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Von Bethlehem nach Golgatha, Seite 277 ff. (engl.)
können erkannt werden durch den Sinn für Werte, durch das Kennzeichen des Lichts und durch die Art seiner Liebe und des Liebens. Heute ist der volle Ausdruck [278] des «verborgenen Menschen des Herzens» notwendig. Die Offenbarung des SELBSTES innerhalb des niederen Selbstes ist die Forderung. Dieses Selbst, genährt, gepflegt, dann geschult und entwickelt, ist der unsterbliche Aspekt im Menschen, und für dieses Selbst sind wir verantwortlich. Dem kann man nicht ausweichen, noch gibt es ein Ausweichen vor der Tatsache, dass wir ein Teil des Ganzen sind. Nur, wenn Christus von der gesamten Menschenrasse erkannt und von der ganzen Menschheit zum Ausdruck gebracht wird, werden wir erreichen, wofür wir geschaffen sind: die Erfüllung des göttlichen Willens, wie Christus ihn erfüllte. Wir müssen den Minderwertigkeitskomplex überwinden, der sich fragend erhebt, wenn solche Worte wie der obige Satz vorkommen: «Wie Christus ihn erfüllte». Ein oben angeführtes Buch stellt fest, dass der Gedanke eines persönlichen Christus verschwinden und ersetzt werden müsse durch Christus als das Leben und die Hoffnung in uns allen. Das einzig Wichtige ist nur, die wahre innere Bedeutung von Unsterblichkeit zu verstehen. Jene, in denen der Sinn für geringere Werte den Werten der Seele untergeordnet ist, deren Bewusstsein das der Ewigkeit ist, sind ewig in ihrem Lebensverlauf. Daran sollten wir denken.

Sind wir interessiert an dem lebendigen Ganzen? Ist das Wohlergehen der Menschenrasse von wirklicher Bedeutung für uns? Sind wir willens, alles zu opfern zum Wohl des Ganzen? Diese Fragen sind von Wichtigkeit für den einzelnen Aspiranten; er muss sie beantworten, wenn er klar verstehen will, was er zu tun versucht. Dieser Vorgang der Unterwerfung unter das Ganze ist von Dr. Schweitzer zusammengefasst worden, der uns ein wundervolles Bild vom Reich Gottes entwirft. Er sagt:

«Zivilisation besteht, ganz einfach ausgedrückt, in unserer Hingabe an die Bestrebungen zur Vervollkommnung der Menschheit und zum Fortschritt jeder Art in den menschlichen Verhältnissen und in der objektiven Welt. Diese mentale Haltung schliesst jedoch zwei Dinge ein: erstens müssen wir vorbereitet sein, der Welt und dem Leben in unserem Handeln bejahend gegenüberzustehen, und zweitens müssen wir ethisch werden.

Nur, wenn wir fähig sind, der Welt und dem Leben eine wirkliche Bedeutung beizumessen, werden wir imstande sein, selbst so zu handeln, dass Ergebnisse von wirklichem Wert entstehen. Solange wir [279] unser Dasein in der Welt als bedeutungslos ansehen, besteht kein Anhaltspunkt, irgendetwas von unseren Wünschen in der Welt zu verwirklichen. Wir werden nur insofern Arbeiter für jenen universalen geistigen und materiellen Fortschritt, den wir Zivilisation nennen, als wir bestätigen, dass die Welt und das Leben eine gewisse Bedeutung besitzen, oder was dasselbe ist nur insofern, als wir optimistisch denken.

Zivilisation wird hervorgebracht, wenn die Menschen inspiriert werden von einer starken und klaren Entschlossenheit, Fortschritt zu erzielen, und wenn sie sich, als ein Ergebnis dieser Entschlossenheit, dem Dienst am Leben und an der Welt widmen. Nur in der Ethik finden wir die vorwärtstreibende Kraft für solches Handeln, sie überschreitet die Grenzen unseres eigenen Daseins.

Nichts von wirklichem Werte in der Welt ist jemals entstanden, ohne von Begeisterung und Selbstaufopferung begleitet zu sein». (Verfall und Wiederaufstieg der Zivilisation, von Albert Schweitzer, S. VIII, Vorwort)

Kein Mensch, der nicht das Bewusstsein wahrer Werte erlangt hat, ist jetzt bereit für die Unsterblichkeit, das Vorrecht der Gottessöhne. Das Aufbauen jenes inneren Organismus, des geistigen Körpers, geschieht durch Läuterung, Vervollkommnung, Meditation und Einweihung, vor allem aber durch Dienen. Es gibt keinen anderen Weg. Die wahren Werte, denen der Eingeweihte sein Leben weiht, sind die des Geistes, des Reichs Gottes, jene, die das Ganze betreffen und keine Betonung auf das Einzelwesen legen. Sie sind gekennzeichnet durch Umfassendsein, Dienen und bewusste Eingliederung in das Ganze. Man kann sie mit dem einen Wort DIENST zusammenfassen. Sie sind gekennzeichnet durch Einbeziehung und Nicht-Abgesondertsein. Hierin liegt für die Kirche, wie sie gewöhnlich verstanden wird, der hauptsächliche Anruf. Ist sie geistig genug eingestellt, die Theologie fallen zu lassen und wahrhaft menschlich zu werden? Ist sie interessiert genug, den Horizont zu erweitern und alle als wahre Christen anzuerkennen, die im Geist Christi leben, ob sie nun Hindu, Mohammedaner oder Buddhist sind oder einen anderen Namen tragen als jenen der orthodoxen Christen?

Aus all dem, was wir betrachtet haben, taucht ein anderer grundlegender Gedanke auf. Mehr oder weniger sind wir heute im Begriff, aus dem Zeitalter der Autorität in das Zeitalter der Erfahrung überzugehen, und dieser Übergang zeigt möglicherweise [280] an, dass die Menschheit sich rasch zur Einweihung vorbereitet. Wir revoltieren gegen Doktrinen, haben sehr wenig Verwendung für sie, und der Grund ist, so sagt Dr. Dewey, dass ... «Anhänglichkeit an irgendwelche Doktrinen und Dogmen, die auf eine besondere Autorität gegründet sind, Misstrauen bedeutet gegen die Kraft der Erfahrung, um mit eigener, vorwärtsschreitender Bewegung die notwendigen Grundbegriffe von Glauben und Handeln zu beschaffen. Glaube in neuerem Sinn bedeutet, dass Erfahrung selbst die einzige endgültige Autorität ist». (Zitiert in: Wirklichkeit und Illusion, engl., von Richard Rothschild, S. 320) Es leuchtet ein, dass dies nicht Gleichförmigkeit bedeutet, sondern eine Erkenntnis unserer wesentlichen Einheit.

Wir sind nun Christus in seiner gewaltigen Aufgabe Schritt für Schritt gefolgt und haben sie in ihrer Einzigartigkeit betrachtet. Er tat etwas von solcher Bedeutung für die Menschenrasse, dass wir erst heute in der Lage sind, es zu erfassen. So sehr sind wir mit unserer eigenen individuellen Erlösung und mit unserer Hoffnung auf den Himmel beschäftigt gewesen, dass die wirklich einzigartigen Werke, die Christus tat, grösstenteils unserer Beobachtung entgangen sind. Dass er den Spuren vieler Gotteskinder folgte, die, zu ihrer Zeit und Generation, gedient, gelitten und die Welterlösung gebracht hatten, bleibt ausser Frage. Dass er uns ein Beispiel vollkommener Menschlichkeit gab, wie es die Welt vorher niemals gesehen hatte, ist gleicherweise nicht zu bezweifeln. Der grösste der vorangegangenen Gottessöhne, Buddha, erreichte nach viel Kampf die Erleuchtung und erhellte den Pfad für die Menschheit aufwärts und durch die Pforte der Einweihung. Christus jedoch war vollkommen. Er hatte (dürfen wir es sagen, während einiger vorausgegangener Lebenszyklen) Gehorsam gelernt durch sein Leiden. Dass er den Tod überwältigte und für die ganze Menschheit die Tore der Unsterblichkeit öffnete, ist ebenfalls wahr. Doch seit der ersten Dämmerung der menschlichen Geschichte haben Menschen immer füreinander gelitten, sie haben immer wieder, hier und da, Vollkommenheit erreicht und verschwanden aus dem menschlichen Blickfeld. Der göttliche Funken im Menschen hat ihn immer unsterblich gemacht. Menschen haben immer ihre Göttlichkeit [281] empfunden, und sie haben immer ihre Hände und Herzen zu Gott emporgehoben. Die Söhne des Vaters haben niemals des Vaters Haus vergessen, wie weit sie auch gewandert waren. Gott hat gleicherweise immer nach uns gesucht, und von Jahrhundert zu Jahrhundert hat er seine Boten als Verkörperung seines Gedenkens ausgesandt.

Doch Christus kam als ein besonderer BOTE. Er kam, das Reich Gottes auf Erden zu gründen und einen neuen und greifbaren Ausdruck des Göttlichen auf unserem Planten einzurichten. Seine Mission ist nicht fehlgeschlagen. Das Reich ist nun auf der Erde geschaffen und aus jenen Männern und Frauen überall zusammengesetzt, die ihre eigene Erlösung und Himmelshoffnung aus den Augen verloren haben, weil sie wissen, dass, wenn nicht der Himmel sich hier und jetzt zum Ausdruck bringen kann, er nur eine nutzlose Hoffnung ist. Sie sind mit der Selbst-Vervollkommnung und Selbst-Läuterung beschäftigt, weil sie ihren Mitmenschen wirksamer und angemessener dienen und so «ihren Vater im Himmel verherrlichen» möchten (Matth. V/16). Sie sind nicht an einer Erhöhung ihres persönlichen Selbstes interessiert, noch daran, irgendwelche Ansprüche zu stellen ausser dem einen erstaunlichen, dass sie Söhne Gottes sind wie wir alle. Sie schwatzen nicht von Einweihung, noch nennen sie sich selbst Eingeweihte. Sie sind zufrieden, als Dienende und Bürger des Reichs Gottes unter die Menschen zu gehen. Sie sind die Weltdiener, und ihr einziges Interesse ist, den Spuren dessen zu folgen, der umherging, Gutes tat und die Botschaft vom Reich verkündete. Sie behaupten nicht, dass ihr Weg der einzige in das Reich sei, aber zu jenen, die Christus nicht kennen, sagen sie: «Kinder, liebet einander!» Sie verdammen jene nicht, die von Christi Opfer am Kreuze nichts wissen aber sie sagen zu jenen, die den Weg suchen: «Nimm dein Kreuz» und folge Christus! Ihren Mitjüngern bringen sie beständig in Erinnerung, dass «ausser ein Weizenkorn fällt auf die Erde und stirbt, so bleibt es allein», und sie setzen sich selbst das Ziel der neuen Geburt. Die Masse der denkenden, wohlmeinenden Männer und Frauen in der Welt geht heute von Nazareth in Galiläa nach [282] Bethlehem. Einige, vielleicht mehr als man schätzen kann, befinden sich auf dem Weg zur Taufe im Jordan, während einige wenige tapfer den Berg der Verklärung erklimmen. Einer hier und da mag unerschütterlich sein Angesicht gegen Jerusalem richten, um dort gekreuzigt zu werden, aber solche sind selten. Die meisten von uns lernen im täglichen Sterben des persönlichen Selbstes sich auf die schliessliche Kreuzigungs-Einweihung vorzubereiten, und durch beständigen Verzicht auf alles das, was den Ausdruck des Göttlichen zurückhält, das für diese ungeheure geistige Erfahrung befähigt, die immer der Auferstehung vorausging und die der Grosse Verzicht genannt wird.

Wir wollen klar sehen, wo wir auf dem PFAD der EVOLUTION jetzt stehen. Haben wir unsere Füsse bereits auf den PROBEPFAD gesetzt, diesen schwierigen Pfad der Läuterung, der die notwendige erste Stufe ist? Oder sind wir bestimmt auf dem PFAD der JÜNGERSCHAFT, wissen, was wir tun, pflegen die höheren Werte und jene kennzeichnenden Eigenschaften, die der Stempel des sich offenbarenden Göttlichen sind?

Der einzige Anreiz, der stark genug sein wird (oder jemals stark genug gewesen ist), einen Menschen zu befähigen, den fünffachen Weg zu dem ZENTRUM zu betreten, von dem das WORT hinausgeht, ist die Vorstellung davon, dass in unserer modernen Welt eine tiefe und schmerzliche Notwendigkeit besteht für Offenbarung, für ein reines Vorbild und für liebenden Dienst. Es gibt keinen anderen Weg, um diese unsere beklagenswerte und kriegszerwühlte Welt zu retten und das Leben der Menschen zu wandeln, ausser durch eine Offenbarung des Geistes Gottes. Anstatt zu warten, dass Gott eingreift und einen Erlöser sendet (der vielleicht genau so wenig wie Christus erkannt würde), sollten wir wissen, dass die Zeit gekommen und die Menschheit genügend entwickelt ist für das göttliche Leben darin, das voran und empor drängt zu Gott, nach seiner Antwort, seiner Anerkennung ruft, die wir ihn von Zeit zu Zeit immer wiederholen sahen. Er ist willens, uns zu erhören. Wir sind seine Kinder, wir beginnen, göttlich zu leben, zu denken (wie er denkt), im Sinn des Ganzen und nicht im Sinn des sich absondernden, selbstsüchtigen Einzelnen. Nun ist eine Zeit der Krise gekommen, da alle menschlichen Wesen gebraucht werden und der Ruf an jeden hinausgeht, sich um Selbstlosigkeit [283] besonders zu bemühen und einen Vorstoss zur Klarheit des Denkens zu machen, der uns von wohlmeinenden Aspiranten in klarsehende Jünger umformen wird, die beseelt sind vom Geist der Liebe und des Guten Willens zu allen Menschen, unabhängig von Rasse, Glaubensbekenntnis oder Farbe.

Dieser religiöse Wille drückt sich jetzt aus, wendet sich nicht zur Theologie oder zur Bildung von Doktrinen und befasst sich nicht mit deren Durchsetzung, sondern zu Liebe und Dienst, vergisst sich selbst und gibt das Äusserste, was möglich ist, zur Hilfe für die Welt. Dieser Wille bricht alle Schranken nieder, er erhebt die Menschenkinder, wo immer der Wunsch nach solcher Hilfe besteht. Er ist etwas, das sich langsam in der heutigen Welt organisiert, seine Eigenschaft ist Universalität und seine Technik liebendes Dienen. Die Menschen reagieren überall auf den gleichen inneren geistigen Impuls, der uns in der schönen Geschichte gezeigt wird, die mit Buddha verknüpft ist. Sie lautet:

«In dem Glauben, die letzte Stufe der Vollkommenheit erreicht zu haben, war der Buddha bereit, das Dasein im endlichen Raum und in der Zeit zu verlassen, auf alle Sorgen und Leiden zu verzichten und dafür das reine Dasein von universaler, ewiger Seligkeit einzutauschen.

In diesem Augenblick wurde eine summende Mücke von einer vorüberfliegenden Fledermaus geschnappt.

"Halt", überlegte der Erhabene, der Zustand der Vollkommenheit, in den einzutreten ich im Begriff bin, ist nur meine eigene Vollkommenheit, eine vereinzelte Vollkommenheit, meine Ganzheit ist eine vereinzelte Ganzheit, also bin ich noch kein universales Wesen. Andere Wesen leiden noch durch Unvollkommenheit, durch das Dasein und den sich daraus ergebenden Tod. Mitleid zu diesen erwacht in mir, wenn ich ihr Leiden überdenke.

Den Weg zur Vollkommenheit habe ich tatsächlich und in Wahrheit für sie beleuchtet, aber können sie diesen Weg ohne mich betreten?

Ich träumte die einmalige Vollkommenheit meiner selbst. Die Vollkommenheit meines eigenen Charakters und meiner Persönlichkeit ist jedoch nur eine Unvollkommenheit, solange ein anderes Wesen eine einzige Mücke noch

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Last updated Saturday, February 14, 1998           © 1998 Netnews Association. All rights reserved.