Netnews Homepage     Zurück     Vorwärts      Index      Inhaltsverzeichnis
Probleme der Menschheit, Seite 88 ff. (engl.)
Überlegenheit und verleitet die Bürger einer Nation dazu, sich selbst und die eigenen Institutionen gegenüber denen einer anderen als überlegen zu betrachten. Er nährt den Stolz auf Rasse, Geschichte, Besitzungen und kulturellen Fortschritt und züchtet eine böse, entartete Arroganz, Prahlsucht und die Geringschätzung anderer Zivilisationen und Kulturen; er erzeugt ausserdem die Bereitschaft, die Interessen anderer Leute den eigenen zu opfern und eine grundsätzliche Unfähigkeit, zuzugeben, dass «Gott alle Menschen gleich geschaffen hat». Diese Art Nationalismus ist universal und überall vorhanden, und keine Nation ist davon frei; sie deutet auf Blindheit, Grausamkeit und Mangel an einem Sinn für Proportion, wofür die Menschheit bereits einen erschreckenden Preis zahlt und was zu ihrer völligen Vernichtung führen wird, wenn sie in diesem Fahrwasser weitermacht.

Fast erübrigt es sich, zu sagen, dass es auch einen idealen Nationalismus gibt, der das Gegenteil von alledem ist. Er besteht vorerst nur im Denken einiger weniger Aufgeklärter in jeder Nation, ist aber noch nirgends als wirksamer, konstruktiver Aspekt im Leben irgend eines Volkes anzutreffen; aber er wird immer ein Traum, eine Hoffnung und - wir wollen es glauben - auch eine Intention bleiben. Ein solcher Nationalismus fördert rechtmässig die eigene Zivilisation, jedoch als nationalen Beitrag zum Allgemeinwohl des Konzerts der Mächte, und nicht als Mittel der Selbstverherrlichung. Er verteidigt seine Verfassung, seine Länder und ihre Bevölkerung durch die Rechtschaffenheit seines lebendigen Ausdrucks, die Schönheit seiner Lebensführung und die Selbstlosigkeit seiner Grundeinstellung. Aus keinerlei Gründen beeinträchtigt er die Rechte anderer Menschen oder Nationen. Er strebt nach Verbesserung und Vervollkommnung der eigenen Lebensweise, damit die übrige Welt davon profitieren kann. Es ist ein lebendiger, vitaler geistiger Organismus und keine selbstsüchtige, materielle Organisation.

Zweitens haben wir das Problem der rassischen Minderheiten. Aufgrund ihrer Beziehungen zu den Nationen, in denen sie leben, bilden sie ein Problem. Es ist weitgehend das Problem der Beziehung des Schwächeren zum Stärkeren, der Wenigen zu den Vielen, der Unentwickelten zu den weiter Entwickelten oder eines religiösen Glaubens, der mächtiger und vorherrschend ist, zu einem anderen. Das Problem ist eng verknüpft mit dem Nationalismus, der Hautfarbe, dem historischen Werdegang und der künftigen Absicht. Es ist in jedem Teil der heutigen Welt eines der grössten und kritischsten Probleme.

Bei der Betrachtung dieses so entscheidenden Problems (weil von ihm in so hohem Masse der künftige Weltfriede abhängt), müssen wir uns bemühen, unsere eigene mentale und nationale Einstellung ganz in den Hintergrund zu rücken und es im Licht der biblischen Feststellung zu sehen, dass es «einen Gott und Vater unser aller» gibt, «der da ist über allen und durch alle und in uns allen». Wir wollen das als eine wissenschaftliche Feststellung betrachten und nicht als eine fromme, religiöse Hoffnung. Gott hat uns alle aus einem Blut gemacht, und dieser Gott - unter irgend einem Namen oder Aspekt, ob transzendent oder immanent, ob als Energie oder Intelligenz angesehen, ob Gott, Brahma, das Abstrakte oder das Absolute genannt - ist universal anerkannt. Unter dem grossen Gesetz der Evolution und im Verlauf der Schöpfung sind wiederum die Menschen den gleichen Einflüssen ihrer Umgebung unterworfen, den gleichen Gelüsten und dem gleichen Drang nach Verbesserung, der gleichen mystischen Aspiration, den gleichen sündhaften Neigungen und Wünschen, der gleichen Selbstsucht, der gleichen erstaunlichen Fähigkeit zu heroisch göttlichem Ausdruck, der gleichen Liebe und Schönheit, dem gleichen angeborenen Stolz, dem gleichen Gefühl der Göttlichkeit und den gleichen grundlegenden Bestrebungen. Unter dem grossen Evolutionsprozess unterscheiden sich Menschen und Rassen durch mentale Entwicklung, physische Ausdauer, schöpferische Fähigkeiten, Verständnis, menschliches Wahrnehmungsvermögen sowie durch ihre Stufe auf der Leiter der Zivilisation. Diese Unterschiede sind indessen vorübergehend, denn dieselben Entwicklungsmöglichkeiten schlummern ausnahmslos in uns allen und werden am Ende zutage treten. Die Unterschiede, die in der Vergangenheit die Völker und Rassen so weit voneinander getrennt haben, sind infolge der allgemeinen Bildungsmöglichkeiten, der uns alle so eng miteinander verbindenden Entdeckungen der Wissenschaft, und der Fähigkeit zu denken, zu lesen und zu planen, rasch im Absterben begriffen.

Alle Evolution ist dem Wesen nach zyklisch; Nationen und Rassen durchlaufen die gleichen Zyklen der Kindheit, der Jugend, des Mannbarwerdens, der Reife, des Verfalls und Verschwindens genauso wie jedes menschliche Wesen. Hinter diesen Zyklen schreitet aber der siegreiche Geist des Menschen weiter, von Höhe zu Höhe, von Errungenschaft zu Errungenschaft, einem endgültigen Ziel entgegen, das bisher kein Mensch erblickt hat, das aber für uns zusammengefasst wird in der Möglichkeit, «in der Welt so zu sein, wie Christus es war»; das ist die Hoffnung, die uns im Neuen Testament und seit altersher von allen Söhnen Gottes, in allen Ländern und von allen religiösen Glaubensrichtungen vor Augen gehalten wird.

Bei der Betrachtung unseres Themas müssen wir jetzt zwei Dinge tun: zunächst ist festzustellen, wodurch ein Volk, eine Rasse oder eine Nation zu einer Minorität wird, und dann ist zu überlegen, in welcher Richtung eine Lösung zu finden ist. Die Welt ist heute voll von Minderheiten, die - zu Recht oder Unrecht - mit lauter Stimme ihre Forderungen an die Mehrheit stellen. Einige dieser Majoritäten sind aufrichtig bestrebt, diesen Ansprüchen der unterdrückten, fordernden Minoritäten gerecht zu werden; andere wiederum benutzen sie lediglich als «Verhandlungsobjekte», oder sie treten für die Belange der kleinen und schwachen Nationen nicht aus humanitären Gründen, sondern aus machtpolitischen Interessen ein.

Die Minderheiten

Es gibt sowohl nationale als auch internationale Minderheiten. Im internationalen Rahmen haben wir mächtige Majoritäten - die grossen Drei, die grossen Vier oder die grossen Fünf sowie zahlreiche kleinere Nationen, die gleiche Rechte und gleiche Stimme beanspruchen. Die Kleineren fürchten die Stärkeren und deren Fähigkeit, ihren Willen durchzusetzen. Sie befürchten, entweder von einer mächtigen Nation ausgebeutet zu werden oder einen Zusammenschluss von Nationen und misstrauen daher jeder Begünstigung oder Unterstützung, durch die sie sich etwa in Zukunft verpflichtet fühlen müssten. Sie sind unfähig, ihren Willen durchzusetzen oder ihre Wünsche auszusprechen, weil sie militärisch schwach und politisch ohnmächtig sind. Wir haben also in der heutigen Welt grosse und einflussreiche Nationen wie Russland, das Britische Commonwealth und die Vereinigten Staaten von Amerika, und ausserdem Nationen wie Frankreich und Spanien mit nur zweitrangigem Einfluss, denen das aber keineswegs passt. Schliesslich gibt es die vielen kleinen Nationen, die ihr Eigenleben führen und ihre eigene Zivilisation und Kultur besitzen. Sie alle sind ausnahmslos gekennzeichnet durch einen Geist des Nationalismus und die Entschlossenheit, um jeden Preis an dem festzuhalten, was ihnen gehört oder einmal gehört hat. Sie alle haben ihre historische Vergangenheit und ihre lokalen Traditionen, die ihr Denken bestimmen; alle besitzen ihre eigene mehr oder weniger entwickelte Kultur, und alle sind durch das verbunden, was wir moderne Zivilisation nennen. Es ist dies eine Zivilisation, die gegenwärtig ganz auf materieller Basis beruht und der es insbesondere nicht gelungen ist, den Menschen ein Gefühl für wahre Werte einzuflössen - für jene Werte, die allein die Menschheit verbinden und die grosse Irrlehre des Separatismus beenden können.

Alle diese Nationen, ob gross oder klein, haben während der Kriegsjahre (1914 - 1945) grausam gelitten und sind dazu verurteilt, auch während der unmittelbar darauf folgenden Jahre der Neuordnung weiter zu leiden. Einige haben mehr gelitten als andere und haben jetzt Gelegenheit, eine hieraus resultierende Läuterung zu demonstrieren, wenn sie es wollen. Andere haben während des Krieges den leichten Weg gewählt und darauf verzichtet, Partei zu ergreifen, wodurch sie sich eine grosse geistige Gelegenheit entgehen liessen, die auf dem Prinzip des Teilens beruht; sie werden die Lehren des Leidens auf andere Weise und langsamer lernen müssen; einige Länder der westlichen Hemisphäre haben nicht akut gelitten, denn ihre Gebiete blieben verschont und ihre Zivilbevölkerung konnte bequem, leicht und üppig weiterleben; auch ihnen ist etwas entgangen, und auch sie werden auf andere Weise die grosse Menschheitslektion der Identifikation und des Nichtgesondertseins lernen müssen.

Die Grossen und die Kleinen stehen heute vor einer neuen Welt; die Grossen und die Kleinen haben heute ihr Vertrauen zu den alten Methoden verloren, und nur wenige sehnen sich wirklich nach einer Wiederherstellung der alten Ordnung. Alle Nationen, die grossen wie die kleinen, suchen auf diplomatischem, politischem und ökonomischem Gebiet so viel wie möglich für sich zu erkämpfen; Misstrauen und Kritik sind weit verbreitet; es besteht kein wirkliches Gefühl für Sicherheit, besonders unter den Minoritäten. Aus einer gesunden Erkenntnis, dass es in der Welt keinen Frieden geben kann, es sei denn, dass allen Gerechtigkeit zuteil wird, bemühen sich einige der grossen Nationen um die Schaffung einer Organisation, die für alle Völker Platz hat und ihnen eine Gelegenheit bieten könnte, aber die Bemühungen beruhen weitgehend auf «eigennütziger Vernunft»; sie gründen sich ausserdem auf der Erkenntnis, dass materielle Sicherheit und ausreichende materielle Versorgung einen Kompromiss zwischen dem, was einmal war, und der - heute noch - unmöglichen Vision des Idealisten voraussetzen. Ihre Ziele sind indessen immer noch materiell, physisch und greifbar und werden zwar idealistisch, aber mit selbstsüchtiger Motivation dargeboten. Immerhin ist das aber schon ein grosser Fortschritt. Das Ideal wird universell anerkannt, wenn es auch noch ein Traum bleibt.

Wenn wir das heutige Weltbild betrachten, müssen wir es in seinen wahren Farben sehen und erkennen, dass es schon genügen würde, nur einmal das geistig und materiell Bestmögliche für die kleinste und unbedeutendste Minorität zu tun, um eine Lage zu schaffen, welche die Weltpolitik vollkommen umkehren und ein ganz neues Zeitalter mit einer erleuchteteren Kultur und Zivilisation eingeleitet würde. Das wird sich jedoch kaum ereignen, denn die selbstsüchtigen Interessen sind so eng verzahnt, dass die Anwendung eines Systems vollkommener Gerechtigkeit und Fairness auf einen bestimmten Sonderfall unvermeidlich materielle Interessen von grösserem Ausmass stören, die sogenannten Rechte mächtiger Nationen verletzen, bestehende Grenzen in Frage stellen und mächtige Gruppen sogar in den fernsten Ländern in Harnisch bringen würde.

Heute geht auf internationaler Ebene der Kampf der Minderheiten weiter. Russland strebt in vielen Richtungen nach Einfluss. Die Vereinigten Staaten von Amerika wollen ihre beherrschende Position in Südamerika und im Fernen Osten kommerziell und politisch halten und haben sich dadurch (ob zu Recht oder Unrecht) die Bezeichnung «imperialistisch» eingehandelt. Grossbritannien versucht, seine «Lebenslinie» in den Osten durch politische Manöver im Nahen Osten zu schützen. Frankreich möchte die verlorene Macht dadurch wiedergewinnen, dass es die Arbeit der UNO behindert und die Belange der kleineren europäischen Nationen protegiert. Während die Grossmächte ihr politisches Spiel treiben und nach Rang und Position streben, sind die Massen in jedem Land - ob gross oder klein - von Furcht und Fragen erfüllt; sie sind vom Krieg erschöpft, krank vor Unsicherheit, unterernährt und verängstigt; so schauen sie in die Zukunft, bis tief in die Seele hinein des Kämpfens und Streitens müde, der streikenden Arbeiterschaft überdrüssig, und wollen nichts weiter, als in Sicherheit leben, ihre Bedürfnisse des Daseins erfüllen können, ihre Kinder in einem gewissen Mass zivilisierter Kultur grossziehen und in einem Land leben, in dem es ein vernünftiges Wirtschafts- und Erziehungssystem und eine lebendige Religion gibt.

In jedem Land erhebt die grosse Sünde des Separatismus wieder ihr hässliches Haupt. Minoritäten nehmen überhand und werden missbraucht. Spaltungen sind überall anzutreffen. Parteien verlangen Gehör und suchen Anhänger. Religiöse Gruppen verbreiten Zwiespalt und sind bestrebt, ihre Mitgliederzahlen auf Kosten anderer zu erhöhen. Die Reichen schliessen sich zusammen, um wieder die Kontrolle über die Finanzen der Welt zu gewinnen. Die Armen kämpfen um ihre Rechte und um bessere Lebensbedingungen. Die Tyrannei selbstsüchtiger Politik durchdringt sowohl die Kapital- als auch die Gewerkschaftsseite.

Das ist ein zutreffendes und tragisches Bild. (Das Buch wurde 1947 geschrieben.) Es ist aber glücklicherweise nicht das einzige. Es gibt noch ein anderes, und die Betrachtung dieses anderen Bildes vermittelt neue Zuversicht und den beharrlichen Glauben an den göttlichen Plan und die Schönheit des menschlichen Wesens. Überall gibt es Menschen, die eine bessere Vision von einer besseren Welt vor Augen haben, die im Sinne der Menschheit denken, sprechen und planen und sich darüber klar sind, dass die Mitglieder der verschiedenen Gruppen in Politik, Religion, Erziehung und Arbeiterschaft alles Menschen sind und essentiell, wenn auch vielleicht unbewusst, Brüder. Sie sehen die Welt als ein Ganzes und streben nach der unvermeidlichen Vereinigung; sie erkennen die Probleme der grossen und kleinen Nationen und die schwierige Lage, in der sich die Minoritäten heute befinden. Sie wissen, dass Anwendung von Gewalt Auswirkungen hervorruft, die (angesichts des viel zu hohen Preises) keine wirkungsvollen Erfolge erzielen, die ausserdem zumeist nur von kurzer Dauer sind. Sie erkennen, dass die einzig wahre Hoffnung eine aufgeklärte öffentliche Meinung ist, und diese muss das Resultat vernünftiger Erziehungsmethoden und gerechter, sachlicher Propaganda sein.

Aus verständlichen Gründen ist es nicht möglich, im einzelnen auf die Geschichte aller Minderheiten auf der internationalen Bühne näher einzugehen, wie beispielsweise auf das Ringen der kleinen Nationen um Anerkennung und um das, was sie (zu Recht oder Unrecht) für ihre gerechten Ansprüche halten. Es würde Jahre dauern, die Geschichte der kleinen Nationen zu schreiben und weitere

Netnews Homepage     Zurück     Vorwärts      Index      Inhaltsverzeichnis
Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.