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Die Geistige Hierarchie tritt in Erscheinung, Seite 616 ff. (engl.)
den die Kirchen diesem Ereignis zuschreiben, und warum er durch sein Kommen nicht seine göttliche Macht zeigt, die Autorität und Machtfülle Gottes überzeugend beweist und auf solche Weise die Zeit der Not und Trübsal beendet? Darauf gibt es viele Antworten. Man darf nicht vergessen, dass das von Christus hauptsächlich angestrebte Ziel nicht darin bestehen wird, Macht zu offenbaren, sondern das bereits bestehende Reich Gottes öffentlich bekanntzumachen. Und noch etwas: Bei seinem früheren Kommen wurde er nicht erkannt; wer garantiert, dass es diesmal anders sein wird? Der Leser mag fragen: Warum sollte er nicht erkannt werden? Weil die Augen der Menschen noch geblendet sind von den Tränen der Selbstbemitleidung und nicht der Zerknirschung; weil die Herzen der Menschen noch immer von Selbstsucht zernagt sind, die durch die Qualen des Krieges nicht geheilt wurde; weil heute die Wertmassstäbe ebenso niedrig sind wie bei seinem Kommen in dem sittlich verderbten Römerreich (der Unterschied besteht nur darin, dass damals das abgesunkene Niveau örtlich begrenzt und nicht, wie heute, weltenweit war); weil diejenigen, die ihn erkennen könnten und seine Wiederkehr erhoffen und ersehnen, nicht willens sind, die notwendigen Opfer zu bringen und so den Erfolg seines Kommens sicherzustellen.

Ein weiterer Umstand, dass [617] er kaum Anerkennung finden würde (was euch wahrscheinlich überrascht), ist die Tatsache, dass es in der heutigen Welt so viele wirklich gute Menschen, so viele selbstlose Leute und Jünger und so viele wirklich heiligmässige Männer und Frauen gibt, dass diese geistige «Konkurrenz» von ihm einen Grad von Heiligkeit erfordern würde, der das Annehmen eines physischen Körpers unmöglich macht; mit einem derartig heiligen Körper könnte er nicht unter den Menschen erscheinen. Das war vor zweitausend Jahren nicht der Fall; aber heute ist es so, denn der menschliche Fortschritt und der Erfolg des Evolutionsprozesses ist gross. Seine Wiederkunft auf Erden erfordert eine Welt, die genügend tatkräftige Persönlichkeiten und geistig gesinnte Menschen hat, um die Atmosphäre unseres Planeten zu ändern. Dann, und nur dann, kann und wird Christus kommen. Und das ist möglich.

Neuzeitliches esoterisches Denken und die guten Ergebnisse einer wissenschaftlichen, geistigen Lebensweise sind jetzt schon allgemein so anerkannt, dass das menschliche Bewusstsein überall tief beeinflusst wurde; und diese Wirkung wird sich noch in dem Masse verstärken, wie die Hoffnung auf sein Kommen und die Vorbereitungen dafür zunehmen werden. Die Situation deutet weder auf eine Vereitelung der göttlichen Pläne noch darauf hin, dass diese jetzt nicht durchgeführt werden könnten; sie zeugt vielmehr von dem Wunder der göttlichen Natur des Menschen sowie davon, dass der göttliche Plan für die Menschheit Erfolg haben wird. Diese göttliche Natur soll aber durch freie Willensäusserung des Menschen zum Ausdruck kommen.

Ein weiterer Punkt: Wenn dereinst Christus mit seinen Jüngern (den Meistern der Weisheit) aus der Stätte der Macht hervorkommt und öffentlich in Erscheinung tritt, dann wird sich diese Stätte der Liebe und der Macht auf Erden befinden und allgemein bekannt werden. Die Auswirkungen dieses Erscheinens und Bekanntwerdens werden ungeheuerlich und erschreckend sein; dies wird ebenso schreckliche Angriffe und Anstrengungen von seiten der Dunkelkräfte hervorrufen, falls die Menschheit «die Tür zum Übel» noch nicht versiegelt haben sollte. Das muss durch Herstellung rechter menschlicher Beziehungen erfolgen.

Ihr solltet auch noch über folgenden Punkt nachdenken: Christus und die geistige Hierarchie werden niemals - mag die Not noch so gross und der Anlass noch so wichtig sein - das von Gott verliehene Recht verletzen, das dem Menschen erlaubt, seine eigenen Entscheidungen [618] zu treffen, seinen eigenen freien Willen auszuüben und Freiheit durch Kampf um die Freiheit zu erlangen als Einzelmensch, als Nation oder auf internationaler Basis. Wenn einmal auf Erden wahre Freiheit herrscht, dann werden wir das Ende jeglicher Tyrannei erleben, sei sie politischer, religiöser oder wirtschaftlicher Art. Ich beziehe mich hier nicht auf die moderne Demokratie, denn die heutige Demokratie ist nur eine Philosophie des Wunschdenkens. Ich habe vielmehr jene Periode im Auge, in der das Volk selbst regieren wird. Diese Menschen werden keinerlei Diktatur seitens einer Kirche oder eines politischen Systems dulden; sie werden keine Organisation gutheissen oder ans Ruder kommen lassen, die sich erdreistet, den Menschen vorzuschreiben, was sie glauben müssen, um errettet zu werden, oder welche Regierungsform sie annehmen müssen.

Es ist nicht wichtig oder unumgänglich notwendig, dass diese erstrebenswerten Ziele schon vollendete Tatsachen auf Erden sein müssen, bevor Christus wieder unter uns wandeln kann. Es ist jedoch erforderlich, dass diese Einstellung zu Religion und Politik von der Allgemeinheit als erwünscht angesehen wird, und dass erfolgreiche Schritte unternommen wurden, um rechte menschliche Beziehungen herzustellen.

Die Neue Gruppe der Weltdiener, die Jünger, die Aspiranten und die Menschen guten Willens in der Welt müssen diese Dinge glauben und - als Vorbereitung für sein Kommen - lehren.

Um also das Gefühl von Erfolglosigkeit und Nichtigkeit (das unbestreitbar vorhanden ist) zu überwinden, muss eine Geistesverfassung entfaltet werden, die auf dem Glauben an die Wahrhaftigkeit der historischen Urkunden beruht; diese geschichtlichen Berichte bezeugen, dass in kritischen Zeiten viele Welterlöser zur Menschheit gekommen sind, und unter diesen war Christus der grösste. Eine rechte und konstruktive Einstellung muss ferner auf der angeborenen Erkenntnis beruhen, dass Christus wirklich existiert und alle Zeit unter uns gelebt hat; und es muss die Erkenntnis Fuss fassen, dass der Krieg - mit seinem unaussprechlichen Grauen, mit seinen Grausamkeiten und sintflutgleichen Katastrophen - nur der Kehrbesen des Allvaters war, der alle Hindernisse auf dem Pfad des wiederkehrenden Sohnes hinwegfegte; unter den herrschenden Vorkriegszuständen wäre es geradezu unmöglich gewesen, sein Kommen vorzubereiten. Auf diesen Tatsachen muss heute die Neue Gruppe der Weltdiener Stellung beziehen. Sie [619] müssen die hemmenden Faktoren erkennen, dürfen sich aber durch sie nicht irremachen lassen; sie müssen auch die Hindernisse sehen, von denen viele finanzieller Art sind und auf materieller Habsucht, überkommener Tradition und nationalen Vorurteilen beruhen. Die Mitglieder der Neuen Gruppe der Weltdiener müssen daher Wendigkeit im Handeln und kaufmännischen Scharfsinn beweisen, damit auch diese Hindernisse überwunden werden; mit klaren Augen müssen sie sich ihren Weg durch die weltweiten Schwierigkeiten bahnen und unversehrt und erfolgreich durch alle Schwierigkeiten hindurchkommen.

Ich möchte mich hier weder mit den üblichen geistigen Vereitelungen noch mit den alltäglichen Binsenwahrheiten und den Erwiderungen darauf befassen, die nichts helfen, weil sie Binsenwahrheiten bleiben und nicht in Aktionen umgesetzt werden. Ich will mich hier nur auf zwei Faktoren beschränken, welche die jetzige günstige Gelegenheit stark beeinträchtigen; wenn sie nicht beseitigt werden, können sie die Wiederkehr Christi für lange Zeit verzögern. Es sind dies:

1. Die Trägheit der Durchschnitts-Aspiranten oder der geistig ein gestellten Menschen.

2. Der Mangel an Geldmitteln für das Vorbereitungswerk.

Beide Hindernisse haben grundsätzlich den gleichen Ursprung: Materialismus. Das eine Hindernis beruht auf dem Materialismus physischer Anstrengung, das andere auf dem einer weltlichen Einstellung.

Wir wollen diese Themen in einfacher Art und von der niedrigen Ebene aus betrachten, auf der heute die meisten Menschen arbeiten und denken. Wir wollen ausgesprochen praktisch vorgehen und uns zwingen, die Verhältnisse so zu sehen, wie sie tatsächlich sind, um dadurch zu einem besseren Verständnis unserer selbst und unserer Beweggründe zu kommen.

1. Die Trägheit des geistig eingestellten Durchschnittsmenschen

Geistig interessierte Leute von Durchschnittsformat, Menschen guten Willens oder Jünger sind sich dauernd der Anforderungen der Zeit bewusst und sehen sofort die gute Gelegenheit, die sich durch geistige Ereignisse bietet. Der Wunsch, Gutes zu tun und geistige Ziele zu erreichen, nagt unaufhörlich in ihrem Bewusstsein. Jeder, der seine Mitmenschen liebt, der von der Verwirklichung des [620] Reiches Gottes auf Erden träumt oder bewusst verfolgt, wie die grossen Massen - wenn auch langsam - für höhere, geistige Dinge erwachen, ist im tiefsten Herzensgrunde unzufrieden. Er fühlt, dass die persönliche Hilfe, die er für diese wünschenswerten Ziele beisteuert, wirklich gering ist; er weiss, dass sein geistiges Leben nur nebenherläuft, und er behält diese Tatsache sorgfältig für sich, ja er fürchtet sich sogar oft, seinen nächsten und liebsten Menschen davon auch nur ein Sterbenswörtchen zu erzählen. Er versucht, seine geistigen Bemühungen in das äussere Alltagsleben einzureihen, und bemüht sich, in einer sanften, unwirksamen und harmlosen Art dafür Zeit und Gelegenheit zu finden. Er fühlt sich der Aufgabe nicht gewachsen, sein Arbeitsprogramm zu organisieren oder so umzustellen, dass die geistige Seite seines Lebens vorherrschend würde; er sucht für sich selber Ausreden und Entschuldigungen, und er tüftelt und vernünftelt so lange, bis er zu dem Schluss kommt, dass er alles tue, was unter den gegebenen Umständen möglich ist. In Wahrheit aber tut er so wenig, dass er von den vierundzwanzig Stunden im Tag nur eine Stunde (oder, wenn es hoch kommt, zwei Stunden) dem Werk des Meisters widmet; er redet sich aus, dass ihn häusliche Verpflichtungen daran hindern, mehr zu tun; dabei wird ihm gar nicht klar, dass - bei Takt und liebendem Verständnis - gerade seine häusliche Umwelt das Feld seiner Triumphe werden kann und muss; er vergisst völlig, dass der Geist im Menschen durch keine, wie immer gearteten Umstände besiegt werden kann und dass es keine Situation gibt, in der ein Aspirant nicht meditieren, denken, sprechen und den Weg für die Wiederkunft Christi vorbereiten könnte, vorausgesetzt natürlich, dass ihm etwas daran liegt, und dass er Sinn und Bedeutung der Worte «Opfer» und «Schweigen» kennt. Für ein geistiges Leben sind Lebensumstände und Umwelt kein wirkliches Hindernis.

Vielleicht versteckt er sich hinter der Ausrede einer schwachen Gesundheit und oft auch eingebildeter Krankheiten. Für sich selber wendet er so viel Zeit auf, dass die Stunden, die dem Meister zur Verfügung gestellt werden könnten, arg beschnitten werden; er ist derart beschäftigt, sich müde zu fühlen, eine Verkühlung oder eingebildete Herzkrankheiten zu behandeln, dass sich sein «Körper-Bewusstsein» ständig verstärkt, bis dieses schliesslich sein Leben beherrscht; dann ist es zu spät, etwas zu tun. Das ist besonders bei Leuten der Fall, die das 50. Lebensjahr erreicht oder überschritten [621] haben. Es wird dann schwer, diese Ausreden nicht zu gebrauchen, denn viele Menschen fühlen sich müde und leidend, und das wird mit zunehmenden Jahren noch schlimmer.

Die einzige Kur für diese schleichende Untätigkeit besteht darin, den Körper zu ignorieren und dafür seine Freude am «lebendigen Dienst» zu finden. Ich spreche hier nicht von klar erwiesenen Krankheiten oder ernsten physischen Behinderungen; diesen muss man eine richtige Pflege und Behandlung zukommen lassen. Ich spreche vielmehr zu den Tausenden Männern und Frauen, die ein Leiden haben und in der Sorge um sich selbst völlig aufgehen und so Stunden um Stunden vertrödeln, die für den Dienst an der Menschheit nutzbringend verwendet werden könnten. Alle diejenigen, die sich anschicken, den Pfad der Jüngerschaft zu betreten, sollten die vielen Stunden, die sie ganz unnötig für sich vertun, in den Dienst der Hierarchie stellen.

Eine weitere Ausrede, die zu Lässigkeit oder Untätigkeit führt, ist die, dass sich manche Leute fürchten, zu anderen Menschen über Dinge des Reiches Gottes zu sprechen; sie befürchten, abgewiesen zu werden, oder als seltsam oder zudringlich zu erscheinen. Sie schweigen daher lieber, verpassen die günstige Gelegenheit und werden so niemals gewahr, wie gerne die Menschen über die wesentlichen Dinge debattieren, wie empfänglich sie für Trost und den Hoffnungsschimmer sind, den der Gedanke an die Wiederkunft Christi bringen kann, oder wie sehr sie sich nach geistigem Licht sehnen. Dies ist im Grunde genommen eine Art geistiger Feigheit, die weit verbreitet und daher dafür verantwortlich ist, dass Millionen von Stunden für den Dienst an der Welt verlorengehen.

Es gibt noch andere Ausreden, aber die drei genannten sind am häufigsten. Wenn sich ein Grossteil der Menschen von diesen hinderlichen Bedingungen frei machen könnte, dann würde dies so viele Stunden im Dienst für Christus erübrigen und so viel zusätzliche Hilfe ergeben, dass die Aufgabe derer, die keine Ausflüchte kennen, wesentlich erleichtert würde; und Christi Kommen würde der Erfüllung viel näher sein, als es heute der Fall ist. Die hier erwähnte Trägheit ist nicht bloss von geistiger Art, sondern umfasst auch die Qualitäten der Materie oder Substanz selbst. Trägheit ist der niederste Aspekt der materiellen Substanz und heisst in der östlichen Philosophie Tamas. Diese Beschaffenheit muss in die höhere Qualität, nämlich Aktivität (Rajas), umgewandelt werden, und diese führt später zur höchsten Qualität: Rhythmus (Sattva).

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.