelüste, die der Mensch entwickelt hat, angefangen vom Zustand des Wilden in der frühesten Epoche der Menschheit bis zu den fortgeschrittenen Graden der Jüngerschaft; sie umfassen sowohl das Verlangen nach gewöhnlichen Dingen auf der physischen Ebene als auch das Anhangen an jenen Dingen, Beschäftigungen und Reaktionen, die aus Empfindungen oder intellektuellen Bestrebungen resultieren; sie erstrecken sich über die ganze Skala sinnlichen Erlebens, angefangen vom Verlangen des Wilden nach Wärme und gutem Essen bis zur Ekstase des Mystikers. Begehren ist ein Sammelbegriff, der das Hinstreben des Geistes zur Formenwelt bezeichnet. Er kann bedeuten die Lust des Kannibalen an dem, was er isst; die Liebe eines Menschen zu seiner Familie; die Freude des Künstlers an einem schönen Gemälde; die tiefe Verehrung des Frommen für Christus oder seinen Meister. All das ist Anhangen mit Gradunterschieden. Der Fortschritt der Seele liegt darin, dass sich der Mensch von einem Sinnesobjekt nach dem anderen loslöst, bis die Zeit kommt, da er auf sich allein gestellt ist. Er hat alle Dinge, an denen er hing, ausgeschöpft, und sogar sein Meister scheint ihn verlassen zu haben. Nur eine Wirklichkeit ist geblieben - jene innere Wirklichkeit, die er selbst ist; und nun richtet sich sein Verlangen nach innen. Es richtet sich nicht mehr auf äussere Dinge, sondern er findet das Reich Gottes im Innern. Alles Begehren fällt dann von ihm ab. Er bleibt auch weiterhin in Verbindung [136] mit seiner Umgebung und wirkt in den Bereichen der Illusion, aber er wirkt von dem Zentrum aus, wo sein göttliches Selbst wohnt, der Inbegriff allen Verlangens; und es gibt nichts mehr, was ihn auf Nebenwege locken könnte, die zu Lust oder Schmerz führen. 8. Hass ist heftiger Widerwille gegen irgendein Objekt sinnlicher Wahrnehmung. Dieser Lehrspruch ist die Umkehrung des vorhergehenden. Der wahre Yogi fühlt weder Abscheu noch Begehren. Er ist ausgeglichen zwischen den Gegensatzpaaren. Hass erzeugt Absonderung, während Liebe die Einheit offenbart, die allen Formen zugrundeliegt. Hass ist die Folge davon, dass man sich ganz auf die Erscheinungsform konzentriert und das ausseracht lässt, was eine jede Form (in grösserem oder geringerem Mass) offenbart. Hass ist das Gefühl feindseliger Ablehnung und führt dazu, dass sich der Mensch von dem gehassten Objekt zurückzieht. Hass ist das Gegenteil von brüderlicher Gesinnung und daher ein Verstoss gegen eines der Grundgesetze des Sonnensystems. Hass wirkt der Einheit entgegen, errichtet Schranken und erzeugt jene Ursachen, die zu Erstarrung, Zerstörung und Tod führen. Hass ist Energie, die dazu benützt wird, um zurückzuweisen anstatt zu vereinen; daher wirkt er dem Gesetz der Entwicklung entgegen. Hass ist in Wirklichkeit die Folge des Ichgefühls, der Unwissenheit und falsch angewandten Verlangens. Er ist fast die Kulmination der anderen drei. Es waren das Ichgefühl und die ausserordentliche Unwissenheit, verbunden mit dem Verlangen nach persönlichem Gewinn, die im Herzen Kains den Hass gegen Abel erweckten und den ersten Mord oder die Zerstörung der Form eines Bruders verursachten. Das sollte sorgfältig bedacht werden, denn in [137] jedem Menschenherzen sind Hass und Widerwille bis zu einem gewissen Grad vorhanden. Nur dann, wenn er völlig überwunden ist durch Liebe oder das Gefühl harmonischer Einheit, werden Tod, Gefahr und Furcht aus dem Gesichtskreis der menschlichen Familie verschwinden. 9. Intensives Verlangen nach empfindendem Dasein ist Anhangen. Es wohnt in jeder Form, erneuert sich ständig von selbst und ist sogar dem Weisen hohen Grades bekannt. Diese Art des Verhaftetseins ist die Grundursache aller Manifestation (Erscheinungsformen). Sie wurzelt in der naturgegebenen Verkettung zwischen den beiden grossen Gegensätzen Geist und Materie; sie ist der beherrschende Faktor in der Formenwelt des Logos, und das ist der Grund, weshalb sogar «der sehr Weise» dieser Instinktregung unterworfen ist. Diese Art des Verlangens ist eine automatisch sich ständig selbst-erneuernde und selbst-erhaltende Kraft. Man darf |
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